Kitabı oxu: «Wolf Breed - Oliver (Band 4)»

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Alexa Kim

Wolf Breed - Oliver (Band 4)

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Inhaltsverzeichnis

Titel

1.

2.

3.

4.

5.

6.

7.

8.

Epilog

Bisher erschienen von Alexa Kim

Impressum neobooks

1.

Rory

Es fühlte sich an, als verstecke sich mein Verstand hinter einer dichten Nebelwand. Gleichzeitig bekam ich alles mit, was mit mir geschah. Es war, als würde ich von Innen heraus schreien, flehen und betteln, aber niemand konnte mich hören. Bitte, Tommy … ich versuche es auch nie wieder … du kannst alles mit mir tun … nur das hier nicht … bitte nicht!

„Rory Babe … habe ich dich nicht immer wie eine Prinzessin behandelt? Wer warst du denn, bevor ich dich von der Straße aufgesammelt habe? Eine Ausreißerin, halb verhungert … du hattest niemanden. Ich habe mich um dich gekümmert, oder nicht? … Habe dir alles gegeben, was eine Frau sich wünschen kann ... Kleider, Schmuck … meine Aufmerksamkeit. Ich habe im Gegenzug nichts von dir erwartet, außer Loyalität ...“

Du bist ein mieser Wichser …, versuchte ich Tommy anzuschreien, brachte aber kein einziges Wort heraus. Die Drogen, die Tommy mir gegeben hatte, bevor er und seine Männer mich in den Wald geschleppt hatten, machten mich körperlich wehrlos, während mein Verstand umnebelt war und doch wach blieb. Mit Sicherheit war das ein gewollter Teil von Tommys Bestrafung. Ich sollte mitbekommen, wenn seine Männer nacheinander über mich herfielen …

„Zu schade, Rory … ich dachte wirklich , du wärest etwas Besonderes …“

Fuck you … du bist nichts als ein mieser Zuhälter, der mich für sein persönliches Eigentum hält! Von Anfang an wusste ich, wie die Sache mit Tommy enden würde. Mein Fehler war, dass ich die Wahrheit verdrängt habe. Als Tommy mich von der Straße aufgelesen hat, war ich erst sechzehn. In der Anfangszeit, als Tommy mir Geschenke machte und mich mit Aufmerksamkeit überhäufte, ignorierte ich die vielen Warnzeichen. Es wäre gelogen zu behaupten, dass ich mich von dem ganzen materiellen Krempel nicht hätte blenden lassen. Ich hatte nie viel besessen und plötzlich wurde mir jeder Wunsch erfüllt.

Die Frauen, die in Tommys Wohnung ein und aus gingen, blendete ich bewusst aus … genau wie die Tatsache, dass sie manchmal ein blaues Auge hatten oder andere Spuren von Misshandlung. Ich sah mich ja nicht als eine von ihnen … ich war die offizielle Freundin des Anführers der Burning Eagles. Auch die vereinzelten Zeitungsberichte, in denen behauptet wurde, dass dieser MC Geschäfte im Rotlichtmilieu machte, verdrängte ich. Tommy hat mich nie gezwungen, mit anderen Männern zu schlafen – er entwickelte vielmehr eine Obsession für mich. Erst als ich älter wurde und anfing nachzudenken, wurde mir klar, dass der Weg an Tommys Seite in eine Sackgasse führt. Immer deutlicher wuchs in mir der Wunsch nach einem anderen Leben ... ohne diesen ganzen Mist, in den Tommy verstrickt war.

Meine Flucht hatte ich geplant – trotzdem hätte mir klar sein müssen, dass Tommy davon Wind bekommt. Ich hätte wissen müssen, dass ich mich nicht einfach aus dem Leben davonschleichen kann, das ich fast fünf Jahre geführt habe ...

„Luke ist schon seit Langem scharf auf dich, Rory … was meinst du … soll er anfangen?“

Ich stellte mir das Gesicht von Luke vor – Tommys rechter Hand. Er war ein widerlicher Typ, der mich mit den Blicken auszog, wann immer ich ihm über den Weg lief! Allein der Gedanke, dass Luke mich vergewaltigen würde, versetzte mich innerlich in Panik … und ich war nicht einmal in der Lage, diese Panik auszudrücken - noch nicht einmal, als Luke mir den kurzen Rock hochschob und an meinem Slip zerrte.

Innerlich schrie ich laut und verzweifelt Nein! Äußerlich war ich vollkommen unbeteiligt – als würde es mir nichts ausmachen von dem schmuddeligen Typen betatscht und ausgezogen zu werden.

Das hast du davon, Rory ... Von jetzt an würde ich genauso sein, wie die Mädchen, die bei Tommy ein und ausgingen. Ich müsste für ihn anschaffen, mit Luke Sex haben und die abartigen Gelüste seiner Männer befriedigen. Mit meinem Fluchtversuch hatte ich den Madonnenstatus verloren, den Tommy mir verliehen hatte. Die Heilige Hure gab es nicht mehr … ab heute würde ich nicht mehr die Frau an Tommys Seite sein.

Verzweifelt versuchte ich, an etwas anderes zu denken, als daran, dass Luke soeben meine Beine spreizte und sich daran machte, mich zu vergewaltigen. Ich hatte mal gehört, dass der Geist imstande ist, den Körper zu verlassen, wenn eine Situation ihn überfordert. Leider gelang mir das nicht … ich war in meinem Körper gefangen und registrierte jedes schreckliche Detail … den kalten Waldboden unter mir … Lukes dreckige Pfoten zwischen meinen Schenkeln … das Lachen und Anfeuern der anderen … Ich war am Tiefpunkt meines Lebens angekommen. Niemand würde mir helfen … niemand interessierte sich dafür, was mit mir geschah, weil niemand wusste, dass es mich gab. Die Spuren zu mir hatte Tommy gut verwischt … im Grunde genommen existierte ich offiziell seit Jahren nicht mehr!

„Was zur Hölle ...“, hörte ich plötzlich Tommy rufen, und dann schrien alle panisch durcheinander. „Los, nimm die Knarre … erschieß das Vieh!“

„Was tut ein fucking Wolf hier?“

„Ist mir scheiß egal … knall ihn ab!“

Das Knurren, gefolgt von einem markerschütternden Schrei klärte meinen Verstand so weit, dass ich die Augen öffnete. Einige Schritte von mir entfernt stand eine schwarze Bestie mit gelben Augen. Sie starrte mich an, während zwischen ihren Pfoten ein regloses Etwas lag … Luke! Oh mein Gott … ein Wolf! War Luke tot? Würde der Wolf mich als nächstes töten? Aus meinem Mund kam ein Wimmern – der erste Ton, den ich seit Stunden von mir gab.

Meine Augen suchten panisch nach Tommy. Ich entdeckte die Rückseite seiner Lederjacke mit dem Colour der Burning Eagles zwischen den Bäumen, als der Strahl einer Taschenlampe kurz darauf fiel. Tommy und die anderen gaben Fersengeld und ließen mich allein mit der Bestie, die Luke umgebracht hatte!

Je länger ich in die gelben Augen des Wolfes starrte, desto bereitwilliger ergab ich mich meinem Schicksal. Das ist die Wahrheit, Rory … endlich erkennst du sie … du warst nie mehr für ihn, als eine Trophäe!

Ich schluchzte gegen meinen Willen auf und brachte tatsächlich ein paar Worte zustande. „Bitte … mach es schnell.“

Der Wolf fixierte mich weiter mit seinen gelben Augen, als würde er meine Worte verstehen. Aber seine Zähne waren gefletscht und das leise Knurren sagte mir allzu deutlich, dass er nichts verstand. Wie hätte er auch … er war ein Tier! Was wussten Tiere von Schuld, Hoffnung, Verzweiflung und Angst? Das hier war also das Ende von Rory, die einmal so viele Träume gehabt hatte und auf der Suche nach ihnen den falschen Weg eingeschlagen hatte …

Oliver

Ich starrte die halb nackte Frau vor mir auf dem Boden an … ihr kurzer Rock war ihr bis über die Hüften gezogen worden, sodass der String zu sehen war, den sie darunter trug. Eine Mischung aus Ekel und wildem Verlangen erfasste mich. Ich hatte Ewigkeiten keine Frau mehr gehabt … seit Vince mich als Alpha des Rudels abgelöst hatte. Allein die Vorstellung, dass mein Bruder eine menschliche Gefährtin gewählt hatte, reichte noch immer aus, mich wütend zu machen. Menschen waren schlecht … und sie waren schwach, wie das Beispiel dieser Frau sehr anschaulich zeigte. Mona oder Fiona hätten sich von diesen Typen nicht so einfach aufs Kreuz legen lassen.

Unwürdig … minderwertig … sie kann hier draußen alleine nicht überleben und zu Fuß ist es ziemlich weit bis zur nächsten Ortschaft ... Während ich darüber nachdachte, die Frau ihrem Schicksal zu überlassen, verspürte ich gleichzeitig einen starken Drang, mich mit ihr zu paaren. Warum hatte ich die Typen nicht einfach mit ihr tun lassen, was sie vorhatten? Du könntest es tun …

Noch immer starrten meine Wolfsaugen auf den Körper der Frau … sie war sehr schön und erinnere mich an das Mädchen, das ich gekannt hatte, als ich noch die Nähe zu Menschen gesucht hatte. Ohne es verhindern zu können, begann ich abzuschätzen, ob diese Frau wohl in der Lage wäre, sich mit mir zu paaren. Wahrscheinlich würde sie jammern – andererseits hatte es zwischen Vince und Eveline scheinbar auch keine Probleme gegeben.

Das wirst du nicht tun! Eine Paarung mit einer menschlichen Frau steht überhaupt nicht zur Debatte. Du bleibst bei deinem Plan und holst dir dein Rudel zurück … im Winter, wenn die Paarungszeit beginnt und Vince davon besessen ist, seiner Schlampe den nächsten Mischling anzusetzen … Es erfüllte mich mit Genugtuung, abfällig über meinen Bruder und sein menschliches Haustier zu denken.

Noch immer stand ich unentschlossen herum. Die Frau hatte die Augen geschlossen und gab keinen Ton mehr von sich. Wahrscheinlich hatten die Arschlöcher sie mit Drogen vollgepumpt, was erklärte, warum sie alles so widerstandslos über sich hatte ergehen lassen.

Ich ging näher an sie heran, nahm ihren Duft wahr, der reine Versuchung für mich darstellte. Bilder meines menschlichen Verstandes mischten sich mit denen des Wolfes … wäre es nicht gut, sie eine Weile zu behalten? Immerhin hatten diese Typen sie mir überlassen … sie war ehrlich erkämpfte Beute.

Ich betrachtete den schmierigen Typen, der sich an ihr zu schaffen gemacht hatte. Er war nicht tot – ihn zu töten, hätte zu viel Aufmerksamkeit auf sich gezogen. Diese Typen gehörten zu einer Biker-Gang, und die hatten nicht selten Dreck am Stecken oder waren in kriminelle Machenschaften verwickelt. Wenn der Blödmann aufwachte, würde er kaum zur Polizei rennen und behaupten, dass ein Wolf versucht hatte, ihn umzubringen, während er eine Frau hatte vergewaltigen wollen.

In diesem Sinne war es besser, ihn leben zu lassen, auch wenn mir das schwerfiel. Wenigstens würde er eine Beule und Kopfschmerzen haben, wenn er zu sich kam.

Sollte ich die Frau einfach hier lassen … damit er zu Ende bringen konnte, was er vorgehabt hatte? Sie gehört mir … ich habe ein Recht auf sie ..., reagierte der Wolf empört auf diese Idee.

Ich ging noch näher an die Frau heran. Sie hatte lange dunkle Haare und Wimpern … ein Gesicht, das fast schon puppenhaft schön war ... kein Wunder, dass die Typen sie haben wollten. Wäre es nicht gut, Gesellschaft zu haben? Sie könnte deine Gefangene sein … nur so lange, bis du dein Rudel zurückhast, dann lässt du sie frei. Niemand würde es je erfahren …

Ja … nimm sie mit … ich brauche sie … ich will sie …, stimmte der Wolf zu.

Vorsichtig nahm ich den Saum ihrer kurzen Jacke zwischen die Zähne und begann, die Frau dran fortzuziehen. Ich würde mich verwandeln müssen, bevor ich sie in meinen SUV packte und in das Haus brachte, in dem ich wohnte. Durch Zufall war ich in einem Supermarkt auf eine Anzeige gestoßen, in der ein Housesitter gesucht wurde, als ich nach meiner Flucht eine Zeitung gekauft hatte. Ich war damals gehetzt gewesen … ratlos, was ich tun sollte. In der Welt der Menschen hatte ich nie gelebt, unsere Welten hatten sich höchstens gestreift … die Anzeige in der Zeitung war ein Glücksfall gewesen – ein Ferienhaus nah am Wald, das die Vermieter nur zwei Monate im Jahr nutzten und für den Rest der Zeit von einem Housesitter bewachen ließen. Letztendlich hatten meine Größe und die Wahrnehmung der beiden älteren Leute wohl dafür gesorgt, dass ich die Zusage bekam. Wahrscheinlich hatte ich auf sie wie jemand gewirkt, der in der Lage war, ihr hart erarbeitetes Eigentum zu schützen.

Wie recht sie damit hatten … allerdings lag mir weniger an ihrem Eigentum, sondern daran, die Grenzen meines Reviers vor Eindringlingen zu verteidigen. Für die Zeit, in der ich in diesem Haus lebte, sah ich es als mein Revier, das niemand unaufgefordert betreten durfte.

Das Houssitterarrangement hatte sich nicht allein in dieser Hinsicht als Glücksfall herausgestellt. Von meinem neuen Revier aus konnte ich in Ruhe meine Rückkehr planen und meine Wunden lecken.

Also wirst du sie in dein Revier bringen …, pflichtete der Wolf bei.

Das Versteck, in dem ich die Wandlung durchlief, war nur etwa hundert Meter von der Stelle entfernt, wo die Typen versucht hatten, die Frau zu vergewaltigen. Das bedeutete, dass ich mir ein neues Versteck würde suchen müssen. Es handelte sich ohnehin nur um eine ehemalige Futterstelle für Wild, die mehr als vorübergehende Notlösung gedacht gewesen war.

Ich zog die Frau in den Unterschlupf, legte mich neben sie und schloss die Augen. Ihr weiblicher Duft machte es leicht, mich in den Strudel ziehen zu lassen, der meinen Verstand für eine Weile ausschaltete, um den Wolf verschwinden und den Mann erscheinen zu lassen … zumindest äußerlich … denn innerlich – das stand außer Zweifel – würde ich immer ein Wolf bleiben …

2.

Rory

Als ich wach wurde, konnte ich mich zunächst nicht daran erinnern, was passiert war. Ich lag auf einem Bett in einem Zimmer, das ich noch nie zuvor gesehen hatte, und mein Kopf tat fürchterlich weh.

Erst als ich mich aufsetzte, kehrten zwischen Schwindel und Übelkeit langsam auch die Erinnerungen zurück. Tommy hatte mich spät abends in diesen Wald gebracht, um mich von seinen Männern vergewaltigen zu lassen … allen voran von seiner rechten Hand Luke … aber dann war etwas passiert. Irgendetwas hatte Tommy und die anderen vertrieben … und Luke … Leuchtend gelbe Augen blitzen in meiner Erinnerung auf. Ein Wolf hatte Luke getötet! Die aufkommende Panik brachte mich dazu, mich zu schnell zu bewegen und aus dem Bett aufspringen zu wollen.

Sofort bestrafte mich mein Kopf, indem er mir das Gefühl gab, glühend heiße Nadeln würden sich in meine Schläfen bohren ...

Wimmernd stützte ich mich am Bett ab. Fragen überfluteten meinen schmerzenden Kopf. Warum lebte ich noch? Warum hatte der Wolf mich nicht auch umgebracht?

In meinen vernebelten Erinnerungen wurde ich durch den Wald geschleift … etwas hatte mich gepackt und zerrte an mir … ich spürte jeden Stein im Rücken.

Irritiert sah ich an mir herunter. Noch immer trug ich den kurzen Rock und das enge Shirt … beides war ziemlich verdreckt. Meine Schuhe waren fort, ebenso die kurze Jacke, die ich getragen hatte. Die Kratzer an meinen nackten Beinen wiesen darauf hin, dass alles tatsächlich geschehen war. Es war der Wolf gewesen, der mich durch den Wald gezerrt hatte! Und ab da herrschte Dunkelheit in meinem Verstand … ich war in einem Rausch aus Drogen und Erschöpfung ohnmächtig geworden … vielleicht war ich auch in einem Auto gefahren … ganz tief in meinem Verstand vergraben meinte ich mich zu erinnern, dass mich jemand auf die Rückbank eines Autos gelegt hatte … Hände … ein Mann … kein Wolf … Aber ich hatte keine bewusste Erinnerung an alles, was nach dem Wald geschehen war; und nun war ich in diesem fremden Zimmer aufgewacht.

Langsam ging ein paar Schritte durch den Raum. Die Einrichtung war alles andere als modern … Möbel in Buche und das Bett, auf dem ich gelegen hatte, war mit einer gesteppten hellblauen Tagesdecke abgedeckt. An der Wand hing ein Kunstdruck von van Goghs Sonnenblumen. Für mich sah es so aus, als würden hier ältere Leute wohnen, aber das passte überhaupt nicht zu meinen Erinnerungen.

Wenigstens trug ich meine Kleider noch – zumindest das, was Tommy als angemessene Kleidung für mich bezeichnet hatte – kurze Röcke und weit ausgeschnittene Oberteile. Auf einem Stuhl entdeckte ich schließlich meine Jacke, daneben die Schuhe. Ein Absatz war abgebrochen, und an der Jacke war ein Ärmel gerissen … so als hätte man daran gezerrt.

„Was zum Teufel bedeutet das?“, flüsterte ich. Es war schwer, mir Angst zu machen, aber langsam bekam ich ein ungutes Gefühl. Durch die Drogen konnte ich nicht sicher sein, ob meine Erinnerungen echt waren oder ich einfach nur einen Höllentrip durchgemacht hatte … Aber warum dann dieses fremde Zimmer?

Langsam ging ich zur Tür und drückte die Klinke herunter. Es war nicht abgeschlossen, was ich als ein gutes Zeichen wertete.

Ein kurzer Gang führte zu einem Wohnzimmer, das ähnlich eingerichtet war, wie der Raum, in dem ich aufgewacht war – etwas spießig. An der holzvertäfelten Wand hingen ausgestopfte Vögel, was mich automatisch die Nase rümpfen ließ. Ich hasste diese Zurschaustellung von toten Tieren, seit ich ein Kind war.

„Du bist endlich wach … gut ...“, unterbrach eine männliche Stimme meine Gedanken.

Ich fuhr herum und entdeckte einen Typen, der an einer Küchenzeile herumhantierte. Er war groß mit auffällig langen braunen Haaren, die er mit einem Gummiband zusammengebunden hatte. Sein Gesicht war markant, vielleicht etwas zu hart, genau wie seine Augen. Die Art, wie er sich bewegte, hatte etwas von einem Spitzensportler – voller Spannung und Dynamik. War er einer von Tommys neuen Rekruten? War ich letztendlich doch nicht der Hölle entkommen, in der ich fast fünf Jahre gelebt hatte? Seine Kleidung passte nicht so recht zu dieser Theorie. Tommys Männer trugen Bikerklamotten … Nieten, Leder und viele Tattoos. Dieser Typ hier trug eine Jeans, die ihm tief auf den Hüften saß und ein enges schwarzes Shirt. Tattoos konnte ich keine sehen. Außerdem hatte er Modelqualitäten. Tommy hätte niemals jemanden aufgenommen, der ihm die Show hätte stehlen können … oder seinen Frauen, wie er immer sagte, den Kopf verdrehen. Nein … mein Gefühl sagte mir, dass dieser Typ hier nicht zu Tommy gehörte. Aber irgendetwas riet mir trotzdem dazu, ihn nicht zu reizen.

„Wer bist du … und wie komme ich hierher?“

Er lehnte lässig mit dem Rücken an einem der Küchenschränke und beobachtete mich. Die muskulösen Arme hatte er vor der Brust verschränkt, als wolle er mich auf Distanz halten. Als würde ich auf den Gedanken kommen, mich freiwillig in seine Arme zu werfen!

Unverhohlen musterte er mich aus seinen dunklen Augen. „Ich habe dich hierhergebracht … nachdem ich verhindert habe, dass die Typen nacheinander ihren Spaß mit dir haben.“

„Danke ...“, gelang es mir zu sagen, gleichzeitig versuchte ich, die Bilder in meinem Kopf zu korrigieren ... aber es gelang mir nicht. In meinen Erinnerungen hatte ein Wolf mich gerettet und nicht dieser seltsame Fürst der Finsternis. Vielleicht war ich ja doch auf einem Drogentrip gewesen? Ich musste versuchen, herauszubekommen, wie viel von meinen Erinnerungen Realität und wie viel Halluzination war. „Was ist mit Luke passiert?“

„Du meinst den Typen, der zwischen deinen Beinen gekniet hat?“

Ich lief rot an und nickte. Scheinbar war nicht alles ein böser Traum gewesen … zumindest die schlimmen Erinnerungen schienen der Realität zu entspringen.

„Ich habe ihn nicht umgebracht, wenn du das meinst. Er wird im Wald aufgewacht sein und dann zurück in das Loch gekrochen, aus dem er gekommen ist.“

Obwohl ich erleichtert sein sollte, dass Luke nicht tot war, versetzte es mich innerlich in helle Panik. Wenn Luke mitbekommen hatte, dass mich ein Fremder gerettet und mitgenommen hatte, würde er es Tommy erzählen … und der würde vor Wut toben. Niemals würde Tommy zulassen, dass ein anderer Mann mich bekam. Es lag in Tommys psychopathischem Charakter, totale Kontrolle über sein Eigentum zu haben – und nach seinem Verständnis stand ich auf seiner Liste persönlichen Besitzes.

„Sie werden nach mir suchen … nicht nur Luke, auch Tommy!“

Mein unheimlicher Retter machte eine verächtliche Handbewegung. „Es wäre besser für sie, wenn sie das nicht tun.“

„Ich bin dir dankbar für deine Hilfe, aber ich sollte so schnell wie möglich verschwinden. Du kennst Tommy nicht. Er ist ein Psychopath! Seine Männer sind Bluthunde. Tommy wird mich niemals freiwillig gehen lassen.“

Mir war nicht entgangen, dass mein seltsamer Retter mir noch immer nicht seinen Namen gesagt hatte. Die unterschwellig spürbare Aggressivität, die von ihm ausging, ließ mich jedes meiner Worte mit Bedacht wählen. Die Jahre an Tommys Seite hatten mich wachsam gemacht.

Er schien langsam die Geduld zu verlieren. „Ich habe dir nicht geholfen, damit du zu diesem Idioten zurückkriechst … auch wenn so ein Verhalten bei euch Menschen weit verbreitet ist.“ Das erste Mal sah er mir offen in die Augen, was allerdings seinen Blick auch nicht vertrauenserweckender machte. „Mein Name ist Oliver … du wirst eine Weile bei mir bleiben.“

Oliver … wenigstens ein normaler Name … nichts Seltsames wie Darius, Adrian oder Lestat. Ich trat nervös von einem Fuß auf den anderen. Wahrscheinlich erwartete Oliver von mir, dass ich protestierte, mich weigerte oder versuchte, aus dem Haus zu fliehen – aber ich hütete mich davor. Einen aggressiven Mann zu reizen, hatte einer Frau noch nie gutgetan, und ich gewann langsam den Eindruck, dass dieser Oliver eine ähnlich kontrollsüchtige Persönlichkeit besaß, wie Tommy.

„Was ist? Willst du nicht heulen oder wenigstens versuchen, mich anzubetteln?“, gab er mir spöttisch zu verstehen.

„Würde es denn Sinn machen … oder dich davon überzeugen, mich gehen zu lassen?“

Oliver schien meine Frage zu überraschen, denn er ließ sich mit der Antwort Zeit. „Nein … würde es nicht.“

Wunderbar! Ich hatte schon immer Kontrollfreaks und Psychopathen angezogen. Warum sollte es dieses Mal anders sein? Innerhalb eines Augenblicks stellte ich mich auf die neue Situation ein … ich war Tommy entkommen, und an den nächsten Psychopathen geraten. Das war eine bittere Erkenntnis, aber nichts, was mich erschütterte. Andere Frauen wären vielleicht in Panik ausgebrochen – aber ich kannte es ja nicht anders.

„Und was willst du von mir?“

Wieder schien Oliver von meiner Antwort überrascht. Seine dunklen Blicke glitten über meinen Körper. „Gesellschaft ...“

„Du siehst nicht so aus, als hättest du Probleme, jemanden zu finden, der freiwillig Zeit mit dir verbringt.“ Allerdings kann ich mir gut vorstellen, dass deine Ausstrahlung dir dabei im Weg steht …

„Ich suche mir meine Gesellschaft gerne selbst aus.“

„Also dann eben … warum hast du mich ausgesucht?“

Das erste Mal zeigte sich ein amüsiertes Zucken um seine Mundwinkel. „Du solltest Angst haben, anstatt neugierig zu sein.“

Ich nahm all meinen Mut zusammen und sah ihm offen in die Augen. „Ich habe auch Angst … aber ich schätze, das interessiert dich genauso wenig wie die Tatsache, dass ich nicht freiwillig bei dir bleibe.“

Sofort verdüsterte sich sein Blick, und der freundliche Anflug war vorbei. „So ist es … und starr mir nicht in die Augen … das ist gefährlich für dich!“

Ich senkte den Blick und suchte mir dann einen anderen Punkt, den ich anschauen konnte. Der Typ war ja noch viel schlimmer als Tommy …

„Wie ist dein Name?“

„Rory ...“, antworte ich knapp.

„Rory … seltsamer Name für eine seltsame Frau ...“, wiederholte Oliver.

Er fand mich seltsam? Herr im Himmel!

„Also gut, Rory ... hier sind meine Regeln. Du kannst dich frei im Haus bewegen, aber solltest du versuchen, abzuhauen, schließ ich dich in deinem Zimmer ein. Ich werde dich finden … immer! Ich kenne mich hier aus … bis zur nächsten Ortschaft brauchst du mehrere Stunden zu Fuß. Denk nicht daran, den SUV zu nehmen. Die Schlüssel sind immer bei mir, und ich bin verdammt schnell. Du ahnst nicht, wie schnell.“

„Das ist alles?“ Ich ahnte, dass dies natürlich nicht alles war, aber ich musste es von Oliver selbst hören.

„Nein!“ Erneut glitten seine Blick in eindeutiger Weise über meinen Körper. „Neben deiner Gesellschaft will ich noch etwas anderes … aber in Anbetracht dessen, dass wir einige Monate zusammen verbringen, würde ich es vorziehen, wenn ich es freiwillig von dir bekomme und dass es dir gefällt.“

Jetzt war ich diejenige, die irritiert war. „Du hältst mich hier gefangen und erwartest, dass ich freiwillig mit dir ins Bett gehe … und dass ich etwas dabei empfinde, das über Widerwillen hinausgeht?“

„Du bist klug, Rory.“

„Das ist verrückt … und unmöglich ...“, antwortete ich und verschränkte die Arme vor der Brust, als könne ich ihn damit von seinem Vorhaben abbringen. Der Typ hatte sie doch nicht alle! Das hatte selbst Tommy nicht von mir erwartet … oder vielleicht war es ihm auch einfach nicht wichtig gewesen, dass es mir gefiel, wenn er nachts mit Bierfahne zu mir ins Bett kroch und Sex verlangte.

„Glaub mir … es ist möglich. Weder Liebe noch Zuneigung sind dafür erforderlich. Eine Interessengemeinschaft reicht aus, um diese Dinge zu akzeptieren.“

„Ich sehe deine Interessen bei dieser Gemeinschaft … aber was könnten meine sein?“, entfuhr es mir.

„Das ist eine berechtigte Frage ...“, antwortete Oliver, stieß sich vom Küchenschrank ab und kam auf mich zu. Es fiel mir plötzlich schwer, meinen Fluchtinstinkt zu unterdrücken. Irgendwie fühlte ich mich wie ein Beutetier, das von einem Raubtier in die Enge getrieben wurde. Vielleicht hatte mein Verstand mir im Drogenrausch deshalb vorgegaukelt, ich wäre von einem Wolf gerettet worden. Oliver hatte tatsächlich etwas Wölfisches an sich.

„Ich beschütze dich vor diesen Idioten … keiner von denen wird dich anfassen … auch nicht dieser Tommy. Solange unsere Vereinbarung besteht, werde ich der Einzige sein, der das tut … und ich bin im Übrigen nicht so ein unfähiger Versager, wie diese Idioten, an die du geraten bist. Mit mir wird es dir gefallen, wenn du es zulässt.“

Ich spürte, wie mir die Spucke wegblieb. So ein überzogen großes Ego hatte selbst Tommy nicht an den Tag gelegt. Oliver präsentierte sich mir, als wäre er die blattgoldüberzogene Edelpraline in einer Deluxeauswahl, nach der jede Frau sich die Finger leckte.

„Ich weiß nicht, ob du verrückt bist oder einfach nur narzisstisch veranlagt ...“, rutschte mir heraus. Im nächsten Moment biss ich mir auf die Lippe. Ich sollte ihn nicht reizen … aber seine Selbstverliebtheit war einfach zu viel ...

Immerhin reagiere Oliver gelassen und zuckte nur die Schultern. „Überleg es dir … wir werden heute Abend zusammen essen … ich hoffe im Übrigen, du kannst kochen. Kühlschrank und Gefrierfach sind voll, aber ich weiß nichts damit anzufangen. Es wird Zeit, dass eine Frau das Kochen übernimmt.“

„Du bist … unfassbar ...“, war das Einzige, was ich herausbrachte. Dieser Typ war ein Macho durch und durch.

„Ich weiß ...“, antwortete Oliver und spannte die Schultern an, als wolle er mich mit seinem Körper beeindrucken, dann ging er an mir vorbei und ließ sich auf die Couch fallen. „Lass dir ruhig Zeit … du kannst auch vorher noch duschen. Du brauchst neue Sachen. Ich habe Internet, du kannst dir bestellen, was du willst. Geld ist kein Problem. Bis dahin kannst du dir ein T-Shirt von mir nehmen … das wird fürs Erste ausreichen.“

Geld ist kein Problem …, hallten die Worte in meinem Kopf nach, während ich mich mit unterdrückter Wut im Bauch daran machte, den Inhalt des Kühlschranks und des Gefrierfachs zu sichten. Ganz sicher würde ich nicht duschen und mich für ihn parfümieren! Und ich würde auch nicht freiwillig mit ihm ins Bett gehen und ihm sagen, was für ein fantastischer Liebhaber er war. No Way!

Ok … ich zog miese Typen einfach an … das war schon immer so gewesen. Es war eine logische Konsequenz, dass mein Leben diesen Verlauf genommen hatte. Aber noch einmal würde ich mich nicht versklaven lassen! Ich war älter, klüger und tougher! Meine nächste Flucht würde ich umsichtiger planen. Wenn ich dieses Spiel mitspielen musste, dann würde ich es eben tun. Ich war keine heilige Jungfrau … ich hatte gelernt, dass alles, was ich besaß, mein Körper war. Oliver konnte ihn haben. Es machte mir nichts aus, ihn einzusetzen, wenn es nicht gerade bei einem Widerling wie Luke war. Was Oliver von mir nicht bekommen würde, war eine Bestätigung seines Egos, indem ich ihm seinen Namen ins Ohr stöhnte ...

Oliver

Ich beobachtete Rory, wie sie sich routiniert daran machte, die Zutaten für das Abendessen zusammenzustellen. Scheinbar war das schon früher ihre Aufgabe gewesen, was mir entgegen kam. Ich hatte, seit ich allein lebte, fast nur von Fertiggerichten gelebt. Kochen und Hausarbeit waren immer Monas und Fionas Aufgaben gewesen. Ich konnte gar nicht sagen, wie sehr ich mich auf ein richtiges Essen freute … und auf das, was danach kam. Rory traf meinen Geschmack … nicht allein ihr Aussehen, vor allem ihr unvermutetes Selbstbewusstsein hinter dem hübschen Gesicht … was ich allerdings am wenigsten erwartet hatte, war ihre beherrschte Art. Kein Kreischen, Heulen, Betteln oder Jammern; ich wurde nicht schlau aus ihr, und das weckte meine Neugierde, mehr über sie zu erfahren …

Meine Blicke glitten über Rorys Körper, während sie Töpfe und Zutaten zusammensuchte. Sie war zierlich, wie die meisten Menschenfrauen, aber jede ihrer Bewegungen wirkte eingespielt. Rory schien weder so verletzlich wie Fiona noch so granithart wie Mona zu sein. Eigentlich perfekt … wäre sie kein Mensch! „Wie bist du in die Hände dieser Typen geraten?“

Sie drehte sich nicht einmal zu mir um, während sie antwortete. „Wie die meisten Frauen in die Hände von solchen Typen geraten ...“

Ich wartete darauf, dass sie ihre Antwort konkretisierte, aber stattdessen beschwerte sich Rory über eine Tüte mit Tiefkühlgemüse. „Ein Gourmet scheinst du nicht gerade zu sein.“

„Ich kann nicht kochen, was also soll ich mit frischem Gemüse anfangen?“

Anstatt zu antworten, schüttete sie die gefroren Gemüseklumpen in einen Topf.

„Du hast meine Frage nicht beantwortet.“

„Doch … das habe ich.“

Na schön … So kam ich nicht weiter bei ihr. „Konntest du denn nichts Besseres finden als diese Versager?“

Rory warf die leere Tüte in die Spüle und wandte sich zu mir um. Ihr Gesicht zeigte eine Mischung aus Wut und Verachtung. „Du meinst, jemanden wie dich?“

Sie ging also auf Konfrontationskurs. Ich sah ihr herausfordernd in die Augen. „Zum Beispiel ...“

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120 səh. 1 illustrasiya
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9783738092011
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