Kitabı oxu: «Einmal Russland und zurück»
Christa Henrichmann
EINMAL RUSSLAND UND ZURÜCK
Engelsdorfer Verlag
Leipzig
2014
Bibliografische Information durch die Deutsche Nationalbibliothek:
Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie;
detaillierte bibliografische Daten sind im Internet
über http://dnb.dnb.de abrufbar.
Copyright (2014) Engelsdorfer Verlag Leipzig
Alle Rechte beim Autor
Lektorat: Christine Hochberger - www.buchreif.de
Coverfoto © Christa Henrichmann
Hergestellt in Leipzig, Germany (EU)
Inhaltsverzeichnis
Cover
Titel
Impressum
Vorwort
Kapitel 1
Kapitel 2
Kapitel 3
Kapitel 4
Kapitel 5
Kapitel 6
Kapitel 7
Kapitel 8
Kapitel 9
Kapitel 10
Kapitel 11
Kapitel 12
Kapitel 13
Kapitel 14
Kapitel 15
Kapitel 16
Kapitel 17
Kapitel 18
Kapitel 19
Kapitel 20
Kapitel 21
Kapitel 22
Kapitel 23
Kapitel 24
Kapitel 25
Kapitel 26
Kapitel 27
Kapitel 28
Kapitel 29
Kapitel 30
Kapitel 31
Kapitel 32
Kapitel 33
Kapitel 34
Kapitel 35
Kapitel 36
Kapitel 37
Kapitel 38
Kapitel 39
Kapitel 40
Kapitel 41
Kapitel 42
Kapitel 43
Kapitel 44
Kapitel 45
Kapitel 46
Kapitel 47
Kapitel 48
Kapitel 49
Kapitel 50
Kapitel 51
Kapitel 52
Nachwort
Vorwort
„Wat den Eenen sin Uhl’, is den Annern sin Nachtigal“ – will heißen, „was dem einen seine Eule, ist dem anderen seine Nachtigall“. So war das damals.
Das Unglück des Erkrankten war rückblickend ein Glück für mich, seine Ehefrau, die in eine Welt voll Fremdheit und Andersartigkeit geworfen wurde. Nachdem mich die Nachricht vom Herzinfarkt meines Mannes in Russland und seines möglichen Todes erreicht hatte, war ich gezwungen, mich auf den Weg zu machen, hinein in dieses Land, das sich gerade politisch veränderte. Die beiden Teile Deutschlands bewegten sich wieder aufeinander zu, und auch im Ostblock war das bisherige sozialistische System in der vorgegebenen Weise nicht mehr zu halten. Aufbruch hieß die Devise, nicht nur für mich, sondern auch auf politischer Ebene.
Mein Mann, der eine schöne und interessante Reise in dieses Land erwartet hatte, lernte im Großen und Ganzen nur die medizinischen Einrichtungen und das Ärzte- und Pflegepersonal kennen, während ich, die ich ihn täglich besuchte, als Gast russische Familien und Institutionen erleben durfte, die ich als normaler Reisender niemals gesehen hätte.
So traurig der Anlass war, so aufschlussreich war diese Reise im Nachhinein. Sie hat meinen Blick geweitet. Ich habe vom damaligen Feindesland, in dem noch mein Vater im Krieg gekämpft hatte, einen persönlichen Eindruck erhalten und freundschaftliche Gefühle für die Menschen dort entwickelt.
Anhand meiner Tagebuchaufzeichnungen habe ich meine Reise rekonstruiert und aufgeschrieben, nur die Namen der auftretenden Personen sind aus Datenschutzgründen größtenteils verändert.
Ich habe versucht, auch die andere Seite, in Person der russischen Dolmetscherin, zu Wort kommen zu lassen.
Die Abschnitte aus russischer Sicht sind kursiv gedruckt.
Genau genommen ist es viel zu lange her, um von Russland zu erzählen, aber es hat mich so stark berührt, dass ich davon erzählen muss. Es begann im Dezember 1989.
Eine Abordnung des Rates der Stadt Münster wollte die Partnerstadt Rijasan, etwa 200 Kilometer südöstlich von Moskau besuchen, um dort eventuell ein Jagdzentrum für Münsterländer Jäger einzurichten. Dieses Zentrum sollte dann, falls es zustande kam, finanziell unterstützt werden. Albert, der Vetter meines Mannes, begleitete diese Initiative und wollte Bernd, meinen Mann, mit ins Boot holen. Alles musste gut vorbereitet werden, denn der Hof mit den Tieren und die übrigen Arbeiten mussten in der Zeit seiner Abwesenheit von anderen Personen erledigt werden. Schließlich ging es los.
1
Nachdem wir alles gepackt und durchgesprochen haben, ist es Mitternacht geworden. Mein Mann klagt über Rheumaschmerzen in der linken Schulter und lässt sich von mir die schmerzhafte Stelle mit einer Rheumasalbe einreiben. Hoffentlich werden wir in zwei Stunden den Wecker hören.
Ich bringe Bernd samt Gepäck zum Treffpunkt Autobahnauffahrt Münster-Nord, von wo aus die Abordnung zum Flug Hannover – Moskau aufbricht. Von dort geht es mit dem Auto weiter nach Rijasan. Kurzer Abschied, ein flüchtiger Kuss, alles Gute, ein kräftiger Händedruck, und dann fahren die Männer los.
Auch ich setze meinen Weg fort, mache an der nächsten Kreuzung kehrt, fahre eilig nach Hause zurück, froh darüber noch bis 6.15 Uhr ein wenig schlafen zu können, denn dann muss ich das Frühstück zubereiten und mich mit den beiden Töchtern auf den Weg zur Schule machen.
2
Am nächsten Tag hat Sonja, unsere Jüngste, ihre Weihnachtsaufführung in der Schule. Am dritten Tag nach Bernds Abreise werde ich unruhig. Wir haben immer noch nichts von ihm gehört. Ob sie gut angekommen sind? Hat der Flug mit den Jagdwaffen ohne Probleme geklappt?
Abends bin ich bei einer befreundeten Familie zum Geburtstag eingeladen. Wir sprechen über meinen Mann und seine Reise in die Partnerstadt Rijasan und Herr Eigel, ebenfalls ein Ratsmitglied der Stadt, schneidet das Thema „Ostpolitik“ an. Es geht um die Öffnung der DDR, um die allgemeine Veränderung im Osten seit Glasnost und Perestroika und die Politik von Herrn Gorbatschow. Nachts gegen ein Uhr fahre ich heim, versunken in Gedanken an Russland und den Besuch der Münsteraner in Rijasan.
3
Heute ist Sonntag, der 16.12.1989. Immer noch keine Nachricht von den Reisenden. Jeder von uns geht eigenen Beschäftigungen nach. Christoph, unser Sohn, und unsere Helfer haben sich nach der Stallarbeit wieder schlafen gelegt. Auf der Party am Vorabend ist es wohl spät geworden.
Marlies, die Frau des Vetters, ruft an. Die Frauen der Russlandfahrer wollen sich im Ratskeller zum Abendessen treffen. Da unser Sohn Christoph für die ganze Familie Theaterkarten für ein niederdeutsches Stück bestellt hat, sage ich ab. Im Dorf fragen mich viele Leute nach der Russlandreise. Ich kann kaum etwas dazu sagen, habe ja selbst noch nichts davon gehört. Gibt es dort kein Telefon? Sind sie vielleicht schon abseits der Stadt im Jagdgebiet? Ich werde immer unruhiger. Gegen 23 Uhr, nach unserem Theaterbesuch, die Kinder sind zu Bett gegangen, klingelt das Telefon. „Bernd hat einen Herzinfarkt erlitten, er liegt in Rijasan im Krankenhaus“, sagt Marlies. „Genaues weiß ich auch nicht. Du sollst dich morgen Vormittag im Büro des Bürgermeisters bei Frau Stühr melden.“
Wie ferngesteuert, rufe ich meine Schwägerin in Olfen an. Marianne, die ältere Schwester meines Mannes, pflegt ihre Mutter nach einer Hüftoperation bei sich zu Hause. Marianne ist entsetzt, will mich trösten, aber im Moment spreche ich ihr Trost zu. Ich habe noch gar nicht realisiert, was da wirklich geschehen ist. Um zur Ruhe zu kommen, nehme ich Schlaftabletten und falle in einen unruhigen Schlaf.
Erst am anderen Morgen wird mir die Tragweite des Geschehens klar. Ich telefoniere mit meinem Rektor und sage meinen Dienst ab. Die beiden Töchter schicke ich erst einmal zur Schule. Sie sollen heute noch unbeschwert bleiben. Nur Christoph erzähle ich, was passiert ist. Gut, dass seine Großmutter bei der Tante in Olfen ist. Unsere Haushälterin erledigt die Arbeit im Haushalt. Ich fahre ins Rathaus nach Münster. Im Büro der Stadtverwaltung werde ich zu Frau Stühr geführt. Sie erklärt mir, was sie von den Vorgängen in Rijasan weiß, lässt mir Kaffee bringen und telefoniert ständig.
Ich bitte sie, mir eine Reise nach Rijasan zu organisieren, da ich unbedingt meinem Mann sehen muss. Ich habe Fragen über Fragen auch den Betrieb betreffend.
Frau Stühr will tun, was in ihrer Macht steht und telefoniert wieder. Sie wartet auf den Anruf von Albert, unserem Vetter, der als Ratsmitglied meinen Mann als sachkundigen Bürger mit in die Partnerstadt genommen hat. Der Anruf lässt auf sich warten. Schließlich werde ich gebeten, nach Hause zu fahren. Man wolle sich bei mir melden.
Ich renne durch die weihnachtlich geschmückte Stadt Richtung Parkhaus. Als ich noch Kleinigkeiten im Kaufhaus besorge, höre ich aus Lautsprechern Adventsmusik. Das alles erscheint mir wie Hohn. Frieden und Freude wird es in diesem Jahr bei uns nicht geben. Unruhig fahre ich heim.
Zu Hause klingelt das Telefon. Frau Stühr weiß nun ein paar Einzelheiten zu dem Unglück.
4
Es ist nachts geschehen. Nach dem Jagen gab es das Schüsseltreiben und viel Wodka. Als die anderen bereits schliefen, hatte Bernd der Infarkt überfallen. Er konnte erst am folgenden Morgen mit der Ambulanz in die Uniklinik gebracht werden.
Als die Töchter aus der Schule kommen, sage ich ihnen, den Lehrlingen und der Haushälterin Frau Weber, was passiert ist. Alle sind sichtlich betroffen.
Heute ist Dienstag, der 18. Dezember.
Wann kann ich Bernd endlich besuchen? Wie soll es dann mit den Kindern gehen? Wie soll ich bloß alles organisieren? Am Donnerstag kommt Albert aus Russland zurück. Sicher kann er mir mehr über Bernds Gesundheitszustand sagen.
Im Haus herrscht gedrückte Stimmung. Ich rufe meinen Hausarzt an. Er schreibt mir beruhigende Medikamente auf und stellt mir ein Attest aus. Ich bringe es ins Schulbüro.
Die Sekretärin tröstet mich, die Kolleginnen und Kollegen wollen meine Klasse bis zu den Ferien gemeinsam versorgen. Der Rektor ist in einer Besprechung.
Wieder zu Hause renne ich hin und her und bringe nichts auf die Reihe. Auch der folgende Tag verläuft hektisch. Endlich kann ich mit Bernd telefonieren. Seine Stimme klingt schwach und krank. Er weint. Ich bin tief betroffen. Ich weiß nicht, wie es weitergehen soll. Jetzt rastet auch noch Christoph aus. Er fühlt sich verantwortlich für den Hof und beginnt, sich mit den Lehrlingen zu streiten. Nun kann nur noch ein ruhiges Gespräch helfen.
Morgen soll Albert zurückkommen. Endlich werde ich Einzelheiten erfahren.
Am nächsten Tag fahre ich zunächst in den Ort und regle in der Bank die wichtigsten Geldangelegenheiten, damit laufende Betriebskosten überwiesen werden können. Damit die Lehrlinge über Weihnachten nach Hause fahren können, schalte ich den Betriebshilfsdienst ein. Es ist fast Mitternacht, als Albert endlich anruft. Durch Verspätung des Fluges von Moskau nach Berlin sitzen die Münsteraner in Berlin fest, die Maschine nach Hannover hat nicht gewartet. Ich gebe ihm die Telefonnummer unseres Freundes Seppel, der in Berlin wohnt und für die Jäger ein Quartier besorgen soll.
5
Am 21. Dezember erfahre ich von einem Reisebüro in Hamburg, mit dem Frau Stühr Kontakt aufgenommen hat, dass ich schon am 23. Dezember nach Rijasan fliegen kann. Ich telefoniere mit Bernd. Er bittet mich, zu Weihnachten doch bei den Kindern zu bleiben. Kurze Zeit später ein Anruf aus Münster. Bernds Zustand hat sich verschlechtert, er sei doch sehr unruhig. Ich solle besser erst nach Weihnachten die Reise antreten. „Lieber Gott, lasse ihn nicht sterben“, bete ich verzweifelt. Ich muss einen klaren Kopf behalten und alles für die Reise neu organisieren. Zuerst telefoniere ich mit dem Büro in Hamburg; es wird umdisponiert. Als ich meinen Reisepass hervorhole, stelle ich fest, dass er abgelaufen ist. Auch das noch! Anruf bei der Gemeinde. Der zuständige Herr ist auf Dienstreise, also wird sein Vertreter informiert. Gott sei Dank mahlen die Mühlen des Amtes heute etwas schneller als gewöhnlich. Innerhalb von drei Tagen liegt der Reisepass vor. Jetzt muss ich mich bei einer russischen Dolmetscherin kundig machen. Was soll ich mitnehmen? Brauche ich Gastgeschenke oder etwas für das Ärzteteam in Rijasan? Muss ich vielleicht sogar die Krankenhauskosten vor Ort bezahlen? Anna, eine Russin, Dolmetscherin aus Havixbeck, rät mir, möglichst viel Werbegeschenke mitzunehmen, ebenso Einwegspritzen, an denen es dort mangelt. Ich bitte bei Banken und Versicherungen um Werbegeschenke und erhalte eine ganze Reisetasche voll. Die Einwegspritzen aus Apotheken und Kliniken hat Frau Stühr für mich organisiert. Anna beruhigt mich, wegen der Kosten solle ich mir keine Sorgen machen. Das wird später mit der Krankenkasse erledigt. Meine Eltern aus dem Oldenburger Land wollen kommen und sich um Kinder und Hof kümmern. Es regnet und regnet, der Wind peitscht um das Haus. Unsere Stimmung ist gereizt, traurig, aggressiv, mitfühlend.
Pulsuz fraqment bitdi.