Schweigsam, allein und des Geleites ledig,
Der eine nach dem andren, gingen wir,
Wie Minoriten auf dem Wege gehn.
Es wandt' ob dieses Streites mein Gedanke
Sich zu Aesopens Fabel, wo vom Frosche,
Vom Geier er und von der Maus berichtet.
Denn ähnlicher ist nicht ein Ei dem andern,
Als Streit und Fabel tun, verknüpft man richtig
Anfang und End' in sorglicher Erwägung.
Und wie Gedanke aus Gedanken quillt,
Also gebar der ein' in mir den andren,
Wodurch mir doppelt große Furcht erwuchs.
Ich dachte bei mir selbst: So überlistet
Sind jene unserthalb mit Hohn und Schaden,
Daß, wie ich glaub' es sie nicht wenig ärgert.
Kommt nun zum bösen Willen Zorn hinzu,
So werden, ärger als der Hund den Hasen,
Den er schon fast erreicht, sie uns verfolgen.
Schon fühlt' ich, wie sich mir die Haare sträubten
Vor lauter Furcht, und rückwärts horcht' ich auf.
Da sagt ich: Meister, birgst du nicht in Eile
Uns beide, fürcht' ich, daß die Malebranche
Uns fassen, denn sie sind auf unsren Fersen;
So malt sie mir die Angst, daß ich sie fühle.
Er aber: Wär' ich bleibelegtes Glas,
So böte schneller nicht dein Bild von außen
Sich mir, als jetzt ich's innerlich empfange.
Erst eben mischten deine sich zu meinen
Gedanken, gleich an Inhalt und Gebärde,
So daß uns beiden ein Entschluß hervorging.
Ist solcher Art des rechten Ufers Abhang,
Daß wir hinab zur nächsten Bolgia können,
So woll'n wir der geahnten Jagd entrinnen.
Kaum hatt' er diesen Vorsatz ausgesprochen,
Als ich sie, nahe schon, um uns zu greifen,
Uns nach mit offnen Flügeln kommen sah.
Da faßt' in großer Eile mich der Führer,
Wie wohl die Mutter, die vom Knistern aufwacht
Und neben sich die Flamme lodern sieht,
Ihr Kind, an dem ihr mehr als an ihr selbst liegt,
Ergreift und ohne Säumen schnell davoneilt,
So daß sie mehr nicht als ein Hemd nur anzieht.
Und rücklings an des rauhen Ufers Höhe
Ließ er den steilen Fels sich niedergleiten,
Durch den das nächste Tal diesseits begrenzt wird.
So eilig schoß durch ein Gerinne nimmer
Das Wasser, um ein Mühlrad umzutreiben,
Da wo den Schaufeln es am nächsten kam,
Als diesen Rand mein Meister niederglitt
Und mich dabei, als ob sein Sohn ich wäre,
Nicht der Gefährte, trug auf seiner Brust.
Erreicht war kaum der Grund von seinen Füßen,
Als über uns die Teufel auf dem Damme
Erschienen; doch war nun nichts mehr zu fürchten.
Denn, die zu Dienern sie des fünften Grabens
Bestellt, die hohe Vorsehung, beraubt sie
Der Fähigkeit, von dort sich zu entfernen.
Die dort wir fanden, trugen falsche Farben.
Langsamen Schrittes zogen sie daher,
Erschöpft und kraftlos schienen sie und weinten.
Sie trugen Kutten mit Kapuzen, welche
Die Augen überdeckten, denen ähnlich,
Die man in Clugny für die Mönche fertigt.
Vergoldet sind sie außen, daß es blendet;
Doch innen bleiern und so schwer, daß jene,
Die Friedrich umtat, Stroh dagegen schienen.
Und dieser Mantel lastet ewiglich!
Wir wandten, merkend auf ihr traurig Klagen,
Zur Linken uns, mit ihnen gleicher Richtung;
Doch gingen, ob der schweren Last, die Müden
So langsam, daß bei jedem neuen Schritte
Wir andre Seelen zu Gefährten hatten.
Zum Führer sagt' ich drum: Indem wir gehen,
Bitt' ich dich umzuschau'n, ob du nicht einen
Gewahrst, des Namen oder Tat bekannt ist.
Und einer, der vernommen, was toskanisch
Ich sprach, rief hinter uns: Hemmt eure Schritte,
Die ihr so lauft in diesen dunklen Räumen;
Vielleicht kann, was du wünschest, ich gewähren.
Mein Führer wandte sich und sagt': Erwart' ihn,
Und geh' dann gleichen Schrittes mit ihm weiter.
Ich stand, und Zweie sah ich, deren Eifer
Mich einzuholen ihre Züge malten;
Doch hemmten Last und enger Weg die Eile.
Herangekommen, schauten von der Seite
Sie eine Weile nach mir hin und schwiegen;
Dann blickten sie einander an und sagten:
Lebendig scheint der eine, denn er atmet;
Doch, sind sie tot, wie kommen sie zum Vorrecht,
Des schweren Mantels ledig hier zu wandeln?
Toskaner, sprachen sie, der zu der Heuchler
Unwürd'ger Gilde du gekommen bist,
Verschmähe nicht, uns wer du bist zu künden.
Geboren, sagt' ich, und erwachsen bin ich
Am schönen Arno in der großen Stadt.
Den Leib, den ich gehabt, hab' ich noch immer.
Doch wer seid ihr denn, über deren Wangen
So vielen Schmerz ich niederträufeln sehe,
Und was für Strafe tragt ihr, die so gleißet?
Die gelben Kutten, sagte drauf der eine,
Sind von so dickem Blei, daß die Gewichte
Die Balken ihrer Wage stöhnen machen.
Gaudenten waren wir und Bologneser,
Ich Catalano, jener Loderingo
Genannt, und deine Vaterstadt berief uns,
So wie, zum Schutz des innern Friedens, einen
Man sonst zu rufen pflegt, und wir verfuhren
So, wie man beim Gardingo noch gewahr wird.
O Brüder, so begann ich, Eure Qualen
Doch da verstummt' ich, denn ich sah am Boden,
Gekreuzigt mit drei Pflöcken, einen liegen.
Als der mich sah, zuckt' er am ganzen Leibe
Und stöhnte unter Seufzen in den Bart.
Fra Catalano sah's und sprach zu mir:
Den du dort angenagelt siehst, der sagte
Einst zu den Pharisäern, es sei besser,
Daß ein Mensch sterbe für das ganze Volk.
Nun liegt er nackt querüber auf dem Wege,
Wie du ihn siehst, und was ein jeder wiege,
Der dieses Pfades geht, muß er empfinden.
Die gleiche Strafe trifft den Schwiegervater
Und die noch sonst zum hohen Rat gehörten,
Der für die Juden schlimme Saat geworden.
Da nahm ich wahr, wie sehr Virgil erstaunte
Ob dessen, der so tief erniedrigt dort lag
In's Kreuz gespannt in ewiger Verbannung.
Zu dem Gaudenten sprach er dann die Worte:
Ist's euch erlaubt, so wollet uns berichten,
Ob in dem Damm hier, rechts ein Tal sich einsenkt,
Durch welches, ohne erst die schwarzen Engel
Zu unsrer Hilf zu entbieten, beide
Aus dieser Schlucht den Ausgang wir gewönnen?
Der gab zur Antwort: Näher als du hoffest
Ist euch ein Fels, der von der großen Kreiswand
Ausgehend, all' die Schluchten überbrückt,
Und eingestürzt nur über dieser ist.
Hinaufzusteigen hilft Euch das Getrümmer,
Das, unten aufgehäuft, die Steile mindert.
Ein Weilchen stand gesenkten Haupts mein Führer,
Dann sagt' er: Übel hat uns der berichtet,
Der drüben mit dem Haken Sünder krallt.
Und jener sprach: Man hat mir in Bologna
Vom Teufel manche Sünd' erzählt, darunter,
Daß er ein Lügner sei und Lügenvater.
Mit großen Schritten ging der Führer weiter
Und Unmut färbt' ein wenig seine Wangen.
So schied ich von den schwer beladnen Sündern
Und setzt' in seine Spuren meine Füße.
In jener Zeit des jungen Jahres, wo
Die Sonn' ihr Haar im Wassermanne kräftigt
Und gegen Süden schon die Nächt' entweichen,
Geschieht's wohl, daß der Reif den Boden rings
Mit seiner weißen Schwester Bild malt;
Doch seiner Feder Schnitt hält wenig vor.
Dann steht der Landmann, dem das Futter mangelt,
Am Morgen auf, und, sieht er seine Felder
Weiß überdeckt, so schlägt er sich die Hüfte,
Kehrt wieder heim und klagt nach allen Seiten
Dem Armen gleich, der sich nicht weiß zu raten.
Noch einmal schaut er aus, und seine Hoffnung
Erstarkt auf's neu; denn schon sieht er verwandelt
Das Ansehn der Natur, und schnell ergreift er
Den Stab um seine Schäflein auszutreiben.
Also erschrak ich, als des Meisters Stirne,
Mit Wolken, wie ich wahrnahm, sich umzog,
Also gab für die Wund' er schnell das Pflaster.
Denn, als wir kamen zur zerstörten Brücke,
Wandt' er zu mir sich mit dem güt'gen Ausdruck,
Den ich zuerst am Fuß des Berges sah:
Die Arme tat er auf und, als ein Weilchen
Er sich bedacht, indem das Felsgetrümmer
Er überschaute, hob er mich empor.
Wie wer zu gleicher Zeit erwägt und ausführt,
Und, handelnd, immer vorzusorgen scheint,
So tat auch er indem er mich hinauftrug.
Von einer Klipp' erspäht' er schon die zweite
Und sagt': An jene halte dich nun an;
Doch prüfe erst, ob festen Fuß sie bietet.
Das war kein Weg im Mantel ihn zu machen!
Ihm, der so leicht, und mir, von ihm gehoben,
Gelang es kaum, von Fels zu Fels zu klettern.
Und wäre nicht des Tales inn're Böschung
Viel niedriger, so weiß ich nicht, ob er;
Ich aber wäre sicher unterlegen.
Weil aber Malebolge nach der Mündung
Des tiefsten Brunnens sich herniedersenkt,
So bringt des Orts Beschaffenheit es mit sich,
Das ein Rand aufsteigt und der andre abfällt.
Endlich gelangten wir zum obren Saume,
Von wo der letzte Stein diesseits geneigt ist.
So gänzlich war der Atem mir vergangen,
Als ich dort ankam, daß ich nicht mehr konnte
Und vor Erschöpfung gleich mich niedersetzte.
Der Lässigkeit mußt du dich nun erwehren,
Begann mein Meister, denn auf Lotterbetten
Gelangt zum Ruhm man nicht, noch unter Daunen.
Wer aber ohne den sein Leben hinbringt,
Läßt keine andre Spur zurück auf Erden,
Als in der Luft der Rauch, der Schaum im Wasser.
So steh' denn auf, bezwinge die Erschöpfung
In jenem Willen, der den Kampf zum Sieg führt,
Beugt er sich nur nicht vor des Körpers Schwere.
Viel höh're Stiege bleibt noch zu erklimmen.
Von diesen los zu sein, reicht noch nicht hin;
Verstehst du mich, so laß es sich bewähren.
Sofort erhob ich mich und, mich bestrebend
An Atem reicher als ich war zu scheinen,
Sagt' ich: Wohlan, mutvoll bin ich und kräftig.
Den Brückenfels hinan führt' unser Weg,
Der eng und rauh und schwierig war zu gehen
Und steiler noch um vieles als der früh're;
Doch sprach im Geh'n ich, um nicht matt zu scheinen
Da tönte aus dem Graben eine Stimme,
Die ungeschickt schien, Worte zu gestalten.
Ich weiß nicht, was sie sagte, ob ich gleich
Schon angelangt war auf des Bogens Höhe;
Doch schien der Redende erregt von Zorne.
Ich sah hinab: doch des Lebend'gen Auge
Erreichte durch das Dunkel nicht den Boden.
Drum sagt' ich: Meister laß uns jenes Ufer
Gewinnen und die Böschung niedersteigen
Wohl hören kann ich hier, doch nichts verstehen,
So seh' ich auch, und kann doch nichts erkennen.
Statt aller Antwort, sagt' er, will ich tun
Was du begehrt; denn die verständ'ge Bitte
Soll durch die Tat man, ohne Wort', erfüllen.
So stiegen von der Brücke wir hernieder,
Dort wo das achte Ufer sie berühret,
Und nun ward mir die Bolgia offenbar.
Da drinnen kroch und wimmelt' es von Schlangen,
So grauenvoll und so verschiedner Arten,
Daß mir das Blut gerinnt, denk ich daran.
So viel kann sich Lybiens Sand nicht rühmen;
Denn, zeugt er Vipern auch und Ringelnattern,
Gleich Ottern und viel ähnlichem Gezüchte,
Zeigt' er doch nie so viel und argen Giftstoff,
Auch wenn man Äthiopien noch hinzunimmt
Und das am roten Meer belegne Land.
Und zwischen all' dem gräulichen Getiere
Sah hin und her ich Nackte laufen, welche
Umsonst nach Heliotrop und Schlupfloch suchten.
Rücklings gebunden waren ihre Hände
Von Schlangen, die mit Kopf und Schwanz ihr Kreuz
Durchbohrt, um beide vorne zu verknoten.
Da schnellt' auf einen, der uns nahe stand,
Sich eine Schlange los und sie durchstach ihn,
Wo mit dem Hals der Nacken sich verbindet.
Kein O ward je so schnell, kein I geschrieben,
Als er in Flammen aufging und verbrannte
Und dann zu Boden fiel, ein Häuflein Asche.
Kaum aber lag er so zerstört danieder,
Als sich der Staub auf's neu' zusammenfand
Und wieder ward, was er zuvor gewesen.
So melden uns die Weisen alter Zeit,
Daß, wenn er auf fünfhundert Jahr sein Alter
Gebracht, der Phönix stirbt und wieder auflebt.
Nicht Korn noch Kräuter frißt er all sein Leben;
Amomus nährt ihn nur und Weihrauchstränen,
Sein Leichentuch sind Nard' und Myrrhenbalsam.
Und wie, wer niederfällt, weil ihn ein Dämon
Besessen, oder weil sein Blut in Stockung
Geriet, so daß ihm das Bewußtsein schwand,
Wenn er dann wieder aufsteht, rings umherschaut,
Und, ganz verstört von der erlitt'nen Angst,
Beklommen seufzt, wie er die Augen öffnet,
So tat der Sünder als er sich erhoben.
O Allmacht Gottes, wohl bemißt du richtig,
Wenn solche Schläge du zur Rache austeilst!
Dann frug der Führer ihn nach seinem Namen.
Und er darauf: Ich schneite aus Toskana
Unlängst in diesen grausen Schlund hernieder.
Ein Bastard war ich, und ich führt' ein Leben
Mehr vieh- als menschengleich, hieß Vanni Fucci,
Das Vieh. Pistoja war mir würd'ges Lager.
Zum Meister sagt ich: Heiß' ihn, nicht entschlüpfen
Und frag' ihn, welche Schuld hierher ihn brachte;
Einst kannt' ich ihn als Mann des Blut's und Zornes.
Der Sünder wandte, als er dies vernommen,
Zu mir so Aug' als Sinn, und ohne Hehl
Sprach traurig er und Scham färbt' ihm die Wangen:
Mehr schmerzt es mich, daß ich in solchem Elend,
Wie du hier siehst, von dir ward angetroffen,
Als mich es schmerzte, aus der Welt zu scheiden.
Versagen mag ich nicht, was du begehrst:
Weil in der Sakristei der Prachtgeräte
Ich stahl, ward ich verdammt in solche Tiefe,
Und fälschlich ward's wem andren beigemessen.
Doch, daß du solchen Anblicks dich nicht freuest,
Wenn je die finstren Räume du verlässest,
So hör' auch das, was ich dir nun verkünde:
Pistoja wird zuerst an Schwarzen ärmer,
Dann wandlen sich in Florenz Leut' und Sitten.
Dunst ruft aus Val di Magra Mars hervor,
Um den sich trübe Wetterwolken lagern;
Dann wird auf dem Picenischen Gefilde
Gekämpft mit mächtigem und wildem Sturme.
Der aber wird den Nebel schnell zerreißen,
So daß der Schlag jedweden Weißen trifft.
Dies sagt ich Dir, um dich damit zu kränken.
Es reckte, als er schwieg, der Dieb die Hände
Mit durchgesteckten Daumen beid' empor
Und schrie: Dir Gott gilt die Gebärde, nimm sie!
Lieb sind seitdem die Schlangen mir geworden;
Denn eine wand sich fest um seinen Hals,
Als sagte sie: Du sollst nicht weiter reden.
Dir Arme schnürt' ihm eine andre fest
Und sie verknotete sich vorn so enge,
Daß keinen Ruck zu tun er mehr vermochte.
Pistoja, ach, warum beschließt du nicht,
Dich selbst durch Feuer von der Welt zu tilgen,
Weil du noch schlimmer bist als wie dein Samen!
In keinem all' der dunklen Höllenkreise
Sah einen Geist ich, der so frech gelästert;
Auch der nicht, der von Thebens Mauern stürzte.
Fort eilte er und sprach nicht eine Silbe.
Und wild kam ein Zentaur daher gesprengt,
Der rief: Wo ist, wo ist er hin der Arge?
Wohl hegt nicht so viel Schlangen die Maremma,
Als ihm vom Widerrist bis dahin lagen,
Wo die Gestalt den Menschen an ihm anfängt.
Doch über dem Genick' und auf den Schultern
Hockt' ihm ein Drache mit gespreizten Flügeln,
Der durch den Atem was er antrifft zündet.
Da sprach mein Meister: Siehe, das ist Cacus,
Der oft am Fuß des Aventiner Berges
Solch Blut vergoß, daß es in Lachen stau'te.
Weil er durch List und Trug die große Herde,
Als sie ihm nahe rastete, gestohlen,
Geht mit den Brüdern er nicht gleichen Weges.
Damals beendeten sein schnödes Treiben
Des Herkules gewalt'ge Keulenschläge.
Ihn trafen hundert, doch nicht zehne fühlt' er.
Drei Geister waren, als er sprach und jener
Vorüberfloh, bis unter uns gekommen;
Doch sah der Meister sie sowohl als ich
Erst als der eine rief: Sagt an, wer seid ihr?
Da machten dem Gespräche wir ein Ende
Und merkten nun auch unsrerseits auf sie.
Ich kannte ihrer keinen; doch geschah es,
Wie wohl durch Zufall zu geschehen pflegt,
Daß einer im Gespräch den andern nannte.
Wo ist, so sagt' er, Cianfa nur geblieben?
Damit der Führer nun aufmerken möchte,
Streckt' ich vom Kinn zur Nase meinen Finger.
Bist du, o Leser, was ich nun berichte
Zu glauben schwer geneigt, nimmt mich's nicht Wunder;
Glaub ich's doch kaum, der es mit angesehen.
Noch war mein Auge ihnen zugewendet,
Da sah ich eine Schlange mit sechs Füßen,
Die vorn auf einen lossprang und ihn packte.
Die mittler'n Bein' umklammerten den Bauch ihm,
Die vordersten verstrickten sich den Armen.
Dann, mit den Zähnen, faßte sie die Backen,
Die Lenden nieder dehnte sie die hintren,
Es bog den Schwanz sie zwischen beiden durch,
Ihn dann das Kreuz entlang emporzustrecken.
Nie haftete an einem Baum der Efeu
So fest, als wie dies grause Ungeheuer
Die seinen um die fremden Glieder schlang.
Dann klebten aneinander sie, als wären
Sie heißes Wachs, und mengten ihre Farbe,
Und keiner schien mehr das, was er gewesen.
So geht am brennenden Papier der Flamme,
Die weiter greift, voraus die dunkle Färbung,
Die noch nicht schwarz und doch auch nicht mehr weiß ist.
Die andern beiden schauten zu, und jeder
Rief: Weh' Agnello, wie du dich verwandelst!
Sieh doch, wie du nicht eins nun bist, nicht zweie.
Schon waren die zwei Häupter eins geworden
Die Züge beider schienen uns verschmolzen
In ein Gesicht, aus dem die zwei geschwunden.
Es wurden aus vier Streifen die zwei Arme,
So Bein' als Lenden, Rumpf sowohl wie Bauch
Umformten sich zu nie gesehnen Gliedern.
Verschwunden war jedwedes frühre Aussehn:
So beides, als von beiden keins, entfernte
Sich das entstellte Bild langsamen Schrittes.
Wie um die Zeit der ärgsten Hundstagsglut
Eidechsen, die von Zaun zu Zaune schlüpfen,
Den Weg durchkreuzen, gleich dem Blitz behende,
So anzuschaun war eine grimm'ge Schlange,
Die schwarz und bräunlich, so wie Pfefferkörner,
Sich auf den Bauch der beiden andren stürzte.
Den Teil, durch den zuerst uns Nahrung zugeht,
Durchbohrte sie dem einen und dann fiel
Zu seinen Füßen regungslos sie nieder.
Es schaute der Verwundete sie an,
Doch schwieg er; als ob Fieber oder Schlaf
Ihn packe, gähnt' er unbewegten Fußes.
Die Schlange blickt' auf ihn und er auf sie.
Qualm drang aus seiner Wund' und ihrem Maule
Und mit dem einen mischte sich der andre.
Es schweige nun Lucan, wo von dem armen
Sabellius und Nasidius er berichtet,
Und höre wohl auf das, was nun gesagt wird.
Auch schweig' Ovid von Arethus' und Kadmus;
Nicht neid ich ihn, verwandelt sein Gedicht
Zur Schlange diesen und zur Quelle jene
Denn nie vertauscht' einander gegenüber
Er zwei Naturen, so daß die Gestalten
Die Stoffe wechselsweis gewandelt hätten.
Also entsprachen sie sich nun einander
Daß ihren Schweif die Schlang' in zweie teilte
Und jener seine Füß' in eins verband.
So wuchsen aneinander Bein' und Lenden,
Daß ihre Fuge wiederzuerkennen
In kurzer Zeit nicht mehr gelungen wäre.
Und die Gestalt, die dort verloren wurde,
Gewann der Schlange Schweif der sich gespalten.
Weich wurde ihre Haut und hart die seine,
Die Arme zog er in die Achselhöhlen;
Des Tieres kurze Bein' hingegen dehnten
Sich ebenso, wie jene sich verkürzten.
Verschlungen bildeten die Hinterfüße
Der Schlange jenes Glied, das man verhüllet,
Und zweigeteilt ward jenem Ärmsten seines.
Mit neuer Farbe kleidete die beiden
Der Rauch noch und beraubte den der Haare,
Mit welchen jenen er dafür bedeckte,
Als einer aufstand und der andre hinfiel,
Doch ohne drum die Augen zu verwenden,
Wobei sie wechselsweis die Züge tauschten.
Es zog der Aufrechtsteh'nde zu den Schläfen
Das Fleisch, und aus dem so gehäuften wurde
Das Ohrenpaar, das aus dem Haupt hervortrat.
Aus dem was nicht nach rückwärts quoll und vorne
Sich häufte, ward dem Angesicht die Nase
Und was die Lippen anzuschwellen nötig.
Es streckt der Liegende die Schnauze vorwärts
Und in das Haupt zieht er die Ohren ein,
Wie Schnecken tun wenn sie die Hörner einziehn.
Es spaltet sich die bisher ungeteilte,
Zum Reden fert'ge, Zung', und die gespaltne
Schließt sich zusammen, und der Qualm vergeht.
Der Schatten, der zum Tiere nun geworden,
Enteilte zischend durch das dunkle Tal;
Der andre spuckte redend hinter ihm.
Dann wandt er ihm die neu erlangten Schultern
Und sprach zum andren: Mag auf seinem Bauche,
Wie ich bisher getan, nun Buoso laufen!
Verwandeln sah ich so und sich vertauschen
Des siebten Grabens Schlamm, und es entschuldge
Den Kiel, ließ er sich etwas gehn, die Neuheit.
Wie meine Augen auch befangen waren
Und wie bestrickt mein Sinn, so konnten jene
Doch nicht so heimlich fliehn, daß ich nicht deutlich
Puccio Sciancato hätt' erkennen mögen.
Und der von ihnen war's, der unverwandelt
Allein noch übrig war von jenen drei'n;
Den du beweinst, Gaville, war der andre.
Pulsuz fraqment bitdi.