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Zu Füßen der Berge

Die schönste Straße, um vom Kanaltal ans Meer zu gelangen, führt entlang der südlichen Ausläufer der Alpen. Für sie braucht man Zeit. Während man von Venzone aus über die Autobahn, an Udine vorbei, Grado in weniger als einer Stunde erreicht, benötigt man für die andere Strecke wenigstens einen Tag.

Kurz nach Gemona biegt man links nach Tarcento ab, das man einst „La perla di Friuli“ nannte. Es lohnt einen Spaziergang; die Stadt ist grün und hat einige schöne Architekturen vorzuweisen, welche das Erdbeben überlebt haben. Auch laden einfache, aber gute Trattorie zum Verweilen ein, vor allem die „Mulin Vieri“, die „Alte Mühle“.

Von Tarcento aus fährt man die romantische Straße – die auf weiten Strecken durch einen buschigen Urwald führt – nach Cividale, passiert dabei die Ortschaften Nìmis, Attimis und Faèdis, deren Namen ebenfalls auf langobardischen Ursprung hinweisen. Man fährt quasi an der Küste des eiszeitlichen Meeres entlang. Dessen Ablagerungen, die Flysch- und Lehmböden, bilden eine extrem fruchtbare Basis für Ackerbau und Weinkultur. In den Hügeln zwischen Tarcento und Nìmis liegt die Ortschaft Ramandolo, die Heimat der Traube gleichen Namens, einer Spielform des Verduzzo. Sie ergibt einen äußerst raren, autochthonen Wein, der in den Colli Orientali insgesamt nur auf sechzig Hektar bei geringem Ertrag angebaut, entweder trocken oder fruchtig ausgebaut wird und kaum in den Handel gelangt. Einer seiner bekanntesten Produzenten ist Giovanni Dri. Aber auch andere seltene Rebsorten gedeihen hier wie nirgends sonst: zum Beispiel der Schioppetino oder gar der Tazzelenghe, extrem trockene, tanninreiche Rotweine, die Kostbarkeiten darstellen. Dazu ein Rezept:

„Blècs“, auch „Biechi“ genannt, heißen auf hochitalienisch „Maltagliate“, also „die schlecht Geschnittenen“. Es handelt sich dabei um dünne, unregelmäßige Teigflecken. Sie werden sowohl aus klassischem Pastateig, aber auch manchmal ohne Eier zubereitet. Erstere Variante dient der Resteverwertung, wenn etwa Tortellini geformt werden und die nach dem Ausstechen verbliebenen Pastastücke der Verwertung harren. Die zweite Variante läßt auf Armut oder schnelle Küche schließen. Man findet diese Teigwaren mit allerlei Saucen zwischen Carnia und der Pianura. Die überzeugendste Zubereitungsart ist allerdings folgende:

BLÈCS IN TAZZELENGHE

Man öffnet eine Flasche Tazzelenghe, schüttet den Wein in einen hohen Topf, fügt ein Bündel aus wilden Kräutern bei (Thymian, Salbei, Fenchel, Oregano, Wacholder etc.) sowie eine halbierte Knoblauchzehe und eine halbe, an der Schnittfläche gebräunte Zwiebel, bringt das Ganze zum Köcheln, bis sich die Aromen entfalten. Dann fischt man Kräuer, Knoblauch und Zwiebeln heraus, erhöht die Hitze und läßt den Wein unter wiederholtem Umrühren einkochen, bis er gerade noch den Boden bedeckt und sirupartige Konsistenz annimmt. Dann gibt man den Topf vom Feuer und rührt zwei nußgroße Stücke eiskalter Butter mit dem Schneebesen ein, sodaß sich eine gleichmäßige Sauce bildet, die man mit Salz und frischgemahlenem Pfeffer abschmeckt und in der man die frisch gekochten, abgetropften „blècs“ kurz schwenkt und heiß und ohne Käse serviert.

Die alten, autochthonen Rebsorten werden heute allerdings in geringen Quantitäten angebaut und nicht immer sortenrein vinifiziert. Das meiste wird an die regionale Gastronomie geliefert, der Rest ab Hof an Stammkunden verkauft. Es lohnt sich dennoch, den wenigen Schildern „Vendita vini“ oder „Azienda Agricola“ zu folgen und Umwege in Kauf zu nehmen. Kommt man zu einem Weingut und wird zu einer Verkostung eingeladen, so ist es angebracht, zuerst vertrauensbildende Maßnahmen zu setzen, indem man ein paar Flaschen der geläufigeren Produkte erwirbt und erst dann nach Ramandolo, Tazzelenghe und Pignolo fragt. Zwei, drei Flaschen dieser raren Produkte kann man meistens erstehen und verstaut sie in Demut an einem sicheren Platz im Auto, damit ihnen kein Leid geschieht.

Noch einen Grund gibt es, sich für die Colli Orientali Zeit zu lassen: Sie sind bei weitem noch nicht in dem Ausmaß touristisch erschlossen wie das Collio. Vor allem wird hier auch Käsekultur gepflogen. Südlich des Montasio und des Gran Monte, zwischen Lusevera und dem Kolovrat, versorgen Tausende Kühe, Schafe und Ziegen, Hunderte SennerInnen und die Käsespezialisten der ortsansässigen Latteria den Gourmet mit köstlichen Produkten.

Der Schauspieler und der Poet saßen zufrieden auf der Piazza del Duomo in Cividale bei einem „tajut blanc“. Sie hatten eben die „Latteria di Cividale“ geplündert, die jenseits der Teufelsbrücke, welche den tiefgrünen Natisone überspannt, in einer Seitenstraße zu finden ist. Natürlich hatten sie Montasio gekauft, Latteria ebenfalls, aber auch Matajur, Sòt di Trape, Malga und noch ein paar Sorten Käse, deren Namen schwer zu merken sind. Sie bestellten Brot, und wenn die Kellnerin nicht hersah, kosteten sie heimlich von ihren Schätzen. Man sollte ein Buch über Käse schreiben, meinte der Schauspieler. Und eines über Cividale, sagte der Poet. Aber eins nach dem anderen. Immerhin, sagte der Dünne, das sind gute Gründe, wieder hierherzukommen. Der andere nickte und schob sich das letzte Stück vom cremigen Malga in den Mund. Die Kellnerin grinste.

Die Freunde bestellten ein letztes Glas und waren sich einig: Der Reisende sollte auch die Vorteile der Osterweiterung nutzen, indem er samt allen da wie dort gehamsterten Waren etwa über das Isonzotal süd- oder heimwärts reist oder über einen der nun offenen kleinen Grenzübergänge ins Friaul einsickert – zum Beispiel über Uccea oder von Kobarid aus nach Stupizza und Pulfero. Das sind landschaftlich faszinierende Strecken, die obendrein durch historisch bedeutsames Gelände führen. Auch hier stoßen die Welten seit der Römerzeit aneinander und haben ihre Spannungen in den letzten beiden großen Kriegen blutig entladen. Aber die Schlachten um den Gran Monte und den Monte Cucco sind vergessen, die Grenzen spielen keine Rolle mehr, und die Menschen sind hart, aber freundlich. Wer nie mit ihnen in Lusèvera, Taipana oder Racchiuso einen „tajut“ getrunken und am Fogolar aus einer alten Pfanne frisch geröstete, selbst gesammelte Marone verzehrt, dazu neuen Wein, den Ribolla, verkostet hat, wer nie an einem klaren Tag auf dem Gipfel des Matajùr gestanden ist – von wo aus man das reiche Land bis zu den Lagunen überblickt – oder der nicht im September Zeuge der Wallfahrt nach Castelmonte gewesen ist, der war nicht wirklich im Friaul.

Die beiden Freunde waren atemlos vom Aufzählen der Pflichtübungen.

„Du hast das, Sale e Pepe‘ in Stregna vergessen, die Suppe vom weißen Kürbis“, sagte der Schauspieler. Der Poet wischte sich die Finger vom eben verzehrten Caprino ab und schrieb das auf.

Dann fuhren sie langsam über kleine Straßen, vorbei am Castello di Albana nach Dolegna, wo die Colli Orientali an den Collio grenzen. Seit Menschengedenken streiten sich Winzer wie Trinker, ob da oder dort der Wein besser gedeihe. Die beiden Freunde machen da keine Ausnahme.

Grenzen des Geschmacks

Kulinarische Grenzerlebnisse

Kulturgeschichtlich gibt es seit je klare kulinarische Grenzen zwischen den Landstrichen, die sich naturgemäß aus Topographie, Klima und Gesellschaftsstruktur definieren. Die Provinzen von Udine, Görz und Triest sind durch ihre zerklüftete, seit Jahrtausenden multikulturelle Struktur ein klassisches, faszinierendes Studienobjekt.

Wer selten in die Gegend kommt, wird sich immer wieder wundern, daß er mit wenigen Ausnahmen zehn Autominuten landeinwärts keinen Fisch auf der Karte findet und umgekehrt in Duino nur bedauerndes Kopfschütteln erntet, wenn es ihm nach einem „Bistecca fiorentina“ gelüstet, obwohl der nächste Kuhstall keine fünf Meilen entfernt ist und sich an der Grenze bei Fernetti einer der größten Schlachthöfe Norditaliens befindet. Wer öfters hierherfährt, macht die Erfahrung, daß der köstliche Käse, den er vor ein paar Wochen in Venzone genossen hat, fünfzig Kilometer weiter in Dolegna selbst dem Namen nach unbekannt ist. „Asìno“ oder gar „Tausent Roz“ bekommt man nicht überall – und im nächsten Tal schon gar nicht.

Der Poet führt unter anderem deswegen ständig einen Rucksack mit sich, daß er an Ort und Stelle derlei Kostbarkeiten erwerben und sicher transportieren kann. Dieser enthält aber neben Käse, Wurst und Wein auch ein Notiz- und Skizzenbuch sowie diverses Werkzeug: einen Flaschenöffner und Korkenzieher, ein solides Schweizer Messer und einen Löffel.

„Weshalb keine Gabel?“ fragte der Schauspieler, der sich gerne über diese Gewohnheit seines Freundes lustig macht. Der Poet zeigte ihm seine Hände mit zehn Fingern. Da nickte jener und verstand. Die Gabel hat keine lange Kulturgeschichte und war dem Adel vorbehalten, bis Mitte des 19. Jahrhunderts auch die Bourgeoisie sie in die Hand nahm und mit ihr zu essen lernte. Zum Genuß der autochthonen Gerichte zwischen Sauris und Muggia aber reichen Löffel und Messer allemal.

Die bäuerliche Küche von den schroffen Tälern Karniens über die milden Hügel des Collio bis hin zum unwirtlichen Karstplateau verlangt für die Nahrungsaufnahme lediglich nach einem Löffel. Die Polenta – so sie frisch gemacht – ist ein cremiges Püree. Erst wenn sie erkaltet und getrocknet ist, wird sie in Scheiben geschnitten und wie ein Brötchen gegessen, Die „minestre“ wie „Jota“, „Pasta fagioli“, eine „Crema di funghi“ bilden ein „piatto unico“, also ein Hauptgericht, das nur mit dem Löffel zu bewältigen ist. Fleisch wird meist in Form eines Ragouts gereicht, dazu wieder Polenta oder Gnocchi. „Cjalsòns“, die friulanischen Cousins der Ravioli, oder gar die „Zlicrofi“, die Triestiner Schlutzkrapfen, wurden seinerzeit vorzüglich in Suppe oder heißer Milch serviert. Die anderen Formen der italienischen Teigwaren wie Spaghetti oder Tagliatelle, deren Genuß nach einer Gabel verlangt, haben erst mit dem Siegeszug des italienischen Nationalismus im 19. und 20. Jahrhundert nach und nach diese Regionen usurpiert. Auch das Risotto ist hier eine relativ neumodische Angelegenheit. Reis wurde in der Gegend früher nie angebaut. Das entsprechende Friulaner Gericht heißt „Orzotto“ und wird – ähnlich dem steirischkärntnerischen Ritschert – mit Rollgerste gemacht, die hier reichlich wächst. Auch dieses ist von seinen Ursprüngen her ein Eintopf, dem der Landmann mit seinem Löffel wacker zu Leibe rückt.

 

Das Werkzeug der Fischer aber ist das Messer. Sie brauchen es, um Netze zu reparieren, Muscheln zu öffnen, Fische auszunehmen und zu schuppen. Zur Zubereitung und zum Verzehr von Meeräschen, Scampi oder Muscheln ist ein Löffel völlig ungeeignet. Kleineres Getier aß und ißt man sowieso mit der Hand, größeres wird entweder im Ganzen oder in grobe Stücke geschnitten gegrillt oder als „boretto“ gesotten. In jedem Fall werden die Gerichte mit einem tüchtigen Stück flaumigem Weißbrot gereicht, welches Teller, Löffel, Beilage und Serviette in einem darstellt.

An der Küste kamen Löffel nur an Feiertagen auf den Tisch, wenn es „brodo“ gab, die kostbare Fleischsuppe, welche abseits von Weihnachten und Hochzeiten den Wöchnerinnen und anämischen Kindern vorbehalten blieb. Umgekehrt im Binnenland: Nur wenn ein ganzes Huhn oder ein Braten die Tafel zierte, benötigte man ein Messer. Die großen Fleischgerichte haben ohnehin wenig Tradition in der Küche dieser Regionen, sieht man vom „Bollito misto“ ab, das man anläßlich der erwähnten Feste köchelte. Wurde geschlachtet und gewurstet, gab es eine „Grigliata mista“, zu deren Verzehr es wiederum keines Messers bedurfte, sondern nur der Finger und guter Zähne. Auch in diesem Fall dient Brot zugleich als Sättigungsbeilage und Serviette.

Diese Sitten kennen die jungen Leute und Touristen nicht mehr – weil der Regionalismus abhanden gekommen ist, als der Nationalismus auch in den Küchen zu wüten begann. Seit aber die Erde globalisiert wurde und die Form einer Pizza angenommen hat, die Hamburger aus dem Automaten fallen und im Zillertal Zitronengras sprießt, ist es müßig zu erklären, wo die Grenze zwischen dem Löffel-Land und dem Territorium der Messer verläuft. Es gibt sie im Friaul jedenfalls noch immer.

Der Schauspieler und der Poet sind auf ihren Reisen zu bewußten Grenzgängern geworden. Sie haben gelernt, daß es in einem Fischrestaurant sinnlos ist, Käse als Nachspeise zu wollen, was ja ernährungstechnisch ein Unfug ist. Da könnte man gleich Scampi mit Gorgonzola gratinieren oder zu einem Branzino-Fondue bitten. Hic pesce, hic latte! Wer partout Käse will, soll zum Dessert dorthin fahren, wo es nicht nach Sardinen, sondern nach Kuh riecht, oder in seinem Hotel in der Minibar Parmesan bunkern.

Ebenso existiert beharrlich der Eiserne Vorhang der Cevapcici, die eigentlich „cevape“ heißen. An ihm läßt sich der slawische Siedlungsraum exakt nachvollziehen, ebenso am Gebrauch von Kraut in allen Variationen, das im Dialekt „crauti“ heißt und auf italienisch „cavolo capuzzo“.

Darüber hinaus gibt es eine ganze Reihe kulinarischer Grenzen. Die Österreicher scheinen seinerzeit Triest mit Palisaden aus Kren umzingelt zu haben, wo er heute noch zu jeder passenden oder unpassenden Gelegenheit – meist ungeschält und viel zu grob gerissen – gereicht wird. Schon im Veneto begegnet man dem „rafano“ mißtrauisch, in der Toscana ist er so gut wie unbekannt.

Der Wendekreis der Sardine befindet sich so weit im Landesinneren, wie man die heikle Fracht seinerzeit mit Karren oder Maultier bis zur Mittagshitze verfrachten konnte. Denn sie mußte nach alter Regel vor dem Mittagsläuten verzehrt werden.

Nördlich davon beginnt unmittelbar das Reich der Forelle, das sich bis in die Karnischen Alpen hinaufzieht. Sie wird gebraten, mariniert oder geräuchert. Andere Süßwasserfische sind in der Region kaum zu finden, höchstens der „persico“, der Barsch. Erfreulicherweise hat sich trotz jahrhundertelanger österreichischer Herrschaft der Karpfen als Speisefisch hier nicht durchgesetzt.

Von Istrien bis nach Görz findet man auch immer wieder – wohl als Erinnerung an das große Imperium – Gulasch auf der Speisekarte. Dieses Gericht hat allerdings kaum etwas mit dem zu tun, was zwischen Wien und Budapest auf den Tisch kommt, sondern ist meist ein bleiches Rindsragout, dem in jeder Hinsicht Paprika fehlt. Gleiches gilt für „wurstel“, die man selbst in den besten Kreisen mit Begeisterung verzehrt, die aber meist nicht geselcht sind und nach absolut nichts schmecken.

Noch einen bedeutenden Meridian gibt es: den Gemüse-Meridian. Vom Veneto in Richtung Osten gibt es eine Linie, bis zu welcher Melanzane, Zucchine, Artischoken und ähnliches in der Küche eine bedeutende Rolle spielen, ja auch zu den Ehren eines Hauptgerichts kommen. Weiter östlich, vor allem jenseits des Isonzo, erreicht Gemüse meist nur den Status einer Beilage: Spinat etwa oder die unvermeidlichen „patate in tecia“, ein Mittelding zwischen Püree und Rösti. Selbst eine veritable Peperonata ist dort schwer zu finden. Manchmal gibt es „bled“, also Mangold, oder „zichoria“, den kultivierten Löwenzahn. Alles in allem sind das keine eleganten Gemüse, sondern deftige Vitaminspender für die Jahreszeiten, in denen kaum Salat wächst.

Eine rühmliche Ausnahme bildet diesbezüglich der Spargel, vor allem der weiße. Er wächst zum Beispiel rings um Aquileia im sandigen Boden des Schwemmlands des Isonzo, wo er hervorragende Ergebnisse zeitigt. Berühmt ist der Spargel von Fossalon, wo zu seinen Ehren jährlich Anfang Juni eine „Sagra di asparagi“ stattfindet, ein Spargel-Kirchtag. Drei Tage lang wird gesungen, getanzt und getrunken, um die Ernte des kaiserlichen Gemüses zu feiern, welches gekocht oder fritiert, nach Wahl mit gekochtem oder rohem Schinken, Rührei, brauner Butter, Kalbskotelett, Roastbeef oder Hähnchen serviert wird. Zumeist aber wird der Spargel – auch in den besten Restaurants – als Hauptgericht kalt gereicht, lediglich garniert mit hartgekochtem, feingehacktem Ei, mariniert mit Zitrone und Olivenöl. Dieses Gericht, das nur auf den ersten Blick barbarisch anmutet, ist vielleicht die unschuldigste Form für den Verzehr dieser Delikatesse. Voraussetzung ist allerdings, daß die Spargel so frisch sind, daß sich das Schälen erübrigt und sie nur etwa fünf Minuten gekocht werden müssen.

Um ihre Freundschaft nicht zu gefährden, haben Poet und Schauspieler zu Papier und Bleistift gegriffen und in bilateralen Verhandlungen festgelegt, folgende Territorien und für diese typischen Gerichte ihrer beider persönlichem Schutz zu unterstellen:

Sand und Meer

Das ist die flache Küste von Marano über Grado bis Monfalcone. Hier kommt alles in den Topf, was bis dahin auf und unter dem Sand sowie in flachem Wasser sein Dasein fristet: Krabben, Garnelen, Aale, Schnecken, Plattfische, Enten. Die Küche ist traditionell ähnlich der venezianischen. Die Zubereitung erfolgt ohne großen Firlefanz. Entweder wird gegrillt oder „in umido“ gedämpft. Die wichtigsten Gewürze sind Salz, Pfeffer, Petersilie, Knoblauch, Lorbeer, mitunter Rosmarin. Weißwein, Olivenöl und Zitrone bilden weitere Zutaten. In der authentischen Küche wird alles „in bianco“ zubereitet. Tomaten waren hier ursprünglich nicht zuhause. Spargel und Artischoken sind die traditionellen Gemüse. Die Beilagen beschränken sich auf Polenta, Brot und Salat.

MENÙ

Zur Begrüßung eine dampfende Schüssel mit Moscadrini oder kleinen Folpi, mit Sellerie, Kräutern und Zwiebeln im Weißweinsud gedämpft. ---Salat von jungen, kaum hühnereigroßen Carciofi, mit Zitrone und feinstem Olivenöl mariniert.

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Ein großer Topf voller Vongole à la Gradese, mit geröstetem Knoblauchbrot.

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Ein stolzer Teller Bigoli mit frischen Sardoni, Kapern und gerösteten Mandeln, pikant gewürzt.

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Boretto vom jungen Aal in einem Fond, der geliert, mit flaumiger Polenta.

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Sorbetto di mele.

Teufel, Spinnen, Öl

Entlang der Steilküste von Duino über Triest bis Muggia sieht der Speisezettel anders aus als in der Lagune. In den tieferen Gewässern haust anderes Getier: Mollusken und Schalentiere, welche an und unter den Felsen ideale Lebensbedingungen vorfinden; außerdem große Fische, die die offene See bevorzugen, Raubtiere des Meeres wie der Branzino. Dazu kommt, daß die Bewohner des Küstenlands ihre familiären Affinitäten zu Istrien und dem dalmatischen Archipel weder verleugnen wollen noch können – schon gar nicht in der Küche und bei Tisch. Gemüse ist selten. Man ernährt sich von Eiweiß, Kohlehydraten und Salat.

MENÙ

Zum Zeitvertreib ein Topf voller Musoli, auch „Arche di Noé“ genannt, im eigenen Saft kurz geschmort.

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Eine Platte mit verschiedenen überbackenen Muscheln: Cozze, Canestrelli, Capesante, Capelunghe, adrett serviert mit Zitrone und Petersilie.

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Diverse marinierte Fische wie Sardoni, Branzino, Tono, Pesce Spada, auf Rucola serviert, mit kaltgepreßtem Olivenöl und wildem Fenchel.

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Eine Meeresspinne namens „Granzevola“ in ihrer Schale.

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Panierte Sardoni, mit den Fingern zu essen.

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Eine furchterregende Scarpena, also ein Meerteufel, im Rohr mit Kartoffeln in Weißwein gegart.

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Fragole naturale.

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