Kitabı oxu: «Die Zweite Welt»

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Die Zweite Welt ... von Stein und Stahl

1  Die Zweite Welt ... von Stein und Stahl

2  Die Schöpfung

3  Der Händler und seine Söldner

4  Kein leichter Weg

5  Naars Auge

6  Die Stadt am Nordmeer

7  Der Wege viele

8  Brands Weg

9  Das Wesen Gomods

10  Weiter und weiter

11  Das Bildnis im Stein

12  Ein Weg findet sein Ende

13  Ein junger Heerführer

14  Der schwarze Hügel vor Naars Zweifel

15  Der Rat der Zwerge

16  Der letzte Tag

17  Unter Zwergen

18  Der Marsch der Zwerge

19  Egron und Oglan

20  Die Bleiknüppel

21  Egron

22  Und so befahl er, der Herr der Oger

23  Bolzen und Wasser, Wasser und Oger

24  Im Wald der kurzlebigen Freude

25  Ein Weg und einer ohne Sinn

26  Von roten Augen und dem alten James

27  Ein Reich macht sich bereit

28  Verweilen würden sie

29  Die Schlacht beginnt

30  Der Klang des Blutes

31  Vom Vergehen der Brüder

32  Kaal und die Bierbrauer

33  Das Ende und der Anfang

34  Das Ende des Weges

Die Zweite Welt ... von Stein und Stahl

Andreas Egger

Für Stein und Ehr! Für Bier und Wehr!

Die Schöpfung
Prolog

Gott erschuf die Erde und mit ihr die Grundlagen jeglicher Evolution. Erst Pflanzen und später Tiere tummelten sich zur Freude Gottes auf seinem Planeten. Irgendwann gediehen Lebewesen, die aufrecht gingen. Im Laufe der Zeit entwickelten sie Intelligenz. Gott freute sich, dass aufgrund dessen, wie er die Welt formte und den Gesetzen, die er ihr auferlegte, diese Wesen, nach seinem Ebenbild geraten waren. Er ersah bald, dass dies die Krönung seiner Schöpfung war und ergötzte sich an ihrem Treiben. Kulturen entwickelten sich, Zivilisationen, Zusammenhalt und Krieg, Schönes wie Schlechtes. Gott lachte und weinte mit seinem Volk, beobachtete diese Wesen und gab ihnen einen Namen: Menschen.

Eines Tages sah er ein weibliches Menschlein von solcher Reinheit und Schönheit, dass er beschloss, es zu sich zu holen. Ihr gemeinsames Glück war grenzenlos und bald erwuchsen Kinder aus ihrer Liebe. Ihr erster Sohn war Aran, den zweiten nannten sie Naar und den dritten Gomod. Die Zeit verging, und die Menschenfrau Gottes wurde älter. Dennoch wollten sie noch ein gemeinsames Kind. Sie wurde im Laufe der Schwangerschaft krank. Gott konnte nichts gegen das Älterwerden seiner Geliebten und ihre Krankheit unternehmen. Würde er Hand an die Gesetze legen, welche ihr Leiden hervorriefen, müsste er die Gesetze seiner ganzen Schöpfung brechen und ändern. Dies würde die Welt zwangsläufig in Chaos stürzen, wenn nicht gar zerstören. Seine Verzweiflung wuchs. Hin- und hergerissen zwischen der Liebe zu seiner sterblichen Frau und der Freude und Verantwortung gegenüber seiner Schöpfung. Er beschloss darauf zu vertrauen, dass sie sich nach der Geburt ihres vierten Kindes erholen würde. Das Kind wurde geboren, doch die Frau war nicht stark genug. Ihre Krankheit und die Strapazen der Geburt töteten sie. Das Kind überlebte zwar, aber schon bald waren körperliche Verkrüppelungen zu erkennen. Gott war von Trauer zerfressen, die Liebe zu der von ihm geschaffenen Welt war gleichzeitig der Quell seines Zwiespalts und Schmerzes.

Seine Söhne wuchsen zu starken Halbgöttern heran. Doch Gott konnte seine Augen nicht in Freude auf sie richten, denn der vierte Sohn, den er Gror nannte, litt unter seinen körperlichen Mängeln. Er war kleiner als Naar, aufgedunsen und kraftlos. Er hatte kurze, krumme Beine, gelbe Zähne und ein blindes Auge. Sein Geist war von Kindesbeinen an von Hass geprägt. Alles Gesunde und Reine war ihm zuwider, konnte er doch selbst niemals so sein.

Die Freude an der von ihm geschaffenen Welt ging Gott verloren. Jedes Mal, wenn er auf sie niederblickte, erkannte er in seinem Volk sein totes Weib. Voller Gram wandte er sein Antlitz ab. Auch der Anblick seiner Söhne bereitete ihm immer größeren Kummer. Er liebte Aran und erfreute sich an der Unbekümmertheit des kleingewachsenen Naar. Doch der unnachgiebige Blick Gomods, der ihm nie verziehen hatte, dass er seiner Mutter nicht beigestanden hatte, und der unverhohlene Hass Grors machten ihn traurig und schwach.

Eines Tages saß Gott mit Aran, seinem Ältesten zusammen. Er war der einzige seiner Söhne, der je verstanden hatte, nach welchen Gesetzen Gott wirkte, wie er Materie verdichtete zu Stein und Wasser. Auch war er der einzige, der darum wusste, wie die universelle Energie sich ersehen ließ, wie das schwache Auge den Fluss der Energie wahrnehmen konnte, wie man sich ihrer, durch Manifestation, in verschiedenster Form bedienen mochte.

Sie sprachen über die beiden jüngsten Söhne und waren höchst bekümmert über die Bösartigkeit, mit der Gomod und vor allem Gror über Gott sprachen.

Auch Aran wurde von ihnen kaum gebilligt. Schließlich war er der Liebling Gottes, sein Erstgeborener und sicherlich auch jener, der ihm am ähnlichsten war. Auch über die Menschen sprachen sie und über das traurige Schicksal Gottes, das es ihm verwehrte, Freude an seiner Schöpfung zu empfinden. Nach vielen fruchtlosen Gedanken, kam Aran die Idee, gemeinsam mit seinen Brüdern und seinem Vater eine neue Welt zu schaffen. Er hoffte darauf, dass sein Vater neue Freude finden möge und seine Brüder etwas schaffen konnten, das ihre Gedanken in andere Bahnen lenkte, als Unmut und Hass. Er hoffte darauf, dass dieses gemeinsame Wirken die Brüder zusammenführen würde. Gott überlegte und gab zu bedenken, dass er nicht mehr die Energie und Stärke habe, die er einstmals darauf verwendet hatte, um die Erde zu schaffen, und lehnte den Vorschlag deshalb ab.

Die Zeit verstrich und die Situation änderte sich in keinster Weise. Im Gegenteil. Gomod sonderte sich spürbar ab und saß über dunklen Schriften, die weder seine Brüder noch sein Vater je zu Gesicht bekamen. Gror hingegen fing an, seine Wut und seinen Hass gegen Naar zu richten, da dieser der Schwächste der Brüder war. Damit war er das einfachste Opfer seiner verdorbenen Gedanken. Naar machte sich nicht viel daraus. Er war so bedenkenlos und frohgemut wie immer, vergalt den Hass Grors mit Belustigung und sarkastischen Witzen, was die Angespanntheit aller nur noch verstärkte.

Als Gott dieser Entwicklung gewahr wurde, rief er nach Aran und beriet sich wiederum mit ihm. Wieder machte sein Sohn den Vorschlag, eine gemeinsame Welt zu schaffen. Gott dachte lange nach und fragte Aran dann, wie er diese Welt schaffen wolle und wie er seine Söhne einbeziehen könne. Keiner von ihnen, nicht einmal Aran, verfügte annähernd über die Macht, wie sie Gott zu eigen war. Aran hatte sich bereits darüber Gedanken gemacht. So erläuterte er Gott seinen Plan. Seiner Ansicht nach solle Gott eine neue Welt schaffen, die der ersten ähnlich sei. Jedoch solle jeder seiner Söhne ein eigenes Volk erschaffen und ein eigenes Land, in dem sie lebten. Gott könne die Wünsche und Gedanken seiner Söhne in sich aufnehmen und ihre Pläne in der zweiten Welt verwirklichen. Wieder war Gott im Zwiespalt. Er war sich nicht sicher, ob er so viel Kraft aufbringen könne. Andererseits wollte er nicht länger mit ansehen, wie seine Söhne sich immer fremder wurden. Die Liebe zu einer gemeinsamen Welt würde sie einen, so dachte er. Er versprach Aran alles zu überdenken und zog sich zurück. Seine Entscheidung kam rasch, denn er wagte zu hoffen, diese Welt würde auch ihm wieder Freude schenken. Er vergaß seine Schwäche und freudige Erwartung trübte sein Denken. Aran wurde beauftragt, seine Brüder zu rufen und alsbald saßen sie alle zusammen und Gott sprach zu ihnen über die zweite Welt. Mit ausladenden Gesten umschrieb er sein Vorhaben und die Rolle eines jeden seiner Söhne darin. Aran kannte den Plan, stand nur mit freudigem Lächeln da und harrte der Reaktionen seiner Brüder. Naar lachte laut auf. Für ihn war dies ein Spiel und er liebte Spiele. Gomod ließ seine Gedanken nicht erkennen, doch er willigte bereitwillig ein und versicherte seine Freude über dieses neue Betätigungsfeld. Gror saß da und ein böses Kichern drang über seine Lippen. Er sagte nichts, nickte nur.

Durch seinen eigenen Enthusiasmus geblendet, erkannte Gott die Gefahr nicht. Aran jedoch hatte alles genau beobachtet und sprach am folgenden Tag zu Gott. Er berichtete von seiner Sorge darüber, dass ein Volk, geschaffen durch Gomods Hand, wahrscheinlich Probleme bereiten könne. „Möglicherweise führt er Übles im Schilde, vielleicht handelt er nicht im versöhnlichen Geist unserer edlen Absicht“, gab er zu bedenken. Auch hatte Gror mit Sicherheit keine guten Intentionen, dessen war sich Aran sicher. In diesem Punkt musste Gott ihm zustimmen. Wenn er sich auch über Gomods mögliche Vorhaben nur geringe Sorgen machte. Gott blickte Aran in die blauen Augen, sprach mit Bedacht zu ihm, beschwor ihn etwas zu ersinnen, was sicherstellen würde, dass das Gleichgewicht der zweiten Welt nicht über Gebühr strapaziert werde, etwa durch eine kriegerische Rasse, die Gror wohl erdenken mochte. Einmal entflammt für die Idee der zweiten Welt, wollte Gott nicht mehr davon ablassen. Das erkannte Aran, wenngleich er selbst nun nicht mehr so überzeugt war. Lange Zeit dachte er nach, sinnte über die Gesetze der Welt, überlegte sich Änderungen und neue Grundlagen. Nichts jedoch erschien ihm als ausreichend, als sicher genug, um es ohne Vorbehalt durchzuführen. Würde Gott die zweite Welt nach anderen Gesetzen erschaffen, waren die Folgen nicht abzusehen. Vielleicht würde die Natur selbst sich anders verhalten oder gar kein Leben dieser Art hervorbringen. Wahrscheinlicher aber war, dass die Rassen, die durch Gottes Kraft und den Vorstellungen seiner Söhne erschaffen werden sollten, sich anders verhielten als gedacht, oder andere Formen annehmen mussten. Auch war es schwer möglich, mehr als die grundlegenden Züge und Motivationen eines jeden einzelnen Volkes festzulegen, den Körperbau, den Glauben an ihren Erschaffer, das grundlegende Wissen um überleben zu können und die wesentlichen Fähigkeiten, die ihr Handeln und ihr Geschick prägen sollten. Alles Weitere musste jedes Volk für sich entdecken, sich entwickeln und gedeihen. Es war ohnehin schon alles kompliziert genug. Nein, die Gesetzte mussten bestehen bleiben. Überlegungen über die Motivationen seiner Brüder raubten Aran viel Zeit und Geduld. Immer unwahrscheinlicher erschien es ihm, dass diese Welt einfach Freude und Zusammenhalt schenken sollte. Zu sehr zweifelte er an Gomod, war sich sicher über Grors Hass, der durch dieses gemeinsame Wirken keinen Abklang fand. Im Gegenteil. Die zweite Welt würde ein Ventil für seine Wut sein. Hier könnte Gror zum ersten Mal Macht ausüben. Aran schauderte.

Der Schlüssel zum Gleichgewicht der zweiten Welt musste in der Rasse liegen, die er selbst erschaffen durfte. Nichts ersah er als genügend. Er hatte sich sehr gefreut, eine Rasse nach seinem Geist zu erschaffen. Nun aber sah er sich gezwungen, ein Volk zu ersinnen, das nur dem Zweck diente, die anderen Rassen im Zaum zu halten. Diese Vorstellung gefiel ihm gar nicht. Er sprach zu Gott über seine Sorgen und Zweifel. Gott legte die Arme auf die Schulter des geliebten Sohns, dachte kurz nach und riet ihm, in der Liebe die Antworten zu finden, derer er bedurfte. Aran verstand nicht, wohl aber sinnte er über die Worte Gottes und deren richtige Auslegung. Es musste einen Weg geben, ein Volk zu erschaffen, welches die schwere Bürde der Verantwortung tragen konnte und gleichzeitig für das Schöne, Friedliche und Reine stand, welches sein Herz erfüllte.

Eines Tages saß er da und beobachtete den Strom der Energie, der sich allumschließend, mal in materialisierter Form, mal in der Luft, durch ihn und in ihm ergoss. Behutsam verdichtete er mit seiner Hand Materie zu geistlosen Tieren und Pflanzen, nur um die Energie anschließend wieder in ihre ungebundene Form zurückgleiten zu lassen. So verbrachte er einige Zeit und sonnte sich in der ihn umschließenden, durchdringenden Kraft.

Da endlich kam ihm der Gedanke, nach dem er gesucht hatte, aus dem Nichts, völlig unerwartet. Eilends lief er erneut zu seinem Vater, stellte sich vor ihn und sprach voller Freude: „Mein Volk soll durchdrungen sein von Liebe zu den Bäumen und dem freien Leben. Lachend vor Freude über der Sonne Antlitz und weinend über die Schändung des kleinsten Lebewesens. Meines Volkes Liebe zu allem Leben wird es gegen jeden einzelnen vorzugehen mahnen, der Übles in der Welt vollbringt.“ So sprach er zu Gott und jener hieß seinen Plan gut.

„So will ich selbst ein Volk schaffen“, sprach er zu seinem Sohn. „Ein Volk, welches die Liebe zur Erde in sich trägt. Ein aufrechtes tapferes Volk, das keinen Schaden am Stein und der Erde zulässt. So werden unsere Völker gemeinsam das Gleichgewicht erhalten, getrieben durch ihre Liebe zur Welt.

Aran war begeistert, Alle Zweifel waren verflogen. Er machte sich auf, um die richtigen Gedanken zu finden um sein Volk zu gestalten. Gott lächelte, während er anfing, die zweite Welt in seinem Geist zu formen. Die Anstrengung missachtend, arbeitete er lange und hart, während seine Söhne, jeder für sich, ihr Volk ersannen.

Als der Tag anbrach, an dem Gott das letzte Gesetz um den Planeten gewoben hatte, das letzte Tier und die letzte Pflanze nach dem Vorbild der ersten Welt erschaffen hatte, war er müde und ausgezehrt. Es fehlte nur noch die Gestaltung des Landes selbst und die Rassen, die es nunmehr bevölkern sollten.

Er holte seine Söhne zu sich. Trotz seiner Schwäche wollte er vollbringen, was zu vollbringen war. Sich auf Gomod zu seiner Rechten und Aran zu seiner Linken stützend, schloss Gott die Augen. Stumm formte er durch seinen Geist ein einfaches Land voller Hügel und einem mächtigen Berg in der Mitte. Aran sah auf die zweite Welt und erkannte, wie sie sich nach Gottes Gebot wandelte und Form annahm. Freudig jauchzte er, lachte vor Glück. Gott sah kurz auf, lächelte angestrengt, schloss wiederum die Augen und formte weiter. Kleine untersetzte Gestalten bildeten sich zwischen Steinen und Hügeln. Mit breiten Schultern, derben Gesichtszügen, voller Mut und Kraft, durchdrungen von Liebe zum Stein und der Welt selbst. Gott blickte wieder auf, stöhnte leise und sah in die Runde. Seine Söhne standen um ihn, voller Erwartung. Jeder mit seinen eigenen Zielen und Hoffnungen. Gott nahm die Hände von den Schultern Gomods und Arans, öffnete seinen Geist den Gedanken eines jeden einzelnen seiner Söhne, kanalisierte die allumfassende Energie des Seins, durch seinen Geist auf die zweite Welt und ließ sie nach den ihm eingegebenen Bildern wirken. Einer nach dem anderen, vollbrachten sie so das gemeinsame Werk.

Nun war es an Aran. Er schuf ein herrliches Auenland mit riesigen dichten Wäldern, gesund und kraftvoll, sowie drei kleine Seen, klar wie der schönste Kristall, lebensspendend und rein. Das Volk, das er erdachte, war von mittlerer Größe, zierlich und schön, mit Augen, welche die Energie in der Luft ersehen konnten. Ein einfaches aber kluges Volk, voller Liebe zu den Bäumen, der Natur und allem was Leben in sich trug. Als er fertig war, machte er die Augen auf, blickte auf sein Werk und weinte vor Freude.

Gomod war als nächster an der Reihe. Sein Land war außerhalb. Nicht weit vom Festland entfernt, aber dennoch, getrennt für sich selbst. Eine große Insel war es, mit Vulkanen und weiten Teilen toten Bodens. Ein kleiner, dunkler Wald war darauf, ansonsten aber kaum Leben oder Schönheit. Sein Volk wirkte ungeschlacht und brutal, mit gewaltigem Brustkorb, tierischem Gesicht, angewinkelten Beinen und Hufen, anstelle von Zehen. Voller blindem Stolz in der cholerischen Natur. Wenig gab er ihnen zu lieben, außer Sieg und Kampf.

Gomod verspürte tief in seinem Herzen einen Zwiespalt, als er sein Volk erschuf. Er war unerwartet berührt durch die Energie und die Aufopferung, die sein Vater ihm angedeihen ließ. Er hatte nicht erwartet, dass diese versöhnliche Geste ihm etwas bedeuten könnte. Zum ersten Mal seit langem sah er in seinem Vater mehr, als den Mann der tatenlos zugesehen hatte, wie seine Mutter ein schmerzhaftes Ende fand. Insgeheim lachend hatte er dagestanden, als Aran und sein Vater ihm und seinen Brüdern von ihrem Plan berichtet hatten, eine zweite Welt zu schaffen. Damals hatte er vor, ein gewaltiges Kriegervolk zu erdenken, mit der Aufgabe durchs Land zu ziehen und dort Chaos und Verwüstung zu säen. Sollte es auch nur sein, um seinem Vater und seinem älteren Bruder die Freude an ihrer schönen kleinen Welt zu nehmen. So stand er nun da, manifestierte seine Gedanken durch Gottes Kraft. Er ließ seinem Volk Stolz und ein aufbrausendes Temperament als grundlegende Charakterzüge. Jedoch gab er ihnen keinen Antrieb. Weder Liebe noch Hass. Er gab ihrem Dasein keinen Sinn. Sein gerührtes Herz ließ nicht zu, dass er sie zu blinden Mördern formte. Er war zu verwirrt und unsicher und konnte ihnen nichts anderes eingeben. Zögerlich ließ er ab von seinen Gedanken und somit von seinem unvollständigen Werk. Er stand da, wartete und versuchte zu begreifen, was er angerichtet hatte.

Böse feixte Gror. Seine Augen waren geschlossen, sein Geist fixiert auf das zu vollbringende Werk. Er hielt sich nicht lange mit der Gestaltung seines Landes auf und verschwendete lediglich wenige ungenaue Gedanken daran. Es war ihm egal wie das Land aussehen würde. Er wollte nur eines: riesige Wesen, voller Kraft und Brutalität. Hass, so unnachgiebig wie grundlos, Mordlust und Gier nach Fleisch, sollten ihr einfaches Denken bestimmen. Hier konnte er mächtig sein. Durch seine Kreaturen konnte er Gewalt und Morde begehen, die seinen Hass befriedigen würden. Seine Brüder würden ihn verachten, für das was er ihrer gemeinsamen Welt antat. Ein herrlicher Gedanke, war Verachtung doch viel leichter zu ertragen als das Mitleid das sie, die Gesunden, für ihn, den Geschundenen, empfinden mussten. Nach getanem Werk sah er auf, und blickte seine Brüder und seinen Vater an. Sie würden ihm heute zum letzten Mal mit Mitleid begegnen.

Naar brütete die ganze Zeit in seinem Geist über allen möglichen Unfug, den er in diesem Spiel vollbringen konnte. Seine Brüder hatten ihre Gedanken gewirkt. Nur noch er war übrig. Er überlegte, kam jedoch zu keiner Entscheidung. Wahrlich, längst war Zeit genug verronnen, um sein Volk zu ersinnen. Dennoch war er zum Zeitpunkt, an dem er seine Gedanken wirken sollte, so weit wie er war, als Gott seine Söhne um sich sammelte und ihnen zum ersten Mal von der zweiten Welt berichtet hatte. Das Bild der ersten Welt erschien vor seinem inneren Auge. Naar sah die Bäume, die Menschen und den ganzen Planeten vor sich. Er wollte manche Elemente daraus entnehmen und in sein eigenes Land einbauen. Wollte sie mit irgendwelchen lustigen Dingen ergänzen, wollte Menschen mit riesigen Nasen und Ohren ersinnen, oder mit viel zu kurzen Beinen, oder sonst irgendwas. Wollte er in ihren Geist irgendwelche Flausen pflanzen, oder sie doch nur blöd grinsend durch die Welt toben lassen? Naar konnte sich nicht entscheiden. So sann er hin und her und mehr zurück als vor. Irgendwann vernahm er dumpf in seinem Geist Arans Stimme. Sie war sorgenschwer und mahnte ihn zur Eile. Gott konnte diesen riesigen Energiefluss nicht ewig aufrechterhalten. Das war sogar Naar verständlich, wiewohl es in seinem Leben wenig Verständliches gab.

Hektik befiel ihn. Panik. Mit dem Bild der ersten Welt in seinem Geist, riss er die Augen auf, um zu sehen ob mit seinem Vater alles in Ordnung war. Sein kindgleicher Geist, so unbedacht wie emotionsgeladen, beschwor die Katastrophe hervor. Gott schrie auf und sackte auf die Knie, während gewaltige Energien durch ihn auf die zweite Welt niederfuhren, um sie nach Naars Gedanken zu gestalten. Viel zu klein war das Land, viel zu riesig die Kopie der ersten Welt. Gewaltige Erdmassen bildeten sich. Berge, Seen, Sümpfe und unendliche Risse in der Erde. Mit brachialer Gewalt zerrütteten Erdbeben die sich bildenden Landmassen. Menschen sprudelten wie Regentropfen auf die im Entstehen begriffene, aber schon gebrochene Welt nieder. Viele schon tot, oder lebend, nur um den Naturgewalten zu unterliegen und qualvoll zu sterben. Das alles geschah innerhalb kürzester Zeit. Naars Land war im Bestehen begriffen, doch plötzlich hörte die Schöpfung auf. Nichts bildete sich mehr. Nur die Erdbeben verwüsteten weiterhin die Landmassen. Die Energie wich aus Gottes Körper. Wenige Augenblicke kniete er noch da, mit weit aufgerissenen Augen, leblos, ausgehöhlt durch die Macht, welche er nicht mehr in der Lage war, zu lenken. Dann klappte er nach vorne, schlug mit dem Gesicht auf.

Stille.

Naar wimmerte lautlos. Er verstand nicht, was passiert war. Sogar Gror blickte verdutzt und stumm auf die Leiche seines Vaters. Rache war süß, aber das hatte er niemals erwartet. Er musste erst noch begreifen, dass er einen Sieg errungen hatte. So krank und grotesk dieser auch sein mochte. Aran zerriss das Schweigen, schluchzte und weinte um seinen Vater. Er ging zu ihm, drehte ihn auf den Rücken, nahm seinen Kopf in die Hände, klagte um ihn und um sich selbst. Gomod blieb ruhig. Er war schon die ganze Zeit über verwirrt, nun halb paralysiert. Jetzt sah er Gott an. Sah seinen Mund so weit offen wie seine Augen, wie er auf und ab wiegte in Arans flehenden Händen.

„Das Werk ist vollbracht!“, sprach er stockend, fast emotionslos und fragte sich gleichzeitig, was er damit eigentlich sagen wollte.

11,76 ₼

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9783754149966
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