Öffentliches Baurecht für Architekten und Bauingenieure

Mesaj mə
0
Rəylər
Fraqment oxumaq
Oxunmuşu qeyd etmək
Şrift:Daha az АаDaha çox Аа

f) Satzungsbeschluss

64

Sofern die in der förmlichen Beteiligungsphase geäußerten Anregungen und Bedenken der Gemeinde nicht Anlass zur Einstellung des Bebauungsplanverfahrens gegeben haben, fasst die Gemeinde unter Abwägung aller öffentlichen und privaten Belange den Satzungsbeschluss (§ 10 Abs. 1 BauGB). Mit dem Beschluss über die Satzung legt die Gemeinde den Inhalt des Bebauungsplans fest.

g) Genehmigung, Ausfertigung, Inkrafttreten (öffentliche Bekanntmachung)

65

Grundsätzlich bedürfen von der Gemeinde beschlossene Bebauungspläne keiner Genehmigung. Von diesem Grundsatz gibt es nur wenige, gesetzlich vorgeschriebene Ausnahmen (§ 10 Abs. 2 BauGB). Hauptanwendungsfall für eine Genehmigungspflicht ist ein Bebauungsplan, der parallel zum Flächennutzungsplan aufgestellt wird und vor dem Flächennutzungsplan öffentlich bekannt gemacht werden soll (§ 8 Abs. 3 Satz 2 BauGB).

66

Der beschlossene Bebauungsplan muss sodann noch ausgefertigt werden. Dies bedeutet, der Bebauungsplan muss von dem für die Ausfertigung Zuständigen (typischerweise Bürgermeister oder Oberbürgermeister) handschriftlich mit seinem Namen und seiner Amtsbezeichnung unterzeichnet werden.

67

Rechtswirksam wird ein Bebauungsplan allerdings erst mit der öffentlichen Bekanntmachung (§ 10 Abs. 3 Satz 1 und Satz 4 BauGB).

68


h) Vereinfachtes und beschleunigtes Verfahren

69

Von dem zuvor beschriebenen Vollverfahren sieht das Baugesetzbuch zwei Abweichungen vor, die zu einem reduzierten Aufwand und damit zu einer Verkürzung des Bebauungsplanverfahrens führen:

70

Das vereinfachte Verfahren gemäß § 13 BauGB kann gewählt werden,

– wenn durch die Änderung oder Ergänzung eines bestehenden Bebauungsplans die Grundzüge der Planung nicht berührt werden oder

– wenn bei Neuaufstellung eines Bebauungsplans für einen unbeplanten Bereich der Zulässigkeitsmaßstab nicht wesentlich verändert wird oder

– wenn ein Bebauungsplan lediglich Festsetzungen zum Schutz innerstädtischer Versorgungsbereiche enthält (§ 9 Abs. 2a BauGB) oder

– wenn ein Bebauungsplan lediglich Festsetzungen zur Steuerung der Zulässigkeit von Vergnügungsstätten enthält (§ 9 Abs. 2b BauGB).

Darüber hinaus darf der Bebauungsplan keine erheblichen Umweltauswirkungen haben (§ 13 Abs. 1 Halbs. 2 BauGB).

Liegen diese Voraussetzungen vor, kann von der frühzeitigen Unterrichtung der Öffentlichkeit und Behörden abgesehen werden (§ 13 Abs. 2 Nr. 1 BauGB). Außerdem besteht für die Gemeinde die Wahlmöglichkeit, die betroffene Öffentlichkeit sowie die Behörden und Träger öffentlicher Belange entweder durch eine Auslegung der Planunterlagen zu beteiligen oder diesen unter Fristsetzung Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben (§ 13 Abs. 2 Nr. 2 und 3 BauGB). Schließlich muss bei dem vereinfachten Verfahren keine Umweltprüfung durchgeführt werden und auch ein Umweltbericht ist nicht erforderlich (§ 13 Abs. 3 BauGB).

Beispiel:

Eine Stadt stellt fest, dass in ihrer innerstädtischen Fußgängerzone das Interesse an der Öffnung von Spielhallen ganz erheblich steigt. Sie möchte dem durch einen Bebauungsplan entgegenwirken, der keine anderen Festsetzungen enthalten soll, als dass Spielhallen im Geltungsbereich des Bebauungsplans unzulässig sind. Da es sich bei Spielhallen um Vergnügungsstätten handelt, deren Zulässigkeit mit dem Bebauungsplan begrenzt werden soll, liegt die Voraussetzung von § 13 Abs. 1 Alt. 4 BauGB (es wird eine Festsetzung nach § 9 Abs. 2a BauGB, nämlich der Ausschluss von Vergnügungsstätten, getroffen) vor. Erhebliche Umweltauswirkungen wird der Bebauungsplan nicht haben, weil es nur um den Ausschluss einer bestimmten Nutzung von bestehenden Gebäuden geht. In diesem Fall kann die Stadt daher das vereinfachte Verfahren wählen und somit mit einem reduzierten Aufwand (keine frühzeitige Beteiligung der Öffentlichkeit sowie von Behörden und Trägern öffentlicher Belange, keine Umweltprüfung) das Verfahren in kürzerer Zeit – als im Vollverfahren – abschließen.

71

Ein beschleunigtes Verfahren ist bei Bebauungsplänen der Innenentwicklung i. S. v. § 13a BauGB möglich. Es muss sich dabei um einen Bebauungsplan handeln, der der Wiedernutzbarmachung von Flächen, der Nachverdichtung oder anderen Maßnahmen der Innenentwicklung dient. Weitere Voraussetzungen sind, dass durch den Bebauungsplan keine Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung ausgelöst wird und keine Anhaltspunkte dafür bestehen, dass FFH- oder Vogelschutzgebiete beeinträchtigt werden könnten. Außerdem und schließlich kommt es auf die nach dem Bebauungsplan nutzbare Grundfläche an. Beträgt die nutzbare Grundfläche weniger als 20.000 m2, kann das beschleunigte Verfahren in jedem Fall gewählt werden; liegt die nutzbare Grundfläche zwischen 20.000 m2 und 70.000 m2, kann das beschleunigte Verfahren gewählt werden, wenn aufgrund einer Vorprüfung des Einzelfalls voraussichtlich keine erheblichen Umweltauswirkungen zu erwarten sind, § 13a Abs. 1 Satz 2 BauGB. Für das beschleunigte Verfahren gelten die Erleichterungen des vereinfachten Verfahrens i. S. v. § 13 BauGB. Das Bebauungsplanverfahren kann demnach mit geringerem Aufwand und in geringerer Zeit durchgeführt werden (s. o., Rn. 70). Eine vergleichbare Regelung gilt für die zunächst bis Ende 2019 befristete Vorschrift des § 13b BauGB, d. h. für Außenbereichsflächen, die an im Zusammenhang bebaute Flächen angrenzen und für eine Wohnraumnutzung angedacht sind.

Lösung:

Das Büro für Stadtplaner und Architekten wird zunächst prüfen, ob für den Bebauungsplan das vereinfachte oder beschleunigte Verfahren gewählt werden kann. Denn dies würde zu der vom Bürgermeister gewünschten zeitlichen Verkürzung des Verfahrens führen. Außerdem ergibt sich aus der zu wählenden Verfahrensart, welche Verfahrensschritte durchgeführt werden müssen.

Im vorliegenden Fall wird das Büro zur Aufstellung des Bebauungsplans im beschleunigten Verfahren gemäß § 13a BauGB raten. Denn die Voraussetzungen für einen Bebauungsplan der Innenentwicklung sind gegeben:

– es soll ein innerörtlicher Bereich überplant werden,

– es soll eine Fläche von weniger als 20.000 m2 überplant werden,

– mit dem Bebauungsplan wird nicht die Zulässigkeit eines Vorhabens begründet, für das eine Umweltverträglichkeitsprüfung Pflicht wäre,

– es bestehen keine Anhaltspunkte für eine Beeinträchtigung der Erhaltungsziele und des Schutzzwecks der Natura 2000-Gebiete i. S. d. Bundesnaturschutzgesetzes (BNatSchG), § 1 Abs. 6 Nr. 7b BauGB.

Da der Bebauungsplan im beschleunigten Verfahren aufgestellt werden kann, kann auf die frühzeitige Unterrichtung der Öffentlichkeit und der Behörden verzichtet werden. Im Übrigen muss bei dem Bebauungsplanverfahren keine Umweltprüfung durchgeführt und kein Umweltbericht erstellt werden, § 13a Abs. 2 Nr. 1 BauGB i. V. m. § 13 Abs. 2 BauGB.

Das Büro wird den Bürgermeister darüber informieren, dass der Entwurf des Bebauungsplans von dem Büro konzipiert werden kann und dass die weiteren Schritte des Bebauungsplanverfahrens von dem Büro vorbereitet werden können (§ 4b BauGB). Der Bürgermeister wird aber darauf hingewiesen werden müssen, dass sämtliche Beschlüsse des Verfahrens und so insbesondere der Satzungsbeschluss von der Gemeinde selbst gefasst werden müssen und nicht delegiert werden können.

2. Fehlerhafte Bebauungspläne

72

Bebauungspläne können fehlerhaft sein. Dies gilt nicht nur im Hinblick auf das durchaus komplexe formale Verfahren (s. o., Rn. 57 ff.), sondern auch inhaltlich. Dabei führt aber nicht jeder Fehler dazu, dass der Bebauungsplan unwirksam ist und deshalb keine Rechtswirkungen entfaltet. Für den Rechtsanwender ist daher die Kenntnis davon erforderlich, welche unterschiedlichen Arten von Fehlern einem Bebauungsplan anhaften können, und welche Folgen diese unterschiedlichen Fehlerarten für die Wirksamkeit des Bebauungsplans haben.1

Fall:

Ein Architekt erhält den Auftrag, auf einem Privatgrundstück ein Gebäude zu errichten. Als sich der Architekt bei der zuständigen Gemeinde nach den bauplanungsrechtlichen Vorgaben erkundigt, erfährt er, dass ein halbes Jahr zuvor ein Bebauungsplan in Kraft getreten ist, in dessen Geltungsbereich das Privatgrundstück liegt. Nach dem Bebauungsplan kann auf dem Grundstück – anders als geplant – nur ein sehr kleines Gebäude errichtet werden, weil für große Teile des Grundstücks eine öffentliche Grünfläche festgesetzt worden ist. Dies hatte der Eigentümer des Privatgrundstücks zwar im Verfahren zur Aufstellung des Bebauungsplans (Offenlage) beanstandet, der Bebauungsplan wurde von der Gemeinde aber gleichwohl beschlossen, ohne dass die Betroffenheit des Grundstückseigentümers überhaupt erwähnt worden wäre. Bei einer näheren Prüfung des Bebauungsplans stellt der Architekt fest, dass der Bebauungsplan, anders als in diesem Fall ausnahmsweise gesetzlich vorgeschrieben, nicht von der höheren Behörde genehmigt worden ist. Außerdem stellt der Architekt fest, dass an dem Beschluss über den Bebauungsplan ein Gemeinderatsmitglied teilgenommen hat, der selbst Eigentümer eines Grundstücks im Geltungsbereich des Bebauungsplans ist. Der Architekt überlegt, ob er sich trotz dieser Fehler an den Bebauungsplan halten muss.

 

73

Das Baugesetzbuch beruht auf dem Leitgedanken, Bebauungspläne – auch wenn diese an Fehlern leiden – in ihrer Wirksamkeit zu erhalten. Nicht ohne Grund heißt die Überschrift zu den hierfür maßgeblichen Vorschriften im Baugesetzbuch „Planerhaltung“. Zu diesem Zweck nimmt das Baugesetzbuch eine Unterscheidung zwischen unbeachtlichen und beachtlichen Fehlern vor, § 214 BauGB. Als beachtlich zu qualifizierende Fehler können jedoch unbeachtlich werden, wenn sie nicht rechtzeitig geltend gemacht werden, § 215 BauGB. Schließlich können beachtliche, aber behebbare Fehler durch ein ergänzendes Verfahren geheilt werden, § 214 Abs. 4 BauGB. Im Einzelnen:

Unbeachtlich können sowohl Form- und Verfahrensfehler (§ 214 Abs. 1 BauGB) als auch inhaltliche Fehler (§ 214 Abs. 2 und 3 BauGB) sein. Zu den unbeachtlichen Fehlern zählen beispielsweise:

– Verstöße gegen die Vorschrift über die frühzeitige Öffentlichkeitsbeteiligung nach § 3 Abs. 1 BauGB,

– Unvollständigkeit der Begründung eines Bebauungsplans,

– Mängel im Abwägungsvorgang, soweit diese nicht erheblich oder nicht offensichtlich oder ohne Einfluss auf das Abwägungsergebnis gewesen sind.

– Zu den beachtlichen Fehlern zählen beispielsweise:

– der Bebauungsplanentwurf ist nicht öffentlich ausgelegt worden,

– der Bebauungsplan ist ohne Beschlussfassung des zuständigen Gremiums öffentlich bekannt gemacht worden,

– für das Abwägungsergebnis erhebliche Fehler (beispielsweise wenn ein gewerbliches Grundstück als allgemeines Wohngebiet überplant worden ist ohne Würdigung des Interesses des Grundstückseigentümers an der Fortführung seiner bisherig ausgeübten gewerblichen Nutzung auf dem Grundstück im Plangebiet).

Neben diesen, im Baugesetzbuch selbst benannten beachtlichen Fehlern können auch Verstöße gegen Vorschriften anderer Gesetze, beispielsweise der Gemeindeordnung, zu beachtlichen Fehlern führen. Dies betrifft vor allem die Mitwirkung befangener Gemeinderatsmitglieder an der Beschlussfassung über einen Bebauungsplan.

74

Ein grundsätzlich beachtlicher Fehler muss innerhalb eines Jahres ab Bekanntmachung des Bebauungsplans geltend gemacht werden, § 215 BauGB. Dies muss in der Weise geschehen, dass der Betroffene den Fehler der planenden Gemeinde gegenüber schriftlich benennt und den zugrunde liegenden Sachverhalt des Verstoßes darstellt. Geschieht dies nicht oder nicht hinreichend, wird der grundsätzlich beachtliche Fehler unbeachtlich.

75

Beachtliche Mängel eines Bebauungsplans können von der Gemeinde gemäß § 214 Abs. 4 BauGB durch ein Planergänzungsverfahren geheilt werden.

Wichtig:

Auch wenn einem Bebauungsplan ein beachtlicher Fehler anhaftet, der nicht durch Zeitablauf oder durch ein Planergänzungsverfahren geheilt worden ist, ist der Bebauungsplan in der Rechtsanwendung gleichwohl zu beachten. Denn das Recht, einen Bebauungsplan für unwirksam zu erklären, kommt grundsätzlich nur den Gerichten zu (§ 47 VwGO).

Lösung:

Der Architekt wird feststellen, dass ein beachtlicher Fehler i. S. v. § 214 Abs. 3 BauGB darin liegt, dass die Gemeinde mit dem Bebauungsplan die Bebaubarkeit eines Privatgrundstücks dadurch erheblich eingeschränkt hat, dass für einen Teil dieses Grundstücks eine öffentliche Grünfläche festgesetzt worden ist. Unter Berücksichtigung, dass der Eigentümer auf dieses Problem aufmerksam gemacht hatte, ist eine Abwägung, die diesen Aspekt nicht thematisiert, fehlerhaft.

Die fehlende Genehmigung des Bebauungsplans durch die höhere Verwaltungsbehörde stellt ebenfalls einen beachtlichen Fehler dar, § 214 Abs. 1 Nr. 4 BauGB.

Ist ein Gemeinderat von einem Bebauungsplan selbst betroffen, ist dieser Gemeinderat befangen, § 18 GemO. Wird der Bebauungsplan unter Mitwirkung des befangenen Gemeinderats beschlossen, führt dies zur Rechtwidrigkeit dieses Beschlusses, § 18 Abs. 6 GemO. Auch darin liegt ein beachtlicher Fehler des Bebauungsplans.

Der Architekt wird dem Grundstückseigentümer demzufolge mitteilen, dass der die Bebauungsmöglichkeit des Grundstücks einschränkende Bebauungsplan (zumindest) drei beachtliche Fehler aufweist. Gleichzeitig wird der Architekt darauf hinweisen müssen, dass der Bebauungsplan gleichwohl nicht einfach außer Acht gelassen werden kann. Der Architekt wird dem Eigentümer nach alldem dazu raten, die Fehler des Bebauungsplans gegenüber der Gemeinde schriftlich zu rügen, § 215 BauGB. Außerdem wird er darauf hinweisen, dass der Eigentümer eine Normenkontrollklage gemäß § 47 VwGO erheben kann, damit der Bebauungsplan von einem Gericht für unwirksam erklärt werden kann.

76

Exkurs: Funktionslosigkeit eines Bebauungsplans

Ein Bebauungsplan, der fehlerfrei zustande gekommen ist, kann durch eine Veränderung der tatsächlichen Verhältnisse funktionslos werden. Eine solche Funktionslosigkeit des Bebauungsplans oder einer einzelnen Festsetzung des Bebauungsplans kann unter zwei Voraussetzungen eintreten:

– die tatsächlichen Verhältnisse, auf die sich der Bebauungsplan bezieht, haben in der tatsächlichen Entwicklung einen Zustand erreicht, der eine Verwirklichung der Festsetzung auf unabsehbare Zeit ausschließt, und

– diese Tatsache ist so offensichtlich, dass ein in die Fortgeltung des Bebauungsplans gesetztes Vertrauen keinen Schutz verdient.2

Mit anderen Worten: Die im Bebauungsplan festgesetzte Art oder das Maß der baulichen Nutzung kann ganz offenkundig aufgrund einer abweichenden Bebauung auf den Grundstücken nicht mehr realisiert werden. Um ein Beispiel zu nennen: Setzt ein Bebauungsplan für einen bestimmten Bereich ein Dorfgebiet (Gebiet für land- und forstwirtschaftliche Betriebe) fest, existiert in dem gesamten Bereich aber kein einziger land- oder forstwirtschaftlicher Betrieb mehr (weil sämtliche früheren Hofstellen zu Wohnzwecken umgenutzt worden sind), ist der Bebauungsplan funktionslos geworden. Auch die Funktionslosigkeit eines Bebauungsplans kann mit einem Normenkontrollverfahren durch das Oberverwaltungsgericht/den Verwaltungsgerichtshof festgestellt werden.

3. Arten der Bebauungspläne
a) Übersicht

77

Es gibt grundsätzlich drei Arten von Bebauungsplänen:

– qualifizierter,

– vorhabenbezogener und

– einfacher Bebauungsplan.

Diese sind in den drei Absätzen des § 30 BauGB geregelt. Die drei Bebauungsplanarten unterscheiden sich im Hinblick darauf, was darin mindestens geregelt sein muss und welche Vorgaben sie für die Zulässigkeit von Bauvorhaben enthalten.


b) Zweck der einzelnen Pläne

78

In einem qualifizierten Bebauungsplan regelt eine Gemeinde typischerweise ganz detailliert, welche Art und welches Maß der baulichen Nutzung ein Bauvorhaben im Geltungsbereich des Bebauungsplans einhalten muss.


Abb. 17: Auszug aus einem qualifizierten Bebauungsplan.

79

Zweck des vorhabenbezogenen Bebauungsplans ist es, für ein bestimmtes Projekt eine „maßgeschneiderte“ Planung zu erhalten. Dabei verbleibt die hoheitliche Aufgabe, den Bebauungsplan zu beschließen, bei der Gemeinde. Der Vorhabenträger (Investor) übernimmt hingegen die Planung des Bebauungsplans und trägt in der Regel die Kosten des Bebauungsplans. Zwischen der Gemeinde und dem Vorhabenträger wird ein Vertrag geschlossen (Durchführungsvertrag, § 12 BauGB), in dem Einzelheiten des Vorhabens und die Erschließungsmaßnahmen, insbesondere aber auch die Verpflichtung des Vorhabenträgers zur Durchführung des Projekts, vereinbart werden.


Abb. 18: Auszug aus einem vorhabenbezogenen Bebauungsplan.

80

Ein einfacher Bebauungsplan nach § 30 Abs. 3 BauGB enthält im Vergleich zum qualifizierten Bebauungsplan nicht alle der dort geregelten Mindestfestsetzungen. Häufiger Anwendungsbereich solcher einfachen Bebauungspläne sind sog. Baufluchtenpläne, deren einziger Regelungsgehalt die Positionierung der Baukörper entlang der Erschließungsstraßen ist. Die Zulässigkeit von Vorhaben im Geltungsbereich eines einfachen Bebauungsplans richtet sich – soweit der Bebauungsplan hierfür keine Regelungen trifft – nach den sog. Planersatzvorschriften, §§ 34, 35 BauGB.


Abb. 19: Auszug aus einem einfachen Bebauungsplan. Einziger Inhalt des Bebauungsplans ist in diesem Beispiel die Festsetzung privater Grünflächen.

4. Festsetzungen im Bebauungsplan – Wie „lese“ ich einen Bebauungsplan?

81

Steht fest, dass ein Vorhaben im Geltungsbereich eines rechtskräftigen Bebauungsplans realisiert werden soll, muss der Bebauungsplan richtig „gelesen“ werden können, um zu wissen, welche Vorgaben beachtet werden müssen. Wichtige und hilfreiche „Lesehilfen“ sind die Baunutzungsverordnung und die Planzeichenverordnung, in denen einzelne Festsetzungsmöglichkeiten einschließlich der hierbei verwendeten Kürzel erläutert werden. Ein Bebauungsplan besteht stets aus einem zeichnerischen Teil mit einer sog. Legende (Zeichenerklärung) und einem schriftlichen Teil mit den zeichnerischen Teil erläuternden oder eigenständigen Festsetzungen. Regelmäßig enthält ein Bebauungsplan zudem noch eine Begründung, die herangezogen werden kann, um den Sinn und Zweck bestimmter Festsetzungen nachzuvollziehen.

Für das Lesen eines Bebauungsplans ist zudem von Bedeutung, dass in § 9 BauGB abschließend festgelegt ist, welche Inhalte durch einen Bebauungsplan geregelt werden können. Will der Satzungsgeber einen Aspekt regeln, der nicht im Katalog des § 9 BauGB enthalten ist, kann er diesen Aspekt (möglicherweise) im Rahmen einer örtlichen Bauvorschrift vorgeben (beispielsweise Anforderungen an die äußere Gestaltung baulicher Anlagen wie etwa die Dachform). Solche örtlichen Bauvorschriften werden auf der Grundlage der Landesbauordnungen der Länder (s. § 74 LBO Baden-Württemberg) erlassen. Die örtlichen Bauvorschriften können zwar zusammen mit dem Bebauungsplan als Satzung beschlossen werden. Sie müssen jedoch deutlich von den planungsrechtlichen Festsetzungen getrennt sein (im Hinblick auf örtliche Bauvorschriften s. Rn. 283 ff.).

82

Nachfolgend werden nur bauplanungsrechtliche Festsetzungen dargestellt:

Maßgeblich ist zunächst die räumliche Abgrenzung des Geltungsbereichs des Bebauungsplans. Denn die Festsetzungen des Bebauungsplans gelten nur für die Flächen, die innerhalb des abgegrenzten Bereichs liegen.

 

Der Geltungsbereich eines Bebauungsplans wird durch eine breit gestrichelte Linie abgegrenzt (s. Z. 15.13. Planzeichenverordnung).

83

Zentraler Regelungsinhalt jedes Bebauungsplans ist die Festsetzung zur Art der Nutzung, denn damit wird unter Bezugnahme auf die BauNVO festgelegt, ob in dem Gebiet beispielsweise Wohnen, Gewerbe, Landwirtschaft oder Vergnügungsstätten zulässig sind (s. §§ 1 ff. BauNVO, Ziff. 1 Planzeichenverordnung).


Aus dem hier abgedruckten Bebauungsplan kann herausgelesen werden, dass ein allgemeines Wohngebiet (WA) festgesetzt ist und somit die in § 4 BauNVO aufgeführten Nutzungen zulässig sind.

84

Im Hinblick auf das Maß der baulichen Nutzung und der überbaubaren Grundstücksfläche wird festgelegt, wie hoch die bauliche Ausnutzung von Grundstücken sein darf und welche Teile der Grundstücke überhaupt überbaut werden dürfen. Das Maß der baulichen Nutzung wird in der BauNVO vor allem durch die Grundflächenzahl (GRZ), die Geschossflächenzahl (GFZ), die Zahl der Vollgeschosse bzw. die Höhe baulicher Anlagen (beispielsweise Wandhöhe, Traufhöhe, Firsthöhe) definiert. Aus dem hier abgedruckten Auszug des Bebauungsplans kann demzufolge herausgelesen werden, dass die maximale Wandhöhe 4,50 m betragen darf und dass die Grundflächenzahl auf 0,4 begrenzt ist.

85

Neben der Art und dem Maß der baulichen Nutzung können im Bebauungsplan noch eine Vielzahl von weiteren Vorgaben festgesetzt werden. Im vorliegenden Fall sind dies beispielsweise Baugrenzen, mit denen die überbaubare Grundstücksfläche definiert wird, sowie Festsetzungen für die Anpflanzung von Bäumen oder Flächen für Leitungsrechte.

Wie das Beispiel zeigt, kann mithilfe der Legende, der BauNVO und der Planzeichenverordnung ein Bebauungsplan ohne große Mühe dechiffriert werden. Im Hinblick auf den einzelnen Regelungsgehalt der BauNVO wird auf die Ausführungen unter Rn. 95 ff. verwiesen.