Kitabı oxu: «Seewölfe - Piraten der Weltmeere 518»

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Impressum

© 1976/2019 Pabel-Moewig Verlag KG,

Pabel ebook, Rastatt.

eISBN: 978-3-95439-926-0

Internet: www.vpm.de und E-Mail: info@vpm.de

Fred McMason

Tod eines Admirals

Kurs Puerto Bello – und der Sensenmann fuhr schon mit

2. Januar 1596 – westliche Karibik.

An diesem Tag war vor Nombre de Dios die Hölle los!

Sir Francis Drake, dessen Angriff auf Panama zu einem Fiasko ohnegleichen geworden war, befand sich mit seinem Verband auf der Flucht. Auch die von den Spaniern geschlagene Truppe unter Thomas Baskerville, Kommandeur der Seesoldaten und Landstreitkräfte, war ankerauf und auf Westkurs gegangen. Es war eine überstürzte Flucht, denn die Spanier waren mit einer Übermacht aufgekreuzt und setzten jetzt alles daran, den flüchtenden Engländern soviel Schaden wie nur möglich zuzufügen und eine mögliche zweite Landung bei Porto Bello zu verhindern. Außerdem sollten sie dem flüchtenden Verband auf den Fersen bleiben. Das hatte der spanische Generalkapitän Alonso de Sotomayor, der Verteidiger des Campira-Passes, angeordnet.

Jetzt ging es rund vor Nombre de Dios, als ganz überraschend aus mehreren Buchtverstecken spanische Einmast- und Zweimastschaluppen hervorbrachen und die Verfolgung des Gegners aufnahmen …

Die Hauptpersonen des Romans:

Philip Hasard Killigrew – Der Kapitän der „Isabella“ zieht alle Register und deckt den Rückzug der geschlagenen Engländer.

Thomas Baskerville – Der Kommandeur der Seesoldaten sieht das Ende vor sich, wenn nicht ein Wunder geschieht.

Francis Drake – Der Admiral lehnt jede Hilfe ab, aber sein Schicksal ist längst entschieden.

Don Ernesto de Valetas – Der Befehlshaber eines spanischen Kampfgeschwaders gerät an einen Gegner, der ihm das Fürchten beibringt.

Blondale – Der Feldscher auf der „Defiance“ weiß keinen Rat mehr, denn gegen das tödliche Fieber gibt es kein Mittel.

Inhalt

Kapitel 1

Kapitel 2

Kapitel 3

Kapitel 4

Kapitel 5

Kapitel 6

Kapitel 7

Kapitel 8

Kapitel 9

1

Der spanische Generalkapitän Sotomayor und Capitán Conabut triumphierten an diesem Tag. Sie hatten auch allen Grund dazu.

Die verhaßten Engländer hatten es nicht geschafft, den Campira-Paß zu überwinden. Mehr als hundert spanische Soldaten hatten den Paß mit Baumstämmen und Ästen gesperrt, verbarrikadiert und sämtliche anderen Pfade und Zugänge nach Panama besetzt und abgesichert.

Der Kampf hätte Stunden gedauert, ohne die geringste Chance für die Engländer, denn bei den Spaniern war laufend Nachschub eingetroffen.

Baskerville hatte sich dann unter wüsten Abwehrgefechten mit seiner Truppe und den Verwundeten nach Nombre de Dios zurückgeschleppt. Die Toten hatten sie nicht mehr mitnehmen können, dazu ging alles zu schnell.

In Nombre de Dios wollte Sir Francis Drake gerade mit seiner Truppe in die Boote steigen, um flußaufwärts seinen Marsch auf Panama anzutreten. Da torkelten die anderen heran – verwundet, erschöpft und ausgelaugt.

Drake konnte nur noch verhindern, daß die Spanier durchbrachen und unter den Engländern ein Massaker veranstalteten. Danach setzte die überstürzte Flucht westwärts ein.

Die Ein- und Zweimast-Schaluppen waren wendige kleine und schnelle Schiffe, die sich dem flüchtenden Verband wie ein Rudel Wölfe an die Fersen hängten.

Sie segelten unter vollem Preß hinterher und lauerten auf die langsamer segelnden Galeonen des Verbandes.

Die Taktik des spanischen Generalkapitäns war gut durchdacht und überlegt, denn bei jedem Schiffsverband gab es immer wieder einen hinterherhinkenden Nachzügler. Und der hatte kaum eine Chance gegen ein Rudel wendiger Schaluppen, die ihn wie Wölfe einkreisten und dann zuschnappten.

So war es auch jetzt. Eine Galeone bildete die unfreiwillige Nachhut. Es war die „Holy Virgin“, ein schwerfälliger Kasten, von den anderen Kapitänen höhnisch als „Bleiente“ bezeichnet. Sie hatte zwar einen guten und tüchtigen Kapitän, aber ihre Segeleigenschaften waren miserabel. So hinkte sie als letztes Schiff hinter dem Verband her.

Fünfzehn Schaluppen setzten ihr nach, fünfzehn hungrige Wölfe, die den Brocken heraussägen wollten. Hatten sie ihn geschnappt, dann wollten sie sich an den nächsten Nachzügler anhängen und auf diese Art und Weise dem flüchtenden Verband weiteren Schaden zufügen.

Auf dem Achterschiff der „Holy Virgin“ befanden sich zwei Drehbassen. Sie waren mit je zwei Mann besetzt, geladen und feuerbereit.

Die Schaluppen waren ebenfalls mit Drehbassen bestückt.

Sie segelten von Back- und Steuerbord auf. Zwei weitere folgten seitlich versetzt achtern im Kielwasser.

Einer der Schaluppenführer auf der Backbordseite segelte bis auf Schußweite heran, ein zweiter folgte, während die im Kielwasser hängenden Schaluppen weiter auf segelten.

Auf der „Holy Virgin“ waren die Geschützführer gezwungen, auf eine der Schaluppen das Feuer zu eröffnen, und zwar auf jene, die sich etwas weiter vorgewagt hatte und sich offensichtlich als Köder anbot.

Die beiden achteren Drehbassen wurden hin und her geschwenkt. Dann hatten sie ihr Ziel erfaßt.

Eine grellgelbe Feuerlanze zuckte aus dem Rohr. In dem tobenden Lärm des Schusses wölkte Qualm auf. Durch die Luft fuhr ein Hagel aus Eisen und grobgehacktem Blei.

Als die zweite Drehbasse feuerte, lief die Schaluppe bereits ab. Der tödliche Hagel verpuffte wirkungslos im Meer, wo überall winzige Fontänen aufstiegen.

Noch in der Absetzbewegung feuerte das zweite Rohr. Erneut zuckte aus dem Achterdeck ein Blitz auf. Der Donner folgte sofort danach.

Auf der „Bleiente“ wurde in fieberhafter Eile nachgeladen, doch den kurzen Augenblick nutzten die anderen Schaluppen, um noch dichter aufzusegeln.

Der Verband zog weiter, bis auf eine Kriegsgaleone, die schwerfällig aus dem Kurs schor. Sie wirkte in ihrer Größe imponierend, zumal auch aus den offenen Stückpforten die dunklen Schlünde zahlreicher Kanonen herausragten. Aber die Spanier wußten, daß dieses schwerfällige Ungetüm nicht viel ausrichten konnte. Den Schaluppen gegenüber war die Kriegsgaleone eindeutig im Nachteil. Bis sie ein Manöver vollzogen hatte und ihre Breitseiten zum Einsatz bringen konnte, waren die wendigen Schaluppen längst auf und davon.

Diese lästigen Plagegeister waren für Drakes Verband ein Ärgernis, das leider nicht aus der Welt zu schaffen war. Siebenundzwanzig Schiffe, darunter sechs Kriegsgaleonen, mußten vor einem wesentlich schwächeren Gegner Reißaus nehmen, denn dieser Gegner verteilte empfindliche Nadelstiche und war kaum zu packen.

Auf den beiden im Kielwasser hängenden Schaluppen wurde der Feuerbefehl für die Drehbassen gegeben. Drüben waren die Engländer immer noch mit dem Nachladen beschäftigt.

Da krachte es wieder. Viermal hintereinander donnerte brüllend und heulend ein Eisenhagel über das Wasser.

Auf der „Holy Virgin“ zogen sie fluchend die Köpfe ein, als Blei und Eisenbrocken heranjaulten. Die Geschützführer gingen hinter dem Schanzkleid in Deckung und lauschten den prasselnden Einschlägen, die das Achterkastell trafen. Die Bleiglasfenster der Kapitänskammer gingen klirrend zu Bruch. Holz splitterte, im Besansegel ratschte es, als kleine Bleibrocken hineinschlugen und das Tuch durchlöcherten.

Der aus Norden wehende Wind tat ein übriges, um das Besansegel zu zerfetzen. Innerhalb kurzer Zeit hing es in Streifen am Liek. Sofort nach dem Feuern setzten sich die beiden Schaluppen ab und fielen etwas zurück.

Auf der englischen Galeone fluchten sie erbittert. Die Drehbassen waren nachgeladen und feuerten wieder. Diesmal auf die Schaluppe an Backbord. Explosionen hallten über die See, eine dunkle Wolke aus Qualm zog über die Schaluppe hin.

„Treffer!“ brüllten die Spanier. Sie rissen die Arme hoch, als Holzsplitter aus dem Achterkastell flogen, und die Engländer erneut in Deckung gingen.

Sie feuerten zwar zurück, doch beide Schüsse donnerten dicht vor der Schaluppe harmlos ins Meer.

So schnell wie ein Windhund war jetzt die andere einmastige Schaluppe am Gegner. Sie war nicht viel größer als ein mittleres Beiboot und konnte zusätzlich noch gerudert werden. Dadurch war sie besonders schnell und wendig.

Sie hetzte heran. Beide Drehbassen spuckten Feuer und Rauch. Auf der „Holy Virgin“ warf der Rudergänger die Arme hoch und stieß einen lauten Schrei aus. Die „Holy Virgin“ schickte sich an, in den Wind zu schießen, doch da war der Kapitän schon zur Stelle. Für ein paar Augenblicke übernahm er das Ruder selbst, dann übergab er es an den Zweiten Offizier, der auf dem Achterdeck erschien.

„Diese giftigen Kröten!“ schimpfte er. „Sie sind nicht zu fassen. Sie manövrieren heran, feuern und setzen sich sofort danach ab. Gleichzeitig tauchen die nächsten auf. Sehen Sie nach, was mit dem Rudergänger passiert ist, Mister Driscill.“

Driscill war der Feldscher an Bord und gleich auf dem Achterdeck erschienen, als er den Schrei gehört hatte. Jetzt kümmerte er sich um den Mann, der auf den Planken lag. Aus seinem rechten Oberarm tropfte Blut und färbte das Leinenhemd dunkelrot. Er biß sich vor Schmerz auf die Lippen.

„Nicht weiter schlimm, Sir“, meldete Driscill nach der kurzen Untersuchung. „Eine Fleischwunde, sehr schmerzhaft und unangenehm. Als Rudergänger wird er vorläufig ausfallen.“

„Dann bringen Sie ihn nach unten.“

Der verletzte Rudergänger wurde unter Deck gebracht. Der Kapitän sah mit zusammengepreßten Lippen der Blutspur nach, die sich über das Deck zog. Dann drehte er sich ruckartig um.

An den Drehbassen standen die Geschützbedienungen und warteten auf den Feuerbefehl.

„Noch eine halbe Schaufel Pulver nachladen“, befahl der Kapitän. „Dann nehmen Sie den Bastard achtern unter Feuer, der im Kielwasser hängt.“

Das Erhöhen der Pulverladung für die kleinen Drehbassen war riskant, denn es konnte passieren, daß eine Drehbasse auseinanderflog. Aber der Kapitän wollte es diesen Dons zeigen und nicht ständig wie ein Opferlamm vor der Schlachtbank stehen.

Inzwischen hingen sechs Schaluppen um sie herum. Der Zweite wandte nervös den Kopf und sah, wie die giftigen Hornissen immer näher aufsegelten. Sie waren fast wieder auf Schußweite heran. Sechs weitere Schaluppen bildeten die zweite Welle, die sofort vorpreschen würde, sobald die ersten gefeuert hatten. Die drei restlichen Schaluppen segelten weit auseinandergezogen mit der „Holy Virgin“ auf gleicher Höhe, hüteten sich aber, in den Bereich der weitertragenden Culverinen zu gelangen.

Der Kapitän sah das mit Zähneknirschen.

„Feuer frei!“ rief er gepreßt.

Der Knall war ohrenbetäubend. Das Schanzkleid zitterte, als Blei und Eisen aus den Rohren jagten.

Trotz der erhöhten Pulvermenge war der Erfolg dürftig. Es hagelte kleine Brocken in das Segel, das jetzt zahlreiche Löcher aufwies, aber nicht zerfetzte. Weitere kleine Brocken fetzten Splitter aus dem Holz, und offenbar war ein Spanier getroffen worden. Der Mann krümmte sich zusammen und kniete anschließend auf den Planken.

Jetzt folgte wieder das, was den englischen Kapitän so nervte. Noch während seine Männer mit dem Nachladen beschäftigt waren, jagte die nächste Schaluppe heran und näherte sich auf Schußweite. Das war der kritische Augenblick, in dem sie völlig hilflos waren.

Noch einmal schluckte die „Holy Virgin“ Blei und Eisen, das über das Achterdeck prasselte.

Aber da änderte sich ganz überraschend das Bild und damit auch die Situation.

Aus einer Bucht schob sich unerwartet und plötzlich eine schlanke dreimastige Galeone hervor. Sie lief unter vollen Segeln mit dem Nordwind.

Der Kapitän und seine Männer starrten verwundert zu ihr hinüber. So ein Schiff hatten sie noch nie gesehen. Sie bemerkten auch, daß die anderen Kapitäne und Mannschaften jetzt aufmerksam wurden. Das Schiff war wirklich ungewöhnlich. Im Topp seines Großmastes flatterte eine schwarze Flagge. Auf dem Tuch waren zwei gekreuzte Säbel zu erkennen. Die Stückpforten der Galeone waren geöffnet, alle Kanonen ausgerannt.

Drohend, unheimlich und überraschend erschien das Schiff.

„Was ist das?“ fragte ächzend der Zweite Offizier. Völlig entgeistert blickte er auf die Galeone.

„Ich – ich weiß nicht. Der Flagge nach zu urteilen könnten das Korsaren sein, aber ich habe diese Flagge noch nie gesehen.“

„Die Bauweise entspricht nicht dem spanischen Galeonentyp“, sagte der Zweite verunsichert. „Sie ist sehr rank gebaut. Die Dons bauen plumper und schwerfälliger.“

Der Kapitän nickte. Während er noch überrascht zu dem fremden Schiff blickte, sah er, daß die Galeone ein wenig den Kurs änderte und jetzt genau in den Verband der Schaluppen hineinstieß. Wie ein selbstmörderischer Angriff sah das aus.

Die schlanke Galeone verwandelte sich unmittelbar darauf in ein feuerspeiendes Ungetüm. Von ihrem Vor- und Hauptmars lösten sich rauchende und glühende Pfeile, die zielsicher über das Wasser stachen. Gleichzeitig mit den rauchenden Feuerlanzen torkelten flaschenähnliche Gebilde durch die Luft. Sie rauchten ebenfalls stark und senkten sich über die Schaluppen.

Dann begann sich die Hölle aufzutun.

2.

Einige Zeit vorher.

Die Beratung beim Bund der Korsaren an der Cherokee-Bucht war etwas frostig ausgefallen. Es ging um die Frage, ob man Sir Francis Drake – bei aller Distanz ihm gegenüber – zu Hilfe kommen solle.

Die Diskussion darüber wurde erbittert geführt, weil Hasard den Standpunkt vertrat, man müsse ihm schon aus rein strategischen Erwägungen helfen, denn der gemeinsame Gegner sei Spanien. Persönliche Animositäten dürften in dem Fall keine Rolle spielen, denn es handele sich ja auch um den Schutz englischer Landsleute.

Seine Argumente stießen jedoch bei einigen auf taube Ohren. Sie hatten von Drake so viel Übles erfahren, daß sie es glatt ablehnten, ihm Unterstützung zu gewähren. Außerdem wäre es wieder einmal typisch für Drake gewesen, die „Empress“ aufzubringen und zu beschlagnahmen. Das war der ausschlaggebende Punkt, den die meisten vertraten.

Hasard brachte weitere Argumente ins Spiel und verwies auf die Maßnahmen der Spanier, ihren Besitz im Karibischen Raum noch stärker abzusichern und zu verteidigen. Diese Entwicklung war besorgniserregend und sollte aufmerksam verfolgt werden.

Würde also der Admiral eine Niederlage erleiden, dann stärke das die Position der Spanier in der Neuen Welt und würde sich gegen alle auswirken, die hier in Freiheit lebten – folglich auch gegen den Bund der Korsaren.

Die Rote Korsarin und der Wikinger vertraten gegenteilige Ansichten und waren der Meinung, daß Drake die Suppe gefälligst selbst auszulöffeln habe, die er sich eingebrockt hätte. Sie jedenfalls hätten keine Lust und seien nicht dazu da, für Drake das Kindermädchen zu spielen. Für sie war der Admiral als Bundesgenosse untragbar.

Da auch weitere Argumente auf Ablehnung stießen und weder Siri-Tong noch der Wikinger „großräumig“ dachten, war das Thema für Philip Hasard Killigrew abgehakt.

Er selbst war fest entschlossen, in den südwestlichen Teil der Karibik zu segeln, um die Landsleute im Kampf gegen die Spanier zu unterstützen. Seine Arwenacks standen geschlossen hinter ihm, was von den anderen Kapitänen auch respektiert wurde.

So war die „Isabella“ am 25. November 1595 in See gegangen, nachdem noch eine brausende Feier in Old Donegals neuer „Rutsche“ gestiegen war.

Vierunddreißig Mann waren unterwegs, um den englischen Kampfverband unter Admiral Sir Francis Drake zu unterstützen.

Die Bucht, in der die „Isabella“ lag, war weder von den Engländern noch von den Spaniern einzusehen. Die Ausgucks der ranken Galeone verfolgten jedoch ungesehen alles, was sich abspielte, und meldeten es dem Seewolf.

Hasard hatte seine strategischen Überlegungen längst mit den anderen abgesprochen, als ihm der flüchtende Verband und die fünfzehn ihn verfolgenden Schaluppen gemeldet wurden.

„Es steht schlecht um die Engländer“, sagte Hasard. „Sie scheinen demoralisiert zu sein. Einerseits dürfte das noch auf den Tod von Hawkins zurückzuführen sein, andererseits auf die erbärmliche Niederlage, die sie erlitten haben. Drake ist nicht der Mann, der das so gelassen hinnimmt. Er hat noch keine nennenswerten Niederlagen erlitten, aber diese Sache wird an ihm nagen und fressen, wird ihn noch erbitterter werden lassen. Ich bin der festen Überzeugung, daß wir richtig handeln, wenn wir ihm helfen.“

Die umstehenden Männer nickten zustimmend. Der Tod des Admiral Hawkins hatte auch sie überrascht und erschüttert, und so konnten sie sich gut in die Lage Drakes versetzen. Bei Hawkins hatte seine Seefahrerlaufbahn ihren Anfang genommen, die Familien Drake und Hawkins waren miteinander verwandt, und sie hatten die spanische Armada besiegt.

Jetzt wollten sie wieder gemeinsam zu einem mächtigen Schlag gegen Spanien ausholen – und nun hatte der Tod ganz überraschend zugeschlagen. Der Himmel mochte wissen, welche Gedanken Sir Francis Drake augenblicklich bewegten.

„Er wird Hilfe bitter nötig haben“, sagte Don Juan de Alcazar, der sich zusammen mit Piet Straaten, Jan Ranse, den beiden Dänen Nils Larsen und Sven Nyberg, Le Testu, Montbars und den Zwillingen ebenfalls an Bord der „Isabella“ befand. „Fünfzehn Schaluppen sitzen einer demoralisierten Truppe im Genick, und sie sind kaum in der Lage, die jetzt bald folgenden Angriffe wirkungsvoll abzuwehren. Es fragt sich nur, ob Francis Drake von unserer Hilfe begeistert sein wird“, fügte er mit einem bitteren Lächeln hinzu. „Mittlerweile ist mir dieser Mann so bekannt, als hätte ich schon hundertmal mit ihm gesprochen.“

Das Lächeln des Seewolfs war ebenso knapp und spärlich.

„Er ist ein alter Haudegen, Juan, und du kennst unser distanziertes Verhältnis zu ihm. Er wird ganz sicher nicht jedem einzelnen vor Begeisterung die Hände schütteln wollen. Aber darauf lege ich auch keinen Wert, schließlich geht es nicht um Drake, sondern um etwas anderes. Persönliche Gefühle sind hier fehl am Platz. Wir helfen nicht einem alten, störrischen und verbitterten Mann, wir helfen unseren Landsleuten und schließlich uns selbst. Genaugenommen kämpfen wir um unsere Freiheit und um die vieler anderer.“

Don Juan, der einzige Spanier an Bord der „Isabella“ nickte. Er hatte sich längst von seinen Landsleuten getrennt und alle Brücken hinter sich abgebrochen. Er war aus Überzeugung beim Bund der Korsaren, seit er erkannt und begriffen hatte, was seine Landsleute in der Neuen Welt trieben.

„Der Verband dürfte unsere Bucht in etwa einer halben Stunde passieren“, meldete Dan. „Die Dons sind dabei, die ersten Angriffe auf die Nachzügler zu fahren.“

„Die alte und bewährte Taktik“, sagte Hasard. „Gut, wir haben alles besprochen. Sind alle Geschütze gefechtsklar?“

„Alles ausgerannt, geladen und feuerbereit“, sagte der Waffen- und Stückmeister Al Conroy.

„Dann werden Shane und Batuti jetzt ihre Positionen auf dem Vor- und Hauptmars einnehmen. Wir haben Wind aus Norden und werden überraschend auftauchen, um wie der Blitz über die Schaluppen herzufallen. Die dafür eingeteilten Männer beziehen ihre Positionen an den Abschußgestellen für die Flaschenbomben. Shane und Batuti decken die Dons mit Brand- und Pulverpfeilen ein. Der Angriff muß ganz plötzlich erfolgen, nur dann werden wir auch einen Erfolg verbuchen. Noch Fragen?“

„Keine mehr“, sagte Ben Brighton stellvertretend für alle. „Welche Flagge heißen wir vor? Das ist die einzige Frage.“

„Das ist keine Frage – unsere natürlich.“

„Habe ich mir gedacht“, sagte Ben lächelnd. „Der alte Haifisch soll noch etwas zum Grübeln haben, nicht wahr?“

„Falls du Drake mit dem alten Haifisch meinst, dann stimmt das, obwohl ich sicher bin, daß er nicht allzu lange grübeln wird.“

Donner war jetzt auf See zu hören. Es rumpelte laut, dazwischen hörten sie es laut und vernehmlich krachen und bersten.

„Die Schaluppen greifen eine nachhinkende Galeone an“, wurde vom Ausguck gemeldet.

„Was unternimmt Drakes Verband dagegen?“ wollte Hasard wissen.

„Eine Galeone schert aus, aber sie ist viel zu langsam. Gegen die wendigen Schaluppen hat sie keine Chance, die Geschütze zum Einsatz zu bringen.“

„Das war vorauszusehen. Wir setzen jetzt die Segel und heißen die Flagge vor. Anker hieven und auf Stationen!“

Von nun an ging alles blitzschnell. Tausendfach geübte Handgriffe wurden wie im Schlaf ausgeführt. Jeder Griff saß.

Pete Ballie hatte seinen Platz als Gefechtsrudergänger eingenommen. Al Conroy stand bei den Geschützen.

Nicht lange, und die „Isabella“ stand unter Vollzeug. Der Anker hing tropfend unter dem Kranbalken.

Der Unterschied wurde sofort spürbar, als sich die „Isabella“ in Bewegung setzte. Die Planken vibrierten, die Bugwelle begann zu rauschen, und achtern stiegen im Kielwasser kleine Bläschen auf, die langsam zu einer schaumigen Bahn wurden. Die Segel füllten sich immer mehr. Im blendenden Nachmittagslicht der Sonne glitzerte das Meer. Am Rumpf sprühte der erste Gischt hoch.

„Wir stoßen mitten zwischen die Schaluppen“, sagte Hasard zu Pete Ballie, dessen mächtige Pranken das Ruder umklammerten, als müßten sie es zerbrechen.

Der Rudergänger nickte. Sein Gesicht war kantig und hart, sein Blick voll aufs Wasser konzentriert.

Immer schneller werdend, schoß die „Isabella“ aus der Bucht und nahm Kurs auf die Meute, die sich ins Kielwasser der Galeone gehängt hatte, um sie zu rupfen. Ein paar Federn hatte sie schon gelassen.

Von See her zuckten Blitze auf, das Belfern der Drehbassen wurde lauter und heller. Kleine Pulverwölkchen erschienen aus den Geschützen. Der aus Norden wehende Wind verwehte sie jedoch rasch und trieb sie in langen Streifen davon.

Im Großmars hatte Batuti bereits den ersten Brandpfeil auf der Sehne seines Langbogens. Big Old Shane war ebenfalls feuerbereit. Seine mächtigen Arme spannten den gewaltigen Bogen mit unglaublicher Kraft.

„Feuer frei bei Zielerfassung!“ rief der Seewolf.

Von da an begann für die Spanier ein denkwürdiger Tag.

Aber auch die Engländer vergaßen ihn nicht. Den einen erschien dieses feuerspeiende Ungeheuer wie ein rettender Engel. Den anderen war es ein Vorbote der Hölle, der mit Feuer, Rauch und Schwefel die Vernichtung und den Tod brachte.

Die ersten Brand- und Pulverpfeile stachen los. Sie zogen lange Rauchschwänze hinter sich her, glühten einmal kurz auf und senkten sich mit unglaublicher Präzision auf die ersten Schaluppen.

Augenblicke später flackerten dort winzige Brände auf. Aber das war erst der Auftakt. Gleichzeitig wurden die Flaschenbomben aus den Gestellen abgefeuert, die torkelnd durch die Luft flogen, unbeholfen wirkend, aber doch ihr Ziel treffend. Wo sie an Deck fielen, krepierten sie unter lautem Getöse und verstreuten ihren Inhalt, der aus Bleibrocken, Eisenstücken, Nägeln und Scherben bestand. Die Wirkung der Flaschenbomben war verheerend.

Die „Isabella“ hielt mitten auf das Geschwader zu.

Dann sprachen die Drehbassen. Das dämonische Aufkreischen von wirbelnden Blei- und Eisenbrocken übertönte alles, selbst das Ratschen zerfetzender Riggs, herabgerissener Taue und das Splittern von Holz.

Übertönt wurde das berstende Krachen nur noch von dem fürchterlichen Gerumpel der Culverinen, die Schuß um Schuß ihre Brocken mitten in die Phalanx der Schaluppen jagten.

Hier und dort bäumte sich ein Ein- oder Zweimaster wild auf, als die Eisenkugeln ihn buchstäblich in Stücke hieben.

Eine Schaluppe wurde von zwei berstenden Einschlägen zur Seite geworfen und kenterte in einem mächtigen Vorhang aus aufschäumender Gischt. Eine in der Pulverkammer erfolgende Explosion zerriß sie in tausend kleine Stücke.

Die „Isabella“ spie nach allen Seiten Rauch und Feuer. Immer wieder zuckte es im Vor- und Graßmars auf, wenn sich die glühenden Pfeile in ihr Ziel bohrten. Grelle Entladungen stachen aus dem Deck hervor.

Das Rumpeln zurückfahrender und von den Brooktauen aufgefangener Stücke wurde lauter.

Ein gewaltiger, feuerspeiender Dämon tobte über die See, eingehüllt in grelle zuckende Blitze, umweht von Pulverqualm und Rauch.

Der Seewolf sah mit starren Blicken zu den Schaluppen, deren Kapitäne von dem Angriff völlig überrascht waren. Er erkannte entsetzte Gesichter, sah Männer, die sich bekreuzigten, blickte auf offene Münder, die nichtbegreifend das Schiff anstarrten, das im ersten Augenblick auf sie wie eine Erscheinung aus einer anderen Welt wirkte.

Feuerspeiend, einen Eisenhagel nach dem anderen von sich schleudernd, näherte es sich in rascher Fahrt, die Segel prall gefüllt vom Nordwind – eine unaufhaltsame Feuerwalze, die erbarmungslos alles vernichtete, was auf ihrem Kurs lag.

Im wilden Donner der brüllenden Geschütze brandete ein Ruf aus vielen Kehlen auf.

„Ar-we-nack – Ar-we-nack!“

Der Ruf war noch nicht richtig verhallt, als eine ganze Breitseite auf der „Isabella“ abgefeuert wurde. Geschütz um Geschütz schickte unter lautem Getöse eine Kugel nach der anderen in die splitternden Rümpfe der Schaluppen.

Von der Seite her blickte Hasard zu Don Juan de Alcazar. Der hochgewachsene sehnige Spanier blickte verkniffen auf die Gefechts-Szene. Seine Lippen waren schmal, um die Mundwinkel hatten sich zwei scharfe Falten eingegraben. Sie waren wie mit dem Messer gezogen.

Hasard erkannte die innerliche Aufgewühltheit des Mannes, der seine Gefühle zu verbergen versuchte.

„Es geht nicht anders“, sagte Hasard hart.

Don Juan räusperte sich. Sein Blick war immer noch dahin gerichtet, wo Trümmer durch die Luft flogen, Rauch und Feuer aufwallte.

„Ich bin freiwillig beim Bund der Korsaren“, sagte er, wobei sich seine Lippen kaum bewegten.

„Ja, das bist du.“

Seine Worte verwehten im weiteren Splittern von Masten und Gaffeln, dem Knistern brennender oder auflohender Segel und den infernalischen Explosionen auf den getroffenen Schiffen.

Vor dem Bug der „Isabella“ kreuzte eine Zweimastschaluppe auf. Sie war nur noch vierzig, fünfzig Yards entfernt. Ein paar restlos genervte und entsetzte Spanier waren dabei, die Drehbassen auszurichten.

Die Bewegungen kamen dem Seewolf unendlich langsam vor, als seien die Dons vor Angst gelähmt.

Er warf dem Rudergänger Pete Ballie nur einen kurzen Blick zu. Sein abgewinkelter Daumen war dabei auf die Schaluppe gerichtet. Worte bedurfte es dabei nicht.

Pete Ballie hielt Kurs auf den Zweimaster. Die „Isabella“ raste wie ein Rammbock darauf zu, als die Schaluppe ihr die Backbordseite zuwandte.

Der Bug fraß sich wie ein glühendes Schwert in die Bordwand, zerteilte sie mühelos, fraß sich hindurch und zerschnitt den Zweimaster unter infernalischer Geräuschentwicklung. Die beiden Masten klappten gegeneinander, zwei Schiffshälften hoben sich. Zurück blieb ein einziger Trümmerhaufen aus Holz und Tauwerk.

Brüllende Männer sprangen in die See, als säße ihnen der Teufel persönlich im Nacken.

Achteraus soffen zwei Schiffshälften ab und gingen in einem wirbelnden Riesentrichter aus Trümmern, Segelfetzen und scheinbar kochendem Wasser auf Tiefe. Das Rumpeln war noch zu hören, als beide Schiffshälften auf dem Grund aufschlugen.

Der mörderische Kampf ging weiter.

Der Kommandant des Schaluppenverbandes, Don Ernesto de Valetas, sah die schnell heransegelnde Galeone als erster, als sie unvermittelt aus der Bucht auftauchte und sofort Kurs auf die spanischen Schiffe nahm.

Im ersten Augenblick hatte er keine Erklärung zur Hand. Er war auch nicht in der Lage, das Schiff und die sofort darauf entstehende Situation richtig einzuschätzen. Es ging auch alles viel zu schnell.

Während er noch zu der schwarzen Flagge mit den gekreuzten Säbeln blickte, erkannte er kleine Rauchschwänze, die von der Galeone herüberstachen. Weiter sah er, daß sich das Schiff mit einer geradezu beängstigenden Geschwindigkeit näherte. Es kam wie ein plötzliches Unwetter auf und fuhr auch genauso zwischen sie.

„Was, bei allen Heiligen, ist das?“ fragte er betroffen. „Hast du so einen Feuerspucker schon mal gesehen, Miguel?“

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