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Der schweizerische Robinson

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»Oh«, sagte da Ernst, »wir können ja Muscheln nehmen.« – »Gut, gut«, sagte ich, »das nenn‘ ich doch einen Gedanken! Geh und hole von den Austern! Aber ekel dürfen wir nicht sein, es werden Finger genug in die Suppe getunkt werden, da wir an diesen Löffeln keine Stiele haben.« Jack lief, Ernst ging sachte nach, und Jack stand bis an die Knöchel im Wasser, ehe der andre zur Stelle kam. Emsig sammelte Jack und warf dem Bruder, der immer noch die Nässe scheute, flugs ganze Haufen von Austern zu. Nebenbei steckte Ernst eine große leere Muschelschale in die Tasche, und endlich kamen beide mit vollen Schnupftüchern zurück. Jetzt hörten wir Fritz in der Ferne rufen, und mit froher Stimme gaben wir Antwort. Er kam mit freudig erregtem Gesicht und erzählte dann, daß er jenseits des Baches gewesen sei. »Wie viele Fässer«, rief er, »wie viele Kisten, Hölzer und Sachen liegen dort! Wollen wir sie nicht auffischen? Wollen wir nicht morgen auf das Schiff, um auch dort zu retten? Holen wir nicht das Vieh? Schaffen wir nicht wenigstens die Kuh hieher? Der Zwieback in Milch wäre doch nicht so hart! Drüben ist Gras zum Weiden und ein Wäldchen, wo wir im Schatten wären! Warum bleiben wir noch hier auf der öden, unfruchtbaren Küste?«

»Geduld! Geduld!« antwortete ich. »Alles hat seine Zeit, Freund Fritz! Morgen ist auch ein Tag, und der wird auch seine Plage haben. Vor allem sage mir, hast du keine Spur von unsern Gefährten entdeckt?«

»Auch nicht die mindeste von irgendeinem Menschen«, sagte er, »weder zu Land noch in der See.«

Indes wir so schwatzten, bemühte sich Jack, mit dem Messer eine Auster zu öffnen. Aber mit allen Grimassen, die er schnitt, und mit all seinen Kräften konnte er sie nicht bezwingen. – Ich lachte und ließ alle zugleich auf die glühenden Kohlen legen, wo sie bald von selbst sich öffneten. »Wohlan, Kinder«, sagte ich, »laßt uns einen der schätzbarsten Leckerbissen verwöhnter Gaumen schmecken!« Damit aß ich, nicht ohne Widerwillen, die erste. Verwundert riefen die Knaben: »Aber Austern schmecken ja vortrefflich, herrlich!« Ich erwiderte, daß ich niemand seinen Geschmack abstreite, für mich aber nur zur Not davon möge; und jetzt, als die Jungen das ekle Aussehen der Tiere näher betrachteten, fing ihnen ordentlich an zu grauen. Jeder indes mußte sein Stück abtun, wenn er einen Löffel haben wollte, und so wagte Jack die Heldentat zuerst und verschlang die seine wie Arznei, während er sich schüttelte. Bald folgten die übrigen seinem Beispiel, erklärten die Austern für ein herzlich schlechtes Gericht und fuhren schnell mit den geleerten Schalen in den vollen Suppentopf. Aber alle verbrannten sich die Finger, und jeder rief in eignem Tone sein Ach und sein Weh! Da zog Ernst die große Muschel hervor, schöpfte sich behutsam eine gute Portion darein und lachte die andern aus, daß er nun sogleich gekühlte Suppe haben werde.

»Du hast nicht übel für dich gesorgt«, bemerkte ich; »nur hättest du auch für uns solche Teller schaffen sollen.«

»Ja«, sagte er, »es lagen dort noch genug herum.« – »Eben das ist‘s«, sprach ich, »was ich an dir tadeln muß, daß du immer nur an dich selber denkst. Du verdienst, daß deine Selbstsucht gestraft und deine Suppe unsern Bedienten hingestellt werde; ich meine, hier den beiden Doggen. Du magst warten, bis auch wir gewöhnlichen Menschen mitspeisen können.«

Mein Verweis griff doch dem Jungen an das Herz, und ganz gehorsam stellte er seine Schüssel den Tieren hin. Die waren denn auch im Augenblicke fertig damit.

Bald nach unserer Mahlzeit neigte sich die Sonne zum Untergang. Das Federvieh versammelte sich nach und nach um uns her und las die abgefallenen Brocken auf. Meine Frau, die es bemerkte, nahm ihren geheimnisvollen Sack hervor und fing an, es mit Wicken, Erbsen und Hafer zu füttern, indem sie mir auch andere Gartensamen zeigte, die sie mitgenommen hatte. Ich pries ihre Sorge und mahnte nur, mit all diesem Vorrate, der uns zur Aussaat nützen könne, sparsam umzugehen und das Geflügel lieber mit dem verdorbenen Zwieback zu füttern, den wir vom Schiffe noch holen wollten. Unsere Tauben flogen endlich fort in nahe Felsspalten. Die Hühner setzten sich der Reihe nach auf den First des Zeltes, und die Gänse mit den Enten schnatterten hinweg in eine buschige Stelle am sumpfigen Ufer der Bucht. Auch wir schickten uns jetzt zur Ruhe an und luden zur Vorsicht unsere Gewehre und Pistolen, die wir in Bereitschaft legten. Darauf verrichteten wir gemeinschaftlich unser Abendgebet, und mit dem letzten Sonnenstrahl schlichen wir in das Zelt, wo wir eng aneinandergedrängt uns trostvoll zur Ruhe legten.

Ich schaute noch einmal aus dem Zelt, ob alles ruhig sei, und heftete dann den Eingang zu. Der Hahn, vom aufgehenden Mond erweckt, krähte uns ein Abendlied, und ich legte mich nieder. So heiß aber der Tag gewesen, so kalt wurde die Nacht, und wir mußten uns fest aneinanderschließen, wenn wir uns erwärmen wollten. Ein süßer Schlaf begann sich rings auf meine Geliebten hinzulagern, und so ernstlich ich selber wachen wollte, bis etwa die Mutter vom ersten Schlummer sich ermuntern würde, so schnell sanken doch auch mir die müden Augenlider zu, und friedlich schliefen wir alle die erste Nacht auf dem Lande der glücklichen Rettung.

Kaum war der Morgen angebrochen, so weckte mich wieder das Geschrei unseres Hahns, und sogleich ermunterte ich meine Frau, um vor allem in der Stille Rat zu halten, was nun weiter anzufangen sei. Wir wurden bald einig, daß wir uns vorerst nach unsern Gefährten umsehen und dann die Beschaffenheit des Landes erkunden müßten, bevor wir einen wesentlichen Entschluß fassen könnten. Meine Frau begriff indessen wohl, daß eine Reise zu diesem Zwecke sich nicht mit der ganzen Familie anstellen ließe, und ergab sich in den Vorschlag, daß Ernst und die Kleinen bei ihr verblieben, und Fritz als der Rüstigste mit mir auf Entdeckungen zöge. Ich mahnte sie darauf, uns ein Frühstück zu bereiten, und sie schickte sich mit der Bemerkung dazu an, daß es schmale Bissen absetzen würde, weil zu nichts als wieder zu einer Suppe Vorrat sei.

Fritz mußte nun Gewehr und Jägertaschen und ein Handbeil herbeischaffen, ich hieß ihn auch ein paar Sackpistolen mit Zubehör in den Gürtel stecken, während ich mich selbst auf ähnliche Weise zu rüsten begann und für Zwieback samt einer mit Wasser gefüllten Blechflasche sorgte. Bald darauf rief uns die Mutter zum Frühstück. Sie hatte unterdessen Jacks Krebs gesotten; aber er kam uns allen so hart und unschmackhaft vor, daß uns viel auf die Reise übrigblieb und niemand scheel sah, als wir den Rest in unsere Taschen packten. Doch waren wir alle satt geworden; denn das Tier war bedeutend größer und hatte ein viel derberes, nahrhafteres Fleisch als die Flußkrebse. Fritz ermahnte nun aufzubrechen, ehe die Sonne zu glühen beginne.

Ich wies die Kleinen sämtlich an, auf die Mutter zu sehen und ihr in allen Stücken gehorsam zu sein. Dann erinnerte ich sie, auf jeden Fall die Flinten zur Hand zu halten und immer in der Nähe des Tonnenschiffes zu bleiben, welches zur Verteidigung oder Flucht das tauglichste Mittel böte. Hiemit rissen wir uns rasch voneinander los, nicht ohne Schmerz und große Bangigkeit, da wir nicht wissen konnten, was uns auf dieser unbekannten Küste vielleicht bedrohe. Zu unserm eigenen Schutze nahmen wir aber unsern treuen Türk als starken Begleiter mit.

Das Ufer des Baches war an beiden Seiten so felsig, daß nur unten am Ausfluß ein schmaler Zugang von unserer Seite offen blieb, gerade da, wo wir uns bisher Wasser geholt hatten. Ich freute mich, meine Zurückgelassenen auch von dieser Seite so ziemlich gesichert zu sehen, denn auf der andern waren sie es durch senkrechte Klippen so sehr, als ich nur wünschen konnte. Wir mußten, um über den Bach zu gelangen, aufwärts bis da, wo er von der Felswand herunterfiel und wo hin und wieder Steine aus seinem Bette hervorragten, über die wir endlich durch gewagtes Springen noch trocken genug hinüberkamen. Mit saurer Mühe wanden wir uns jetzt durch hohes, von der Sonne halbgedörrtes Gras hindurch und strebten am jenseitigen Ufer des Baches wieder abwärts an den Strand des Meeres zu kommen, wo wir in unserm Marsch doch weniger Hindernisse zu finden hofften.

Wirklich kamen wir schnell vorwärts und hatten jetzt nahe zu unsrer Linken das Meer, zur Rechten aber, etwa eine halbe Stunde von uns entfernt, die fortgesetzte Felswand, die sich von unserm Landungsplatze aus mit dem Ufer in gleicher Linie neben uns hinzog und auf ihrer Höhe mit lachendem Grün und einer großen Mannigfaltigkeit von Bäumen prangte. Der Raum zwischen der Felsenreihe und dem Meer war teils mit hohem, halbdürrem Grase bewachsen und teils mit kleinen Wäldchen besetzt, die sich mitunter oben bis an die Flühe, unten bis an die See erstreckten.

Wir hielten uns sorgfältig an den Strand und sahen fleißiger nach dem Meere, als daß wir uns an der Schönheit des Landes geweidet hätten, indem wir hoffen konnten, vielleicht die Boote mit unsern Gefährten zu erblicken. Gleichwohl säumten wir nicht, auch am Ufer nach Fußstapfen oder ähnlichen Menschenspuren zu forschen, ohne jedoch das mindeste entdecken zu können.

Schweigend, ein jeder in sich gekehrt, wanderten wir fort, bis wir nach einem gut zweistündigen Marsch endlich, etwas weiter vom Meere entfernt, ein Wäldchen erreichten. Hier machten wir halt und erquickten uns in dem kühlenden Schatten an einem klaren Bächlein, das neben uns herrieselte. Rings um uns hin flogen, scherzten, schwirrten mannigfaltige Gattungen uns unbekannter Vögel, die sich jedoch mehr durch prächtige Farben als durch anmutige Stimmen auszeichneten. Fritz wollte auch zwischen Laub und Ästen etwas Affenähnliches entdeckt haben; und in der Tat fing zur Bestätigung Türk an unruhig zu werden und zu bellen, daß Wald und Feld erklang. Fritz schlich herum, seine Vermutung zu bekräftigen, und stolperte, während er aufwärts lauschte, zuletzt so tüchtig über einen runden Körper hin, daß er beinahe den Boden geküßt hätte. Verdrießlich hob er das Ding auf und brachte es mir mit der Bemerkung, daß es wohl ein rundes Vogelnest sei. – »Warum nicht gar!« sagte ich, »eine Nuß ist es, und zwar eine Kokosnuß.« – »Aber es gibt doch Vögel, die runde Nester bauen«, bemerkte Fritz. – »Allerdings«, erwiderte ich; »nur solltest du nicht flüchtig auf den ersten Anblick hin ein rundes faseriges Ding für ein solches angesehen haben. Erinnerst du dich nicht, daß wir gelesen haben, die Kokosnuß sei in ein Bündel von Fasern eingehüllt, die durch eine dünne zerbrechliche Haut zusammengehalten werden? Bei der deinigen hier ist diese Haut verwittert, und darum siehst du die Fasern so struppig herausstehen. Jetzt wollen wir sie vollends wegschneiden, und du wirst die harte Nuß darunter finden.« Es geschah; die Nuß wurde aufgeschlagen und nichts als ein verdorbener Kern darin gefunden, der gänzlich ungenießbar war.

 

»Aber Vater«, sagte Fritz, »ich habe geglaubt, daß in den Kokosnüssen süßes Wasser sei, das sich trinken lasse wie Mandelmilch!«

»Das ist freilich der Fall, wenn die Nüsse noch unreif sind, gerade wie bei unsern Baumnüssen. Je mehr aber die Frucht reift, desto mehr verdickt sich das Wasser zu einem Kern, und endlich trocknet es vollkommen ein. Kommt die gereifte Nuß in gutes Erdreich, so keimen die Kerne auf und brechen die Schale durch. Bleiben sie aber an einem untauglichen Orte liegen, so ersticken sie und gehen durch innere Gärung zu Schanden wie hier die deinige. Ich vermute, daß sie von Affen hierher verschleppt sein möge, da sie von keinem der Bäume hier herabgefallen sein kann.«

Die Lust nach einer guten Kokosnuß war aber in uns beiden erwacht, und nun machten wir uns an ein eifriges Suchen.

Nach langem Stöbern trafen wir endlich eine, die noch unverdorben war, und sie ersparte uns von unserm Vorrat so viel, daß wir einen ordentlichen Rest für das Mittagsmahl behielten, zu welchem es jetzt noch allzufrüh war. Obschon nämlich die Nuß ein bißchen ranzig war, so waren wir doch satt geworden und rafften uns nun auf, um weiter zu ziehen. Eine Zeitlang führte der Weg durch das Gehölz, wo wir uns oft mit den Handbeilen Bahn machen mußten, weil es mit einer unbeschreiblichen Menge von Lianen verwachsen war. Endlich kamen wir wieder an den Strand und gewannen freiere Aussicht und einen offeneren Pfad. Der Wald zog sich ungefähr einen Büchsenschuß weit rechts neben uns fort, und hin und wieder zeigten sich auch alleinstehende Bäume von eigener Art. Fritz, der seinen Scharfblick unablässig auf Kundschaft sandte, bemerkte bald ein paar von so besonderem Aussehen, daß sie ihm merkwürdig schienen und er ausrief: »Aber, Vater, was sind denn dort für seltsame Bäume mit Kröpfen an den Stämmen?«

Wir gingen hin und ich erkannte mit freudigem Erstaunen, daß es Kalebassenbäume seien, welche Kürbisse tragen. Fritz fand bald einen, der herabgefallen war, und ich erklärte ihm, wie man die harte Schale zu Näpfen, Schüsseln und Flaschen gebrauchen könne; »den Wilden«, setzte ich hinzu, »ist sie ganz unentbehrlich, weil sie ihre flüssigen Sachen darin aufbewahren und wohl gar darin kochen.«

»Das ist unmöglich«, meinte Fritz, »die Schale muß ja verbrennen, wenn sie ans Feuer kommt.«

»Nun«, erwiderte ich, »ans Feuer setzt man die Schalen allerdings nicht. Wenn man in diesen Kürbissen kochen will, wird ihre Mitte durchschnitten und das Mark aus beiden Hälften weggeschafft, worauf man in jede wie in einen Topf Wasser gießt und dann Fische, Krabben, oder was man überhaupt kochen will, hineinlegt. Hierauf werden in dem Wasser nach und nach glühende Steine abgelöscht, bis es siedet und die eingelegte Speise gar ist; die Schale bleibt unverletzt.«

»Ei, da wollen wir aber doch gleich einige Schüsseln und Teller machen«, sagte Fritz; »es wird die Mutter freuen, wenn wir ihr einige Küchengerätschaften bringen.«

Bei diesen Worten nahm er sein Messer und fing an, an einem Kürbisse herumzuschneiden. Er war zwar bald mit seiner Probe fertig, aber er hatte auch den Kürbis durchaus verdorben, weil das Messer bald hier, bald da zu tief ging, ausglitschte, Zähne ließ und krumm hindurchschnitt.

»Das ist doch zum Verzweifeln!« rief er aus, »ich hätte nicht geglaubt, daß eine so einfältige Sache so schwierig sein könne. Meine Arbeit taugt nicht einen Pfifferling.« – Und hiermit warf er den Kürbis weg.

»Immer bist du zu rasch, mein Alter!« sagte ich ihm, »warum wirfst du nun alles fort? Aus den kleinern Stücken kannst du noch Löffel schnitzen; und während du es tust, will ich es nun mit zwei Schüsseln versuchen.«

Fritz las seine Bruchstücke zusammen und fing wieder an zu schneiden; ich aber nahm eine Packschnur, band sie, so hoch es sich tun ließ, um den Kürbis herum, zog sie an, so fest es ging, und klopfte sie sachte mit dem Heft meines Messers in die etwas weiche Schale hinein. Darauf schnürte ich sie fester und schlug sie wieder, bis die Schale durchschnitten war. Dann wurde mir‘s leicht, den Faden vollends durch das wässerige Mark zu ziehen und den Kürbis in zwei ungleiche Teile zu trennen, die nun eine gute Form und einen gleichmäßigen Rand hatten.

»Wie in aller Welt«, rief Fritz, »ist dir das in den Sinn gekommen? Da ist ja eine prächtige Suppenschüssel und ein Teller dazu!« – »Siehst du«, sagte ich, »was es nützt, etwas gelesen zu haben. Aus Reisebeschreibungen weiß ich, daß Wilde und Neger, die meist keine Messer haben, es mit den Kürbissen gerade so machen, wie du jetzt gesehen hast.«

Wir legten nun unsere Teller und Schüsseln auf die Erde, damit die Sonne sie austrocknen möge, füllten sie aber vorerst sorgfältig mit Sand, damit sie so wenig als möglich von der Sonnenhitze zusammengezogen würden. Doch verfehlten wir nicht, uns den Ort, wo unsere Küchengerätschaften lagen, genau zu merken, um sie auf der Heimreise leicht wiederfinden zu können. Hierauf zogen wir weiter, und Fritz schnitzelte fortwährend an einem Löffel von Kürbisschale, während ich aus dem Bruchstück einer Kokosnuß, das ich eingesteckt hatte, selbst einen andern zu schneiden versuchte. Aber ich muß gestehen, es fielen beide nur sehr mittelmäßig aus.

»Wo es uns an künstlichen Werkzeugen fehlt«, sagte ich, »da müssen wir doch den Wilden in Verfertigung von Gebrauchsgegenständen den Vorzug lassen. Ich habe da einen Löffel herausgebracht, der nicht viel besser ist als der deine, und man müßte bis an die Ohren gespalten sein, wenn man den einen oder den andern in den Mund bringen wollte.«

»Ich glaub‘ es wohl«, erwiderte Fritz. »Hätten wir sie kleiner gemacht, so wären sie gar zu flach geworden, und mit Schaufeln ist noch schwerer Suppe zu essen als mit Austernschalen. Indes bleibt der meine mir gut, bis ich einen bessern habe.«

Während dieses Gespräches und der Löffelschnitzerei hatten wir nicht versäumt, uns sorgfältig nach allen Seiten nach unsern Gefährten umzusehen; aber alles war leider umsonst. – Endlich, nach einem Marsche von vier wohlgemessenen Stunden, langten wir an einer Erdspitze an, die weit in das Meer hinausreichte und auf welcher sich ein ziemlich bedeutender Hügel erhob. Dieser schien uns die geeignetste Stelle, von der wir, ohne weiter zu schweifen, unsere Forschungen in die Ferne ausdehnen könnten. Nicht ohne Schweiß und Mühe kamen wir auf den Gipfel, der uns eine prächtige, vielumfassende Aussicht gewährte. Allein wir mochten mit unserm vortrefflichen Fernglas herumschauen, wohin und so lange wir wollten, so konnten wir doch nirgends eine Spur von Menschen entdecken. Die schöne Natur aber lag vor uns in ihrer ganzen ungekünstelten Anmut; und trotz alles Mangels an menschlicher Nachhilfe war sie im höchsten Grade reizend. Das reichbewachsene Ufer einer ansehnlichen Bucht, deren jenseitiger Strand sich als ein Vorgebirge in blauer Ferne verlor, schloß die kräuselnde See, in der sich die Sonne spiegelte, lieblich ein und würde uns gewiß entzückt haben, wenn nicht unsere Sehnsucht nach Menschen in diesem Paradiese unbefriedigt geblieben wäre. Der Anblick der fruchtbaren Gegend beruhigte mich aber, weil ich zum wenigsten erkannte, daß weder Hunger noch Mangel uns aufreiben würde; und darum sage ich: »Wohlan, Fritz! Es kommt anders mit uns, als wir gedacht haben! Ein Ansiedlerleben hatten wir uns indes selbst gewählt, und seien wir nun ein paar Menschen mehr oder weniger, unsere Ruhe und Zuversicht soll nicht gestört werden. Wir wollen streben, auch in dieser Lage so gut und so glücklich zu sein als möglich.«

Hiermit stiegen wir entschlossen hinab gegen ein anmutiges Palmenwäldchen, das wir uns von oben ausersehen hatten. Ehe wir aber an dasselbe hingelangten, mußten wir durch eine Menge Rohr, das oft verworren durcheinander lag und uns im Gehen hinderte. Mit vieler Behutsamkeit und langsam nur drangen wir vorwärts, weil ich bei jedem Schritte den tötenden Biß einer verborgenen Schlange befürchtete, da diese Tiere gern an solchen Stellen sich aufhalten. Türk mußte deswegen beständig voraus, damit wir, durch ihn gewarnt, desto besser uns vorsehen könnten.

Ich hieb auch auf jeden Fall ein tüchtiges Rohr ab, weil ich mich damit besser gegen einen schleichenden Feind zu verteidigen hoffte als selbst mit dem Gewehr. Nicht ohne Befremden wurde ich bald eines zähen Saftes gewahr, der aus dem angeschnittenen Stengel drang, und als ich neugierig einen Tropfen davon kostete, fand ich ihn so süß, daß ich nicht daran zweifeln konnte, die schönste natürliche Zuckerpflanzung entdeckt zu haben. Durch immer wiederholtes Kosten ward ich meiner Sache noch gewisser, und ich fühlte mich von dem herrlichen Safte ganz ungemein erquickt. Meinem Fritz indessen wollte ich den glücklichen Fund noch nicht verkünden, sondern ihm die Freude des Selbstentdeckens bereiten; und so rief ich ihm zu, da er etwas vorausging, sich ebenfalls ein Rohr zu seiner Verteidigung abzuschneiden. Er war flink darüber her, und ohne noch etwas weiter zu merken, bediente er sich des Rohres nur als eines Stocks, mit dem er, um allfällige Schlangen zu verscheuchen, so weidlich links und rechts und vor sich in das Röhricht schlug, daß endlich der Stock Risse bekam und der klebrige Saft hervorquoll, der den Knaben zur Neugier reizte. Ganz bedächtig fing er an, das Ding zu kosten, aber dann leckte er sich plötzlich fast die Finger auf und hüpfte und lachte und rief: »O Vater, Vater, Zuckerrohr! o koste nur! Zuckerrohr! herrlich! vortrefflich! Das wird eine Freude werden bei den Bürschchen und bei der Mutter, wenn ich ihnen davon nach Hause bringe!« Hierauf schnitt er Stück um Stück von seinem Rohre ab und sog jedes so begierig aus, daß ihm der Nektar über das Kinn hinablief und ich seiner Gierigkeit Einhalt tun mußte. »Verschnaufe nur erst einmal und sei nicht so unmäßig!«

»Aber ich war so durstig, und es schmeckte so gut!«

»Du entschuldigst dich gerade wie die Trunkenbolde; sie trinken unmäßig, eben weil sie dürsten und weil es ihnen schmeckt. So gut aber auch ihre Ausreden sind, sie nehmen gleichwohl Schaden an Leib und an Seele.«

»Dann will ich wenigstens einen schönen Vorrat von Zuckerrohr heimnehmen, damit wir unterwegs von Zeit zu Zeit uns erquicken und die Mutter mit den Brüdern sich daran freuen können.«

»Ja, dawider habe ich nichts«, sagte ich; »aber mache die Last nicht zu groß, wir müssen schon viel und noch lange tragen.«

Ich hatte gut predigen; der Junge hieb wenigstens ein Dutzend der schönsten Rohre ab, reinigte sie von den Blättern, band sie zusammen und nahm sie unter den Arm, während wir immer vorwärts wanderten und endlich aus dem Rohrdickicht heraus an das Palmenwäldchen kamen. Wir schritten hinein, um uns zu lagern und den Rest unseres Mittagsmahles zu verzehren, als plötzlich eine Anzahl von ziemlich großen Affen, durch unsere Ankunft und das Gebell unseres Hundes erschreckt, flüchtig die Bäume hinaufkletterte, und zwar mit einer solchen Behendigkeit, daß wir sie kaum recht gewahrten, bis sie schon oben in den Kronen saßen, die Zähne fletschten und uns mit abscheulichem Geschrei feindselig begrüßten. Ich bemerkte bald, daß die Bäume Kokospalmen waren, und schöpfte Hoffnung, durch Vermittlung der Affen einiger unreifer und milchreicher Früchte habhaft zu werden.

So fing ich denn bedächtig an, mit Steinen gegen die Affen hinaufzuwerfen, und obwohl ich lange nicht die halbe Höhe der Palmen erreichte, so wurden die Tiere doch zornig; und in ihrer Nachahmungssucht erpicht, es mir gleichzutun, rissen sie Nuß um Nuß von den Stengeln und warfen sie gegen uns herab, so daß wir nur zu springen hatten, um nicht getroffen zu werden, und bald eine Menge von Früchten um uns her auf der Erde lag.

Fritz lachte herzlich, daß mir der Streich gelungen war, und sammelte, da endlich der Kokoshagel sich legte, Nüsse, so viel er tragen konnte. Wir suchten ein sicheres Plätzchen aus, um die Ernte zu genießen, und klopften mit den Handbeilen die Schalen auf. Zuvor jedoch tranken wir durch die lockern Stellen, wo wir mit dem Messer Luft machten, den Saft, der vorhanden war, und wunderten uns, ihn so wenig nach unserm Geschmack zu finden. Am besten bekam uns der festere Rahm, der an den Schalen sitzen blieb und den wir mit unsern neugemachten Löffeln herunterschabten. Übrigens versüßten wir ihn aus unsern Zuckerrohren und schmausten also herrlich. Meister Türk erhielt deshalb den Rest unsres Krebses, den wir jetzt hochmütig verachteten, und etwas Zwieback, worauf er, noch ungesättigt, anfing, Zuckerrohr zu kauen und Kokoskerne zu betteln.

 

Endlich packte ich ein paar Kokosnüsse, die noch Stiele hatten, zusammen, und Fritz nahm das Bündel Zuckerrohr zur Hand; wir beluden uns, brachen auf und verfolgten gestärkt unsern Heimweg weiter.

Die Reise ging von seiten Fritzens nicht lange ohne Klagen fort. Schwer drückten ihn die Zuckerrohre auf den Achseln, und oft änderte er von der einen auf die andere; bald nahm er sie unter den Arm, dann stand er still und seufzte und schnaufte laut auf. »Nein«, rief er, »ich hätte nicht gedacht, daß ein Bündel Rohr so gewaltig schwer zu tragen wäre, und doch möchte ich es gern nach Hause bringen, damit Mutter und Brüder auch davon bekämen.«

»Nur Geduld und Mut, mein lieber Fritz!« sagte ich ihm. »Denkst du nicht mehr an Äsops Brotkorb, der im Anfang der Reise zwar der schwerste war, aber am Ende der leichteste wurde? Auch die Last deiner Zuckerrohre wird sich mindern, denn wir dürften sie noch tüchtig heimsuchen, ehe wir bei den Unsrigen sind. Schon jetzt kannst du mir ein neues zum Pilgerstab, zum wandernden Honigquell abgeben, und auch du magst ein frisches zur Hand nehmen. Die übrigen schnüre und hänge dir so, daß sie dir am Rücken mit der Flinte ein Kreuz machen; so trägst du leichter und kannst es länger aushalten. Wir müssen wahrhaftig unsern Kopf nun brauchen lernen, wenn er uns nicht am unrechten Orte gewachsen ist. Überlegung und Erfindungskraft werden uns oft den Abgang der Leibeskraft ersetzen müssen.«

Die drückende Hitze belästigte uns gewaltig; um den Durst zu stillen, ermunterte ich Fritz, wie ich an einem Zuckerrohr zu saugen. Wir bemerkten aber bald, daß der süße Saft sauer zu werden begann. Ich erklärte dem erstaunten Fritz, daß der Zucker sich durch die Gärung in Alkohol zu verwandeln beginne. »Nun heißt es mäßig sein, Fritz, damit wir nicht als betrunkene Leute heimkommen.« Wir erquickten uns aber gleichwohl und wanderten erfrischt unter mancherlei Gesprächen weiter, bis wir fast unvermerkt an den Ort kamen, wo wir im Hingehen die Kürbisschüssel und den Teller in den Sand gelegt hatten, um sie auszutrocknen. Wir fanden beide wohlbehalten und beinhart, so daß wir sie ohne viel Unbequemlichkeit mitnehmen konnten.

Kaum waren wir aber durch das Wäldchen hindurch, wo wir gefrühstückt hatten, so verließ uns Türk wie rasend und überfiel einen Trupp Affen, die sich am Rande des Gehölzes auf ebener Erde spielend belustigten und unsere Ankunft gar nicht bemerkten. Sie waren vollkommen überrascht; und ehe wir ganz hinzueilen konnten, hatte die blutdürstige Dogge schon eine alte Äffin eingeholt, angepackt, niedergerissen und sättigte sich jetzt an ihrem zitternden Fleische. Ein Junges, das auf ihrem Rücken gesessen und sie wahrscheinlich an schneller Rettung verhindert hatte, kauerte seitwärts im Grase und sah mit Zähnefletschen dem blutigen Schauspiel zu. Fritz war Hals über Kopf gelaufen, dem traurigen Auftritt zuvorzukommen. Im Springen verlor er seinen Hut und warf Flasche und Zuckerrohr von sich, aber alles umsonst. Er kam zu spät, um dem Morde vorzubeugen, und nur eben früh genug, um einen neuen, recht komischen Auftritt zu veranlassen.

Kaum hatte ihn nämlich der junge Affe erblickt, so schoß er ihm flugs den Rücken hinan bis auf die Achseln und hielt sich mit seinen Händchen in dem krausen Haupthaar so fest, daß ihn kein Schreien, kein Springen, kein Reißen des erschrockenen Knaben herunterbrachte. Ich sprang, so schnell ich vor Lachen konnte, hinzu, um den armen Fritz zu beruhigen; denn daß keine Gefahr vorhanden war, merkte ich wohl, und der panische Schreck des Knaben stach gar zu lächerlich gegen die Grimassen des Äffchens ab.

»Das ist ein rechter Geniestreich von dem kleinen Kerl!« sagte ich, als ich hinzukam; »es hat seine Mutter verloren, und nun nimmt es dich einfach zum Pflegevater. Was muß es doch für eine Familienähnlichkeit an dir gewittert haben?«

»Der Schlingel hat gemerkt, daß ich ein guter Laffe bin«, antwortete Fritz gutmütig, »und daß ich keinem Tier etwas tun kann, wenn es sich unter meinen Schutz begibt. Indessen rauft die Bestie mich jämmerlich, ich bitte dich, schaffe sie mir herunter!«

Mit Sanftmut und mit einigem Geschick konnte ich den ungebetenen Gast endlich losbringen; ich nahm ihn wie ein kleines Kind in meine Arme, betrachtete ihn und mußte ihn recht bedauern; denn er war kaum etwas größer als eine junge Katze und gar nicht imstande, sich selber fortzuhelfen.

»Was soll ich mit dir anfangen«, rief ich, »du armes Waislein, und was können wir dir in unsrer Armut für Unterhalt geben? Viel zu viel Mäuler haben wir zum Essen und viel zu wenig Fäuste zum Arbeiten!«

»Ach! Vater«, bat Fritz, »überlasse das Bürschchen doch mir, ich will es schon besorgen; ich gebe ihm Kokosmilch, bis wir Milch von der Kuh und den Ziegen auf dem Schiffe haben. Vielleicht hilft uns einst sein Spürsinn noch viel, um nützliche Früchte zu entdecken.«

»Gut!« sagte ich, »du hast dich bei dieser ganzen tragikomischen Begebenheit wie ein wackerer Junge betragen, nur hat dich der Schrecken allzusehr aus der Fassung gebracht. Allein ich bin zufrieden mit dir, insbesondere weil du dem Zorn nicht Raum gelassen hast. Dein Schützling sei dir demnach geschenkt. Es wird auf die Art ankommen, wie du ihn erziehst, ob er uns einst durch seinen Naturtrieb nützen oder durch Bosheit schaden und uns zum Abschaffen zwingen soll.«

Indes wir dieses verhandelten, sättigte sich Türk mit Lust an dem alten, totgebissenen Affen; und weil der Mord nun einmal geschehen war, so ließen wir die Mahlzeit um so eher zu, als wir uns selbst bei dem hungrigen Tier in Gefahr gesetzt hätten, wenn uns eingefallen wäre, ihm hinderlich zu sein. Alles, was es den Tag hindurch von uns bekommen hatte, war für seine herrliche Freßlust nichts gewesen. Ohne jedoch abzuwarten, bis Türk satt zu sein geruhte, brachen wir wieder auf. Das Äffchen kam an seine alte Stelle auf Fritzens Rücken, und ich übernahm dafür die Zuckerrohre. Fast ein Viertelstündchen waren wir so gegangen, als Türk in scharfem Trab uns wieder einholte und sich rechts und links noch behaglich die blutigen Lefzen beleckte. Wir empfingen ihn mit saurem Gesicht und machten ihm Vorwürfe über seine Grausamkeit; aber Ihre Vielvermögenden kehrten sich nicht daran und zogen ganz gelassen hinter Fritz einher. Da ward der Affe über die furchtbare Nachbarschaft unruhig und fing an, Fritz auf die Brust zu klettern und ihm beschwerlich zu werden. Das weckte des Knaben Erfindungsgeist, und rasch nahm er den Türk an eine Schnur, band ihm eine zweite um den Hals, versuchte, ihm den Affen auf den Rücken zu setzen, und sprach dabei pathetisch zu dem Hunde: »Hast du die Mutter gemordet, so kannst du den Buben nun selber tragen.« Türk verstand den Spaß aber anders. Er knurrte, schnappte nach dem zitternden Äffchen und fing schließlich an, sich auf dem Boden herumzuwälzen, so daß Fritz fürs erste seine Abrichtungsversuche aufgeben und seinen Schützling wieder auf den Arm nehmen mußte.