Kitabı oxu: «Himmel, Arsch und Hölle!»

Şrift:

Elke Bulenda

Himmel, Arsch und Hölle!

Ein humorvoller Fantasy-Roman

Impressum

Copyright © 2013 by Elke Bulenda

Umschlaggestaltung: Elke Bulenda

Druck und Verlag: epubli GmbH, Berlin, www. Epubli.de

ISBN 978-3-8442-6012-0

… Dann ist der Schmerz loszulassen wohl nichts gegen den Schmerz, wenn einem alles genommen wird …

(Schiller - aus dem Album Tag und Nacht )

Irgend etwas trat mich. Benommen blinzelte ich durch meine schweren, halb geöffneten Lider. Aus meiner jetzigen Perspektive ragte die bärtige Zwergin Trixie über mir auf, wie ein mächtiges Gebirge. Und ihr Gesichtsausdruck verriet mir, dass sie nicht in der Laune war, um mit mir Kirschen zu essen. Sie sah eher aus, als hätte sie ein halbes Kilo Zitronen genascht.

»Sag mal, haben sie dir ins Hirn geschissen? Was liegst du hier am Fuße der Treppe herum?«, zeterte die Energische.

Es bereitete mir eine ziemliche Mühe, meine Stimmbänder frei zu räuspern.

»Oh, ich bin die Treppe heruntergefallen«, bemerkte ich.

»So, so, das wird doch keine 14 Tage gedauert haben, so hoch ist die Treppe nun auch wieder nicht! Du lässt dich nicht mehr blicken, gehst nicht ans Telefon, dein Postkasten quillt über und deine E-Mails beantwortest du auch nicht!«, keifte sie mich an und verschoss noch einen ihrer wüst-wilden Blicke.

Ich zuckte mit den Schultern und suchte meine Whiskeyflasche. Alles im Liegen, versteht sich. Ich konnte mich jedenfalls noch daran erinnern, zuletzt eine volle Flasche bei mir gehabt zu haben. Nur war sie jetzt spurlos verschwunden und nicht mehr aufzufinden. Schwiegen war meine Reaktion, was die Zwergin nur noch grimmiger machte.

»Wir machen uns alle schreckliche Sorgen um dich, wir dachten sogar, du wärst abgehauen. Nur warum solltest du dann die ganze Zeit diese fürchterliche Musik laufen lassen?«, fragte sie mich unfreundlich. Ich lauschte.

Wie immer hatte Trixie recht, oben in meinen Räumlichkeiten lief das Lied Vide Cor Meum in einer Endlosschleife, komponiert aus Dante Alighieri herzzerreißenden Versen. Mir war eben so danach gewesen. Mit anderen Worten: Ich hatte den echten Blues, Depri hoch drei. Mit einem wütenden Blick funkelte ich zurück und knirschte:

»Ach, lass mich in Ruhe! Was machst du eigentlich hier in meiner Bude?«

Das hätte ich nicht sagen sollen, nun stemmte die kleine Person ihren freien Arm in die Hüfte und sah mich herausfordernd an. Übrigens auf ihrem anderen Arm balancierte sie einen Karton, der ziemlich schwer zu sein schien. Nur konnte ich aus diesem Blickwinkel nicht erkennen, was sich darin befand und es interessierte mich ohnehin nicht im Geringsten.

»Ich bringe dir etwas zu trinken! Anna sagte, du seist seit zwei Wochen nicht mehr in der Kantine gewesen, um dir deine Rationen Blut abzuholen. Des Weiteren bringe ich dir deine Scheiß-Post! Du kannst wirklich froh sein, dass du nicht mein Sohn bist! Sonst hätte ich dich für diese freche Aussage über das Knie gelegt! Und zwar nicht zu knapp!«, bedrohte sie mich.

Wahahaha! Jetzt hatte ich aber Angst! Trixie die Zwergin wollte mich, einen Vampir mit über zwei Metern Körpergröße, über das Knie legen? Wie sollte denn das funktionieren? Nur war ich nicht scharf darauf das herauszufinden.

Da ich sie dringend loswerden wollte, sog ich die Luft durch die Nase und schnüffelte.

»Verdammt, hier stinkt es nach Zwergen!«

Dafür bekam ich prompt die Quittung – einen Tritt von Trixies bestiefeltem Fuß, der wie immer mit Stahlkappen ausgerüstet war. Meine Rippen sendeten mir auf der Stelle ein Dankesschreiben in barbarischem Vokabular. Trixie sah mich hingegen nur kopfschüttelnd an.

»Verdammt, Ragnor! Sieh dich doch mal an! Du hast keinen Arsch mehr in der Hose und was hast du überhaupt mit deinen Haaren veranstaltet?«

Misstrauisch zog ich mir einen Zopf vor die Linse. Bei Odin! Seit wann waren meine Haare weiß? Normalerweise ist mein Haar dunkelrot. Das verwirrte mich zutiefst.

»Scheiße! Jetzt sehe ich wie ein Tattergreis aus! Zwei Wochen sagtest du?«

… Was habe ich bloß in dieser Zeit getrieben? Ich bin ja fast schon bekannt für meine Blackouts in letzter Zeit, doch zwei Wochen waren mir bisher noch nie vom Schirm gerutscht ...

»Mit dem Tattern liegst du nicht verkehrt, du zitterst wie Espenlaub, bist wohl auf Entzug, oder was?«, fragte die Zwergin. Doch sie war noch nicht fertig mit ihrer Moralansprache. »Ja, korrekt, seit der Hochzeit von Delia und Simon, wo du dich wohlgemerkt, einfach so vom Acker machtest!«

… Jetzt muss ich mal ein wenig ausgreifen. Delia ist unsere Seherin und arbeitet genauso wie Simon und auch ich, für die geheime Organisation Salomons Ring. Na ja, ich im Moment eben nicht, weil ich kaltgestellt wurde. Simon, der Leiter der Technischen Abteilung, hegte für Delia schon immer innige Gefühle und lediglich seine Schüchternheit bremste ihn, Delia seine wahre Gesinnung zu offenbaren. Delia ist meine Muse und Freundin. Als ich Simons Dilemma erkannte, ersann ich mit meinen Teamkollegen einen Plan, um das Pärchen zusammenzubringen. Das gelang uns dann auch. Kurz darauf meldete sich Nachwuchs bei ihnen an. Also bei Delia und Simon, nicht bei meinen Arbeitskollegen, Gott bewahre! Und da Delia die Befürchtung hegte, in kein hübsches Brautkleid mehr zu passen, fand die Hochzeit eher statt. Aber da gab es noch einen anderen Grund. Nur habe ich diesen wieder vergessen. Letzte Zeit vergesse ich die einfachsten Dinge. Mein schneller Abgang war damit zu erklären, dass ich in meinem momentanen Zustand so viel Glück auf einmal nicht ertragen konnte, weswegen ich die Hochzeitsfeier überstürzt verließ. Glück ist so eine fragile Sache. Meistens hält es nicht lange. Und was ist schon der Begriff lange, wenn man so wie ich, über 1200 Jahre alt ist? ...

»Hat dich Sal geschickt, damit du mir hinterher spionierst?«, fragte ich ganz offen, denn Trixie bevorzugte wie ich, gerade heraus ihre Meinung kundzutun. Dafür erntete ich einen gezeigten Vogel von Seiten der Zwergin.

»Ich weiß echt nicht, was mit dir los ist, aber Sal ist doch schon lange weg. Genauer gesagt, seit Ende der Hochzeitsfeier. Deshalb haben Delia und Simon doch überhaupt die Trauung vorgezogen!«

Wieder erntete ich ein mitleidiges Kopfschütteln. Zumindest weiß ich jetzt wieder den zweiten Grund, für den vorgezogenen Hochzeitstermin.

Sal Ormond war der Leiter unserer Organisation. Außerdem ist er mein Vampir-Blutsbruder, weil wir den selben Schöpfer hatten, der uns zu dem machte, was wir heute sind. Sal heißt eigentlich Cornelius und hat so wie ich, schon etliche Jahre auf dem Buckel. Sein Problem ist nur, dass er selbst nach so vielen Jahren noch immer vor anderen leugnet, ein Vampir zu sein. Natürlich gehe ich damit nicht in der Öffentlichkeit hausieren, doch in unserer Organisation wissen alle über meinen Daseinszustand Bescheid. Als er mich nach meinem über 600 jährigen Todesschlaf zurückholte, ahnte niemand, außer mir, dass Sal ein Vampir ist. Doch das änderte sich, als wir in Paris waren und dort auf einen weiteren, fiesen Blutsbruder trafen, der Sal vor unserem Team als Vampir enttarnte. Obendrein konfrontierte er Sal mit finsteren Teilen seiner Vergangenheit, die Sal schon lange in seinem Bewusstsein begraben hatte. Außerdem wurde Sal in Paris von einem rachsüchtigen Kommissar verschleppt und gefoltert. Das war dem armen Sal dann doch ein bisschen zu viel des Guten, und am Ende der Mission gab er seinen Abschied bekannt, um sich zurückzuziehen. Seinen Aufenthaltsort gab er uns nicht preis. Seitdem ist er vom Radar verschwunden. Im Grunde genommen verstanden wir uns nie besonders gut, doch er war der Einzige, der mich noch mit meiner Vergangenheit verband. Und nun ist er weg und ich treibe ohne Ziel und Zweck durch die Zeit, zu der ich überhaupt keinen festen Bezug mehr habe. So gesehen, war Sal für mich immer der Fels in der Brandung, doch seit seinem Verschwinden wurde mir der Grund unter den Füßen entzogen.

»Erde an Ragnor! Bist du noch da?«, fragte Trixie und sah mich skeptisch an. »Junge, Junge! Du stehst aber mächtig neben der Spur und hast wohl einen fulminanten Kater, wie?«, meinte sie und grinste spitzbübisch.

»Häh?«, fragte ich, wie immer rhetorisch bewandert.

»Na, da! Der Kater auf deinem Bauch! Niedlich, er versucht dich zu wärmen!« Nun blickte ich in die angedeutete Richtung, weil ich noch immer in der Horizontalen lag. Und wirklich! Da hockte wieder dieses Katervieh! Ich kann von Glück sagen, dass er mir nicht das Gesicht weggefressen hat. Schon oft sah ich dieses Untier hier im Gebäude herumpirschen, doch jagte ich ihn immer erfolgreich davon. Und nun schlich sich dieses hinterlistige Wesen schon wieder an mich heran. Das sah mir nach einer offenen Kriegserklärung aus! Wenn er Krieg wollte, könnte er ihn haben!

»Verschwindet! Alle beide!«, zischte ich feindselig. Nur bei dem getigerten Kater half es, wogegen sich die Zwergin als äußerst zisch-resistent erwies.

»Nun sei doch nicht so grantig zu dem Tier! Joey wohnt hier schon viel länger als du! Er war damals die Therapiekatze, für die Depressiven, augenscheinlich hält er dich für Therapie bedürftig«, erklärte Trixie.

»So, so! Einen Namen hat dieses Scheusal also auch! Ich verabscheue Katzen! Ich bin eher ein Hunde-Typ. Bei Hunden weiß man woran man ist. Aber bei Katzen? Ich mag es nicht, wenn ich in meinen eigenen vier Wänden wie ein Eindringling angesehen werde! Und dann sein zerfleddertes Aussehen!«

»Ein alter Veteran, so wie du. Er tut doch keinem was!«, winkte Trixie ab.

»Doch, er ist eine Flohfalle und wenn ich ihn in die Finger bekomme, dann mache ich ihm den Garaus! Ja, ich dengle mir aus ihm eine Rheuma-Decke.«

»Das wirst du nicht tun! Du hast außerdem gar kein Rheuma. Versprich mir, ihm nichts zuleide zu tun! Sonst rede ich kein Wort mehr mit dir!«, drohte die Zwergin. Nun irgendwie hatte Trixie recht. Ich wohnte noch nicht lange hier in der Villa Ballerburg. Früher war es ein Sanatorium für psychisch Kranke. Doch diente dieses Gebäude eigentlich nur zur Tarnung unseres geheimen Geländes. Patienten gab es schon lange keine mehr. Sal ließ das Haus liebevoll renovieren und richtete die unteren Räume für diverse Aktivitäten ein. Einen Kraftraum, ein Musikzimmer, ein Sportzimmer, einen Raum mit Kicker, Billard- und Poker-Tischen; sogar einen, in dem nur Tischtennisplatten standen. Im Keller befand sich ein Pool. Nur bevorzuge ich das Schwimmen unter freiem Himmel und mag lieber den kleinen See auf dem Grundstück. Die oberen Räume hielt er frei, damit eventuell dort jemand wohnen könnte. Durch einen glücklichen Zufall bekam ich die Erlaubnis hier in dieses Haus einzuziehen. Oben, im Bad, gibt es eine riesige Badewanne. Und wer das Prinzip des Archimedes kennt, der weiß, dass ich mit meinen Maßen und Gewicht, mit einer handelsüblichen Badewanne nichts anfangen kann. - Heureka! Und da man mir eine gewisse soziale Inkompatibilität nachsagt, genieße ich hier die Ruhe in diesem Bau. Nur, dass das Faktotum von Kater hier ebenfalls seinen Stützpunkt hatte, das wurmte mich gewaltig. Auch wenn er das Gebäude von Mäusen frei hielt. Nun, ich musste wirklich ein wenig weich in der Birne gewesen sein, oder war es die Befürchtung, dass Trixie mir eins mit der Doppelaxt überzog? Egal, ich gab ihr das Versprechen. Aber wieso sollte ich es nicht umgehen, den Kater einfangen und beim Tierarzt einschläfern lassen? Und wieso sah mich die Zwergin so mitleidig an?

»Was ist?«, knurrte ich barsch.

»Ragnor, du brauchst dringend Hilfe. So geht es nicht weiter! Wenn du alleine hier nicht wohnen kannst, ohne dich umzubringen, oder zu versumpfen, dann musst du wieder ins Hauptquartier umziehen«, stellte sie fest.

»Ach, was! Mir geht es gut!«, wiegelte ich ab. »Ich brauche keine Hilfe!«

»Hm, wenn du das so sagst, dann stehe jetzt mal langsam auf, sonst trete ich dir gegen den Schädel, so wie der Butler im Sketch mit dem 90. Geburtstag.«

»Ja, ich stehe auf, aber erst mal muss ich einen Schluck trinken. Wo ist die verfluchte Flasche?«, fragte ich und setzte mich vorsichtig auf. Mir war schwindelig und Schwärze trübte meine Optik.

»Ich finde, du hast jetzt genug gesoffen. Du solltest lieber deine Portion Blut trinken. Sag mal, bist du unter die Flagellanten gegangen? Was hast du da an deinem Rücken?«, fragte die Zwergin skeptisch und beäugte mein Heck. Nicht weniger ratlos befühlte ich meinen Rücken und schnitt mir dabei in den Finger.

»Oh, verdammt, da ist die blöde Flasche! Da muss ich wohl drauf gefallen sein!«, stellte ich verwundert fest. Gut, damit war die Frage nach meinem Whiskey beantwortet.

»Ich glaube, ich sollte dir beim Aufstehen helfen, ich bin zwar nicht groß, aber dafür ein ziemlich kräftiges Mädchen!«, meinte Trixie. Obwohl ich steif und fest behauptete, keine Hilfe zu benötigen, war ich froh, dass sie mir aufhalf. Um nicht die Treppe heraufgehen zu müssen, nahmen wir den Fahrstuhl. Das hätte ich auch vor meinem Sturz tun sollen, dann hätte ich noch eine volle Flasche meines Gesöffs. Und mein Rücken sähe nicht aus, wie ein verdammtes Mosaik-Glasfenster. Unterwegs verlor ich beinahe meine Hose. Komisch, das war doch immer noch der gleiche Anzug, den ich als Trauzeuge getragen hatte. Es erweckte den Anschein, als hätte jemand inzwischen den Anzug vertauscht. Oben angekommen, schlug die Zwergin entsetzt die Hände über dem Kopf zusammen, als sie des vorherrschenden Chaos´gewahr wurde.

»Ach du heilige Scheiße, wie sieht es hier denn aus? Hast wohl deine Möbel umgestellt, oder was? Zumindest ist hier im Leergut-Glaswald Staub gesaugt«, meldete sich Trixie zu Wort. Möbel umgestellt, das war wohl eher ein beschönigender Ausdruck. Offensichtlich hatte mich die Wut, oder der Frust gepackt; jedenfalls sah es so aus, als hätte ich die Sitzgruppe durch die Gegend geschollert. Aber es wurde Staub gesaugt - und das noch immer. Ernestine, das Socken-Monster, fuhr auf dem Saugroboter sitzend durch das Wohnzimmer und schien ernsthaften Gefallen an dieser Tätigkeit zu finden, was sie mit glucksenden Tönen kundtat. Mein Kollege Barbiel hatte mir seine Ernestine dagelassen, weil er mit dem Rest meines Teams, einen Auslandsaufenthalt in geheimer Mission hatte. Da ich krankgeschrieben war, durfte ich nicht mitkommen. Stattdessen passte ich auf sein kleines Monster auf und soff mir das Resthirn weg. Während Ernestine auf dem Saugroboter einen Hindernisparcours erster Güte hinlegte und geschickt das Leergut umkurvte, sah die Zwergin zu mir auf und drückte mich auf den umgekippten Sessel. Sie war wirklich sehr kräftig. Mir blieb nichts anderes übrig, als verdutzt zu blinzeln, und plotzte rückwärts auf den umgekippten Sessel.

Wutschnaubend stapfte sie zur Dolby Surround Anlage und stellte die Musik ab. »Du bist nicht nur ein Säufer und Tunichtgut, sondern auch noch ein Leergut-Messie! Was hat Sal dir geraten, ehe er abreiste?«, drohte Trixie mit ihrem Finger, den sie mir mit minimalen Abstand vors Gesicht hielt. Angestrengt überlegte ich.

»Ich solle einmal in Ruhe umziehen? ...«

»Das ist ja wohl abgehakt!«, konterte Trixie besserwissend.

»Äh, ich sollte mich dann bei Dr. Dr. Ferdinand Gütiger melden?...«, fragte ich vorsichtig. Trixie warf mir einen Wust Briefe in den Schoß.

»Korrekt, der Kandidat hat hundert Punkte! Hier deine Aufforderung zu seinen Terminen, die du wohl bemerkt, verstreichen lassen hast!«

»Ich sammle keine Punkte, sondern Karos! Das sage ich auch jedes Mal an der Supermarktkasse, wenn mich die Kassierer-Tussies fragen!«, knurrte ich.

»Jetzt werde mal nicht frech! Warum bist du nicht zu ihm gegangen, wo du doch offensichtlich ziemlich down bist? Mensch Ragnor, ich meine es doch nur gut mit dir«, beschwichtigte die Zwergin. »Wenn du kein Ehrenzwerg wärst und zur Familie gehören würdest, ich hätte dich sofort an den Haaren zu Dr. Dr. Gütiger geschleift. Aber ich bin deine Freundin und will dir helfen. Guck dich doch mal an! Du bist vom vielen Alkohol schon ganz gelb. Mit anderen Worten: In deiner Leber würde ich nicht wohnen wollen. Es ist der lebensfeindlichste Ort auf dieser Erde! Du kannst deinen Gram nicht im Alkohol ersäufen. Also jetzt mal Klartext: Was ist mit dir los?« Sie reichte mir eine Blutkonserve, die ich dankend annahm. Mir war gar nicht bewusst, dass ich so hungrig war. Nachdem ich sie geleert hatte, blieb mir nichts anderes übrig, als vor Trixie eine Beichte abzulegen.

»Bevor mich der Mob lynchte, weil ich Lord Seraphim ermordete, war ich glücklich verheiratet und stolzer Vater zweier Söhne und zweier wunderschöner Töchter. Als ich erwachte, dachte ich, dass ich meine Frau und die Mädchen irgendwann wiedersehen würde. Da meine Frau eine Halbdämonin war, kam ich auf die Idee, dass sie die Zeit überdauert haben könnte und einer meiner Söhne, die beide als Vampire überlebt haben, die Mädchen ebenfalls zu Vampiren machten. In Paris erfuhr ich die Wahrheit. Meine Frau ging in die Dämonendimension, zuvor annullierte sie unsere Ehe. Jule, eine meiner Töchter, wollte keine Vampirin werden und starb. Mara, die andere Tochter, folgte ihrer Mutter in die Dämonendimension. Ich werde meine Frau und meine Töchter nie mehr wiedersehen. Dabei habe ich sie so geliebt!« Ich weinte blutige Tränen. Versteht mich nicht falsch, eigentlich bin ich nicht nahe am Wasser gebaut, aber ich war einfach nur fix und fertig. Tröstend legte mir die Zwergin ihre kleine Hand auf die Schulter und reichte mir eines ihrer winzigen Taschentücher. Ich stutzte, putzte mir die Nase; doch meine Blues-Ballade war noch nicht beendet.

»Als ich noch ein Mensch war, da hatte ich eine reizende Frau und einen Sohn, Vater, Mutter und viele Geschwister ... Sie wurden ermordet. In Paris wurde ich mit dem Mörder meiner Familie, meinen Blutsbruder Godfrey, konfrontiert, er machte sich sogar darüber lustig, weil ich nicht wusste, dass meine damalige Frau, Edda, schwanger war. Also hat er auch noch unser Ungeborenes auf dem Gewissen gehabt. Ich tötete ihn, doch statt Genugtuung zu empfinden, fühle ich mich einfach nur leer und ausgebrannt. Dann ging auch noch Sal weg, und ich wurde kaltgestellt. Statt meiner Wenigkeit, macht Wilbur jetzt meinen Job. Ich hasse diesen blöden Dschinn! Und vermisse die Jungs«, meinte ich kleinlaut. Diese Aussage entsprang nur meiner Schwäche.

Wenn ich klar bei Trost gewesen wäre, hätte ich niemals zugegeben, dass ich den Engel Barbiel, Dracon den Drachenmann, und Silent Blobb, das Blubberwesen vermissen würde. Sie gingen mir sonst immer nur auf den Sack.

»Es tut mir wirklich leid. Ich kann nachempfinden wie du dich jetzt fühlen musst«, meinte die energische Zwergin und tätschelte mir wieder die Schulter.

»Das kannst du gar nicht! Ich habe das Gefühl, dass alles was mir lieb und teuer ist, einfach immer wieder entrissen wird. Du kennst meinen wahren Verlust doch gar nicht!«, schniefte ich beleidigt.

»Doch, das kann ich. Ich habe auch einen mir Nahestehenden verloren, den ich sehr liebte. Quasebarth Eisenfaust, meinen Mann, den Vater meiner Kinder. Er starb in den Minen von Khor Asul.«

»Oh, das tut mir wirklich leid. Wurde er verschüttet?«, fragte ich neugierig, denn mich interessierte schon immer, wer es schaffte, diese taffe Zwergin zu bezwingen.

»Nein, ein Troll setzte sich während der Mittagspause versehentlich auf ihn drauf. Dabei sagte ich ihm immer wieder, er solle sich von den dämlichen, hirnlosen Trollen fern halten!«, referierte Trixie.

Verdattert sah ich sie an und wusste nicht, ob ich lachen oder weinen sollte. Zumindest lenkte sie meine trüben Gedanken in eine andere Richtung.

»Ja, ist ja gut, Ragnor. Hör zu! Ich mache dir folgenden Vorschlag: Zuerst pflücke ich dir die Glasscherben aus dem Rücken, dann legst du dich aufs Ohr. Ich mache hier klar Schiff und wenn du dich ausgeruht und deine Blutkonserven getrunken hast, gehen wir gemeinsam zu Dr. Dr. Gütiger und dann redest du mit ihm. Hey, dafür ist er doch da! Okay?«, schlug mir Trixie vor. Sie hatte recht und ich war ihr wirklich dankbar. Weniger dankbar war ich, als sie mich an den dritten Punkt meiner To-do-Liste erinnerte.

»Und vergiss nicht einen Termin bei Amanda zu machen, wenn du deinen Job wieder haben willst, dann ist dieser Schritt unumgänglich.«

… Dr. Dr. Amanda Ferguson ... Für diese biestige Ärztin hatte ich ein echtes Faible. Nur hasste sie mich von ganzem Herzen, was sie in meinen Augen noch viel attraktiver machte, denn sie war nicht leicht zu haben. Nur, mir als stolzen Krieger war es ein Dorn im Auge, mich und meinen edlen Körper in die Hände von Amanda zu begeben. Das letzte Mal, als sie mich in ihrer Obhut hatte, fehlten anschließend meine Hörner. Nun ich will mir nicht vorstellen, was sie mir diesmal abschneiden könnte. Im Flugzeug nach New York sagte sie mal, wenn ich ein Hund wäre, würde sie mich kastrieren … Ich hänge wirklich an meinem besten Stück. Es ist der einzige Freudenspender in meinem trostlosen Dasein.

… Verdammt, wäre die Zwergin nur niemals in mein Haus gekommen...

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ISBN:
9783844260120
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