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Kitabı oxu: «Die beiden Dianen», səhifə 52

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XII.
Folge der Rache von Gabriel

Frau von Valentinois verbeugte sich leicht vor dem jungen König, noch leichter vor Catharina von Medicis und Maria Stuart, und schien die Gegenwart des Herzogs von Guise gar nicht zu bemerken.

»Sire,« sprach sie, »Eure Majestät hat mir befohlen, vor ihr zu erscheinen.«

Sie hielt inne. Zugleich gereizt und beunruhigt durch die stolze Haltung der Exfavoritin, zögerte, erröthete Franz II. und sagte am Ende:

»Unser Oheim von Guise hat es gütigst übernommen, Euch mit unsern Absichten bekannt zu machen, Madame.«

Und er fing wieder an, leise mit Maria Stuart zu plaudern.

Diana wandte sich langsam gegen den Balafré um und versuchte es, als sie das feine, spöttische Lächeln sah, das über seinen Mund schwebte, ihm den gebieterischsten der Blicke von Juno der Zornigen entgegenzusetzen.

Doch der Balafré war viel weniger leicht einzuschüchtern als sein königlicher Neffe.

»Madame,« sagte er zu Diana, nachdem er sich tief verbeugt hatte, »der König hat erfahren, welchen aufrichtigen Kummer Euch das furchtbare Unglück, das uns Alle betroffen, verursachte. Er dankt Euch dafür. Seine Majestät glaubt Eurem theuersten Wunsch entgegen zu kommen, wenn er Euch den Hof zu verlassen und mit der Einsamkeit zu vertauschen erlaubt. Ihr könnt abreisen, sobald es Euch genehm ist. Diesen Abend zum Beispiel.«

Diana verschlang eine Thräne der Wuth in ihrem entflammten Auge.

»Seine Majestät erfüllt in der That meinen innigsten Wunsch,« sagte sie, »was hätte ich jetzt hier noch zu thun? Es liegt mir nichts so sehr am Herzen, als mich in meine Verbannung zurückzuziehen, und zwar, seid unbesorgt, mein Herr, sobald als möglich!«

»Es steht also Alles ganz gut,« versetzte der Herzog mit leichtem Tone, während er mit den Schleifen seines Sammetmantels spielte. »Aber, Madame,« fügte er indem er seinen Worten die Bedeutung und den Nachdruck eines Befehles gab, »Euer Schloß Anet, das Ihr der Güte des seligen Königs zu verdanken habt, ist vielleicht ein zu weltlicher, zu offener, zu heiterer Aufenthaltsort für eine trostlose Einsiedlerin, wie Ihr seid. Die Frau Königin Catharina bietet Euch nun dagegen ihr Schloß Chaumont an der Loire, das entfernter von Paris liegt und folglich, wie ich denke, für den Augenblick Eurem Geschmack und Euren Bedürfnissen mehr entspricht.«

Frau von Poitiers begriff ganz wohl, daß dieser angebliche Tausch nur eine willkührliche Confiscation verkleidete. Aber was sollte sie thun? Wie sollte sie widerstehen? Sie hatte weder mehr Ansehen, noch Gewalt: alle ihre Freunde vom vorhergehenden Tag waren ihre Feinde vom heutigen. Sie mußte bebend nachgeben und gab nach.

»Ich schätze mich glücklich,« sprach sie mit dumpfem Tone, »ich schätze mich glücklich, der Königin die herrliche Besitzung anzubieten, die ich in der That der Großmuth ihres edlen Gemahls zu verdanken habe.«

»Ich nehme diese Genugthuung an, Madame,« sagte Catharina von Medicis mit trockenem Tone, und warf Diana einen kalten und einen dankbaren Blick dem Herzog von Guise zu.

Es war, als machte er ein Geschenk mit Anet.

»Das Schloß Chaumont an der Loire gehört Euch, Madame,« fügte sie bei, »und es soll in den Stand gesetzt werden, um seine neue Eigenthümerin würdig zu empfangen.«

»Und dort,« fuhr der Herzog von Guise fort, um den wüthenden Blicken, mit denen ihn Diana niederzuschmettern suchte, einen unschuldigen Spott entgegenzusetzen, »dort, in der Stille, Madame, könnt Ihr nach Muße von den Anstrengungen ausruhen, die Euch während der letzten Tage die zahlreichen Correspondenzen und Conferenzen verursacht haben, die Ihr, wie ich höre, im Einverständnis mit Herrn von Montmorency hieltet.«

»Ich glaubte demjenigen, der damals Euer König war, nicht schlecht zu dienen,« sagte Diana, »wenn ich mit dem großen Staatsmann, mit dem großen Krieger seiner Regierung gemeinschaftlich und im Einverständniß bei Allem dem zu wirken suchte, was das Wohl des Reiches betraf.«

Doch in ihrem eifrigen Verlangen, ein spöttisches Wort durch ein spöttisches Wort zu erwidern, dachte Frau von Poitiers nicht daran, daß sie Waffen gegen sich selbst lieferte und Catharina an ihren Groll gegen ihren andern Feind, den Connétable erinnerte.

»Es ist wahr,« sagte die unversöhnliche Königin Mutter, »Herr von Montmorency hat mit seinem Ruhm und seinen Arbeiten zwei ganze Regierungen ausgefüllt; und es ist Zeit, mein Sohn,« fügte sie, sich an den jungen König wendend, bei, »es ist Zeit, daß Ihr darauf bedacht seid, ihm ebenfalls den ehrenvollen Rückzug zu sichern, den er so mühsam verdient hat.«

»Herr von Montmorency erwartete, wie ich, diese Belohnung für seine langen Dienste,« erwiderte Diana voll Bitterkeit. »Er war so eben, als Seine Majestät mich rufen ließ, bei mir. Er muß noch dort sein, ich kehre zurück und theile ihm mit, wie gut man hier für ihn gesinnt ist: er wird sogleich dem König seinen Dank mit seinem Abschied darbringen können. Er ist Mann, er ist Connétable, er ist einer der mächtigsten Herren des Reiches und wird ohne Zweifel früher oder später Gelegenheit finden, besser als durch Worte seinen tiefgefühlten Dank einem gegen die Vergangenheit so frommen König und den neuen Räthen zu bezeigen, welche auf eine so nützliche Weise zu dem Werke der Gerechtigkeit und der öffentlichen Interessen, das er vollbringen will, beitragen.«

»Eine Drohung!« sagte der Balafré zu sich selbst. »Die Schlange richtet sich unter der Ferse wieder auf. Desto besser! es ist mir lieber so.«

»Der König ist stets bereit, den Herrn Connétable zu empfangen,« sprach die Königin Mutter, ganz bleich vor Entrüstung, »und wenn der Herr Connétable Forderungen oder Bemerkungen an Seine Majestät zu richten hat, so braucht er nur zu kommen, man wird ihn hören und ihm, wie Ihr sagt, Gerechtigkeit widerfahren lassen.«

»Ich werde ihn schicken,« erwiderte Frau von Poitiers mit trotziger Miene.

Dann machte sie abermals ihre stolze Verbeugung vor dem König und den zwei Königinnen und entfernte sich, die Stirne hoch, aber die Seele gebrochen, den Stolz auf dem Gesicht und den Tod im Herzen.

Hätte sie Gabriel sehen können, er würde sich schon an ihr gerächt gefunden haben.

Selbst Catharina willigte um den Preis dieser Demüthigung ein, nicht mehr denselben Haß gegen Diana zu hegen! . . .

Nur hatte die Königin Mutter mit Unruhe bemerkt, daß der Herzog von Guise bei dem Namen des Connétable schwieg und die frechen Herausforderungen von Frau von Poitiers nicht mehr erwiderte.

Fürchtete der Balafré Herrn von Montmorency, und wollte er ihn schonen? Würde er im Nothfall ein Bündnis; mit diesem alten Feinde von Catharina schließen?

Es war wichtig für die Florentinerin, zu erfahren, woran sie sich in dieser Hinsicht zu halten hatte, ehe sie die Gewalt in die Hände von Franz von Lothringen fallen ließ.

Um ihn auszuforschen und zugleich um den König zu sondieren, sprach sie, nachdem Diana weggegangen war:

»Frau von Poitiers ist sehr frech und scheint mit ihrem Connétable sehr stark zu sein. Es ist in der That gewiß, mein Sohn, daß Ihr, wenn Ihr Herrn von Montmorency irgend eine Macht anvertraut, Frau Diana die Hälfte dieser Macht gebt.«

Der Herzog von Guise beobachtete immer noch dasselbe Stillschweigen.

»Ich, was mich betrifft,« fuhr Catharina fort, »wenn ich Eurer Majestät einen Rath geben darf, so ist es der, Euer Vertrauen nicht zwischen Mehreren zu vertheilen, sondern als einzigen Minister, nach Eurer Wahl, entweder Herrn von Montmorency, oder Euren Oheim von Guise, oder Euren Oheim von Bourbon anzunehmen. Doch den Einen oder den Andern, und nicht die Einen und die Andern. Ein einziger Wille walte im Staat mit dem des Königs, der durch die kleine Anzahl von Personen, die nur bei seinem Heil und bei seinem Ruhm interessirt sind, berathen werde. Ist das nicht Eure Ansicht, Herr von Lothringen?«

»Ja, Madame, wenn es die Eurige ist,« antwortete der Herzog von Guise mit einer Art von Unterwürfigkeit.

»Ah!« sagte Catharina zu sich selbst, »ich habe richtig errathen; er gedachte sich auf den Connétable zu stützen. Doch er muß sich zwischen ihm und mir entscheiden, und ich glaube nicht, daß ein Grund zu zögern vorhanden ist . . .« »Mir scheint, Herr von Guise,« fuhr sie dann laut fort, »Ihr müßt um so mehr meine Ansicht theilen, als sie Euch begünstigt; denn der König kennt meine Gedanken, es ist weder der Connétable von Montmorency, noch Anton von Navarra, zu dem ich ihm rathen möchte . . . und wenn ich mich für den Ausschluß erkläre, so erkläre ich mich nicht gegen Euch.«

»Madame,« erwiderte der Herzog von Guise,« »glaubt eben so sehr an meine tiefe Dankbarkeit, als an meine nicht minder ausschließliche Ergebenheit!«

Der feine Politiker legte auf diese letzten Worte einen Nachdruck, als ob er seinen Entschluß gefaßt und den Connétable entschieden Catharina geopfert hätte.

»So gefällt es mir!« versetzte die Königin Mutter. »Kommen die Herren vom Parlament, so ist es gut, wenn sie unter uns diese seltene und rührende Einhelligkeit der Absichten und Gefühle finden.«

»Ich freue mich hauptsächlich über dieses gute Einvernehmen,« rief der junge König in die Hände klatschend. »Mit meiner Mutter als Rathgeberin und meinem Oheim als Minister, fange ich an, mich mit diesem Königthum auszusöhnen, das mich von Anfang so sehr erschreckte.«

»Wir regieren im Kreise der Familie,« fügte Maria Stuart heiter bei.

Catharina von Medicis und Franz von Lothringen lächelten bei diesen Hoffnungen oder vielmehr bei diesen Täuschungen ihrer jungen Souverains. Jedes von ihnen hatte für den Augenblick, was es sich wünschte: er die Gewißheit, die Königin Mutter würde sich dem nicht widersetzen, daß man ihm die Allmacht anvertraute; sie den Glauben, der Minister würde diese Allmacht mit ihr theilen.

Nun meldete man Herrn von Montmorency.

Der Connétable war, es ist nicht zu leugnen, Anfangs würdiger und ruhiger, als Frau von Valentinois. Ohne Zweifel war er von ihr gewarnt worden und wollte wenigstens mit Ehren fallen.

Er verbeugte sich ehrfurchtsvoll vor Franz II., nahm zuerst das Wort und sprach:

»Sire, ich vermuthete zum Voraus, der alte Diener Eures Vaters und Eures Großvaters würde sich keiner Gunst bei Euch zu erfreuen haben. Ich beklage mich nicht über diesen Umschlag des Glücks, den ich vorhergesehen, und ziehe mich ohne Murren zurück. Bedürfen der König oder Frankreich je noch einmal meiner, so wird man mich auf meinem Gute in Chantilly finden, Sire, und meine Habe, meine Kinder, mein eigenes Leben, Alles, was ich besitze, wird stets dem Dienst Eurer Majestät geweiht sein.«

Diese Mäßigung schien den jungen König zu rühren, und verlegener als je wandte dieser sich mit einer Art von Bangigkeit gegen seine Mutter um.

Aber der Herzog von Guise, der wohl ahnete, sein Dazwischentritt allein würde die Zurückhaltung des alten Connétable in Zorn verwandeln, sagte in den Formen der übermäßigsten Höflichkeit:

»Da Herr von Montmorency den Hof verläßt, so wird er, denke ich, wohl die Güte haben, vor seiner Abreise Seiner Majestät das ihm vom seligen König anvertraute Siegel zurückzugeben, dessen wir noch heute bedürfen?«

Der Balafré hatte sich nicht, getäuscht. Diese einfachen Worte erregten im höchsten Grad den Grimm des eifersüchtigen Connétable.

»Hier ist dieses Siegel,« erwiderte er voll Bitterkeit, indem er es unter seinem Wamms vorzog. »Ich war im Begriff, es Seiner Majestät zurückzugeben, ohne daß man mich darum zu bitten brauchte; doch Seine Majestät ist, wie ich sehe, umgeben von Leuten, welche geneigt sind, schmachvolle Verletzung gegen diejenigen zu rathen, welche nur auf Dankbarkeit Anspruch zu machen hätten.«

»Von wem spricht Herr von Montmorency?« fragte Catharina mit einer hochmüthigen Miene.

»Ei! ich habe von denjenigen gesprochen, welche Seine Majestät umgeben,« antwortete der Connétable, der sich nun wieder seiner mürrischem ungeschliffenen Natur überließ.

Doch er hatte seine Zeit schlecht gewählt, und Catharina wartete nur auf diese Gelegenheit, um auszubrechen.

Sie stand auf und fing, jede Schonung von sich werfend, an, dem Connétable die harten, verächtlichen Manieren, deren er sich stets gegen sie bedient, seine Feindseligkeit gegen Alles, was Florentinisch war, den Vorzug, den er öffentlich der Favoritin vor der gesetzlichen Frau gegeben, vorzuwerfen. Sie wußte wohl, daß sie ihm alle Demüthigungen zuschreiben mußte, welche die Ausgewanderten, die ihr gefolgt waren, auszustehen hatten. Es war ihr bekannt, daß Montmorency während der ersten Jahre ihrer Ehe Heinrich II. den Vorschlag gemacht, sie als unfruchtbar zu verstoßen; daß er sie seitdem durch feige Verleumdungen verfolgt hatte!

Wüthend und wenig an Vorwürfe gewöhnt, antwortete der Connétable hierauf durch ein Hohngelächter, das eine neue Beleidigung war.

Der Herzog von Guise hatte indessen Zeit gehabt, mit leiser Stimme die Befehle von Franz II. in Empfang zu nehmen, oder vielmehr ihm diese Befehle zu dictiren, und ruhig die Stimme erhebend, schmetterte er seinen Nebenbuhler zur größten Freude und Zufriedenheit von Catharina von Medicis nieder.

»Herr Connétable,« sagte er mit seiner höhnischen Höflichkeit, »Eure Freunde und Creaturen, welche mit Euch im Rath saßen, Bochetel, l’Aubespine und die Anderen, namentlich Seine Eminenz der Siegelbewahrer Jean Bertrande, werden Euch wahrscheinlich in Euren Wünschen, den Abschied zu nehmen, nachahmen wollen. Der König beauftragt Euch in der That, ihnen in seinem Namen zu danken. Schon morgen werden sie völlig frei und ersetzt sein.«

»Es ist gut,« murmelte Herr von Montmorency zwischen den Zähnen.

»Was Herrn von Coligny, Euren Neffen, betrifft, der zugleich Gouverneur der Picardie und der Ile-de-France ist,« fuhr der Balafré fort, »so hat der König die Ansicht, es sei dies ein für einen einzigen Menschen wirklich zu schweres, zu lästiges Amt, und er will daher dem Herrn Admiral die Bürde von einem seiner Gouvernements nach seiner Wahl abnehmen. Nicht wahr, Ihr werdet die Güte haben, ihn davon in Kenntnis zu setzen?«

»Warum nicht?« erwiderte der Connétable mit einem schmerzlichen Gelächter.

»Was Euch betrifft, Herr Connétable . . .« fuhr der Herzog von Guise ganz ruhig fort.

»Nimm man mir auch den Stab des Connétable ab?« unterbrach ihn Herr von Montmorency voll Bitterkeit.

»Oh!« entgegnete Franz von Lothringen, »Ihr wißt wohl, daß dies unmöglich ist, und daß es sich bei dem Amt des Connétable nicht wie bei dem des Generallieutenants des Königreichs verhält: der Connétable ist unentsetzbar. Doch ist sein Amt nicht unverträglich mit dem des Großmeisters, mit welchem Ihr ebenfalls bekleidet seid? Das ist wenigstens die Ansicht Seiner Majestät, welcher diese Stelle von Euch zurückfordert, mein Herr, und mir bewilligt, der ich keine andere habe.«

»Ganz vortrefflich!« rief Montmorency mit den Zähnen knirschend. »Ist das Alles, mein Herr?«

»Ich denke, ja,« antwortete der Herzog von Guise, indem er sich wieder niedersetzte.

Der Connétable fühlte, daß es ihm schwer wäre, seine Wuth länger zu Verhalten, daß er vielleicht ausbrechen, sich gegen die Achtung vor dem König verfehlen, und aus einem in Ungnade Gefallenen ein Rebell werden würde . . . Er wollte diese Freude seinem triumphierenden Feinde nicht gönnen, machte eine kurze Verbeugung und schickte sich an, wegzugehen. Ehe er sich jedoch entfernte, sprach er, als ob er sich eines Andern besänne, zum jungen König:

»Sire, ich habe Euch nur noch ein letztes Wort zu sagen, nur noch eine letzte Pflicht gegen das Andenken Eures glorreichen Vaters zu erfüllen. Derjenige, der ihm den Todesstreich versetzt hat, der Urheber unserer allgemeinen Trostlosigkeit ist vielleicht nicht allein ungeschickt gewesen, Sire, ich habe wenigstens alle Ursache, dies zu glauben. Bei diesem unseligen Zufall konnte wohl meiner Ansicht nach, eine strafbare Absicht mitwirken. Der Mann, den ich anklage, mußte sich, ich weiß es, vom König verletzt glauben. Eure Majestät wird wohl in dieser Hinsicht Befehl zu einer strengen Untersuchung geben . . .

Der Herzog von Guise bebte bei dieser förmlichen und gefährlichen Anklage gegen Gabriel. Doch Catharina von Medicis übernahm es diesmal, zu antworten.

»Wißt, mein Herr,« sagte sie zum Connétable, »wißt, daß es nicht Eurer Aufforderung bedurfte, um auf einen solchen Umstand die Aufmerksamkeit von denjenigen zu lenken, welchen das auf eine so grausame Weise abgebrochene königliche Leben nicht minder theuer und kostbar war, als Euch. Ich, die Witwe von Heinrich II., will Niemand in der Welt die Initiative bei einer solchen Sorge lassen. Beruhigt Euch also, man ist Euch in Euren Bemühungen um diesen Gegenstand zuvorgekommen, und Ihr könnt Euch über diesen Punkt getröstet zurückziehen.«

»Dann habe ich nichts mehr beizufügen,« sprach der Connétable.

Es war ihm nicht einmal gestattet, persönlich seinen tiefen Groll gegen den Grafen von Montgommery zu befriedigen und als Denunciant des Schuldigen und als Rächer seines Gebieters aufzutreten.

Erstickt vor Scham und Zorn, ganz in Verzweiflung, entfernte er sich.

Noch an demselben Abend reiste er nach seiner Besitzung Chantilly ab.

An demselben Tag verließ auch Frau von Valentinois den Louvre, wo sie mehr als die Königin regiert hatte, um ihn mit ihrer traurigen, entfernten Verbannung in Chaumont an der Loire zu vertauschen, von wo sie bis zu ihrem Tod nicht mehr zurückkehren sollte.

Diana von Poitiers gegenüber war also die Rache von Gabriel erfüllt.

Wohl brütete die Exfavoritin ihrerseits über einem furchtbaren Rachewerk gegen denjenigen, welcher sie so von ihrer Höhe herabgestürzt hatte.

Was den Connétable betrifft, so war Gabriel noch nicht mit ihm zu Ende, und er sollte ihn an dem Tag wiederfinden, an dem er abermals sein Ansehen erlangte.

Doch greifen wir den Ereignissen nicht vor und kehren wir in aller Eile in den Louvre zurück, wo man Franz II. die Abgeordneten des Parlaments gemeldet hat.

XIII.
Temperaturwechsel

Nachdem von Catharina von Medicis ausgesprochene Wunsch fanden die Abgeordneten des Parlaments den völligsten Einklang im Louvre. Franz II., der zu seiner Rechten seine Frau, zu seiner Linken seine Mutter hatte, stellte ihnen den Herzog von Guise als Generallieutenant des Königreichs, den Cardinal von Lothringen als Oberintendanten der Finanzen und Francois Olivier als Siegelbewahrer vor. Der Balafré triumphierte, die Königin Mutter lächelte bei seinem Triumph, Alles ging aufs Beste; und kein Symptom von Mißhelligkeit schien die erfreulichen Auspicien einer Regierung zu trüben, welche eben so lang, als glücklich zu werden versprach.

Einer von den Räthen des Parlaments dachte ohne Zweifel, eine Idee der Milde wäre nicht unwillkommen bei diesem Glück und rief, als er am König vorüberging, mitten aus einer Gruppe:

»Gnade für Anne Dubourg!«

Doch dieser Rath vergaß, welch ein eifriger Katholik der neue Minister war. Nach seiner Manier stellte sich der Balafré, als hätte er schlecht gehört, und ohne nur den König oder die Königin Mutter um ihre Ansicht zu fragen, antwortete er mit lauter und fester Stimme:

»Ja, meine Herren, ja, seid unbesorgt, der Prozeß von Anne Dubourg und seinen Mitangeschuldigten soll verfolgt und rasch beendigt werden!«

Auf diese Versicherung verließen die Mitglieder des Parlamentes den Louvre, freudig oder traurig, je nach ihrer Ansicht, doch insgesammt überzeugt, nie seien Regierende inniger und besser mit einander zufrieden gewesen, als die, welche sie so eben begrüßt.

Nach ihrem Abgang sah der Herzog von Guise in der That abermals auf den Lippen von Catharina von Medicis das Lächeln, das nun, so oft er sie anschaute, daraus stereotypirt zu sein schien.

Durch diese Vorstellungen schon ganz ermüdet, stand Franz II. auf.

»Für heute sind wir nun hoffentlich von den Geschäften und Ceremonien befreit,« sagte er. »Meine Mutter, mein Oheim, können wir nicht dieser Tage Paris ein wenig verlassen und unsere Trauerzeit anderswo beendigen, in Blois zum Beispiel, am Ufer der Loire, die Maria so sehr liebt? Sprecht, können wir das nicht?«

»Oh! sorgt alle, daß dies möglich ist!« rief Maria Stuart, »An diesen schönen Sommertagen ist Paris so langweilig und auf dem Lande ist es so heiter!«

»Herr von Guise wird hierauf bedacht sein,« erwiderte Catharina. »Doch für heute, mein Sohn, ist Eure Aufgabe noch nicht ganz beendigt. Ehe ich Euch der Ruhe überlasse, muß ich ich noch eine halbe Stunde Zeit von Euch verlangen, denn Ihr habt noch eine heilige Pflicht zu erfüllen.«

»Welche, meine Mutter?« fragte Franz.

»Eure Pflicht des Gerichtsherrn, Sire, Die Pflicht, in deren Erfüllung der Herr Connétable mir zuvorgekommen zu sein sich einbildete. Doch die Gerechtigkeit der Gattin ist rascher als die des Feindes.«

»Was will sie damit sagen?« fragte sich unruhig der Herzog von Guise.

»Sire,« fuhr Catharina fort, »Euer erhabener Vater ist eines gewaltsamen Todes gestorben. Ist derjenige, welcher ihn geschlagen hat, unglücklich oder ist er strafbar? Ich, meines Theils neige mich der letzten Vermuthung zu. Doch in jedem Fall lohnt es sich der Mühe, die Frage scharf herauszustellen. Nehmen wir gleichgültig ein solches Attentat hin, ohne uns nur die Mühe zu geben, zu fragen, ob es freiwillig gewesen oder nicht, welcher Gefahr wären nicht alle Könige, und zuerst Ihr preisgegeben, Sire! Eine Untersuchung über das, was man den Unfall vom 30. Juni nennt, ist also nothwendig.«

»Madame,« entgegnete der Balafré, »da müßte man also Herrn von Montgommery auf der Stelle, als des Königsmords bezüchtigt, verhaften lassen?«

»Herr von Montgommery ist seit diesem Morgen verhaftet,« antwortete die Königin Mutter.

»Verhaftet?« Und auf wessen Befehl?« rief der Herzog von Guise.

»Auf den meinigen,« erwiderte Catharina. »Noch war keine Gewalt eingesetzt, und ich übernahm es, diesen Befehl zu geben. Herr von Montgommery konnte jeden Augenblick die Flucht ergreifen, und es war daher dringend, ihm zuvorzukommen. Man hat ihn geräuschlos und ohne ein Aergerniß zu erregen in den Louvre gebracht. Ich fordere Euch auf, mein Sohn, ihn zu befragen.«

Ohne eine andere Erlaubniß, schlug sie auf ein Glöckchen, um Jemand herbeizurufen, wie es der Herzog von Guise zwei Stunden zuvor gethan hatte.

Doch diesmal faltete der Balafré die Stirne. Der Sturm zog heran.

»Laßt den Gefangenen bringen,« sagte Catharina von Medicis zu dem Huissier, der auf den Ruf des Glöckchens sogleich erschien.

Als der Huissier wieder weggegangen war, trat ein verlegenes Stillschweigen ein. Der König schien unentschlossen, Maria Stuart unruhig, der Herzog von Guise unzufrieden. Die Königin Mutter allein heuchelte Würde und Sicherheit.

Der Herzog von Guise ließ nur das einfache Wort fallen:

»Mir scheint, wenn Herr von Montgommery hätte fliehen wollen, so wäre ihm seit vierzehn Tagen nichts leichter gewesen.«

Catharina hatte nicht Zeit, zu antworten, denn in demselben Augenblick wurde Gabriel eingeführt.

Er war bleich, aber ruhig. Sehr frühe am Morgen hatten ihn zum großen Schrecken von Aloyse vier Knechte aus seinem Hotel geholt. Er war ihnen ohne den geringsten Widerstand gefolgt und wartete seitdem ohne den Anschein irgend einer Furcht.

Als er festen Schrittes und mit ruhiger Miene eintrat, wechselte der junge König die Farbe, war er nun erschüttert dadurch, daß er denjenigen erblickte, welcher seinen Vater geschlagen hatte, erschrak er darüber, daß er zum ersten Mal die Pflicht des Gerichtsherrn, von der ihm seine Mutter gesprochen, erfüllen sollte . . . in der That die schrecklichste Pflicht, die der Herr den Königen auferlegt hat.

Er sagte auch mit einer Stimme, die man kaum hörte, zu Catharina, gegen die er sich umwandte:

»Sprecht, Madame, es ist an Euch, zu sprechen.«

Catharina von Medicis machte auf der Stelle von der Erlaubniß Gebrauch. Sie glaubte sich nun sicher ihres allmächtigen Einflusses auf Franz II. und auf seinen Minister . . . Sie wandte sich also an Gabriel und sprach mit einem richterlichen, stolzen Tone:

»Mein Herr, wir wollten vor jeder Untersuchung Euch vor Seiner Majestät selbst erscheinen lassen und Euch mit unserem eigenen Mund befragen, damit es nicht einmal Euch gegenüber einer Genugthuung bedürfte, wenn wir Euch unschuldig fänden, damit die Justiz um so leuchtender, um so schlagender wäre, wenn wir Euch schuldig fänden. Außerordentliche Verbrechen heischen außerordentliche Richter. Seid ihr bereit, uns zu antworten?«

»Ich bin bereit, Euch zu hören, Madame,« erwiderte Gabriel.

Catharina war mehr aufgebracht als überzeugt durch die Ruhe des Mannes, den sie schon haßte, ehe er sie zur Witwe gemacht hatte, den sie in demselben Grad haßte, in welchem sie ihn einen Augenblick hatte lieben können.

Sie fuhr also mit einer gewissen beleidigenden Bitterkeit fort:

»Seltsame Umstände erheben sich gegen Euch, mein Herr, und klagen Euch an: Eure langen Abwesenheiten von Paris, Eure freiwillige Verbannung vom Hof seit beinahe zwei Jahren, Eure Gegenwart und Eure geheimnißvolle Haltung bei dem unseligen Turnier, Eure Weigerung sogar, mit dem König eine Lanze zu brechen. Wie kommt es, daß Ihr, der Ihr an dergleichen Kampfspiele gewöhnt seid, die herkömmliche und nothwendige Vorsichtsmaßregel, bei der Rückkehr den Stumpf Eurer Lanze wegzuwerfen, unterlassen habt? Wie erklärt Ihr diese seltsame Vergeßlichkeit? Antwortet endlich! Was habt Ihr zu dem Allem zu sagen?«

»Nichts, Madame,« erwiderte Gabriel.

»Nichts!« versetzte die Königin Mutter erstaunt.

»Durchaus nichts.«

»Wie!« Catharina, »Ihr gesteht also . . . . Ihr gebt es also zu? . . .«

»Ich gestehe nichts, ich gebe nichts zu, Madame.«

»Ihr leugnet?«

»Ich leugne eben so wenig. Ich schweige.«

Maria Stuart entschlüpfte eine Gebärde der Billigung; Franz II. horchte und schaute mit einer gewissen Begierde; der Herzog von Guise blieb stumm und unbeweglich.

Catharina fuhr mit immer schärferem Tone fort:

»Mein Herr, nehmt Euch in Acht! Ihr würdet besser daran thun, wenn Ihr Euch zu vertheidigen und zu rechtfertigen suchtet. Erfahrt Eines: Herr von Montmorency, den man zur Noth als Zeugen vernehmen könnte, behauptet, daß Ihr gegen den König einen gewissen Groll, daß Ihr Beweggründe persönlicher Erbitterung haben konntet.«

»Welche, Madame? Hat sie Herr von Montmorency genannt?«

»Noch nicht, doch er würde sie ohne Zweifel nennen.«

»Nun! er nenne sie, wenn er es wagt.«

»Ihr weigert Euch also ganz und gar, zu sprechen.«

»Ich weigere mich.«

»Die Folter dürfte vielleicht diesem hochmüthigen Stillschweigen ein Ende machen, wißt Ihr?«

»Ich glaube nicht, Madame.«

»Und dann wagt Ihr auf diese Art Euer Leben, das sage ich Euch.«

»Ich werde es nicht vertheidigen, Madame, denn es ist nicht mehr der Mühe werth.«

»Ihr seid fest entschlossen, mein Herr? nicht ein Wort?«

»Nicht ein Wort, Madame,« sprach Gabriel, den Kopf schüttelnd.

»Das ist gut!« rief Maria Stuart, durch einen unwiderstehlichen Strom ihrer Gefühle fortgerissen. »Es ist edel und groß, dieses Stillschweigen! es ist das eines hochherzigen Mannes, der nicht einmal den Verdacht zurückweisen will, aus Furcht, der Verdacht könnte ihn berühren. Ich sage, daß dieses Stillschweigen die beredteste Rechtfertigung ist.«

Doch die alte Königin schaute die junge mit einer strengen und zornigen Miene an.

»Ja, ich habe vielleicht Unrecht, so zu sprechen,« fuhr Maria Stuart fort, »doch desto schlimmer, ich sage, was ich fühle und was ich denke. Mein Herz wird nie meinen Mund schweigen machen können. Meine Eindrücke und Gemüthsbewegungen müssen zu Tage heraus. Mein Instinct ist meine Politik. Dieser Instinct aber ruft mir hier zu, Herr d’Ermès habe nicht kalt den Entschluß zu einem solchen Verbrechen gefaßt und dieses freiwillig ausgeführt, er sei nur das blinde Werkzeug des Verhängnisses gewesen, glaube über jeder solchen Muthmaßung zu stehen und verachte es daher, sich zu rechtfertigen. Mein Instinkt ruft das in mir, und ruft es ganz laut. Warum nicht?«

Der junge König hörte voll Liebe und Freude sein Herzkind, wie er sie nannte, sich mit dieser Beredtheit und mit diesem Feuer ausdrücken, wodurch sie noch zwanzigmal hübscher war als gewöhnlich.

Gabriel aber rief mit bewegter tiefer Stimme:

»Oh! ich danke, Madame, ich danke Euch! und Ihr thut wohl daran, nicht für mich, sondern für Euch thut Ihr wohl daran, daß Ihr so handelt.«

»Oh! ich weiß es wohl!« sagte Maria mit dem anmuthreichsten Tone, der sich träumen läßt.

»Sind wir mit diesen sentimentalen Kindereien zu Ende?« rief Catharina zornig.

»Nein, Madame,« erwiderte Maria Stuart, in ihrer Eitelkeit als junge Frau und als junge Königin verletzt, »nein! wenn Ihr mit diesen Kindereien zu Ende seid, so fangen wir, die wir Gott sei Dank jung sind, erst damit an. Ist das nicht wahr, mein holder Sire,« fügte sie, freundlich an ihren jungen Gemahl wendend, bei.

Der König antwortete nicht, aber er streifte mit seinen Lippen das Ende dieser rosigen Finger, die ihm Maria reichte.

Der bis jetzt im Zaum gehaltene Zorn der Königin brach los. Sie hatte sich noch nicht daran gewöhnt, als König einen Sohn zu behandeln, der beinahe noch ein Kind war; dabei glaubte sie sich stark durch die Unterstützung des Herzogs von Guise, der sich noch nicht ausgesprochen hatte und von dem sie nicht wußte, daß er der treue Beschützer und, so zu sagen, ein stillschweigender Genosse für den Grafen von Montgommery war. Sie scheute sich daher nicht, ihrem Grimm offen die Zügel schießen zu lassen.

»Ah! so ist es?« sagte sie auf die letzten, leicht spöttischen Worte von Maria. »Ich nehme, ein Recht in Anspruch, und man verhöhnt mich! Ich verlange mit aller Mäßigung, daß der Mörder von Heinrich II. wenigstens befragt werde, und da er jede Rechtfertigung verweigert, billigt man sein Stillschweigen, mehr noch, man lobt ihn! Wohl! da die Dinge so gehen, kein feiges zurückhalten, keine halbe Maßregel mehr! Ich trete mit lauter Stimme als Anklägerin des Grafen von Montgommery auf. Wird der König seiner Mutter Gerechtigkeit verweigern, weil sie seine Mutter ist? . . . Man wird den Connétable hören, man wird, wenn es sein muß, Frau von Poitiers hören! Die Wahrheit wird an den Tag kommen; und sollten Staatsgeheimnisse bei dieser Angelegenheit gefährdet sein, so gibt es eine geheime Verurtheilung. Aber der Tod eines verrätherischer Weise in Gegenwart seines ganzen Volkes ermordeten Königs wird wenigstens gerächt sein.«

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06 dekabr 2019
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