Religiöse Bildung am Bayerischen Untermain

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2.4.1.3. Anregungen

Der Bayerische Bildungs- und Erziehungsplan benennt in diesem Zusammenhang Konkretisierungen der vorgenannten Leitgedanken und Ziele. Diese Anregungen beziehen sich einmal grundsätzlich auf die Frage nach der angemessenen Zeitspanne der Übergangsbegleitung.109 Zum anderen entwickelt er Leitlinien für Bildungseinrichtungen als aufnehmende und abgebende Stelle und legt Grundlinien für die Entwicklung des geforderten Transitionsprogramms vor, das zur Entwicklung einer lokalen Kooperationskultur beitragen soll.110 Darüber hinaus werden Anregungen für den Übergang von der Familie in die Tageseinrichtung, sowie in die nachfolgende Tageseinrichtung mit konkreten Beispielen für die Umsetzung benannt. Als dritter Übergangsbereich wird der Übergang in die Grundschule thematisiert. Für viele Kinder ist dieser Übergang ein zweifacher. Zum einen der Übergang in die Schule und zum anderen in einen Hort oder eine Mittagsbetreuung. Von daher ist hier den Übergängen eine besondere Aufmerksamkeit zuzuwenden. Ein weiterer Aspekt, der in diesem Zusammenhang zu bedenken ist, ist die geforderte „inhaltliche Anschlussfähigkeit“111. In diesem Zusammenhang wird im Bildungs- und Erziehungsplan eine konkrete inhaltliche Orientierung vermieden. Insbesondere die in dieser Untersuchung relevante Fragestellung nach der elementaren religiösen Bildung wird ausgeblendet, obwohl dies für Kinder von relevanter Bedeutung sein kann: In der einen Einrichtung haben die Kinder grundlegende religiöse und ethische Erfahrungen und Inhalte vermittelt bekommen und in der anderen Einrichtung nicht, und dennoch haben die Kinder im Anschluss an die Kindertageseinrichtung Religionsunterricht, bzw. Ethik. Hier ergibt sich eine bedeutsame Frage nach der Anschlussfähigkeit der Bildungseinrichtung Kindergarten an die Grundschule im Hinblick auf ethische religiöse Bildung und Erziehung.112

2.4.2. Kinder mit verschiedenem kulturellen Hintergrund – Interkulturelle Erziehung
2.4.2.1. Leitgedanken

Vor dem Hintergrund wachsender internationaler Mobilität und zunehmender Multikulturalität wird interkulturelle Kompetenz als wichtiges Bildungsziel und gleichzeitig als Entwicklungsaufgabe für Kinder und Erwachsene angesehen. Es handelt sich um einen komplexen Entwicklungsprozess. Dieser Prozess eröffnet individuelle Lebens- und Berufschancen und ist gleichzeitig für Gruppen und Individuen die Grundlage für ein konstruktives und friedliches Miteinander. Es ist ein komplexer Entwicklungsprozess, der auf verschiedenen Ebenen angesiedelt ist. Diese betreffen Wertvorstellungen und Erwartungen, aber auch Gefühle und alltägliche Handlungen.113

Als wesentlichen Aspekt interkultureller Kompetenz wird kulturelle und sprachliche Aufgeschlossenheit und Neugier benannt. Als weiteren Aspekt wird eine positive Einstellung zur Mehrsprachigkeit gesehen. Diese drei Aspekte „sind eng verbunden mit Akzeptanz und Wertschätzung der eigenen Person.“114

2.4.2.2. Ziele

Gemäß den o. g. Aspekten werden vier Zielebenen benannt. Zum einen kulturelle Aufgeschlossenheit und Neugier, des weiteren Zwei- und Mehrsprachigkeit mit dem Verweis auf den themenbezogenen Bildungs- und Erziehungsbereich Sprache und Literacy, zum dritten die Anbahnung von Fremdheitskompetenz, wobei in diesem Zusammenhang einerseits das Bewusstsein für das Zusammenleben verschiedener Kulturen gefördert werden soll und andererseits auch die „Grenzen der eigenen Verstehens- und Deutungsprozesse wahrgenommen und akzeptiert werden.“115 Als letzte Zielebene wird die Entwicklung einer Sensibilität für unterschiedliche Formen von Diskriminierung formuliert.116

2.4.2.3. Anregungen

Die Anregungen betonen insbesondere die Notwendigkeit der engen Zusammenarbeit mit den Eltern117 und die Kooperation mit den fachkundigen Stellen. Sie fordern eine kulturell aufgeschlossene Grundhaltung und eine vorurteilsbewusste Pädagogik auf Seiten der pädagogischen Fachkräfte und erläutern diese in einem differenzierten Zielkatalog.118 Unter anderem wird hier das erste Mal der religiöse Aspekt explizit bedacht: „Sie (die Fachkräfte) haben ein Grundwissen über die Entwicklung von Zweisprachigkeit, über religiöse Traditionen und kulturspezifische Erziehungsideale.“119

In dem Projektbeispiel aus der Praxis wird der Weg eines evangelischen Kindergartens als Modelleinrichtung beschrieben. In diesem Beispiel wird der religiösen Dimension ein klarer Schwerpunkt zugeordnet.120

In der gesamten themenübergreifenden Bildungs- und Erziehungsperspektive wird der Begriff „interreligiös“ an keiner Stelle erwähnt. Die Praxis mit ihrem Beispiel zeigt jedoch, dass dies nicht der fachlichen Realität und der Realität der überwiegenden Anzahl der Kinder und ihrer Familien entspricht.121

2.5. Ausgewählte themenbezogene Bildungs- und Erziehungsbereiche

Die themenbezogenen Bildungs- und Erziehungsbereiche bilden „das Kernstück des Plans“.122 Jeder dieser Bildungs- und Erziehungsbereiche ließe sich in der hier vorliegenden Arbeit zusammenfassend darstellen, weil eine Relation zur religiösen Bildung herzustellen wäre. Die Philosophie des Planes macht deutlich: „Ethische und religiöse Bildung und Erziehung suchen von sich aus die Vernetzung mit anderen Bildungs- und Erziehungsbereichen.“123 Dabei wird jedoch auch die Bewahrung der Eigenart im Hinblick auf Inhalte und Arbeitsformen betont. Die Bereiche „Werteorientierung und Religiosität“ und „Umwelt“ werden näher vorgestellt. Die getroffene Auswahl liegt in der bereits erwähnten notwendigen Begrenzung der Arbeit.

2.5.1. Werteorientierung und Religiosität
2.5.1.1. Leitgedanken

„Kinder erfragen unvoreingenommen die Welt und stehen ihr staunend gegenüber.“124 Die Fragen nach dem Woher und Wohin beinhalten auch die religiöse und ethische Dimension des Lebens und verweisen auf die Kompetenz der Kinder als kleine Philosophen und Theologen. Darüber hinaus sind Kinder auf „vertrauensbildende Grunderfahrungen“125 angewiesen, die in diesem Zusammenhang auch (religiöse) Deutungsangebote und entsprechende Ausdrucksformen benötigen. Kindern sind entsprechende eigene Erfahrungen zu ermöglichen und sie sollen auch zu eigenen Fragen ermutigt und zu eigener Urteilsfähigkeit motiviert werden. Vor dem Hintergrund eines gesellschaftlichen Umfelds, das von zunehmender interkultureller Zusammensetzung geprägt ist, brauchen Kinder Angebote, die diese Vielfalt thematisieren und es ermöglichen, eine wertschätzende Grundhaltung – vor dem Hintergrund eigener Erfahrungen – gegenüber der Vielfalt religiösen und kulturellen Lebens zu entwickeln. Die rechtliche Grundlegung, die das Nebeneinander von positiver und negativer Religionsfreiheit regelt, erhält so auch einen weiteren wichtigen pädagogischen Aspekt. Entsprechend diesen Leitgedanken werden die Bildungs- und Erziehungsziele an den Kompetenzen der Kinder orientiert.

2.5.1.2. Bildungs- und Erziehungsziele

Als erstes Ziel gilt es, „mit vorfindlicher Religiosität und unterschiedlichen Religionen umgehen zu können.“126 Dabei wird die je eigene religiös weltanschauliche Identität in das Bewusstsein gehoben. Es sollen die zentralen Elemente der christlich abendländischen Kultur kennen gelernt werden. Den verschiedenen Religionen und ihrem Glauben soll offen begegnet werden und die Unterschiede sollen wahrgenommen werden. Dadurch soll ein Grundverständnis über den Stellenwert und die Bedeutung von Religion erworben werden.

„Sich in ersten Ansätzen unterschiedlicher Wertigkeiten im eigenen Handeln bewusst sein und Orientierungspunkte für das eigene Handeln entdecken.“ Vor dem Hintergrund dieses Bildungsziels wird versucht, mit den Kindern „Klarheit darüber (zu) erwerben, was wichtig ist und worauf man verzichten kann, was Glück ausmacht und was umgekehrt ärgert oder verletzt.“127 Die Bedeutung einer vergebenden Grundhaltung sich selbst und anderen gegenüber wird hierbei ebenso betont wie die Fähigkeit, mit Konflikten konstruktiv und bejahend umzugehen. Es gilt auch Personen aus den unterschiedlichen religiösen Traditionen wahrzunehmen, die helfen können, eigene Werthaltungen zu entwickeln.

Die Entwicklung solch eigener Werthaltungen zeigt die Notwendigkeit folgender Kompetenz auf: „Fähig sein, eigene Sinn- und Bedeutungsfragen zu artikulieren und Antwortversuche zu erproben.“128 Dabei soll der Unterschied zwischen einer „rein naturwissenschaftlichen Sicht auf Lebens- und Weltphänomene und einer hinter diese Phänomene blickenden Perspektive, die nach Sinn und Bedeutung, nach dem Woher, dem Wohin und dem Wozu fragt“,129 erkannt werden. Dazu bedarf es einer Grundhaltung des Staunens, Dankens und Bittens und der Entwicklung entsprechender Ausdrucksformen. Diese Ausdrucksformen gilt es immer wieder auf das eigene Leben zu beziehen und sich mit anderen über die eigenen Erfahrungen auszutauschen.

Kinder entwickeln eine Sensibilität „für sinnstiftende ganzheitliche Erfahrungszusammenhänge“130, wenn sie Rituale kennen lernen, die das Leben strukturieren und ordnen helfen. Hierzu dient auch das Erleben religiöser Feste, das Kennenlernen religiöser Erzählungen der Bibel und anderer religiöser Schriften, und das Erleben sakraler Räume in und außerhalb liturgischer Vollzüge. Insgesamt gilt es, die Symbolkraft der Religionen zu erschließen und dabei den Zusammenhang mit der kindlichen Erfahrung herzustellen. Dadurch erhalten die Kinder Anregungen für die eigene Lebensgestaltung.

 

2.5.1.3. Bedeutung im pädagogischen Alltag

Die Bedeutung dieses Bildungsbereiches ist im Hinblick auf die Entwicklung des Kindes und die Verbindlichkeit der Umsetzung mit den anderen Bildungs- und Erziehungsbereichen gleichwertig. „Sie hat einen festen Platz in der Bildungs- und Erziehungsarbeit in den Kindertageseinrichtungen.“131 Unterschiede gibt es jedoch in der Umsetzung. Diese sind in der unterschiedlichen Trägerstruktur, der verschiedenen Beheimatung der Kinder in unterschiedlichen Religionen und in den unterschiedlichen Vorstellungen der Eltern und Teams begründet.

2.5.1.4. Pädagogische Leitlinien

Den o.g. Unterschieden hat ethische und religiöse Bildung und Erziehung Rechnung zu tragen. Dies geschieht auf dreifache Weise. Ausgangspunkt sind die Bedürfnisse und Fähigkeiten der Kinder vor Ort. Sie geschieht in unterschiedlicher Ausprägung. D.h. sie kann vom bloßen Kennenlernen und Informieren bis zur persönlichen Identifikation und dem persönlichen Vollzug reichen. In diesem Zusammenhang sei auch auf eine wichtige Einschätzung des Bildungs- und Erziehungsplans verwiesen: „Die Erfahrungen zeigen, dass eine nur appelative Erziehung wenig bewirkt. Gefragt sind vielmehr konkrete Beispiele, in denen (z. B.) die Wendung von der Selbstliebe zur Nächstenliebe anschaulich nachvollzogen werden kann.“132 Als unabhängiger Grundsatz gilt: ethische und religiöse Bildung und Erziehung „bilden eine unzertrennliche Einheit. … Religion und Ethik sind daher wechselseitig aufeinander angewiesen.“133 Vor dem Hintergrund dieser gilt als dritte pädagogische Leitlinie: „Ethische und religiöse Bildung und Erziehung versteht sich als ein auszuhandelnder Bereich. Das Angebot … wird im Team, mit Eltern und mit dem Träger besprochen. Ziele, Inhalte und Methoden werden dabei offengelegt und zur Diskussion gestellt. Ein besonderes Augenmerk wird dabei auf die Bedeutung dieses Bildungs- und Erziehungsbereichs für die aktuellen Entwicklungsaufgaben des Kindes gelegt.“134

2.5.1.5. Lernumgebung, Atmosphäre und Kooperation

Eine geeignete Lernumgebung wird erkennbar durch jederzeit zugängliche geeignete Bilderbücher, durch religiöse Symbole, durch Rückzugsmöglichkeiten, wie z. B. einen Raum der Stille und durch einen Bezug zu gelebter Religiosität z. B. in der Pfarrgemeinde.

Eine bedeutsame Atmosphäre ist zum einen vom humanistischchristlichen Menschenbild geprägt. Zugleich aber auch von der Offenheit und Wertschätzung gegenüber anderen Kulturen und Weltanschauungen. Wesentlich ist die Kontinuität der Erfahrung der verschiedenen Kulturen und Religionen. Von besonderer Bedeutung sind in diesem Zusammenhang die pädagogischen Fachkräfte als Vorbilder. Wo die Kinder kontinuierlich erfahren, dass Werte und Überzeugungen immer wieder neu realisiert werden, stärkt dies die moralische Entwicklung der Kinder.135

Vor dem Hintergrund der notwendigen Aushandlung dieses Bildungsbereiches ist die kontinuierliche Kooperation mit Eltern und Vertretern der verschiedenen Religionen zwingend gegeben. Gleichzeitig wird diese Kooperation aber z. B. durch den Besuch einer Moschee oder Kirche für die Kinder zu einer lebendigen Erfahrung.

2.5.2. Umwelt
2.5.2.1. Leitgedanken

Die ökologischen Veränderungen im globalen Kontext gewinnen zunehmend an Bedeutung. Von daher werden Umweltbildung und -erziehung zunehmend an Bedeutung und greifen in viele Lebensbereiche und somit auch Bildungsbereiche hinein. Drei wesentliche Leitgedanken benennt der Bayerische Bildungs- und Erziehungsplan. Er geht zunächst von der unmittelbaren Naturbegegnung der Kinder mit Pflanzen und Tieren aus. Das heißt, „Kindern ist die Begegnung mit der Natur zu ermöglichen, um ihnen darin zugleich vielfältige Gestaltungsmöglichkeiten zu eröffnen.“136 Der zweite Aspekt muss sich mit dem Selbstverständnis des Menschen in seinem Verhältnis zur Umwelt auseinandersetzen. Es geht also um eine Entwicklung von Werthaltungen. Da Kinder nur sehr begrenzt – wenn überhaupt – Verantwortung für die sich entwickelnden Gefährdungen tragen, gilt es, die unmittelbaren Verantwortungsbereiche der Kinder in den Blick zu nehmen. Dies kann der Umgang mit Müll und der schonende Umgang mit Ressourcen sein. Erwachsene tragen hierbei in zweierlei Hinsicht Verantwortung: Einerseits schützen sie die Kinder vor Gesundheitsschäden, die auf Umweltbelastungen zurückzuführen sind. Und andererseits „zeigen sie Kindern, dass es sich lohnt und Spaß machen kann, sich für eine gesunde Umwelt einzusetzen.“137 Dieser Aspekt führt zum dritten Leitgedanken. In diesem Aspekt wird der Gedanke der „Agenda 21“ aufgegriffen, der Weiterentwicklung der Umweltbildung zu einer „Bildung für nachhaltige Entwicklung“. Der Bildungsplan formuliert: „Bereits junge Kinder bringen die Voraussetzungen mit, diesem Ziel im Rahmen entwicklungsangemessener Lernprozesse zu entsprechen.“138

2.5.2.2. Bildungs- und Erziehungsziele

„Das Kind lernt, Umwelt mit allen Sinnen zu erfahren und sie als unersetzlich und verletzbar wahrzunehmen. Es entwickelt ein ökologisches Verantwortungsgefühl und ist bemüht, auch in Zusammenarbeit mit anderen, die Umwelt zu schützen und sie auch für die nachfolgenden Generationen zu erhalten.“139 Diese Ziele werden in zwei Bereichen verfolgt, die sich auch schon aus den Leitgedanken heraus abzeichnen: Zum einen die konkrete Naturbegegnung; darin geht es darum, die Natur mit allen Sinnen wahrzunehmen und sich auch konkretes Wissen anzueignen (z. B. Blätter kennen, Früchte, Lebensbedingungen von Tieren …), und zum anderen der praktische Umweltschutz und das sich entwickelnde Umweltbewusstsein. Damit ist z. B. gemeint, Einsichten in ökologische Kreisläufe zu entdecken (z. B. Wasser) und entsprechende kindliche Einfluss- und Verantwortungsbereiche wahrzunehmen.

2.5.2.3. Bedeutung im pädagogischen Alltag

Umweltbildung hat – so die Perspektive des Bildungs- und Erziehungsplans – den „Status einer gesellschaftlich erwünschten Zielvorstellung. … Sie findet täglich statt. Sie lässt sich jederzeit in das Alltagsgeschehen der Einrichtung integrieren. Und: Umweltbildung eignet sich in besonderer Weise zur Vernetzung mit anderen Bildungs- und Erziehungsbereichen. An erster Stelle wird hier der themenbezogene Bildungs- und Erziehungsbereich Werte und Religiosität genannt. Die Frage der Hoffnung und Zuversicht auf der einen Seite und die Frage nach dem Verhältnis des Menschen bzw. die Rolle des Menschen im Zusammenhang mit seiner Umwelt spielen hier eine zentrale Rolle.140

2.5.2.4. Pädagogische Leitlinien

Diese Ziele werden einrichtungsspezifisch umgesetzt. Sie orientieren sich an der Entwicklung der Kinder und deren Bedürfnissen. Es muss ein Zusammenhang zwischen Zielsetzungen und Handlungsweisen hergestellt werden. Von daher gilt das Prinzip der Entwicklungsangemessenheit. Für Kinder unter drei Jahren bedeutet dies, einen primär emotionalen Umgang zur Umwelt zu eröffnen und die Grundhaltungen der Freude und des Staunens über die Vielfalt Schönheit von Fauna und Flora entwickeln zu helfen. Mit zunehmendem Alter gilt es, die Warum-Fragen sehr ernst zu nehmen und Möglichkeiten zu eröffnen, Zusammenhänge möglichst selbstständig zu entdecken und so die Zusammenhänge einer nachhaltigen Entwicklung zu verdeutlichen. „Was ich als Mensch der Umwelt zumute, wirkt auf mich zurück.“ Dies gilt es, in besonderer Weise durch exemplarisches Lernen zu verdeutlichen. Wenn Kinder diese zweite Leitlinie konkret erfahren, können sie beispielsweise nach einem Waldprojekt diese Erfahrungen unter Anleitung auf andere Orte und Situationen übertragen. Entsprechendes Gewicht erlangt auch hier die (entwicklungsangemessene) Partizipation der Kinder. Da die Probleme der Umwelt eine sehr langfristige Aufgabe für alle Beteiligten darstellen, ist von besonderer Bedeutung, auf eine längerfristig angelegte Projektarbeit zu achten. Die Kinder lernen dadurch zweierlei. Zum einen, dass Umweltaufgaben einen langen Atem brauchen (Durchhaltevermögen) und immer wieder angegangen werden müssen und zum anderen: Sie lernen die pädagogischen Fachkräfte als selbst immer wieder neu Lernende kennen. Wichtig ist hierbei, den Kindern Erfolgserlebnisse zu vermitteln und die Kinder nicht zu entmutigen. Die Arbeit an solchen Umweltprojekten ermutigt die Kinder, zentrale Fragen des Lebens wahrzunehmen. Gerade durch den Aufenthalt im Freien, z. B. durch den Umbau des Außengeländes, begegnen Kinder den Prozessen des Werdens und Vergehens und den sich daraus ergebenden zentralen Fragen, z. B. nach Leben und Tod. Die letzte Leitlinie beachtet den Aspekt der Beobachtung und Reflexion. Auch hier gilt in besonderer Weise die Vorbildfunktion des Fachpersonals und die ständige Reflexion auf das eigene Umweltverhalten und das sich darin ausdrückende Wertverständnis.141

2.5.2.5. Lernumgebung, Atmosphäre und Kooperation

Als geeignete Lernumgebung wird auf eine umweltfreundliche Bauweise, Raum- und Gartengestaltung, Sachausstattung und Betriebsführung hingewiesen. In diesem Zusammenhang gibt es viele Möglichkeiten, Kinder und Eltern zu beteiligen und so umweltfreundliches Denken und Handeln einzuüben. Insbesondere die Gestaltung des Außengeländes eröffnet viele Möglichkeiten der Mitwirkung. In der Zusammenarbeit mit den Eltern gilt es zu bedenken, dass es unterschiedliche Lebensstile der Familien gibt und sich darin auch unterschiedliche Werte im Zusammenhang mit Umwelt ausdrücken. Einerseits gilt es, diese zu berücksichtigen und andererseits sind die Werthaltungen der Einrichtung im Hinblick auf Umweltbildung den Eltern auch verständlich zu machen. Dies schafft eine Atmosphäre, in der Kinder erleben, dass Umwelt zukunftsfähig gestaltet werden kann. In einer solchen Atmosphäre können Kinder aber auch ihre Ängste formulieren. Insbesondere dann brauchen sie Erwachsene, die selbst Mut und Hoffnung haben und mit den Kindern Wege aufzeigen, wie man „gemeinsam Ideen zur Verbesserung entwickeln und entsprechend handeln kann.“142 In diesem Zusammenhang ist eine kontinuierliche Zusammenarbeit insbesondere mit der lokalen Agenda 21 von herausragender Bedeutung. Diese Kooperationen eröffnen den pädagogischen Fachkräften, mit den Kindern und mit Eltern Neues zu erkunden und eigenes Fachwissen laufend zu aktualisieren.