Gesegnet, um Segen zu sein

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Gebet

Allmächtiger Gott,

du hast deine Schöpfung mit ihren Kräften

der Arbeit des Menschen anvertraut.

Gib, dass wir in christlichem Geist

unsere Aufgabe erfüllen,

unseren Brüdern in selbstloser Liebe dienen

und Mitarbeiter werden

an der Vollendung deines Werkes.

Darum bitten wir durch Christus, unseren Herrn.

Amen.

(Messbuch, S. 1063)

2.2 Der rote Faden

Als Christen ist uns ein roter Faden geschenkt, der sich sowohl durch unser persönliches Leben als auch durch das Leben in der Gemeinde zieht. Dieser rote Faden erhält seine Strahlkraft vom Licht der Weihnacht, vom Licht des Ostermorgens und vom pfingstlichen Feuer.

Mit der Geburt Jesu, dem Sohn Gottes, kam das wahre Licht in die Welt (Joh 1,9), mit dem Gott all unsere Dunkelheiten hell macht. Dieses Licht deckt ungute Strukturen auf und führt Menschen zueinander und zu Gott.

Das Licht des Ostermorgens weist über den Tod hinaus: „Der Engel aber sagte zu den Frauen: Fürchtet euch nicht! Ich weiß, ihr sucht Jesus, den Gekreuzigten. Er ist nicht hier; denn er ist auferstanden, wie er gesagt hat“ (Mt 28,5–6a). Jesus lebt und wir mit ihm. Das Licht von Ostern zeigt uns, dass der Tod nicht das letzte Wort hat, sondern das Leben, das allein von Gott kommt. Dieses Licht eröffnet uns nach jedem Ende einen neuen Anfang.

Das Feuer von Pfingsten, der Heilige Geist, eröffnet uns vielfältige Wege der Verkündigung der Frohen Botschaft. „Und es erschienen ihnen Zungen wie von Feuer, die sich verteilten; auf jeden von ihnen ließ sich eine nieder. Alle wurden mit dem Heiligen Geist erfüllt und begannen, in fremden Sprachen zu reden, wie es der Geist ihnen eingab“ (Apg 2,3–4). Der Heilige Geist lässt uns mutig den Glauben an den lebendigen Gott bezeugen und in der Nachfolge Jesu Christi „Gottes große Taten verkünden“ (Apg 2,11).

Bei den in Kapitel 5.2 beschriebenen Schritten zur Einführung von Gemeindeleitungsteams gilt es, den roten Faden nicht aus den Augen zu verlieren.

Gebet

Du Gott des Lebens,

unseres Lebens,

auf dieser Erde.

Segne uns

mit dem Vertrauen,

dass du uns

begleitest

auf unserem Weg.

Im Durst zur Quelle,

im Dunkel zum Licht,

im Tod zum Leben.

Amen.

(Katja Süß, aus: Jeden Augenblick segnen, S. 104f.)

2.3 Die Geschichte eines Jüngers

Mit seinem Bruder Johannes gehörte Jakobus zu den ersten Jüngern, die Jesus damals am See von Gennesaret berief (Mt 4,18–22). Mit ihrem Vater Zebedäus bestritten sie ihren Lebensunterhalt durch den Fischfang. Nun sollten sie Menschenfischer werden. Für Jakobus und die anderen, die Jesus gerufen hatte, begann eine dreijährige Umschulung; so lange dauerte etwa das öffentliche Wirken Jesu bis zu seinem Tod am Kreuz. An die Stelle des Bootes und des Netzes trat die Frohe Botschaft vom Reich Gottes. Durch Jesus lernte Jakobus eine neue Sichtweise auf das Wirken Gottes in dieser Welt kennen. Er erfuhr, dass Gott ein Freund der Menschen ist, dass er den Verlorenen nachgeht, dass er Gestrandete und Verzagte aufsucht und das Gespräch mit Sündern sucht und sie alle mit Liebe beschenkt. Jakobus durfte erleben, wie die Männer als Jünger immer mehr zu einem Team wurden, das von den Begabungen der einzelnen profitierte, und in der Nachfolge Jesu ihren Auftrag erkannten. Jakobus und Johannes waren wohl eher emotional dabei, manchmal fielen sie mit der Tür ins Haus. Sie erhielten den Spitznamen Donnersöhne. Bei allem Teamgeist waren auch die Jünger nicht frei von dem Gedanken, wer von ihnen wichtiger, bedeutsamer, besser und einflussreicher sei. Solche Gedanken sind für jedes Team äußerst schädlich. Sie führen zu Argwohn und Misstrauen und erschüttern eine Gemeinschaft in ihren Grundfesten. Gemeinsam an einem Strang ziehen ist dann nicht mehr möglich.

Bei der Verklärung Jesu waren Jakobus, Johannes und Petrus mit auf dem Berg. Sie waren Zeugen, wie Jesus in das helle Licht gehüllt wurde und die Stimme Gottes zu hören war: „Das ist mein geliebter Sohn, an dem ich Gefallen gefunden habe; auf ihn sollt ihr hören“ (Mt 17,5).

Als die Frau des Zebedäus mit ihren Söhnen Jakobus und Johannes zu Jesus kam, um für sie um besondere Anerkennung zu bitten, wusste Jesus den damit heraufziehenden Konflikt für seine Gemeinschaft im Keim zu ersticken (Mt 20,20–28). Die Botschaft Jesu lautete: Verschwendet nicht eure Kraft damit herauszufinden, wer von euch der Größte ist, sondern setzt eure Kraft und euren Verstand dafür ein herauszufinden, wie und wo ihr einander und allen Menschen, denen ihr begegnet, dienen könnt, damit alle bekommen, was sie zum Leben brauchen, und teilhaben an einer Gemeinschaft, die trägt. „Denn auch der Menschensohn ist nicht gekommen, um sich dienen zu lassen, sondern um zu dienen und sein Leben hinzugeben als Lösegeld für viele“ (Mt 20,28).

Jakobus und sein Bruder hatten die Zurechtweisung Jesu verstanden und Jesus konnte in der Gemeinschaft weiter mit ihnen rechnen und ihnen vertrauen. Jakobus erkannte, dass für eine gute Zusammenarbeit in einem Team ganz unterschiedliche Begabungen wichtig sind. Es braucht Träumer und Visionäre, die bei allen gegenwärtigen Schwierigkeiten mit Hoffnung und Zuversicht in die Zukunft blicken und neue Wege für die Verbreitung der Frohen Botschaft erkennen. Es braucht Zielsetzer, die Wegmarken setzen und Pläne ausarbeiten, um sie zu erreichen. Es braucht Macher, die mit einem gewissen Eifer an die Arbeit gehen und an konkreten Schritten und Aktionen interessiert sind. Schließlich braucht es einen Friedensstifter, der zwischen den verschiedenen Positionen und Sichtweisen im Team vermitteln kann und sich dafür einsetzt, den Konsens herzustellen.

Jakobus hatte den Auftrag Jesu, die Liebe Gottes auf Erden in Wort und Tat zu verkünden, immer mehr zu seinem Auftrag werden lassen. Als Jesus am Ölberg betete, war Jakobus ganz in seiner Nähe (Mt 26,36–46). Er schlief zwar immer wieder ein, doch er konnte den Kelch trinken, den Jesus ihm reichte. Im Jahr 44 starb er als Märtyrer. Nach alter spanischer Überlieferung soll sein Leib in Santiago de Compostela begraben sein. Wenn Menschen heutzutage dorthin pilgern und diesen Weg wirklich als Glaubensweg begreifen, können sie wie einst Jakobus die Erfahrung machen, von Jesus Christus gerufen, ermahnt, ermutigt und gesendet zu werden. Doch nicht nur auf einem besonderen Pilgerweg, sondern auf unserem ganzen Lebensweg sind wir eingeladen, mit jedem Schritt alles hinter uns zu lassen, was uns von Gott und den Menschen trennt, und mit jedem Schritt hineinzugehen in das Reich Gottes, das durch Jesus Christus bereits in dieser Welt angebrochen ist. Solche Schritte bedeuten, sich dem Herrn zu (über)lassen. Auf viele solcher Schritte wird es bei der Lokalen Kirchenentwicklung ankommen, besonders bei der Bildung von Gemeindeleitungsteams. Betend könnten sich diese so anhören:

Gebet

Ich lasse mich dir, Herr, und bitte dich:

Mach ein Ende aller Unrast!

Meinen Willen lasse ich dir.

Ich glaube nicht mehr, dass ich selbst verantworten kann,

was ich tue und was durch mich geschieht.

Führe du mich und zeige mir deinen Willen.

Meine Gedanken lasse ich dir.

Ich glaube nicht mehr, dass ich so klug bin,

mich selbst zu verstehen,

dieses ganze Leben oder die Menschen.

Lehre mich deine Gedanken denken.

Meine Pläne lasse ich dir.

Ich glaube nicht mehr, dass mein Leben seinen Sinn

findet in dem,

was ich erreiche von meinen Plänen.

Ich vertraue mich deinem Plan an.

Meine Sorgen um andere Menschen lasse ich dir.

Ich glaube nicht mehr,

dass ich mit meinen Sorgen irgendetwas bessere.

Das liegt allein bei dir.

Wozu soll ich mich sorgen?

Die Angst vor der Übermacht der anderen lasse ich dir.

Du warst wehrlos zwischen den Mächtigen.

Die Mächtigen sind untergegangen, gestorben, du lebst.

Meine Furcht vor meinem eigenen Versagen lasse ich dir,

Ich brauche kein erfolgreicher Mensch zu sein,

wenn ich ein gesegneter Mensch sein soll nach deinem Willen.

Alle ungelösten Fragen, alle Mühe mit mir selbst,

alle verkrampften Hoffnungen lasse ich dir.

Ich gebe es auf, gegen verschlossene Türen zu rennen,

und warte auf dich, du wirst sie mir öffnen.

Ich lasse mich dir.

Ich gehöre dir, Herr.

Du hast mich in deiner guten Hand.

Ich danke dir.

(Jörg Zink, aus: Wie wir beten können, S. 207)

2.4 Die Menge am See

Es gibt in der jüdischen Tradition der Schriftauslegung eine Methode, die besonders zwischen den Zeilen liest. Man nennt sie Midrasch. In Kapitel 13 des Matthäusevangeliums lädt das Wort „Menge“ zu einer Midrasch-Erzählung ein. Die Menge wird darin zu einer lebendigen Ansammlung von Menschen mit ganz unterschiedlichen Biographien, Berufen, Gefühlen und Gedanken. „An jenem Tag verließ Jesus das Haus und setzte sich an das Ufer des Sees. Da versammelte sich eine große Menschenmenge um ihn. Er stieg deshalb in ein Boot und setzte sich; die Leute aber standen am Ufer. Und er sprach lange zu ihnen in Form von Gleichnissen“ (Mt 13,1–3a).

 

Jesus lebte zu dieser Zeit in Kafarnaum, einer Stadt am See Gennesaret. Am Ufer des Sees hatte er einen Lieblingsplatz, an dem er sich gerne in den frühen Abendstunden aufhielt. Das hatte sich herumgesprochen. Nach einem langen und anstrengenden Arbeitstag kamen auch heute wieder viele Menschen aus der ganzen Gegend an den See, um Jesus zu treffen. Andere kamen eher zufällig vorbei. Da war eine Mutter, die sich Sorgen machte um ihre Kinder; da war ein Fischer, der in letzter Zeit nur wenig Fische im Netz hatte; da waren spielende Kinder; da war ein Synagogenvorsteher, der sich über die vielen Menschen wunderte; da waren Menschen, die um einen lieben Angehörigen trauerten … Jesus bemerkte sie, jeden und jede in der Menge nahm er wahr. Er sah sie liebevoll an und las in ihren Gesichtern, ihre Ängste und Nöte, ihre Unruhe und Fragen. Und er redete lange zu ihnen und eröffnete ihnen mit Bildern, die sie verstanden, das Reich Gottes. Bei einigen dieser Menschen begann das Herz immer stärker für Jesus zu schlagen. Seine Worte taten ihnen gut, sie entlasteten. Gnadenlose Überforderung, Leistungsdruck und Versagensängste kamen in der Wirklichkeit, die er verkündete, nicht vor. Als sie erkannten, dass er selbst mit dem Schatz im Acker und mit der besonders wertvollen Perle gemeint war (Mt 13,44–46), fingen ihre Herzen an, für ihn zu brennen, denn sie spürten: Jesus allein genügt, um das Leben zu haben.

Wenn wir uns heute in seinem Namen versammeln und das Evangelium hören, nimmt Jesus Christus uns besonders in den Blick und liest in unseren Gesichtern. Schlägt, ja brennt unser Herz für ihn? Können suchende und fragende Menschen, die uns Christen im Alltag begegnen oder uns im Gottesdienst und bei Veranstaltungen im Gemeindehaus erleben, mit einem liebevollen und gütigen Blick rechnen? Fragen wir uns bei den Entscheidungen, die wir zu treffen haben, und bei all dem, was wir uns – ob im persönlichen Leben oder im Leben der Gemeinde – vornehmen: Was würde Jesus jetzt tun? Oder vermeiden wir diese Frage lieber, weil sie auch unbequeme Antworten bedeuten könnte?

Mit dem Blick auf die Menge am See bedeutet Lokale Kirchenentwicklung, im großen Raum der Pfarrei Orte zu pflegen und zu gestalten, die für alle Menschen erreichbar und offen sind; Orte, an denen Menschen mit ihren Sorgen und Nöten Gehör finden, Stärkung erfahren und andere Menschen finden, die von ihrem Glauben an Gott und ihrer Hoffnung erzählen. Solche Orte sind zum einen die eigenen Kirchen, Kapellen und Gemeindehäuser, zum anderen städtische und kommunale Begegnungsstätten, soziale Einrichtungen, Krankenhäuser, Altenheime, Kindertagesstätten, Schulen etc. Gemeinsam mit weiteren Ehrenamtlichen und dem Pastoralteam stehen Mitglieder der Gemeindeleitungsteams an diesen Orten als Ansprechpersonen zur Verfügung, beraten und vermitteln und geben eigene Impulse zur Gestaltung des christlichen Lebens vor Ort.

Gebet

Jesus, segne uns mit Händen,

die es wagen, Menschen zu berühren

und sie aufzurichten.

Segne uns mit Worten,

die Not beim Namen nennen

und Verkrümmtes heil werden lassen.

Segne uns mit einem Herz,

das Leiden erspürt,

sich treffen lässt

und zum Handeln drängt.

Segne uns mit der Bereitschaft,

uns immer neu zu dir rufen zu lassen,

um heil zu werden.

Amen.

(Katja Süß, aus: Jeden Augenblick segnen, S. 55)

2.5 Berufen – zum Schaf und zum Hirten

Jeder Christ, jede Christin, jeder Mensch, der sich zu Jesus Christus hingezogen fühlt, ist ein Gerufener und Berufener. Jesus ruft Menschen zusammen aus allen Richtungen, gesellschaftlichen Schichten, Milieus und Strömungen. Er sammelt Menschen, macht sie vertraut mit der Liebe Gottes, behütet sie wie ein guter Hirt seine Schafe und gibt ihnen zugleich Anteil an seiner Hirtensorge. Im biblischen Bild vom guten Hirten (vgl. z.B. Joh 10,11–18 und Joh 10,27–30) können wir erkennen, wie Gott für uns Menschen da ist und wie wir für unsere Mitmenschen zum Segen werden können.

Der gute Hirt freut sich über jedes neue Schaf. Er kennt alle seine Schafe und weiß, was sie brauchen und wie viel. Seine Schafe liegen ihm am Herzen. Er denkt und fühlt sich in seine Schafe hinein und studiert aufmerksam ihr Verhalten, um sie nicht zu überfordern und frühzeitig Schaden von ihnen abwenden zu können. Hat sich ein Schaf verirrt, sucht der gute Hirt, bis er es gefunden hat. Verfängt sich ein Schaf im Dornengestrüpp, befreit er es. Muss die Herde eine gefährliche Stelle an einem steilen Abgrund passieren, leitet der gute Hirt sie vorsichtig weiter. Hat sich ein Schaf verletzt, verbindet er sorgfältig die Wunde. Besonders gibt der gute Hirt auf die Muttertiere acht. Ist ein Lamm erschöpft, trägt er es auf seinem Rücken. Bedroht ein Wolf seine Herde, stellt sich der gute Hirt schützend vor seine Schafe. Verantwortungsvoll führt er seine Schafe immer wieder auch in unbekannte Gebiete. Er freut sich mit den Schafen, wenn sie die saftigen Wiesen und das frische Wasser erreicht haben. In der Nacht wacht der gute Hirt über seine Herde.

Jesus Christus ist der gute Hirt der Menschen. Das hat er selbst von sich gesagt. Wir dürfen uns ihm anvertrauen und uns von ihm rufen und berufen lassen: im Gebet, im Evangelium, in der Feier der heiligen Zeichen und in den Menschen, denen wir täglich begegnen. Jesus Christus hat viele, sehr viele Menschen berufen, als Hirtinnen und Hirten den Mitmenschen beizustehen. Christen sind also dazu berufen, in ihren Nöten und ihrer Hilfsbedürftigkeit Schaf zu sein sowie mit ihren Erfahrungen, Charismen und Fähigkeiten, Beauftragungen und Weihen für all unsere Mitmenschen Hirtin und Hirt zu sein. Beides ist Geschenk Gottes, beides ist Gnade!

Mit was für einer Gesellschaft haben wir es zu tun, wenn sich – wie so oft – nicht einmal Nachbarn kennen, sie sich gegenseitig nicht über den Weg trauen und überhaupt kein Interesse aneinander zeigen? Es kann uns doch nicht egal sein, wenn sich Menschen rechts- oder linksradikalen Gruppen anschließen oder in Sekten ihre geistliche Heimat suchen, in denen sie manipuliert und ausgebeutet werden. Es kann uns doch nicht gleichgültig sein, wenn sich Menschen immer tiefer in Schuld verstricken. Es kann uns doch nicht kaltlassen, wenn Ehen und Familien zerbrechen und Menschen aus Arbeitslosigkeit und Trauer nicht herausfinden. Es darf doch nicht sein, dass seelische Krankheiten in unserer Gesellschaft oft zu wenig anerkannt werden und dass junge Eltern und Alleinstehende oft über die Maßen ausgelaugt sind, da ihnen die Hilfe, die sie benötigen, verwehrt wird. Es kann doch nicht sein, dass viele Kinder in unserem Land durch das Schulsystem krank werden, weil sie dem Druck nicht standhalten können, dass so viele Jugendliche für ihre Zukunft keine Perspektive sehen und dass Menschen in ständiger Angst vor Übergriffen und Misshandlungen leben müssen. Wir dürfen uns doch nicht damit abfinden, dass es nicht gelingen mag, die Güter dieser Erde gerecht zu verteilen, und dass abends so viele Menschen zu Bett gehen müssen, ohne zu wissen, wie sie am nächsten Tag über die Runden kommen sollen.

Mit Blick auf die vielfältigen Nöte der Menschen in unserer Nachbarschaft bedeutet Lokale Kirchenentwicklung erst einmal, genau hinzusehen, hinzuhören und wahrzunehmen und dann Räume und Zeiten zu gestalten, in denen Menschen bewusst geben und empfangen, empfangen und geben können. Für lokale Gemeinden geht es nicht in erster Linie darum, große, aufwändige und medienwirksame diakonische Projekte durchzuführen, sondern es kommt hier auf die persönlichen Begegnungen und die konkrete Unterstützung im Alltag an, auf gut gestaltete kleine Liturgien, in denen Menschen Mut schöpfen und heilende Erfahrungen machen können. Offene Kirchen, brennende Kerzen und betende Menschen sind wichtige und wirksame Zeichen unseres Glaubens. Glaubwürdige Zeugnisse vieler Gemeindeglieder helfen dabei, dem lebendigen Gott zu vertrauen.

Gebet

Der Herr ist mein Hirte,

nichts wird mir fehlen.

Er lässt mich lagern auf grünen Auen

und führt mich zum Ruheplatz am Wasser.

Er stillt mein Verlangen;

er leitet mich auf rechten Pfaden, treu seinem Namen.

Muss ich auch wandern in finsterer Schlucht,

ich fürchte kein Unheil;

denn du bist bei mir,

dein Stock und dein Stab geben mir Zuversicht.

Du deckst mir den Tisch

vor den Augen meiner Feinde.

Du salbst mein Haupt mit Öl,

du füllst mir reichlich den Becher.

Lauter Güte und Huld werden mir folgen mein Leben lang,

und im Haus des Herrn darf ich wohnen für lange Zeit.

(Psalm 23)

2.6 Kirche ist …

Das Wort Kirche hat im griechisch-lateinischen Kontext zwei Wurzeln: Eine lautet kyriaké (oikía), das bedeutet „Haus des Herrn“. Menschen, die zu diesem Haus gehören, begreifen sich als lebendige Steine, die vom Geist Gottes mit Begabungen und Fähigkeiten ausgestattet und zur Kirche Jesu Christi auf wunderbare Weise zusammengefügt sind, zur Freude der Menschen und zum Lobe Gottes. Die andere Wurzel lautet ekklesía, das bedeutet „die Herausgerufenen“. Herausgerufene sind Menschen aus allen Sprachen, Schichten und Milieus, die sich in der Nachfolge Jesu Christi in einer Kontrastgesellschaft wiederfinden, die Armut nicht als gegebenes Schicksal hinnehmen. Vielmehr erkennen sie Armut als Auftrag, die Liebe und Barmherzigkeit Jesu in Wort und Tat zu verkünden. Kirche zu sein bedeutet also, in der Gemeinschaft der Glaubenden auf die Kraft des Heiligen Geistes zu vertrauen sowie das persönliche Leben und das der Gemeinde aus der Frohen Botschaft Jesu Christi heraus zu gestalten. Wo dies geschieht, wird die Kirche zum Segen für diese Welt.

Im Laufe der Geschichte und in unserer Zeit musste und muss sich die Kirche häufig fragen, wie sie ihre Glaubwürdigkeit und Überzeugungskraft zurückgewinnen kann, und die Antworten waren und sind durch die Jahrhunderte hindurch sehr ähnlich: Lebt aus dem Evangelium Jesu Christi! Haltet fest am Gebet! Versammelt euch zur Feier der Eucharistie! Nehmt euch der Schwachen, Armen und Ausgegrenzten an!

Kirche ist, auf den Punkt gebracht, Gemeinschaft mit Gott und Miteinander für die Welt.

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