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Der Chevalier von Maison-Rouge

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»Wenn ich hätte schreien wollen, so würde ich nicht bis jetzt gewartet haben.«

»Und Du bist bereit, meine Fragen zu beantworten?«

»Frage zuerst, und ich werde dann sehen, ob ich antworte.«

»Wer schickt Dich?«

»Niemand.«

»Du kommst also aus eigenem Antrieb?«

»Ja.«

»Du lügst.«

Maurice machte eine furchtbare Bewegung, um sei Hände zu befreien: die Sache war unmöglich.

»Ich lüge nicht,« sagte er.

»In jedem Fall, magst Du aus eigenem Antrieb kommen oder geschickt sein, bist Du ein Spion.«

»Und Ihr seid Feige!«

»Feige, wir!«

»Ja, Ihr seid sieben oder acht gegen einen geknebelten Mann, und Ihr beleidigt diesen Mann. Feige! Feig! Feige!«

Die Heftigkeit von Maurice schien seine Gegner statt sie zum Zorne zu reizen, vielmehr zu beschwichtigen. Gerade in seiner Heftigkeit lag der Beweis, daß dieser junge Mann nicht war, was man ihm zum Vorwurf machte; ein wahrer Spion hätte gezittert und um Gnade gebeten.

»Es ist dies keine Beleidigung,« sprach eine andere Stimme, die zwar sanfter, aber zugleich gebieterisch klang, als jede von denen, welche sich hörbar gemacht hatten.« »In diesen Zeitläuften kann man Spion sein, ohne unehrlich zu sein. Nur wagt man dabei sein Leben.«

»Seien Sie willkommen, Sie, der Sie dieses Wort gesprochen, ich werde redlich darauf antworten.«

»Was wollten Sie in diesem Quartier machen?«

»Ich suchte eine Frau.«

Ein Gemurmel der Ungläubigkeit empfing diese Entschuldigung. Dieses Gemurmel nahm immer mehr zu und wurde ein Sturm.

»Du lügst,« versetzte dieselbe Stimme. »Es gibt hier keine Frau, und wir wissen, was wir mit Frau sagen; es gibt keine Frau in diesem Quartier zu verfolgen. Gestehe Dein Vorhaben, oder Du wirst sterben.«

»Geht doch,« sprach Maurice, »Ihr werdet mich nicht tödten, wenn Ihr nicht wahre Räuber seid.«

Nach diesen Worten machte Maurice eine zweite, noch heftigere und unerwartetere Anstrengung, als das erste Mal, um seine Hände von dem Stricke zu befreien, mit dem sie umschlungen waren. Doch plötzlich zerriß ihm eine schmerzliche, scharfe Kälte die Brust.

Maurice fuhr unwillkürlich zurück.

»Ah! Du fühlst das,« sagte einer von den Männern. »Und, es gibt noch acht Zoll, ähnlich dem Zoll, mit dem Du Bekanntschaft gemacht hast,«

»So vollendet,« entgegnet Maurice voll Resignation. »Das wird doch wenigstens sogleich vorbei sein.«

»Wer bist Du, sprich?« sagte die sanfte und zugleich gebieterische Stimme.

»Meinen Namen wollt Ihr wissen?«

»Ja, Deinen Namen.«

»Ich bin Maurice Lindey.«

»Wie!« rief eine Stimme, »Maurice Lindey, der Revolutionär . . . . der Patriot! Maurice Lindey, der Secretaire der Section Lepelletier?«

Diese Worte wurden mit so viel Wärme ausgesprochen, daß Maurice einsah, sie seien entscheidend. Daraus antworten hieß auf die eine oder die andere Weise unabänderlich sein Schicksal feststellen.

Maurice war einer Lüge unfähig. Er richtete sich als wahrer Spartaner hoch auf und sprach mit fester Stimme:

»Ja, Maurice Lindey; ja, Maurice Lindey, der Secretaire der Section Lepelletier; ja, Maurice Lindey der Patriot, der Revolutionär, der Jacobiner; Maurice Lindey endlich, dessen schönster Tag der sein wird, wo er für die Freiheit stirbt.«

Eine Todesstille erfolgte aus diese Antwort.

Maurice Lindey bot seine Brust dar und erwartete von einem Augenblick zum andern, die Klinge, deren Spitze er nur gefühlt hatte, würde sich ganz und gar in seine Brust tauchen.

»Ist es wirklich wahr?« fragte nach einigen Secunden eine Stimme, welche eine gewisse Erschütterung verrieth. Höre, junger Mann, lügst Du nicht?«

»Durchsucht meine Taschen,« erwiderte Maurice, »und Ihr werdet meine Bestallung finden. Schaut auf meine Brust, und wenn sie mein Blut nicht verwischt hat, so findet Ihr meine Anfangsbuchstaben, ein M und ein L, auf mein Hemd gestickt,«

Sogleich fühlte sich Maurice durch kräftige Arme von der Erde aufgehoben. Er wurde während eines ziemlich kurzen Raumes getragen und hatte eine erste und dann eine zweite Thüre öffnen. Nur war die zweite schmaler, als die erste, denn die Männer die ihn trugen, konnten kaum durchkommen. Das Gemurmel und das Geflüster dauerte fort.

»Ich bin verloren,« sagte Maurice zu sich selbst, »sie werden mir einen Stein an den Hals hängen und mich in irgend ein Loch der Bièvre werfen.«

Doch nach einem Augenblick fühlte er, daß seine Träger ein paar Stufen hinaufstiegen. Eine lauere Luft traf an sein Gesicht und man legte ihn auf einen Stuhl. Er hörte eine Thüre doppelt schließen. Tritte entfernten sich. Er glaubte wahrzunehmen, daß man ihn allein ließ, horche mit so großer Aufmerksamkeit, als es nur immer ein Mensch thun kann, dessen Leben von einem Wort abhängt, und es kam ihm vor, als hörte er dieselbe Stimme, die sein Ohr bereits durch eine Mischung von Sanftheit und Entschiedenheit berührt hatte, zu den Andern sagen:

»Wir wollen uns berathen.«

VIII.
Geneviève

Es verging eine Viertelstunde, welche Maurice wie ein Jahrhundert vorkam. Nichts natürlicher, jung, schön, kräftig, unterstützt in seiner Kraft durch hundert ergebene Freunde, mit welchen und durch welche er zuweilen die Erfüllung großer Dinge träumte, fühlte er sich plötzlich, ohne irgend eine Vorbereitung der Gefahr ausgesetzt, sein Leben in einem schmählichen Hinterhalte zu verlieren.

Er begriff, daß man ihn in irgend ein Zimmer eingesperrt hatte; aber war er überwacht?

Er versuchte es abermals, seine Bande zu brechen. Seine stählernen Muskeln schwellten sich an, der Strick zog in das Fleisch, riß aber nicht.

Das Furchtbarste war, daß man ihm die Hände hinter den Rücken gebunden hatte, und daß er folglich seine Binde nicht von den Augen zu reißen vermochte: hätte er sehen können, so wäre er auch vielleicht zu fliehen im Stande gewesen.

Diese verschiedenen Versuche gingen vor sich, ohne daß sich Jemand widersetzte, ohne daß irgend Etwas sich um ihn her rührte; er schloß daraus, daß er allein war. Seine Füße traten aus etwas Weiches, Dumpfes, aus Sand, auf fette Erde vielleicht. Ein scharfer, durch, dringender Geruch machte sich fühlbar und bezeichnete die Anwesenheit vegetabilischer Substanzen. Maurice, dachte er wäre in einem Gewächshause oder in etwas Aehnlichem. Er machte ein paar Schritte, kam an eine Mauer drehte sich, um mit seinen Händen zu tasten, fühlte Gartengeräthschaften und stieß einen Freudenschrei aus.

Mit unerhörter Anstrengung gelang es ihm, all, diese Instrumente, eines nach dem andern, zu untersuchen. Seine Flucht wurde nun eine Frage der Zeit: schenkte ihm der Zufall oder die Vorsehung fünf Minuten und es sich fand unter diesem Geräthe ein schneidendes Werkzeug, so war er gerettet.

Er fand einen Spaten.

Bei der Art, wie man Maurice gebunden hatte, war es ein ganzer Kampf, um diesen Spaten so umzudrehen daß das Eisen nach oben kam. Aus diesem Eisen, daß er mit seinen Lenden an der Wand festhielt, durchschnitt oder durchsägte er vielmehr den Strick an seinen Faustgelenken. Die Operation dauerte lange, denn das Eisen des Spatens schnitt sehr langsam. Der Schweiß lief ihm von der Stirne; er hörte etwas wie ein sich näherndes Geräusch von Tritten, machte eine letzte, heftige, unerhörte, äußerste Anstrengung, und der halb durchgearbeitet! Strick brach.

Diesmal jauchzte er vor Freude, er war wenigsten! gewiß, daß er sich vertheidigend sterben würde.

Maurice riß die Binde von seinen Augen.

Er hatte sich nicht getäuscht; er befand sich zwar nicht in einem Treibhause, wohl aber in einem Pavillon in den man einige von den Pflanzen eingeschlossen hatte, welche die schlimme Jahreszeit nicht in der freie, Luft ertragen können. In einer Ecke lagen die Gärtnerwerkzeuge, von denen ihm eines einen so großen Diest geleistet hatte. Vor ihm war ein Fenster: er stürzte nach diesem Fenster; es war vergittert, und ein mit einen Carabiner bewaffneter Mann stand als Schildwache davor

Aus der andern Seite des Gartens, in einer Entfernnng von ungefähr dreißig Schritten, erhob sich ein kleiner Kiosk, der das Gegenstück von dem von Maurice bildete. Eine Jalousie war herabgelassen; doch durch diese Jalousie glänzte ein Licht.

Er näherte sich der Thüre und horchte: eine andere Wache ging vor der Thüre auf und ab.

Dies waren die Tritte, die er gehört hatte.

Doch im Hintergrund des Ganges erschollen verworrene Stimmen, die Berathung war offenbar in einen Streit ausgeartet. Maurice konnte nicht in ganzer Folge hören, was gesprochen wurde. Es drangen jedoch einige Worte bis zu ihm, und unter, diesen, als ob für sie allein die Entfernung minder groß gewesen wäre, hörte er die Worte: Spion, Dolch, Tod.

Maurice verdoppelte seine Aufmerksamkeit. Eine Thüre öffnete sich und er hörte deutlicher.

»Ja,« sagte eine von den Stimmen: »ja, es ist ein Spion, er hat etwas entdeckt und ist sicherlich abgeschickt werden, um unsere Geheimnisse zu erlauern. Wenn wir ihn frei lassen, laufen wir Gefahr, von ihm angezeigt zu »erden.«

»Aber sein Wort?« sprach eine Stimme.

»Sein Wort wird er geben, doch er wird zum Verräther daran werden. Ist er ein Edelmann, daß man auf sein Wort bauen könnte?«

Maurice knirschte mit den Zähnen bei dem Gedanken, es hätten noch einige Menschen die Anmaßung, zu glauben, man müßte ein Edelmann sein, um die geschworene Treue zu wahren.

»Aber kennt er uns, um uns anzuzeigen?«

»Sicherlich kennt er uns nicht, er weiß nicht, was wir thun. Doch er weiß die Adresse, wird zurückkommen, und zwar dann in guter Begleitung.«

Dieses Beweismittel schien bündig zu sein.

»Nun,« sagte die Stimme, welche wiederholt Maurice so geklungen hatte, als müßte sie die des Chef sein, »es ist also entschieden?«

»Ja, hundertmal ja, ich begreife Sie nicht mit Ihrer Großmuth, mein Lieber; wenn der Wohlfahrtsausschuß uns in den Händen hätte, so würden Sie wohl sehen, ob er Umstände machte.«

 

»Sie beharren also bei Ihrem Entschluß, mein, Herren?«

»Gewiß, und Sie werden sich hoffentlich nicht widersetzen.«

»Ich habe nur eine Stimme, meine Herren; sie war dafür, daß man ihm die Freiheit geben sollte. Sie haben sechs, sie sind alle sechs für den Tod, den Tod also.«

Der Schweiß, der Maurice von «der Stirne floß, wurde völlig zu Eis.

»Er wird schreien, brüllen,« sagte die Stimme. »Haben Sie wenigstens Madame Dirmer entfernt?«

»Sie weiß nichts, Sie ist in dem Pavillon gegenüber.«

»Madame Dirmer,« murmelte Maurice; »ich fange an zu begreifen. Ich bin bei dem Rothgerbermeister, der in der Rue Vieille-Saint-Jacques mit mir sprach und über mich spottend sich entfernte, als ich ihm den Namen meines Freundes nicht nennen konnte. Doch was für ein Interesse kann ein Rothgerbermeister dabei haben, daß er mich ermordet?«

Maurice schaute umher und erblickte ein eisernes Piquet mit einem eschenen Stiele.

Er sprang aus dieses harmlose Werkzeug zu, das in seiner Hand eine furchtbare Waffe werden sollte.

Dann kehrte er hinter die Thüre zurück und stellte sich so, daß sie ihn bedeckte, wenn sie geöffnet wurde.

Sein Herz schlug, um seine Brust zu zersprengen, und in der Stille hörte man das Geräusch dieser Schläge.

Plötzlich schauerte Maurice vom Scheitel bis zu den Zehen: eine Stimme sagte:

»Wenn Ihr mir glauben wollt, so brecht Ihr ganz einfach eine Scheibe aus und streckt ihn durch die Gitterstangen mit einem Carabinerschuß nieder.«

»Oh! nein, nein, keinen Knall,« sagte eine andere Stimme: »ein Knall kann uns verrathen. Ah! Sie hier, Dirmer, und Ihre Frau?«

»Ich habe durch die Jalousie geschaut; sie vermuthet nichts, sie liest.«

»Dirmer, Sie mögen entscheiden; sind Sie für einen Carabinerschuß, oder für einen Dolchstoß?«

»So viel als möglich kein Feuergewehr. Den Dolch.«

»Es sei, den Dolch, Vorwärts!«

»Vorwärts!« wiederholten gleichzeitig fünf oder sechs Stimmen.

Maurice war ein Kind der Revolution, ein ehernes Herz, eine atheistische Seele, wie es viele zu seiner Zeit gab. Doch bei dem Wort vorwärts, das hinter der Thüre ausgesprochen wurde, die ihn allein vom Tod trennte, fiel ihm das Zeichen des Kreuzes ein, das ihn seine Mutter gelehrt hatte, als sie ihn, noch ein Kind, seine Gebete aus den Knieen sprechen ließ.

Die Tritte näherten sich, dann hielten sie an, dann knarrte der Schlüssel im Schloß und die Thüre öffnete sich langsam.

Während der zuletzt abgelaufenen Minute hatte sich Maurice gesagt:

»Verliere ich meine Zeit mit Schlagen, so werde ich getödtet. Stürze ich mich aus die Mörder, so überrasche ich sie; ich erreiche den Garten, das Gäßchen, ich rette mich vielleicht.«

Sogleich nahm er den Ansatz eines Löwen, stieß ein wildes Geschrei aus, worin mehr Drohung als Schrecken lag, warf die zwei ersten Männer nieder, welche, da sie glaubten, er wäre geknebelt und seine Augen wären verbunden, entfernt keinen solchen Angriff erwarteten, drängte die Andern bei Seite, legte mit Hilfe seiner stählernen Kniebeugen zehn Klafter in einer Secunde zurück, sah am Ende des Ganges eine nach dem Garten gehende, weit geöffnete Thüre, stürzte dahin, sprang zehn Stufen hinab befand sich im Garten, orientierte sich so gut als möglich und lies nach der Thüre.

Die Thüre war mit zwei Riegeln und mit dem Schlosse verschlossen. Maurice zog die Riegel, wollte da Schloß öffnen: es war kein Schlüssel daran.

Während dieser Zeit waren seine Verfolger aus die Freitreppe gelangt. Sie erblickten ihn.

»Dort ist er!« riefen sie, »schießt auf ihn, Dirmer schießt aus ihn, tödtet! tödtet ihn!«

Maurice brüllte; er war im Garten eingeschlossen er maß mit dem Auge die Mauern, sie waren zehn Fuß hoch

Alles dies nahm nur den Zeitraum einer Secunde ein.

Die Mörder stürzten ihm nach.

Maurice hatte einen Vorsprung von ungefähr dreißig Schritten; er schaute umher mit dem Blicke des Verdammten, der nur den Schatten einer Möglichkeit de, Rettung verlangt, um eine Wirklichkeit daraus zu machen

Er erblickte dm Kiosk, die Jalousie und hinter der Jalousie das Licht.

Er machte nur einen Sprung von zehn Fuß, packte die Jalousie, riß sie auf, drang, indem er es zerbrach, durch das Fenster und fiel in ein erleuchtetes Zimmer, worin eine Frau, beim Feuer sitzend, las.

Diese Frau stand erschrocken aus und rief um Hilfe.

»Geh aus die Seite, Geneviève,« rief die Stimme von Dirmer, »geh aus die Seite, daß ich ihn tödten kann.«

Und Maurice sah zehn Schritte von sich einen Carabinerlauf sich senken.

Doch kaum hatte die Frau ihn angeschaut, als sie einen furchtbaren Schrei ausstieß, und statt aus die Seite zu treten, wie ihr Gatte es ihr befahl, sich zwischen ihn und den Flintenlauf wars.

Diese Bewegung drängte die ganze Aufmerksamkeit von Maurice auf das edelmüthige Geschöpf zusammen, das so plötzlich sich zu seiner Beschützerin gemacht hatte.

Er stieß ebenfalls einen Schrei aus.

Es war seine so sehr gesuchte Unbekannte.

»Sie! . . .Sie! …« rief er.

»Stille,« sagte sie.

Dann wandte sie sich gegen die Mörder, welche sich, verrschiedene Waffen in der Hand, dem Fenster genähert haken, und rief ihnen zu:

»Oh! Ihr werdet ihn nicht tödten!«

»Es ist ein Spion,« rief Dirmer, dessen sanftes, freundliches Gesicht einen Ausdruck unversöhnlicher Entschlossenheit angenommen hatte; »es ist ein Spion, er muß sterben.«

»Ein Spion!« sagte Geneviève, »er ein Spion! Kommen Sie hierher, Dirmer. Ich habe Ihnen nur ein Wort zu sagen, um Ihnen zu beweisen, daß Sie sich sonderbar täuschen.«

«Dirmer näherte sich dem Fenster. Geneviève trat zu ihm, neigte sich an sein Ohr und sprach ein paar Worte leise mit ihm.

Der Meister Rothgerber schaute rasch empor.

»Er!« sagte er.

»Er selbst,« erwiderte Geneviève.

»Sind Sie dessen sicher?«

Die junge Frau antwortete diesmal nicht, sondern wandte sich gegen Maurice um und reichte ihm lächelnd die Hand.

Die Züge von Dirmer nahmen nun einen seltsamen Ausdruck von Zahmheit und Kälte an. Er ließ den Kolben seines Karabiners auf die Erde fallen. »Dann ist es etwas Anderes,« sagte er. Hierauf bedeutete er seinen Gefährten durch ein Zeichen, sie mögen ihm folgen, trat mit ihnen auf die Seite sprach ein paar Worte, wonach sie sich entfernten.

»Verbergen Sie diesen Ring,« flüsterte Geneviève während dieser Zeit; »Jedermann kennt ihn hier.«

Maurice zog rasch den Ring von seinem Finger und steckte ihn in seine Westentasche.

Einen Augenblick nachher öffnete sich die Thüre des Pavillon und Dirmer kam unbewaffnet auf Maurice zu.

»Verzeihen Sie, Bürger,« sagte er, »ich wußte früher nicht, wie sehr ich Ihnen verbunden bin! Doch meine Frau hatte, während sie sich des Dienstes erinnerte, den Sie ihr am Abend des zehnten März geleistet, Ihren Namen vergessen. Es war uns also völlig unbekannt, mit wem wir zu thun halten; glauben Sie mir, sonst hält wir nicht einen Augenblick an Ihrer Ehre gezweifelt, oder gegen Ihre Absichten Verdacht gehabt. Ich bitte Sie also noch einmal um Verzeihung!«

Maurice war im höchsten Maße erstaunt; er erhielt sich nur durch ein Wunder des Gleichgewichts aufrecht, fühlte, wie sich sein Kopf drehte, war nahe daran, zu fallen, und lehnte sich an den Kamin.

»Aber warum wollten Sie mich denn tödten?«

»Das ist gerade das Geheimnis, Bürger, und ich werde es Ihrer Rechtschaffenheit anvertrauen,« antworte Dirmer. »Ich bin, wie Sie wissen, Rothgerbermeister und Chef der Gerberei, Die meisten Säuren, die ich anwende um meine Häute zu bereiten, sind verbotene Waaren. Die Schmuggler, deren ich mich bediene, waren vor einer Anzeige gewarnt worden, welche dem Generalrathe gemacht werden sollte. Als ich sah, wie Sie Erkundigungen einzogen, bekam ich bange. Meine Schmuggler hatten noch mehr Angst als ich vor Ihrer rothen Mütze und besonders vor Ihrem entschiedenen Aussehen, und ich verberge Ihnen nicht, daß Ihr Tod beschlossen war.«

»Ich weiß es bei Gott wohl,« rief Maurice, »und Sie lehren mich da nichts Neues. Ich hörte Ihre Berathung mit an und sah Ihren Carabiner.«

»Ich habe Sie bereits um Verzeihung gebeten,« versetzte Dirmer mit einer Mime rührender Gutmüthigkeit. »Begreifen Sie nun, daß wir, ich und mein Associé Herr Morand, in Folge der Unordnungen der Zeit, im Zuge sind, ein ungeheures Glück zu machen. Wir haben die Lieferung der militärischen Taschen und lassen jeden Tag fünfzehn hundert bis zwei tausend verfertigen. Bei dem herrlichen Zustande der Dinge, in welchem wir leben, hat die Municipalität, der sehr viele Geschäfte obliegen, keine Zeit, unsere Rechnungen genau zu untersuchen, so daß wir, ich muß es gestehen, etwas im Trüben fischen; um so mehr, als uns die Zubereitungsstoffe, die wir uns, wie gesagt, durch Schmuggelei verschaffen, zwei hundert Procent Gewinn einbringen.«

»Teufel! das scheint mir ein ziemlich anständiger Gewinn zu sein,« sagte Maurice, »und ich begreife nun Ihre Furcht, eine Anzeige von mir könnte ihn aufhören machen. Nun aber, da Sie mich kennen, sind Sie beruhigt, nicht wahr?«

»Ich fordere nicht einmal mehr Ihr Wort von Ihnen,« erwiderte Dirmer.

Dann legte er die Hand auf die Schulter von Maurice, schaute ihn lächelnd an und sprach:

»Nun, da wir hier in kleinem Ausschuß und unter Freunden sind, kann ich Sie wohl fragen: was wollten Sie hier machen, junger Mann? Wohl verstanden,« fügte der Meister Rothgerber bei, »wenn Sie schweigen wollen, steht es Ihnen vollkommen frei.«

»Ich habe es Ihnen, glaube ich, gesagt,« stammelte Maurice.

»Ja,« versetzte der Bürger, »ich weiß, es war von einer Frau die Rede.«

»Mein Gott! verzeihen Sie mir, Bürger,« sprach Maurice, »ich begreife vollkommen, daß ich Ihnen eine Erklärung schuldig bin. Nun wohl, ich suchte eine Frau, welche mir eines Abends unter der Maske sagte, sie wohne in diesem Quartier. Ich kenne weder ihren Namen, noch ihre Stellung, noch ihre Wohnung. Ich weiß nur, daß ich wahnsinnig in sie verliebt bin und daß sie klein ist.«

Geneviève war groß.

Daß sie blond ist und eine sehr aufgeweckte Miene hat.«

Geneviève war braun, mit großen, nachdenkend, Augen.

»Kurz eine Grisette,« fuhr Maurice fort; »ich habe auch, um ihr zu gefallen, dieses Volkskleid angezogen.«

«Das erklärt Alles,« versetzte Dirmer mit einem evangelischen Glauben, den nicht der geringste hinterhältische Blick Lügen strafte.

Geneviève war erröthet und hatte sich, als sie diese Rothwerden fühlte, abgewendet.

»Armer Bürger Lindey!« sagte Dirmer lachend, »welch eine schlimme Stunde haben wir Sie zubringen lassen. Und Sie sind gewiß der Letzte, dem ich gern Leides gethan hätte; ein so guter Patriot, ein Bruder . . . Doch in der That, ich glaubte, ein Boshafter mißbrauche Ihren Namen,

«Wir wollen nicht mehr hiervon sprechen,« versetzte Maurice, welcher begriff, daß es Zeit war, sich zurückzuziehen; »bringen Sie mich wieder auf meinen Weg und vergessen wir die Sache.«

»Ich soll Sie wieder aus Ihren Weg bringen,« rief Dimer, »Sie wollen uns verlassen? Ah! nein, nein ich gebe, oder vielmehr mein Associé und ich geben dem braven Jungen, welche Sie so eben ermorden wollten Abendbrot . . . ich rechne darauf, daß Sie mit ihnen zu Nacht speisen; Sie sollen sehen, daß sie nicht so sehr Teufel sind, als es den Anschein hat.«

»In der That,« sagte Maurice, unendlich erfreut ein paar Stunden bei Geneviève bleiben zu können, in der That, ich weiß nicht, ob ich annehmen soll…

»Wie! ob Sie annehmen sollen,« versetzte Dinner »ich denke wohl: es sind gute, treuherzige Patrioten, wie Sie; überdies werde ich nur glauben, daß Sie mir verzeihen, wenn wir das Brot mit einander gebrochen haben.«

Geneviève sagte kein Wort. Maurice war aus der Folter.

»In Wahrheit,« stammelte der junge Mann», »ich befürchte, Sie zu belästigen, Bürger . . . diese Kleidung . . .mein schlechtes Aussehen . . . «

Geneviève schaute ihn schüchtern an und sagte:

»Unser Anerbieten kommt von gutem Herzen.«

»Ich willige ein, Bürgerin,« erwiderte Maurice sich verbeugend.

»Nun wohl, ich will meine Gefährten beruhigen,« sagte der Meister Rothgerber; »wärmen Sie sich mittlerweile, lieber Freund.«

Er ging hinaus. Maurice und Geneviève blieben

»Ah! mein Herr,« sprach die junge Frau mit einem Ton, dem sie vergebens den Ausdruck des Vorwurfs zu verleihen suchte; »Sie haben Ihr Wort gebrochen; Sie sind indiscret gewesen.«

»Wie! Madame,« rief Maurice, »sollte ich Sie gefährdet haben? Ah! dann verzeihen Sie mir; ich entferne mich, und nie. . .«

 

»Gott!« rief sie aufstehend, »Sie sind an der Brust verwundet! Ihr Hemd ist ganz von Blut gefärbt!«

Auf dem so feinen, so weißen Hemd von Maurice, einen seltsamen Widerspruch mit seinen plumpen Kleidern bildete, hatte sich in der That eine große, rothe Platte ausgebreitet.

«Oh! seien Sie unbesorgt, Madame,« sagte der junge Mann, »einer von den Schmugglern hat mich mit seinem Dolche gestochen.«

Geneviève erbleichte, nahm ihn bei der Hand und flüsterte ihm zu:

»Verzeihen Sie mir das Böse, das man Ihnen zugefügt, Sie haben mir das Leben gerettet, und ich wäre beinahe die Ursache Ihres Todes geworden.«

»Bin ich nicht gut belohnt, da ich Sie wieder gefunden! denn nicht wahr, Sie glaubten nicht einen Augenblick, ich habe eine Andere gesucht, als Sie.«

»Kommen Sie mit mir,« unterbrach ihn Geneviève;; .ich werde Ihnen Wäsche geben. Unsere Gäste sollen Sie nicht in diesem Zustande sehen: es wäre ein zu schrecklicher Vorwurf für sie.«

»Ich belästige Sie wohl, nicht wahr?« entgegnete Maurice seufzend.

»Nicht im Geringsten, ich erfülle eine Pflicht. Und fügte sie bei, »ich erfülle sie mit großem Vergnügen.«

Geneviève führte Maurice in ein Ankleidecabinet von einer Eleganz, die er in dem Hause eines Gerbermeister nicht zu finden erwartete. Es ist wahr, dieser Gerbermeister schien ein Millionär zu sein.

Dann öffnete sie alle Schränke und sprach:

»Nehmen Sie, Sie sind zu Hause.«

Und sie entfernte sich.

Als Maurice das Cabinet verließ, fand er Dirmer, welcher zurückgekehrt war.

»Vorwärts! vorwärts!« sagte er, »zu Tische; man erwartet nur Sie.«