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Kitabı oxu: «Versuch einer Ethnographie der Philippinen»

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Einleitung

Die Urbevölkerung der Philippinen bilden die Negritos, welche jetzt nur noch in geringer Individuenzahl über den ganzen Archipel zerstreut sind. Die einwandernden Malaien verjagten die ehemaligen Herren in die unzugänglichen Bergwildnisse der Binnenlandschaften, nur der nördlichste Strich der Ostküste Luzons blieb von der malaiischen Invasion verschont, dort blieben die Negritos im Besitze der Meeresgestade. Die ersten eindringenden Malaien besetzten die Küsten und vermischten sich mit den Negritos zum Theile, indem sie die Weiber der von ihnen Besiegten und Erschlagenen in ihre Hütten aufnahmen. Wenn wir Luzon in Betracht ziehen – über die anderen Inseln liegt zu dürftiges Material vor – , so können als die Nachkommen der ersten malaiischen Einwanderer jene Stämme gelten, welche heute im Innern der grossen Insel wohnen, einst aber die Bewohner der Küsten waren, während die von ihnen gegenwärtig besiedelten Landstriche von Negritos noch eingenommen wurden. Von den meisten dieser Stämme wird oder wurde die Kopfjägerei geübt, wie von den Igorroten, Apayos, Zambalen, Abacas, Isinays, Italonen, Ibilaos, Ilongoten, Ifugaos, Mayoyaos, Guinanen und Calingas, diess ist constatirt; dieselbe Sitte scheint auch bei den Adangs, Gaddanen, Itetapanen, Aripas, Dadayags &c. ausgeübt zu werden oder wurde es in vergangener Zeit, nur von den Bergstämmen der Tinguianen, Catalanganen und Irayas wissen wir bestimmt, dass sie keine Kopfjäger sind. Auch in ihren sonstigen Sitten haben diese Kopfjägerstämme viele Anklänge an die Dayaks von Borneo aufzuweisen. Für Mindanao nennen wir als Repräsentanten dieser Kopfjäger den Bergstamm der Manobos. Dass diese Stämme in einer Zeit eingewandert sein müssen, wo die Negritos viel zahlreicher waren als heute, darauf weist der Habitus so mancher derselben hin, in welchem sich eine sehr starke Dosis von Negritoblut deutlich offenbart, obwohl manche dieser Stämme in Gegenden wohnen, wo heute kein Negrito mehr existirt oder doch in so geringer Individuenzahl, dass eine Beimischung in moderner Zeit nicht im Stande gewesen wäre, den Typus des gesammten Stammes wesentlich und dauernd zu differiren. Diese Bergstämme wären also die Repräsentanten der ersten Periode der Malaieninvasion, und man würde nicht fehlgehen, wenn man die im Centrum Nord-Luzons wohnenden Völker als die Nachkommen der ersten Einwanderer betrachtete, so dass die heute in den Provinzen Nueva Vizcaya, Bontok und Isabela sesshaften Stämme zu denselben gerechnet werden müssten. Die Igorroten, Tinguianen, Apayos &c. sind demnach in einem späteren Zeitabschnitt auf Luzon angelangt, der aber noch in die erste Periode der malaiischen Invasion fällt. In diese zweite Hälfte der ersten Periode wäre jene Beimischung von chinesischem und japanesischem Blute zu verlegen, welche nach Semper u. A. die Igorroten, Tinguianen und Catalanganen in ihren Gesichtszügen documentiren. Später kann sie nämlich nicht erfolgt sein, da dann diese Stämme durch andere Malaien – mit Ausnahme der Zambalen – vom Meere getrennt wurden, und diese letzteren zwar mit Chinesen und Japanesen in Handelsbeziehungen traten, aber diese Berührung wurde durch eine geringe Individuenzahl jener beiden Mongolenstämme vermittelt, so dass sie nicht im Stande war, den Rassentypus zu verändern oder zu differiren.

Dann kam die zweite Periode der malaiischen Invasion, welche jene Stämme nach den Philippinen brachte, welche bei der Ankunft der Spanier bereits im Besitze beinahe aller Küstenstriche des Archipels waren und einen etwas höheren Grad der Civilisation und mildere Sitten aufzuweisen hatten, als die Malaien der ersten Invasionsperiode. Diese Einwanderer (Tagalen, Pampangos, Visayer, Vicols, Ilocanen, Pangasinanen und Cagayanen) unterwarfen sich wie gesagt die Küstenstriche und zwangen die früheren Bewohner derselben sich in die Binnenlandschaften zurückzuziehen, wo sie noch heute wohnen. Es ist natürlich, dass die neuen Einwanderer sich auch in ähnlicher Weise mit zurückgebliebenen Malaien der ersten Invasionsperiode vermengten, wie es letztere mit den Negritos gethan. Diesem Umstande ist die Ähnlichkeit zuzuschreiben, welche in vielen Beziehungen hauptsächlich in der Religion1, ein gemeinsames Band um alle Malaien dieses Archipels schlingt. Je weiter wir nach dem Norden Luzons vorwärtsschreiten, desto mehr sehen wir die Küstenmalaien in Sitten und Bräuchen sich mehr denjenigen der Binnenlandstämme zuneigen, ein Beweis, dass die Zahl der Einwanderer der zweiten Periode nach dem Norden zu immer geringer wurde, diese daher nicht im Stande waren, die dort sesshaften Stämme vollständig zu vertreiben, sondern die friedlicheren Glieder derselben zahlreich als Heloten aufzunehmen und sich mit ihnen zu einem Volke allmählich zu verschmelzen, in welchem viele Züge des Volkslebens der früher eingewanderten Stämme sich erhielten. Dieser Vorgang ist auch ganz natürlich, denn da die Invasion von Süden her erfolgte, so nahm nach den nördlichen Breiten zu auch ihre Expansivkraft und Individuenzahl ab; hatte ja doch auch die Invasion der ersten Periode ihre Kraft bereits verbraucht, als sie das rechte Ufer des Rio grande de Cagayán überschritten hatte; die Küste von Casiguran-Paranan bis zum Cap Engaño blieb auch nach der zweiten Invasion im unbestrittenen Besitze der ursprünglichen Herren des Archipels, der Negritos! Daher auch die Erscheinung, dass im Süden der Philippinen, in dem Visayer-Archipel auf vielen Inseln die Nachkommen der Einwanderer der ersten Periode ganz in dem Stamm der neuen Ankömmlinge, der Visayer, aufgingen oder vernichtet wurden, welcher Vorgang auch bei den Vicols, vielleicht auch den Tagalen und Pampangos, Statt gefunden hat. Nur auf den grösseren Inseln – Mindoro (?) und Mindanao (hier unzweifelhaft) – gelang es, den erst Eingewanderten sich unabhängig zu erhalten. Auf Mindanao scheinen mir die Subanos und Caragas solche Mischlinge zu sein, bei ersteren prävaliren die Elemente der ersten, bei den letzteren jene der zweiten Invasionsperiode. Deshalb auch fanden die Spanier bei jenen (nicht allen) Visayern und Vicols, welche die ersten Einwanderer nicht zu vertilgen oder zu verjagen vermocht und daher sich mit diesen vielfach gekreuzt hatten, vielfache Überbleibsel in Tracht und Sitten vor, welche an die Bergstämme erinnerten, z. B. die auf Cebú Und Panay, wie auf den Catanduanes übliche Sitte des Tätowirens, während die Visayer jener Inseln, auf welchen die ersteingewanderten Malaien in die Binnenlandschaften gedrängt (wie auf Mindoro) oder vertilgt worden waren (wie auf Leyte, Sámar und Bóhol) diese Sitte nicht übten. Der spanische Katholicismus bringt jetzt eine bedeutende Änderung dieser Verhältnisse hervor, die verschiedenen Malaienstämme des Archipels verschmelzen langsam aber sicher zu einem einzigen Stamme2.

Eine dritte malaiische Invasion wurde durch die Ankunft der Spanier unterbrochen und theilweise auch verhindert. Zu Anfang des XVI., vielleicht auch schon in der zweiten Hälfte des XV. Jahrhunderts begannen die Malaien des Reiches Brunai oder Borneo nach den westlichen Visayern sich zu wenden. Es war diess zugleich, wenigstens in der Zeit von 1521–1565, eine religiöse Conquista, denn die „Mauren3 von Burney” verbreiteten auch den Islam unter den Indiern der Philippinen. Die Insel Palawan selbst wurde ein Bestandtheil des Reiches Burney oder Brunai (Borneo), während solche Einwanderer an der Bai von Manila und in den heutigen Provinzen Batangas und Tayabas sich neue Reiche gründeten. Camarínes, Mindoro, Panay, Negros, Cebú und die übrigen Visayer wurden vorläufig nur von Borneo-Kauffahrern besucht. Gleichzeitig mit diesem Zuge von Borneo her, fand eine andere Immigration von den Molukken her Statt, welche sich auf Mindanao und den Sulu-Archipel erstreckte. Bei Palawan stiessen diese beiden Einwanderungsströme zusammen. Das Erscheinen der Spanier machte dieser dritten malaiischen und islamitischen Einwanderung ein Ende; auf Luzon und in den Visayern wurde der eben erst eingedrungene Islam durch das Christenthum unblutig verdrängt und so mussten die Einwanderer der dritten Periode sich mit dem Besitze von Süd-Palawan, den Sulu-Inseln und dem grösseren Theile der Mindanao-Küste begnügen. Es war ein grosses Glück für die Bewohner der Philippinen, dass die Spanier noch rechtzeitig genug kamen, ehe der Islam festen Fuss gefasst hatte, sonst wären sie für die europäisch-christliche Civilisation verloren.

Auf Sulu scheinen noch andere Malaienstämme eingewandert zu sein: Malaien von Johore und Javanen im Mittelalter, doch bin ich nicht in der Lage gewesen, darüber Studien zu machen, da mir die nöthige Kenntniss des Holländischen vorläufig noch abgeht. Mangkassaren dienten zwar zahlreich in den Kriegen der Sulus gegen die Spanier von 1599–1646 als Söldner in den Heeren dieser Piraten, und haben gewiss auch im Lande Nachkommen hinterlassen, doch fällt diese Blutmengung hier nicht sehr in Betracht. Auch die Ansiedlungen katholischer Ternataner in Marigondon an der Bai von Manila, welche auf Betrieb der Jesuiten, bei der 1661 erfolgten Räumung Ternates durch die Spanier, entstand, ist zu unbedeutend, als dass sie irgend einen Einfluss auf die Tagalen hätte ausüben können.

Nächst den Malaien verdienen die meiste Beachtung die Chinesen, welche besonders im Norden von Luzon sich stark mit den Malaien, insbesondere den Bergstämmen vermengt haben sollen, ob zwar manche und triftige Gründe dagegensprechen, dass vor der Ankunft der Spanier die Chinesen besonders zahlreich gewesen wären; im Gegentheile erst die Ankunft der edlen Castilianer lockte sie in grösseren Mengen nach den Philippinen, der Acapulco-Handel, der so viele chinesische Waaren mit dem in China so hochgeschätzten amerikanischen Silber baar bezahlte, war es, der die Chineseneinwanderung nach unserem Archipel lenkte. Die Spanier fanden bei ihrer Ankunft nirgends Chinesenansiedlungen vor, sondern nur einzelne chinesische Kauffahrer. Die Chinesen haben seit ihrer Niederlassung im Lande durch Erzeugung einer Mischlingsrasse, der Mestizos de Sangley, einen neuen Bevölkerungsbestandtheil den Philippinen zugebracht, der durch seine Intelligenz berufen ist, einst eine grosse Rolle zu spielen.

Die Japanesen traten in ähnlicher Weise wie die Chinesen in dem Archipel auf; seit der Mitte des vorigen Jahrhunderts aber, wo die letzten derselben Manila verliessen, kamen keine mehr nach den Philippinen.

In den ersten Zeiten der Conquista wurden auch Neger- und Kaffer-Sclaven von portugiesischen Händlern eingeführt; die aber noch unter Philipp II. erfolgte Aufhebung der Sclaverei auf den Philippinen machte diesem Handel zum Glücke ein rasches Ende und ersparte den Indiern die Verseuchung durch Negerblut. Von diesen Schwarzen ist keine Spur mehr vorhanden.

Von „kaukasischen” Völkern kommen zunächst die Spanier in Betracht, welche mit den Eingeborenen sich vermengten und so die Kaste der Mestizos españoles schufen. Portugiesen wanderten besonders im XVI. und Anfangs des XVII. Jahrhunderts ein, von ihnen haben sich keine Spuren mehr erhalten, sie gingen in die Spanier auf. Andere europäische Nationen kommen gar nicht in Betracht. Unbedeutend war auch die im XVII. und XVIII. Jahrhundert dann und wann Statt findende Einwanderung von Armeniern4, Klings und anderen Stämmen Südindiens, diese Einwanderung beschränkte sich übrigens nur auf Manila. Die wenigen Araber, welche als Proselytenmacher und Kaufleute nach Mindanao und Sulu kamen, waren auch nur Tropfen im Meere.

Die Linientruppen, welche die Spanier im XVII. und XVIII. Jahrhundert in Manila und Zamboanga unterhielten, bestanden der Hauptmasse nach aus mejicanischen, zum Theile auch peruanischen Indianern und Mestizen, welche alle mit Tagalinnen sich verheiratheten. Für Manila bedeutet diese Blutmischung bei der geringen Anzahl der Truppen und der starken Bevölkerung so viel wie Nichts, für Zamboanga aber, welches früher eine nur unbedeutende Bevölkerung und eine verhältnissmässig starke Garnison besass, fällt diese Blutmischung stärker in die Wagschale.

I. Negritos

Die Negritos oder Aëtas sind beinahe im ganzen Archipel der Philippinen zu finden, jedoch nirgends in grösserer Anzahl, und nur an der Nordostküste Luzons sind sie noch Strandbewohner geblieben, sonst haben sie nur die Gebirgswildnisse der Binnenlandschaften inne, wenngleich sie in jenen Landschaften, wo sie mit Spaniern und Malaien in freundlichem Verkehre stehen – diess ist nicht überall der Fall – , auch zu den Gestaden des Meeres kommen, um dort Waaren einzutauschen. Sie bilden, besonders auf Luzon, eine grosse Anzahl von Rassen-Inseln, welche durch weite Strecken von Malaien bewohnten Landes von einander getrennt sind.

Ihr Hauptgebiet liegt im Nordosten Luzons, den Provinzen Nueva Écija (nördlicher Theil), Príncipe, Isabela und Cagayán. Hier sind sie, wie kurz vorher erwähnt, auch Strandbewohner, indem sie den nördlichen Theil der Ostküste von Luzon von Palanan im Süden bis zum Cap Engaño im Norden bewohnen (Semper, Skizzen 49) und zwar ausschliesslich, denn bis zu diesen sturmgepeitschten Gestaden sind die malaiischen Eroberer nicht vorgedrungen. Diese Küste ist der letzte Fleck Bodens der Philippinen, in welchem die ursprünglichen Herren des Archipels, die Negritos, sich im ungeschmälerten Besitze des heimischen Bodens behaupteten. Auch der Ostabhang jener gewaltigen Cordillere, welche sich längs dieser Küste hinzieht, ist ihr unbestrittener Besitz, während am Westabhange die Negritos bereits das Land mit Stämmen malaiischer Abkunft theilen müssen. Auf diesem Boden besitzen sie auch ihre „grösste Reinheit der physischen wie der geistigen Charaktere” (Semper, a. a. O.). Im Thale des Rio Cagayán (Grande) oder Tago leben sie gleichfalls, bei Furao, Gamú, Ilagan, Tumauini, Cabagan und Tuguegarao (Mas, pobl. p. 39–40), aber auch im Stromgebiete des Rio chico de Cagayan bei Tuao und Malaueg begegnen wir ihnen (Mas, a. a. O., p. 41). Die Nordküste der Provinz Cagayán wird von ihnen nur in der Nähe des C. Engaño berührt, wo wir sie beim Vulcane Cagua häufig antreffen, von dem Meere durch Malaien, die Cagayanen oder Ibanags, getrennt, wohnen sie südöstlich und westlich von Abulug und in den Waldwildnissen von Masi (Mas, pobl. 42).

Ihr Vorhandensein in Ilócos ist von Semper (Erdk. XIII, 89) abgesprochen worden, doch ist diess wohl nur ein Versehen, indem Semper nur, so fasse ich es wenigstens auf, ihre Existenz im südlichen Theile jener Landschaft, d. h. in den heutigen Districten Benguet, Lepanto, der Provinz Union und dem südlichen Theile der Provinz Ilócos Sur verneinte, und diess ist auch richtig, denn jener Landstrich wird von den Igorroten bewohnt, einem ungemein kriegerischen Malaienstamm, der gewiss schon vor Jahrhunderten die Negritos, die in seinem Gebiete wohnten, vernichtet hat. Für den Militärdistrict Lepanto bestätigt Lillo de Gracia (Dist. de Lep., p. 18) diese Thatsache, indem er ausdrücklich erwähnt, dass sich in dem ganzen Districte keine Negritos befinden. In dem nördlichen Theile der Provinz Ilócos Sur existiren aber Negritos, Diaz Arenas nennt uns sogar die Ziffer, welche die den Spaniern unterworfenen Angehörigen dieses Stammes in Ilócos Sur ausmachen: 145 Köpfe. Buzeta erwähnt einer Negrito-Ranchería (kleine Niederlassung) bei Candon. In Abra dürften nur wenige Negritos anzutreffen sein, dagegen ist ihre Anwesenheit in Ilócos Norte sichergestellt (Ilustr. 1860, Nr. 12, p. 153; Hügel, S. 359). Die Zahl der die Autorität der spanischen Behörden anerkennenden Negritos der Provinz Ilócos Norte betrug 1848 nach Diaz Arenas 113 Seelen, neuere Daten sind mir nicht bekannt.

In Pangasinán begegnen wir ihnen wieder (Mas, pobl. p. 1), Diaz Arenas erwähnt einer Ranchería bei S. Miguel, sie zählte nur 32 Köpfe, offenbar sind es bereits unterworfene Leute. Was Diaz Arenas von 4000 Negritos in dem Grenzgebirge zwischen Pangasinán und Zambales spricht, ist ein offenbarer Irrthum. Denn die Grenze Pangasináns gegen Zambales berührt jenes Gebirge nur in seinen äussersten Ausläufern, kann also unmöglich eine so grosse Zahl dieser Wilden beherbergen, und schliesslich bemerkt Drasche (Fragm., S. 21) ausdrücklich, dass der nördliche Theil jener Cordillere unbewohnt sei. Es ist also jene (jedenfalls übertriebene und auf roher Schätzung beruhende) Ziffer nur auf die in der Provinz Zambales (südl. Theil) wohnenden Negritos zu beziehen. In Zambales und Bataán sind sie häufig, Dr. A. B. Meyer hat sie dort selbst aufgesucht und uns nicht nur genaue Nachrichten, sondern auch Skelette mitgebracht, desgleichen Dr. Schadenberg. 1848 zählte man nach Diaz Arenas 825 den Spaniern unterworfene Negritos. In dem centralen Theile von Luzon leben sie nur in vereinzelten Horden: in der Provinz Bulacán (beim Monte Angal und S. José), in den Wäldern von S. Mateo und Bosoboso in der nächsten Nähe der Hauptstadt (Waitz, V, 57.Mas, pobl. 1.Jagor, Phil. 51.Meyer, Negr., S. 25). In Cavite und Taal scheinen sie zu fehlen, doch deutet eine Sage über die Laguna de Bombon auf ihre frühere Anwesenheit. Über ihre Existenz in Tayabas berichtet nur ein Gewährsmann, Diaz Arenas, der von 516 unterworfenen Negritos spricht, und Cavada 1, 198. Auf der Insel Alabat (Ostküste Luzons) sind sie auch vorhanden (Semper, Skizzen 49).

Das Südende Luzons bildet die langgestreckte, stark gegliederte Halbinsel Camarínes, auf welcher sich die Provinzen Camarínes Norte, Camarínes Sur und Albay befinden. Ob hier Negritos wohnen, war früher zweifelhaft. Semper (Skizzen, 49) sagt: „im südlichen Luzon scheinen sie zu fehlen” und Jagor (Phil. 106): „reine Negritos kommen, so weit meine Erkundigungen reichen, in Camarínes nicht vor”. Dem entgegen berichtet Drasche (Fragm. 66), dass am Vulcan Iriga eine Ansiedlung von Negritos und eine andere von Mischlingen von Negritos und Vicol-Malaien existirte. Da aber Jagor ausführlich über jene wilden Stämme am Iriga berichtet und sie nicht zu den Negritos zählt, so schien jene Meldung ein Irrthum des Geologen Drasche zu sein. Andererseits befindet sich in den Sammlungen der Berliner Anthropologischen Gesellschaft ein männliches Negritoskelett vom Iriga, welches Dr. Schetelig mitgebracht hatte (Virchow, Verh. d. Berl. Anthr. Ges. 1871, S. 36). Drasche erwähnt (Fragm. 61), dass in den Gebirgswildnissen von Camarínes Norte Negritos leben, woran gewiss nicht gezweifelt werden kann, denn jene Territorien sind sehr dünn bevölkert, und die Vicol-Malaien, welche an den Küsten und in den Flussthälern wohnen, eine indolente und unkriegerische Rasse, somit alle Vorbedingungen zur Existenz von Negritos vorhanden. Diaz Arenas spricht von 500 Negritos in den Bergen von Albay (1848), Cavada (1, 221) erwähnt, dass sie in den Bergen bei Malinao hausen.

Über die Existenz der Negritos auf den einzelnen Inseln des Visayer-Archipels begegnen uns manche Widersprüche, und wir sehen uns bei den spärlichen Nachrichten genöthigt, mitunter auf Quellen aus dem XVIII. ja XVII. Jahrhundert zurückzugehen; diess ist gleich bei Mindoro der Fall. Diese grosse Insel ist nur selten von wissenschaftlich gebildeten Europäern betreten worden, und so kommt es, dass wir auf das aus 14 dickbäuchigen Bänden bestehende Geschichtswerk des Fray Juan de la Concepcion zurückgehen müssen, welches beim Jahre 1716 (T. VII, p. 11) erwähnt, dass auf Mindoro neben wilden „Indiern” auch wilde Negritos („negritos cimarrones”) lebten. Dr. A. B. Meyer zweifelt nicht daran, dass hier Negritos existiren (Negr. 11). Diess ist alles, was uns über die Negritos von Mindoro bekannt ist, wobei ich darauf hinweise, dass nur ein schmaler Küstensaum den Spaniern unterworfen, das ganze Innere aber eine terra incognita ist.

Über Panay, die reichste und bevölkertste Insel der Visayas, fliessen reichlichere Quellen: schon Fray Gaspar de San Augustin und Gemelli-Carreri berichten, dass im Innern der Insel Negritos wohnen. Dr. A. B. Meyer sah sie dort (Meyer, Negr. 11 u. 26). Sie bewohnen die Gebirgswildnisse und kommen oft zur Küste herab, selbst nach Ilo-ilo. Der Augustiner Mozo nennt speciell die Berge von Bosoc als den Hauptschlupfwinkel derselben (Misiones, p. 142). Diaz Arenas giebt für die Negritos der Provinz Ilo-ilo die Zahl von 500 Köpfen an, von den übrigen Provinzen der Insel weiss er keine Daten anzugeben. Cavada bestätigt ihre Existenz auf Panay (II, 98). Auf der kleinen Insel Tablas sind zwei Negrito-Niederlassungen (Cavada II, 127).

Die Insel Negros dankt ihren Namen den Negritos, welche dort in der Zeit der Conquista in viel grösseren Massen gewohnt haben müssen, als wie diess heute der Fall ist. Übrigens ist es nicht einmal nöthig diese anzunehmen, denn die Spanier konnten der Insel den Namen auch nur des Umstandes wegen gegeben haben, weil sie dort zuerst auf Negritos überhaupt stiessen, denn wie aus Morga, Fray Gaspar de S. Agustin, Fr. Juan de la Concepcion &c. erhellt, war schon in jener Zeit die Küste in den Händen der Indier oder Malaien, die freilich eine starke Dosis von Negritoblut in ihren Adern besassen, wie sich das noch heute erkennen lässt (Meyer, Negr. 26). Semper (Skizzen 49) spricht nur von „wenigen Negerfamilien”, welche um den Vulcan Malaspina „hausen”. Dem widerspricht die bestimmte Zahl von 3475 Köpfen, welche Diaz Arenas für Negros angiebt, und Dr. A. B. Meyer erwähnt ausdrücklich, dass sie dort zahlreich vorkommen (Negr. 11). Zu Gemelli-Carreri’s Zeit müssen sie noch zahlreich gewesen sein (man vgl. auch: Allg. Hist. d. Reisen XI, 412). Cavada (II, 171) schätzt die Zahl der Negritos in Nord-Negros auf 8900 Seelen.

Auf Cebú traf sie Dr. A. B. Meyer (Negr. 11 u. 26), doch dürfte ihre Zahl dort eine nur geringe sein. Über Bóhol liegen mir absolut keine Nachrichten vor, so dass ich sogleich zu den beiden grossen Inseln Leyte und Sámar übergehen will. Dr. Jagor (Phil. 227) sagt: „Negritos sind weder auf Sámar noch Leyte vorhanden”, wogegen Dr. A. B. Meyer es nicht für unmöglich hält, dass dort Negritos wohnen. Spanische Schriftsteller schweigen gänzlich über diesen Punkt.

Auf der Insel Palawan (Paragua der Spanier) und der Gruppe der Calamianes leben nach Waitz, V, 57, Negritos, desgleichen nach S. 55 desselben Werkes im Innern der Hauptinsel von Sulu. Bezüglich letzterer ist es nur auffallend, dass weder ältere (Combez) noch moderne (Pazos) spanische Autoren hierüber etwas melden. Man könnte diese Negritos von Sulu und Palawan mit den Idaanes oder Idanes identificiren, welche (Waitz, V, 46) auf der Ostküste von Palawan (d. h. wo auch die Negritos wohnen sollen) und im Innern von Sulu wohnen. Zwar heisst es, dass nur die Heiden (also im Gegensatze zu den Moslim) so genannt würden, aber auffallend ist immerhin einerseits die Nachricht, dass der Name Idan eine Collectivbezeichnung sei, indem die Idan verschiedene Sprachen sprächen, andererseits die Ähnlichkeit von „Idan” mit den Bezeichnungen „Etas”, „Itas”, welche sich die Negritos von Luzon selbst beilegen oder von den Eingeborenen erhalten. Insbesondere auffallend ist die Ähnlichkeit mit dem Namen „Idayan”, welchen ein Negritodialekt in Nord-Luzon führt. Doch widerspricht dieser Hypothese entscheidend die Nachricht, dass die Idanes – welche übrigens den spanischen Autoren nicht bekannt sind – nach Dalrymple (Waitz, V, 98) hellfarbiger sein sollen als die Küstenbewohner. Für Sulu (Hauptinsel) möchte ich die Existenz von Negritos schon deshalb verneinen, als im Innern dieser Insel ein ungemein kriegerischer Malaien-Stamm, jener der Guimbas, wohnt, der gewiss die Negritos ebenso ausgerottet haben dürfte, wie diess unter ähnlichen Verhältnissen in den Ländern der Igorroten auf Luzon geschehen ist. Dass die Insel Palawan Negritos beherbergt, ist wohl nicht zu bezweifeln, dagegen dürfte gegen ihre Anwesenheit in den Calamianes einiges einzuwenden sein, obwohl man bei den spärlichen Nachrichten und der geringen Kenntniss des Landes sich hierüber nur sehr reservirt aussprechen darf. Ich mache nur darauf aufmerksam, dass die Spanier unter der Bezeichnung Calamianes auch den nördlichen Theil Palawans mitverstehen, wodurch leicht Irrthümer entstehen können.

Der südlichste Theil des Generalcapitañats der Philippinen, die grosse Insel Mindanao, wird ebenfalls von Negritos bewohnt. Der berühmte Jesuit P. Francisco Combez, der gründlichste Kenner jenes Landes zu seiner Zeit, constatirt ihre Existenz auf Seite 36 seiner Geschichte von Mindanao, und auch Dampier und Gemelli-Carreri bestätigen diess. Selbst der 25. Bd. der Halle’schen Welthistorie berichtet, dass im Innern Mindanao’s Neger hausen. Ihr Hauptsitz soll der nordöstliche Winkel Mindanao’s sein, was sehr natürlich erscheint, indem ja die malaiische Invasion von Südwest erfolgte, eine Analogie haben wir bereits auf Luzon gefunden, nur sind die Negritos von Mindanao von der Küste durch Malaien getrennt. Dr. F. Jagor schätzte ihre Zahl auf dieser Insel auf 10 000 Köpfe, fügt aber hinzu, dass ihre Rassenreinheit sehr fraglich wäre (Phil. 322). Cavada (II, 206) constatirt ihre Existenz in dem zur Provinz Surigao gehörigen Theile Mindanao’s.

Die Negritos sind also beinahe in allen Theilen des Archipels zu finden, mit Ausnahme der beiden Inselgruppen der Batanes und Babuyanes und vielleicht von Sámar, Leyte, Bóhol und Sulu. Trotz dieser grossen Verbreitung ist ihre Zahl eine sehr geringe, und wenn Mas (pobl., p. 9) und Mallat (II, 94) ihre Zahl auf 25 000 schätzen, so ist diess jedenfalls eher zu viel als zu wenig, wie diess schon Semper (Skizzen 138) hervorgehoben hat.

Was ihr Äusseres anbelangt, so haben darüber die ausgezeichneten Untersuchungen von Hofrath Dr. A. B. Meyer, Prof. Virchow, Prof. Semper und Dr. Schadenberg genug Eingehendes über diesen Gegenstand gebracht, so dass ich mich mit einer kurzen Zusammenstellung des Gegebenen begnüge. Ihr Körperbau ist klein, schmächtig, die Waden, wie diess die Photographie in dem so überaus interessanten Werke Dr. Meyer’s „Über die Negritos &c.” drastisch zeigt, fast gar nicht vorhanden. Durchschnittshöhe der Männer (Prov. Zambales) 1445 mm. Der Kopf ist vollständig negerähnlich, der Kiefer ein wenig vorspringend, die Lippen schwach gewulstet, die Nase ist plattgedrückt; man vergleiche darüber die Skizzen Dr. Meyer’s in seinem oben erwähnten Werke. Das Haar ist wollig, dick und schwarz oder braunschwarz, Prof. Semper hebt seine Glanzlosigkeit hervor, es wird kurzgeschoren getragen. Ihre Körperfarbe ist schwärzlich-braun (dunkelkupferfarben). Wie bei vielen Stämmen, die in ähnlichen Verhältnissen leben, findet man bei ihnen verhältnissmässig grosse Bäuche. Der spärliche Bartwuchs beschränkt sich meist auf den Backenbart (Schadenberg 147). Auffallend ist die Geschicklichkeit, mit welcher sie sich ihrer Zehen zum Greifen und Festhalten zu bedienen wissen (Schadenberg 143).

Ihr Temperament ist ein sehr lebhaftes, und dass sie nicht so unbegabt sind, wie es die spanischen Geistlichen gern darthun möchten, beweist nicht nur der Umstand, dass sie ausser ihrer eigenen Sprache oft noch zwei Dialekte der angrenzenden Malaien sprechen (Meyer, Negr. 15), sondern auch die Thatsache, dass unter den malaiischen Irayas in Nordost-Luzon sich die Negritos sogar zu fester Niederlassung und sogar zum Ackerbau5 haben bewegen lassen. Das sind auch ihre einzigen festen Niederlassungen, sonst leben sie als Nomaden in ihren Wäldern, selbst die Rancherías der den spanischen Behörden unterworfenen Negritos haben nur einen festen Namen (oft auch diesen nicht), aber keinen fixen Platz. Ihr einziger Schutz gegen die Unbilden der Witterung besteht in leicht beweglichen Schirmen, welche schräg gegen die Windrichtung oder gegen die Sonne gestellt werden. Sie sind aus Palmenblättern geflochten und haben oft eine Oberfläche von 25–30 Quadratfuss (Semper, Erdk. XIII, 253). Die Küsten-Negritos von Nordost-Luzon, welche Dumagat genannt werden, liegen unter diesen Schutzdächern je nach dem Vermögensstande auf Strohmatten, Stücken von Baumrinde oder nur auf der nackten Erde (Semper, l. c. und Ilustracion 1860, n. 17, p. 193), diese Schutzdächer tragen sie bei ihren Wanderungen mit sich herum.

Um sich vor der Nachtkälte in den Bergwäldern zu schützen, legen sie sich so nahe an das Feuer, dass man glauben sollte, ihre Haut müsse versengt werden, oder sie legen sich sogar in die heisse Asche hinein. Da sie sonst auch sehr unreinlich sind, so ist es kein Wunder, wenn ihr Körper mit Schmutzkrusten bedeckt ist.

Bis zum Eintritt der Pubertät laufen sie ganz nackt herum (Mundt-Lauff, Natur V, 458), dann schlagen sie sich ein Tuch um die Lenden oder tragen ein oft ungenügendes Suspensorium (Meyer, Negr. 15). Die Weiber jener Horden, welche in einem freundschaftlichen Handelsverkehre mit den Christen stehen, tragen ein kurzes Jäckchen (auf den Philippinen Hemd – camisa – genannt) und den Tapis der philippinischen Malaien (Ilustr. 1860, n. 17, p. 193). Unter den Männern tragen einige auch einen erhandelten Mantel um die Schultern und auf dem Kopfe ein Tüchlein (Ilustr., l. c.). Die Leibbinde besteht aus einem selbstbereiteten Baumrindenstoff oder aus gekaufter Baumwolle. Es giebt aber auch Negrito-Horden, welche die Tracht der christlichen Malaien angenommen haben (Cavada I, 221; II, 127).

Sie kennen und üben die Sitte des Tätowirens. Bei den Negritos von Zambales und Bataán (Sierra Mariveles) werden die Tätowirungsmuster, welche aus geradlinigen Mustern bestehen, durch Hauteinschnitte mittelst geschärfter Bambussplitter erzeugt. Dadurch entstehen schwach erhöhte Narben, welche aber erst in grosser Nähe in die Augen fallen (Meyer 16). Auch die Dumagat-Negritos tragen geradlinige Muster auf Brust, Oberleib, Schultern und Rücken, hier (Nordost-Luzon) aber werden keine Hauteinschnitte gemacht, sondern jene Muster wie bei den umliegenden Malaien mittelst einer Nadel eingestochen (Semper, Skizzen 50). Sobald die Tätowirung vollständig ist, wird der Negrito-Jüngling ein selbständiger Mann, er kann jetzt heirathen und eine Familie gründen (Schadenberg 136).

Bei einigen Horden werden die Schneidezähne sägeförmig zugefeilt (Jagor 374; Meyer, Negr. 23 u. 27), diese Sitte ist aber nicht allgemein, denn Mas (pobl. I) sagt ausdrücklich, er hätte nur einige Negritos gesehen, welche die Zähne spitzgefeilt trugen, was auch Schadenberg bestätigt (136). Semper will diese Sitte nur auf die Negritos von Mariveles oder Zambales beschränkt wissen (Palau-Inseln 364). Über künstliche Schädeldeformation ist wenig bekannt, doch muss dieselbe wenigstens theilweise Statt finden (Schadenberg 135).

1.Ich werde demnächst eine übersichtliche Darstellung der Religion der philippinischen Malaien veröffentlichen.
2.Vorläufig zu dreien: dem Ilocanischen im nördlichen, dem Tagalischen im mittleren und südlichen Luzon, dem Visaya-Stamm im Visayer-Archipel und Mindanao. Dem Tagalischen Stamme winkt der sichere Sieg über die beiden anderen.
3.Die Spanier theilen die Malaien der Philippinen ein in „Indios”, d. s. Christen, Infieles oder Igorrotes (auch Cimarrones, Montescos, Montaraces), d. s. Heiden und Moros, d. s. Mohammedaner.
4.Sind nicht unter diesen „Armenios” richtig Parsis zu verstehen?
5.Auch die Negritos von Tarlac (Pampanga) sind Ackerbauer, indem sie Reis und Mais pflanzen (Cavada I, 164), ebenso pflegen die Negritos von Camarínes Norte, vom Hunger getrieben, den Vicol-Malaien bei der Bestellung der Reisfelder mitzuhelfen (Cavada II, 447).