Kitabı oxu: «...und im Luftschloss wird es kühl»

Şrift:

Vorwort

Tag eins

(Freitag)

Tag zwei

(Samstag)

Tag drei

(Sonntag)

Tag zehn

(Sonntag)

Tag elf

(Montag)

Tag zwölf

(Dienstag)

Tag dreizehn

(Mittwoch)

Tag vierzehn

(Donnerstag)

Tag fünfzehn

(Freitag)

Tag sechzehn

(Samstag)

Tag siebzehn

(Sonntag)

Tag achtzehn

(Montag)

Tag neunzehn

(Dienstag)

Tag zwanzig

(Mittwoch)

Tag einundzwanzig

(Donnerstag)

Tag zweiundzwanzig

(Freitag)

Tag dreiundzwanzig

(Samstag)

Tag vierundzwanzig

(Sonntag)

Tag fünfundzwanzig

(Montag)

Tag sechsundzwanzig

(Dienstag)

Tag siebenundzwanzig (Mittwoch)

Tag achtundzwanzig (Donnerstag)

Nachwort

Impressum neobooks

Copyright by Primär Verlag Berlin

Alle Rechte vorbehalten

Dieses Buch ist bei der Deutschen Nationalbibliothek, sowie der Landesbibliothek Berlin gelistet

Umschlagsgestaltung: Exakt Werbung, Simone Stolz

Urheber:

Coverfoto 1 © Adobe Stock / Deeworxdesigns

Coverfoto 2 © Adobe Stock / Krissikunterbund

Coverfoto 3 © Adobe Stock / PrintingSociety

Lektorat & Endkorrektur:

Sebastian Stranz

EBOOK VERSION

ISBN 978-3-948414-14-6

Vorwort

Love Scamming (auch Romance Scamming, Liebesbetrug, oder Vorschussbetrug genannt), ist nichts weiter als eine moderne Form des Heiratsschwindels.

In Online-Partnerbörsen oder in sozialen Netzwerken sind die Scammer auf der Suche nach potenziellen Opfern.

Die Täter versuchen, durch vorgetäuschtes Interesse und Liebesversprechen Geld zu erschleichen oder Komplizen für illegale Machenschaften (zum Beispiel Geldwäsche) zu gewinnen.

Dieses Buch musste ich schreiben, da es in meinem Bekanntenkreis und sogar in meiner Familie Opfer gibt. Leider sind alle Warnungen verhallt. Über so viel Naivität konnte ich nur den Kopf schütteln. Daher habe ich mich im Selbstversuch mit einigen Scammern eingelassen. Selbstverständlich hatte ich nie vor, Geld zu überweisen, ich kam ohne finanziellen Schaden davon.

Versichern kann ich Ihnen, dass die Briefe von „Joe“ und „David“ echt sind, ich habe sie sprachlich etwas geglättet und der Handlung meines Romans angepasst.

Bitte beachten Sie das Nachwort, falls Interesse besteht. Dort habe ich dieses Vorwort um einige Informationen ergänzt und Anlaufstellen für Hilfesuchende angegeben.

Karen Grace Holmsgaard Strausberg im Januar 2021

Tag eins
(Freitag)

Sabine Bethke stieß die Tür zu ihrer Wohnung auf und fluchte leise. Der Fahrer des Krankentransports half ihr in die Wohnung. Anschließend half er ihr aus der Jacke und den Schuhen. Mittlerweile hatte Sabine sich an die Orthese, welche sie am linken Bein trug, gewöhnt. Außerdem hatte sie schnell gelernt, mit den Gehhilfen umzugehen.

„Kommen Sie auch wirklich klar?“, fragte der nette junge Mann.

„Aber natürlich, das Bienchen ist doch schon groß“, antwortete Sabine und lächelte verschmitzt, „und wenn Not am Mann ist, ich habe doch die Nummer von einem Pflegedienst und überhaupt ein Telefon. Sie können beruhigt gehen, wirklich“.

„In Ordnung, aber holen Sie sich Hilfe, wenn es nötig ist.“

Leise schloss der Fahrer des Krankentransports die Wohnungstür und ließ Sabine allein in der Wohnung zurück. Schön nach einem Aufenthalt im Krankenhaus wieder Zuhause zu sein, dachte sie, auch wenn ich seit über einem Jahr geschieden bin. Sabine stellte die Gehhilfen im Flur ab, seufzte kurz und humpelte vorsichtig ins Wohnzimmer.

Na bitte, geht doch, freute sie sich. Ist nicht alles so schlimm, wie sie geglaubt hatte. Aber mindestens sechs Wochen würde sie außer Gefecht gesetzt sein, das hatte ihr der Arzt im Krankenhaus gesagt. Damit ihre Laune trotz des Frühsommertages nicht in den Keller sank, entschloss sich Sabine, einen Kaffee zu machen. Vorsichtig begab sie sich in die Küche und bereitete sich einen Kaffee zu und ebenso vorsichtig trug sie die Tasse ins Wohnzimmer. Dann versuchte sie, sich zu entspannen, und stellte ihren CD-Player an. Nachdenklich blickte sie auf ihre Orthese. Das hatte sie davon, wenn sie mit Anfang Fünfzig meinte, wieder auf ein Pferd steigen zu müssen. Immerhin ist es lange her gewesen, seit sie regelmäßig geritten ist. Und dann war da die Sache mit der Hundebesitzerin.

Wäre diese uneinsichtige Dame nicht gewesen, wäre die ganze Sache erst gar nicht passiert… Glück hatte sie gehabt. Bei einem schweren Sturz war sie mit einer Verdrehung des Sprunggelenks davongekommen. Ich kann es nicht ändern, dachte Sabine, aber ich kann meinen Chef anrufen. Ein Donnerwetter über einen weiteren Arbeitsausfall würde es ganz gewiss nicht geben, denn Sabine arbeitete schon seit fünfundzwanzig Jahren für diesen kleinen Buchverlag in der Nähe von Berlin.

Sabine griff zum Telefon und wählte die ihr bekannte Nummer. Einige Male läutete es am anderen Ende, dann ertönte die Stimme ihres Chefs, Herrn Lenz, und wie immer nuschelte er leicht. Kurz und knapp schilderte Sabine ihre Situation und bot an, einige Arbeiten für den Verlag von Zuhause aus zu erledigen. Geduldig hörte sich Herr Lenz die Vorschläge seiner Mitarbeiterin an und es schien Sabine, als ob ihr Chef am anderen Ende der Leitung nickte. Schnell waren sie sich einig und Sabine versprach zu tun, was sie konnte.

„Wunderbar“, nuschelte Herr Lenz und fuhr fort: „Werden Sie erst einmal wieder richtig gesund und denken Sie daran, Sie sind kein junges Mädchen mehr. Gute Besserung.“ Dann legte er auf. Sabine nahm den letzten Schluck Kaffee und stellte die leere Tasse beiseite.

Und nun? Sabines Blick fiel auf ihren modernen Laptop und sie dachte an ihr Profil bei Facebook. Nur sporadisch besuchte sie dieses soziale Netzwerk und hatte dort ohnehin nur einen überschaubaren, kleinen Freundeskreis. Ein paar Kollegen, ein paar Schulfreunde, eine Urlaubsbekanntschaft und weiter nichts. Meldeten sich irgendwelche verwitweten Soldaten aus den USA, lehnte sie sofort ab, sie wusste, dass diese Männer nicht die waren, die sie vorgaben zu sein.

Diese Männer betrieben Liebesbetrug, was unter dem Namen Romance Scamming bekannt ist. Begriffe wie Love Scamming, oder Liebesbetrug kannte Sabine ebenfalls. Umgangssprachlich wurden diese Männer als Scammer bezeichnet. Darüber hatte sie vor einigen Jahren in einer Zeitschrift gelesen, den Artikel eher flüchtig überflogen. Sie entschloss sich dennoch, dieses soziale Netzwerk zu besuchen. Sabine fuhr ihren Laptop hoch und öffnete ihr Facebook-Profil. Selbstverständlich hatte sie einige Freundschaftsanfragen. Jede Menge verwitweter Soldaten! Sabine hatte nichts anderes erwartet, verdrehte die Augen und löschte diese Anfragen genervt. Auch ein verwitweter Kapitän aus New York wurde abgelehnt. Blieb eine Freundschaftsanfrage übrig. Zögernd öffnete Sabine das Profil. David Silverstone, ursprünglich aus Hamburg und jetzt wohnhaft in Berlin. So zeigte es sein Profil an. Einen Augenblick lang schloss Sabine die Augen und ging in sich. Diese Angaben sahen ihr nicht nach einem Scammer aus…

Sabine überlegte und rutschte auf ihrer Couch hin und her. Ihr Herz begann ein wenig schneller zu schlagen. Das Profilfoto zeigte einen sympathischen Mann in Sabines Alter. Keine Männerschönheit, doch strahlte dieses Foto eine gewisse Freundlichkeit aus. Ehe Sabine eine Entscheidung treffen konnte, riss sie das Klingeln des Telefons aus ihren Gedanken. Die Freundschaftsanfrage kann ich später beantworten, fand Sabine und nahm lieber den Anruf entgegen.

Der Blick auf das Display zeigte ihr, dass ihre Freundin Monika am anderen Ende der Strippe war. Mit ihren fünfundfünfzig Jahren war Monika nur wenig älter als Sabine und die beiden kannten sich schon ewig. Sabine nahm das Gespräch an und ehe sie etwas sagen konnte, legte Monika los: „Ey, Du alte Pflaume, ich wollte Dich heute im Krankenhaus besuchen. Vorsichtshalber habe ich dort angerufen und was erfahre ich? Biene ist längst wieder draußen!“

„Na, na, na“, beschwichtigte Sabine ihre Freundin, „ich bin erst seit etwa einer Stunde wieder zu Hause, da hatte ich erst einmal andere Dinge zu tun, als mich bei Dir zu melden.“

„Schon gut“, maulte Monika, „ich wollte doch nur fragen, wie es Dir geht. Hast Du den Sturz von MY GIRL gut verkraftet? Du hast dazu gar nichts gesagt, als ich Dich im Krankenhaus besucht habe…“

„Klar habe ich den Sturz von Deiner GIRLYMAUS gut verkraftet, zumindest seelisch. Davon lasse ich mich auch nicht entmutigen. Und wenn die Olle mit ihren Kötern nicht gewesen wäre…“

Weiter kam Sabine nicht, denn Monika unterbrach sie: „Ja das verstehe ich auch nicht, überall auf den Reitwegen Leinenzwang und die Hundeliebhaber sind so uneinsichtig. Sicher meinen sie es dabei nicht böse, aber wenn so eine Trethupe auf ein Pferd zustürmt und kläfft, kann das böse ausgehen!“

„Brauchst Du mir nicht zu erzählen, habe ich ja nun erlebt“, knurrte Sabine, „aber ich möchte so bald wie möglich wieder auf ein Pferd! Seit ich geschieden bin, habe ich wieder für solche schönen Dinge Zeit. Ich denke mal, das Reiten könnte wirklich wieder ein großes Hobby von mir werden. Ich brauche nur mehr Übung.“

Einen Augenblick lang schwieg Monika am anderen Ende, dann hörte Sabine ihre Freundin wieder: „Du solltest wirklich noch einmal darüber nachdenken, ob Du weiterhin Single bleiben willst.“

Erbost unterbrach Sabine ihre Freundin: „Oh nein Monika, nicht schon wieder diese alte Platte, ich möchte mich nicht auf die Suche nach einem Mann machen. Und lass Dir nicht einfallen, mir wieder alleinstehende Herren vorzustellen, die Du wahllos aus Deinem Umfeld auffischst! Dieser Veganer, der nichts weiter zu tun hatte, als in seiner Freizeit jeden zu beschimpfen, der nicht vegan lebt und wütende Mails gegen die Jagd an Zeitungen und Ämter zu schreiben, hat mir wirklich gelangt. Dabei bin ich selber ein Mensch, der kein Fleisch isst und die Jagd nicht mag. Deswegen muss ich aber noch lange nicht fanatisch werden!“

Sabine holte tief Luft und fuhr fort: „Entweder die Liebe findet mich ganz von allein oder gar nicht.“ Friedlicher meinte sie: „Wie wäre es, wenn wir uns in ein paar Tagen treffen würden? Zeitlich richte ich mich natürlich nach Dir.“

„Na klaro, aber leider kann ich Dir noch keinen Termin nennen, ich muss sehen, wie ich von meinem Hof wegkomme. Und Du kommst allein zuhause klar?“

Sabine bejahte und erklärte: „Die Krankenkasse schickt mir eine Haushaltshilfe. Natürlich nicht rund um die Uhr, aber zum Putzen und um ein paar Einkäufe zu erledigen. Ansonsten werde ich wohl kaum Hilfe brauchen und wenn doch, habe ich ein Visitenkärtchen von einem Pflegedienst. Für heute Abend habe ich noch eine Pizza im Tiefkühlschrank und meine Nachbarin, Du weißt schon, die Frau Spaltholz, wird mir morgen etwas vom Bäcker mitbringen. Ansonsten ist der Kühlschrank voll, dafür habe ich schon vom Krankenhaus aus gesorgt. Auch das hat meine Nachbarin für mich erledigt. Außerdem hat sie den Briefkasten geleert und die Blumen gegossen. Da muss ich mir noch ein dickes Dankeschön einfallen lassen.“

Eigentlich wollte Sabine das Gespräch nicht beenden, aber Monika unterbrach sie.

„Du Sabine, sei nicht böse, aber ich muss zu meinen Pferden, wir reden später, oder du schickst mir eine WhatsApp, okay?“

Sabine seufzte: „Klar meine Süße, wir bleiben in Kontakt.“ Die beiden Frauen tauschten kurz ein paar Höflichkeitsfloskeln aus, dann legte Sabine auf.

Moni lässt mich schon nicht im Stich, überlegte sie, nur hat sie eben mit ihrem Reiterhof alle Hände voll zu tun. Sabine liefen erneut die Gedanken davon und auf einmal hatte sie keine Lust mehr, sich mit dem Profil dieses geheimnisvollen David Silverstone zu beschäftigen. Sie schloss sämtliche Anwendungen und fuhr den PC herunter. In Ruhe ließ sie den Tag mit einer Pizza ausklingen.

Tag zwei
(Samstag)

Am nächsten Morgen hatte Sabine keine Zeit an Facebook zu denken. Sie hatte gut geschlafen und nun standen andere Dinge auf dem Plan.

Ohne Hilfe hatte sie es unter die Dusche geschafft. Das Anziehen und Anlegen der Orthese hatten geklappt, wenn auch mit Mühe. Sabine klopfte sich in Gedanken auf die Schulter. Da werde ich den Pflegedienst kaum brauchen, dachte sie. Aber die Haushaltshilfe nehme ich mit! Und selbst die Nachbarin hatte ihr Versprechen gehalten und Brötchen mitgebracht. In aller Ruhe bereitete sich Sabine ihr Frühstück zu und ließ es sich dann schmecken.

David Silverstone kam Sabine wieder in den Sinn. Hat keine Eile, dachte sie und räumte zunächst einmal das Geschirr vom Frühstück weg, wusch ab und sah ihre Post durch. Wichtiges fand sie nicht. Sabine gab sich einen Ruck und beschloss, sich doch Facebook zu widmen. Warum nicht?

Sie setzte sie sich an ihren Laptop und fuhr ihn hoch. Sabine musste sich eingestehen, dass sie doch ein wenig aufgeregt war. Was würde sie erwarten?

Zögernd öffnete sie ihren Facebook Account und beantwortete die ausstehende Freundschaftsanfrage von David Silverstone. Allerdings schickte sie ihm gleich eine Nachricht, und zwar in deutscher Sprache.

Mein lieber David!

Vielen Dank für Deine Freundschaftsanfrage.

Allerdings kann ich mir beim besten Willen nicht erklären, warum Du mir diese Anfrage gesandt hast. Zwar bin ich seit einiger Zeit geschieden, aber ich bin definitiv nicht auf der Suche nach einem neuen Partner. Von Männern bin ich nur schwer enttäuscht worden, das möchte ich nicht noch einmal haben.

Ich finde es ein bisschen unhöflich, mich einfach so anzusprechen, ich bin eine anständige Frau und keine Prostituierte. Das zeugt nicht von einer guten Erziehung!

Vielleicht kannst Du es mir erklären, ich verstehe es nicht. Ich möchte in meinem Leben nur für meine Kinder, meine Bücher und Pferde da sein, das sind die Dinge, die mir jetzt wichtig sind, abgesehen von meinem Beruf. Einen Mann suche ich definitiv nicht. Ich bin über dreißig Jahre verheiratet gewesen, jetzt ist Schluss. Ich möchte frei sein. Meine Kinder sind erwachsen, jetzt kommt mein eigenes Leben und ich freue mich darauf!

Auf Deinem Profil sehe ich, Du bist aus Hamburg und wohnst jetzt in Berlin.

Stutzig wurde ich bei Deinem Namen. Der klingt doch eher englisch, wie kommt das? Ich möchte es nur wissen. Hoffentlich bin ich nicht zu neugierig. Gruß Sabine

Mehr war für eine erste Nachricht nicht wichtig, fand Sabine und sendete die erste Nachricht an David Silverstone ab. Den Account von Facebook ließ sie geöffnet, wandte sich dann aber ihrem eigentlichen E-Mail-Postfach zu.

Hatte ihr Chef ihr schon etwas Arbeit geschickt? Nein, offenbar möchte er seine angeschlagene Mitarbeiterin schonen, dachte sich Sabine und griff nach der Tageszeitung. Nichts Besonderes, wie sie nach einer knappen Stunde feststellte. Und nun?

Sabine legte die Zeitung beiseite. Ich kann doch nicht den ganzen Tag die Wände anstarren, dachte sie. Und immer nur vor der Glotze hängen, ist stumpfsinnig.

Plötzlich hatte Sabine eine Idee. Hatte sie nicht im letzten Winter versucht, Topflappen zu stricken? Stöhnend erhob sie sich vom Sofa, ging zu einem ihrer Schränke und kramte ihr Strickzeug hervor. Langeweile wird da eher die Ausnahme sein, sinnierte Sabine und ihre Laune stieg mit einem Schlag. Mit Feuereifer widmete sie sich ihrem Strickzeug. Lass das Schokolade naschen, knüpfe lieber eifrig Maschen, dachte sie und genoss die Stille. Doch diese Stille wurde von einem „Pling“ unterbrochen. Der Messenger auf Facebook. Eine Nachricht von David Silverstone!

Liebe Sabine, auf Facebook bin ich nur selten unterwegs, weil ich beruflich viel zu tun habe. Da ich aber demnächst von Hamburg nach Berlin umziehen will, habe ich nach Leuten in Berlin gesucht, weil ich dort neue Freunde finden möchte.

Du siehst meiner verstorbenen Schwester ähnlich, darum habe ich Dir die Anfrage geschickt. Gerne möchte ich Dich besser kennenlernen, bitte akzeptiere das und gib mir eine Chance. Dein bezauberndes Lächeln ist nicht zu ignorieren!

Mein Vater ist ein britischer Soldat in Berlin gewesen, daher mein Name.

Meine Mutter ist eine Deutsche. Sie lebt zurzeit in einem Pflegeheim in Hamburg. In der Nähe des Heims habe ich eine kleine Wohnung. Viel brauche ich nicht, weil ich beruflich ständig unterwegs bin, ich bin Ingenieur. Dazu kann ich Dir später mal etwas schreiben. Meine Mutter ist durch und durch Berlinerin und möchte daher lieber wieder in Berlin leben. Zurzeit suche ich nach einem guten Heimplatz in Berlin. Und ich möchte sie dort nicht allein lassen, ich ziehe mit nach Berlin. Ich denke mal, in den nächsten Wochen wird es soweit sein. In dieser Richtung steht mein Entschluss fest. Als Ingenieur finde ich überall Arbeit und fremd ist mir Berlin nicht. Nach dem Fall der Mauer bin ich im Osten gewesen. Alexanderplatz, Bahnhof Zoo, Brandenburger Tor, Checkpoint Charly. Bis jetzt habe ich keine Zeit gehabt, mich nach einer Wohnung in Berlin für mich umzusehen. Das wird nicht leicht werden, weil ich zwei große Hunde habe. Vielleicht kannst Du mir bei der Suche behilflich sein, mein Engel. Allerdings müsste ich Dir dazu in meiner nächsten Mail mehr von mir schreiben. Und ich möchte Dich besser kennenlernen, Dein Freund sein, mit Dir lachen, Dich glücklich sehen. Was machst Du beruflich? Erzähle mir etwas von Dir!

David

Sabine las diese Mail mehrmals und so richtig gefiel sie ihr nicht. Natürlich freut sich jede Frau über Komplimente. Aber gleich in der ersten Mail so viel Schmalz? Abgesehen davon kannte er sich im Osten von Berlin nicht so gut aus. Der Bahnhof Zoo und der Checkpoint Charly gehörten zum ehemaligen Westteil Berlins. Oder doch ein Love Scammer? Dazu ist das Deutsch des Schreibers zu perfekt, überlegte Sabine. Abgesehen davon hatte David sie nicht zu einem Chat gedrängt. Eine Mutter in Deutschland erschien Sabine eher untypisch für einen Scammer. Zumindest, wenn sie davon ausging, was sie über Scammer wusste.

Was nun Bienchen? Ihre weibliche Intuition sagte ihr, dass etwas mit diesem David nicht stimmte. Trotzdem entschloss sich Sabine, gleich zu antworten.

Mein lieber David!

Vielen Dank für Deine Mail, über die ich mich gefreut habe. Ich habe mich entschlossen, den Kontakt mit Dir fortzusetzen, weil ich Dich nett finde.

Zu mir: Ich bin die Sabine, zweiundfünfzig Jahre alt, geschieden und habe zwei erwachsene Kinder. Christian ist dreißig Jahre alt und studiert Maschinenbau, Sandra ist achtundzwanzig Jahre alt und studiert Psychologie. Beide Kinder studieren in Berlin und leben dort in Wohngemeinschaften.

Ich selbst lebe etwas außerhalb von Berlin, fast auf dem Lande und dennoch nicht weit weg von der Berliner City. Ich arbeite für einen kleinen Verlag, der überwiegend Reiseliteratur verlegt, manchmal aber auch Bücher anderer Genres. Ein großer Vorteil meiner beruflichen Tätigkeit ist, dass ich viel im Homeoffice erledigen kann. Ich muss nicht jeden Tag im Verlag sein, kann zuhause arbeiten.

In meiner Freizeit mache ich gerne Yoga, ich lese, gehe manchmal joggen und bin häufig auf dem Reiterhof meiner Freundin Monika zu finden. Ein eigenes Pferd besitze ich aber nicht. Eigentlich findet sich für einen neuen Mann in meinem Leben kaum Platz und ich bin nicht auf der Suche. Ich bin sogar froh, keinen Mann mehr bekochen zu müssen, das habe ich lange genug getan.

Aber das habe ich Dir geschrieben, mache Dir deshalb bitte keine allzu großen Hoffnungen auf eine Beziehung mit mir, wenn Du nach Berlin ziehen solltest.

Ich hätte gerne etwas mehr über Deine Tätigkeit als Ingenieur gewusst, denn das Tätigkeitsfeld kann doch groß sein.

Ich glaube Dir gern, dass Du beruflich eingespannt bist. Dann schreibst Du, Du hast zwei große Hunde. Und das in Hamburg? Das ist eher nicht optimal, oder? Aber vielleicht lebst Du im Grünen und Deinen Hunden geht es gut. Wenn ich zu Tieren möchte, kann ich den Reiterhof meiner Freundin besuchen, das genügt mir im Augenblick. In meinem Haushalt leben zurzeit keine Tiere.

So, mein lieber David, nun habe ich mich erst mal vorgestellt.

Gruß Sabine

Sabine überlas die Mail an David noch einmal und fand, nicht zu viel von sich preisgegeben zu haben. Sie schickte die Mail auf die Reise und schloss ihren Facebook Account. Irgendwie hatte sie jetzt genug von diesem sozialen Netzwerk und widmete sich wieder ihren Topflappen. Dabei vergaß sie die Zeit vollkommen. Mittagessen? Ach, das kann ich mal ausfallen lassen, dachte sich Sabine und strickte weiter. Später legte sie das Strickzeug beiseite.

Eine merkwürdige Unruhe breitete sich an diesem frühen Abend in ihr aus und sie entschloss sich zu meditieren. Eine knappe Stunde später beendete sie die Meditation und fühlte sich besser. Abendbrot könnte ich mir schon mal vorbereiten, dachte sie, und schleppte sich in die Küche. Großen Hunger hatte sie nicht, aber eine Kleinigkeit musste schon sein. Ihr vorbereitetes Essen ließ sie zunächst in der Küche stehen,

Ob ich schnell bei Facebook vorbeihusche, grübelte sie.

Und da war es wieder das kleine Teufelchen, das wisperte: Klar doch, kostet doch nichts! Sabine begab sich zurück ins Wohnzimmer und öffnete ihren Account. Eine Nachricht von David!

Liebe Sabine! Ich bin ein unabhängiger Ingenieur für Bohranlagen (Independent Drilling Engineer) und arbeite hauptsächlich an Verträgen. Das heißt Arbeit überwiegend am PC und das kann ich auch in Berlin tun.

Früher bin ich direkt auf Bohrinseln in der Nordsee, oder vor der Küste Norwegens tätig gewesen, aber da ich mittlerweile dreiundfünfzig Jahre alt bin und meine Mutter gebrechlich ist, ist das heute nicht mehr der Fall. In Ausnahmefällen kann es sein, dass ich erneut auf eine Bohrinsel muss. Aber das wird eher selten vorkommen. Das kann ich Dir versichern.

Ich war verheiratet, aber meine Frau hat mich mit meinem besten Freund betrogen und ist mit ihm nach Kanada gegangen. Soweit ich weiß, hat sie heute mit diesem Mann in Kanada zwei Kinder.

Meine Ex-Frau und ich haben eine gemeinsame Tochter. Um diese kümmert sich meine Ex nicht mehr. Einige Versicherungen, wie zum Beispiel die Krankenversicherung und eine Lebensversicherung für meinen jungen Engel werden von meiner Ex bezahlt, damit sie abgesichert ist. So haben sich meine Ex und ich damals geeinigt.

Der Name meiner Tochter ist Alicia. Sie ist siebzehn Jahre alt und lebt in England in einem Internat. In einigen Wochen wird sie volljährig und ich werde sie ebenfalls nach Deutschland holen. Dann hat sie ihr Abitur in der Tasche. Es dauert nicht mehr lange, denn sie steckt schon mitten in den Prüfungen. Gerne möchte sie Medizin studieren und Kinderchirurgin werden. Da sie in England auf eine internationale Schule gegangen ist, spricht sie gut deutsch und französisch. Sprachliche Probleme sehe ich also nicht und das soll nicht Dein Problem sein.

Was Alicia und meine Mutter betrifft, musst Du Dir nicht Deinen hübschen Kopf zerbrechen. Momentan verhandle ich mit einem Pflegeheim in Spandau wegen eines Heimplatzes für meine Mutter. In Spandau hat meine Mom meinen Daddy kennengelernt und sie würde gerne wieder dort leben. Sie freut sich schon riesig auf die Rückkehr nach Berlin.

Meine Hunde sind zwei Jungs, zwei Golden Retriever und sie haben hier Auslauf in Hamburg, und zwar direkt an der Elbe. Ich hoffe, in Berlin das Passende für sie zu finden. Mit Deiner Hilfe, mein Engel?

Ich weiß, Du bist nicht auf der Suche, aber Dein grandioser Körper gehört in die Arme eines Mannes, glaube mir.

David

Sabine schloss ihren Account bei Facebook, fuhr den Laptop herunter und ein hartnäckiges Grübeln setzte ein. Scammer oder nicht, das war hier die große Frage.

Für einen Scammer sprachen die vielen Komplimente und die Tochter in einem Internat. Gegen einen Scammer sprachen das ausgezeichnete Deutsch und die Mutter in Deutschland. Abgesehen davon waren Scammer meistens verwitwet, soweit ihr bekannt war. Was nun? Sabine wusste es nicht. Später ließ sie diesen Samstag in aller Ruhe ausklingen.

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