Gefährliche Liebschaften

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Dieser Vorschlag, den Sie mir machen, darauf hinzuarbeiten, daß Herr von Valmont seinen Aufenthalt hier abkürzt, das scheint mir etwas schwierig bei seiner Tante durchzusetzen, die ihren Neffen sehr liebt. Ich verspreche Ihnen aber, es zu versuchen, nicht aus meinem Bedürfnis heraus, sondern um Ihnen zu dienen; ich werde also die Gelegenheit wahrnehmen, sei es bei der Tante, oder bei ihm selbst. Was mich betrifft, so nimmt Herr von Tourvel an, daß ich bis zu seiner Rückkunft hier bleibe, und er würde, und mit Recht, anders sehr erstaunt darüber sein, wie leicht ich meine Pläne ändere.

Das sind lange Auseinandersetzungen, gnädige Frau, aber ich glaubte um der Wahrheit wegen, Herrn von Valmont ein besseres Zeugnis geben zu müssen, dessen er, wie mir scheint, bei Ihnen sehr bedarf. Ich schätze darum die Freundschaft nicht geringer, die Sie ja allein veranlaßte, mir die guten Ratschläge zu geben. Ihrer Freundschaft verdanke ich ja auch alles Verbindliche, das Sie mir betreffs des Aufschubes der Hochzeit sagen, und ich danke Ihnen aufrichtig dafür. So groß auch das Vergnügen, diese festliche Zeit mit Ihnen zu verbringen, sein wird, ich würde es gerne dem Wunsche von Fräulein von Volanges opfern, schon früher glücklich zu sein, – wenn Sie es je mehr sein kann als in der Nähe einer Mutter, die wie Sie ihrer Zärtlichkeit und ihrer Achtung so würdig ist.

Ich teile mit ihr diese beiden Empfindungen, die mich an Sie fesseln, und bitte diese Versicherung mit Güte entgegenzunehmen. Ich bin in Ehrfurcht . . .

Schloß . . ., den 13. August 17..

Zwölfter Brief

Cécile Volanges an die Marquise von Merteuil.

Mama ist unwohl, gnädige Frau, sie kann nicht ausgehen und ich muß ihr Gesellschaft leisten, weshalb ich nicht die Ehre haben kann, Sie in die Oper zu begleiten. Ich versichere Ihnen, ich bedaure es mehr, nicht bei Ihnen sein zu können, als die Vorstellung zu versäumen, und ich bitte Sie, davon überzeugt zu sein. Ich liebe Sie sehr. Wollen Sie gefälligst dem Herrn Chevalier von Danceny sagen, daß ich diese Lieder nicht habe, von denen er mit mir sprach, und wenn er sie mir morgen bringen könnte, würde es mich sehr freuen. Käme er heute, so würde man ihm sagen, daß wir nicht zu Hause sind, weil Mama niemanden empfangen will. Ich hoffe, sie wird sich morgen wieder wohl fühlen.

Paris, den 13. August 17..

Dreizehnter Brief

Die Marquise von Merteuil an Cécile Volanges.

Ich bin sehr betrübt, mein schönes Fräulein, des Vergnügens beraubt zu sein, Sie zu sehen, und um dessen Ursache wegen. Ich hoffe, diese Gelegenheit wird sich sehr bald wiederfinden. Ich werde dem Chevalier Danceny Ihren Auftrag bestimmt ausrichten; er wird gewiß über die Erkrankung Ihrer Mama sehr betrübt sein. Wenn sie mich morgen empfangen will, werde ich ihr gern Gesellschaft leisten. Wir wollen dann zusammen den Chevalier von Belleroche im Piquet attakieren, und wir würden außer dem Vergnügen, ihm sein Geld abzugewinnen, auch noch dieses haben, Sie mit Ihrem liebenswürdigen Meister singen zu hören, dem ich das vorschlagen werde. Wenn das Ihrer Mama und Ihnen paßt, so stehe ich für mich und meine beiden Chevaliers. Adieu, meine Schöne, und meine Empfehlungen der lieben Frau von Volanges. Ich küsse Sie zärtlichst.

Paris, 13. August 17..

Vierzehnter Brief

Cécile Volanges an Sophie Carnay.

Ich habe Dir gestern nicht geschrieben, meine liebe Sophie, aber ich versichere Dir, das Vergnügen war nicht Schuld daran. Mama war krank, und ich verließ sie den ganzen Tag über nicht. Als ich mich abends zurückzog, hatte ich zu nichts mehr Lust und ich legte mich sehr schnell zu Bett, um die Überzeugung zu bekommen, daß der Tag wirklich zu Ende sei; niemals erschien mir ein Tag so lang. Nicht daß ich Mama nicht liebte, aber ich weiß nicht was es war. Ich sollte mit Frau von Merteuil in die Oper gehen und der Chevalier Danceny sollte mit dabei sein. Du weißt wohl, daß die beiden meine liebsten Menschen sind. Als die Stunde kam, zu der ich da sein sollte, zog sich mir das Herz zusammen, ganz wider Willen. Da ärgerte ich mich über alles und weinte und weinte ohne Aufhören. Glücklicherweise lag Mama zu Bett und konnte mich nicht hören. Ich bin sicher, der Chevalier Danceny war auch traurig; aber er wird sich im Theater und an den vielen Leuten da zerstreut haben, und das ist schon etwas anderes.

Zum Glück geht es Mama heute wieder besser, und Frau von Merteuil wird kommen mit einem Herrn und dem Chevalier Danceny; aber sie kommt immer erst so spät, und es ist so langweilig, wenn man allein ist und wartet.


Es ist erst elf Uhr. Es ist wahr, ich muß noch etwas Harfe spielen und meine Toilette wird mich noch etwas Zeit kosten, denn ich will heute schön sein. Ich glaube, Mutter Perpetua hat Recht, daß man kokett wird, sobald man in die Welt tritt. Ich habe noch niemals solche Lust gehabt, hübsch auszusehen, als seit einigen Tagen, und ich finde, daß ich nicht so hübsch bin, wie ich zu sein glaubte; dann verliert man auch an Farbe neben allen den Frauen, die sich schminken. Bei Frau von Merteuil zum Beispiel bemerke ich ganz gut, daß sie sie alle schöner finden als mich, aber das betrübt mich nicht sehr, denn sie hat mich sehr gern. Auch versichert sie mir, daß der Chevalier von Danceny mich schöner findet als sie. Das ist doch ehrlich von ihr, mir das zu sagen, nicht? Es schien ihr sogar Vergnügen zu machen. Das zum Beispiel verstehe ich aber nicht. Sie muß mich doch sehr lieb haben! Und er! . . . o! Du ahnst nicht, wie mir das Freude macht! Dann scheint es mir immer, daß ihn anzusehen schon allein genügt, um schöner zu werden. Ich würde ihn immer ansehen, wenn ich nicht fürchtete, seinen Blicken zu begegnen; denn jedesmal, wenn mir das passiert, verliere ich ganz meine Fassung und das tut mir weh; aber das macht nichts. Adieu, meine liebe Freundin; ich will Toilette machen. Ich liebe Dich wie immer.

Paris, den 14. August 17..

Fünfzehnter Brief

Der Vicomte von Valmont an die Marquise von Merteuil.

Das ist wirklich hübsch von Ihnen, daß Sie mich in meinem traurigen Schicksal nicht verlassen. Das Leben, das ich hier führe, ist wirklich ermüdend, – nichts als stille Ruhe und eine tödliche Einförmigkeit. Während ich in Ihrem Briefe die Details Ihres reizenden Tages las, war ich zwanzigmal versucht, irgendein Geschäft vorzugeben und vor Ihre Füße zu fliegen, um da die Gunst der Untreue an Ihrem Chevalier zu erbitten, der trotz allem und allem soviel Glück nicht verdient. Wissen Sie, daß Sie mich eifersüchtig auf ihn machten? Was erzählen Sie mir da von einer ewigen Trennung! Ich verleugne diesen Schwur, den ich in Sinnlosigkeit tat; wir wären ja nicht würdig gewesen ihn zu schwören, wenn wir ihn hätten halten müssen. Ach, daß ich mich eines Tages in Ihren Armen an dem unbehaglichen Gefühl, das mir das Glück des Chevaliers bereitet, rächen könnte! Ich gestehe, ich bin wütend, wenn ich an diesen Menschen denke, der ohne zu denken und mühelos, nur blöd und dumm dem Instinkt seines Herzens folgend, ein Glück findet, das ich nicht erreichen kann. Aber ich werde es ihm nehmen. Versprechen Sie mir, daß ich es ihm nehmen werde. Und Sie selbst, fühlen Sie sich gar nicht erniedrigt?


Sie geben sich die Mühe ihn zu betrügen und er ist glücklicher als Sie. Sie glauben ihn in Ihren Ketten zu haben, und Sie sind es, die in den seinen liegt. Er schläft ruhig, während Sie über sein Vergnügen wachen. Was mehr würde sein letzter, Bedienter für ihn tun? Sehen Sie, meine schöne Freundin, wenn Sie sich unter viele teilen, bin ich nicht eine Spur eifersüchtig; denn da sehe ich in Ihren Liebhabern nur die Nachfolger Alexanders, denen es allen nicht möglich ist, das Reich zu halten, das ich allein regierte. Aber daß Sie sich einem von ihnen vollständig ergeben, daß noch ein Mann existieren soll so glücklich wie ich, – das dulde ich nicht, und glauben Sie nicht, daß ich es dulden werde. Entweder nehmen Sie mich wieder, oder Sie nehmen einen anderen und verraten nicht wegen einer Laune die unwandelbare Freundschaft, die wir uns geschworen haben.

Bei Gott, ich habe mich gerade genug über die Liebe zu beklagen: woraus Sie sehen, daß ich mich Ihren Anordnungen füge und meinen Irrtum bekenne. Ja, wenn das wirklich verliebt sein heißt: nicht ohne den Besitz dessen, was man wünscht, leben können, seine Zeit dafür opfert, sein Vergnügen, sein Leben, ja, dann bin ich wirklich und wahrhaftig verliebt. Ich bin nicht um einen Schritt weiter gekommen. Ich hätte Ihnen in dieser Hinsicht gar nichts Neues mitzuteilen, wäre nicht etwas eingetreten, das mir viel zu denken gibt und von dem ich noch nicht weiß, ob ich etwas befürchten oder etwas hoffen soll.

Sie kennen meinen Jäger, ein Juwel der Intrigue, ein wahrhafter Kammerdiener der Komödie. Sie können sich denken, daß seine Aufgabe diese war, sich in die Kammerjungfer zu verlieben und die Dienerschaft betrunken zu machen. Der Spitzbube ist glücklicher als ich, denn ihm gelang es. Und er hat herausgebracht, daß Frau von Tourvel einen ihrer Leute damit beauftragte, Erkundigungen über mein Leben hier einzuziehen und mir sogar auf meinen morgendlichen Spaziergängen, soweit wie möglich, unmerklich zu folgen. Welches Recht nimmt sich diese Frau? Sie, die Bescheidenste unter allen, wagt Dinge, die wir uns kaum erlauben! . . . Was sagen Sie dazu? . . . Bevor ich aber die Rache an dieser Weibeslist bedenke, suche ich nach dem Mittel, mir diese List nützlich zu machen. Bisher hatten diese meine verdächtigen Spaziergänge keine besonderen Ursachen, geben wir ihnen also welche. Das verlangt jetzt meine ganze Aufmerksamkeit und ich verlasse Sie, um darüber nachzudenken. Adieu, meine schöne Freundin,

 

Immer noch Schloß . . ., den 15. August 17..

Sechzehnter Brief

Cécile Volanges an Sophie Carnay.

Ach, meine Sophie, ich habe Neuigkeiten! Eigentlich darf ich sie nicht sagen, aber ich muß mit jemandem darüber sprechen, es ist stärker als ich. Dieser Danceny . .. ich bin so aufgeregt, daß ich gar nicht schreiben kann. Ich weiß nicht womit beginnen. Also seitdem ich Dir von jenem reizenden Abend erzählte, den ich bei Mama mit ihm und Frau von Merteuil verbrachte, habe ich Dir nichts mehr von ihm erzählt; ich wollte mit niemand mehr darüber sprechen, aber gedacht hab ich immer daran. Seit der Zeit also ist er so traurig geworden, so traurig, aber so traurig, daß es mir sehr weh tat. Als ich ihn fragte warum, antwortete er immer, nein, er sei nicht; aber ich sah es doch ganz deutlich. Endlich gestern war es noch schlimmer als sonst; und jedesmal, wenn er mich ansah, schnürte es mir die Kehle zusammen; er hatte aber trotzdem die Gefälligkeit, mit mir zu singen ganz wie gewöhnlich. Wir hatten gesungen, er schloß meine Harfe in ihr Etui, und indem er mir den Schlüssel gab, bat er mich, sobald ich allein wäre den Abend, noch einmal zu spielen. Ich dachte an nichts weiter und hatte auch gar nicht einmal Lust dazu; er bat mich aber so lange, bis ich ja sagte. Er mußte aber seinen Grund dafür haben. Und wirklich, als ich am Abend allein und mein Kammermädchen hinausgegangen war, holte ich meine Harfe hervor, und – fand in den Saiten einen unversiegelten, nur zusammengelegten Brief von ihm! Ach! wenn Du wüßtest was er mir alles schreibt! Seitdem ich diesen Brief gelesen habe, bin ich so... so voller Freude, daß ich an nichts anderes mehr denken kann. Viermal habe ich ihn immer wieder durchgelesen, und dann habe ich ihn in meinen Schreibtisch gesperrt. Ich kann ihn auswendig. Und im Bett wiederholte ich mir ihn Wort für Wort, so daß ich nicht einschlafen konnte. Sobald ich die Augen schloß, stand er vor mir und sagte mir selber alles, was ich soeben gelesen hatte. Ich schlief so erst sehr spät ein. Wie ich aufwachte – es war ganz früh am Morgen – holte ich gleich den Brief hervor, um ihn nochmals nach Herzenslust zu lesen. Ich nahm ihn mit ins Bett und küßte ihn, als wenn... Es ist vielleicht unrecht von mir, einen Brief so zu küssen, aber ich konnte nicht anders.

Jetzt, meine liebe Freundin, so sehr glücklich ich mich auch fühle, so sehr bin ich auch in Verlegenheit. Soll ich auf diesen Brief antworten? Ich weiß, daß sich das nicht schickt, und doch verlangt er es von mir; und wenn ich es nicht tue, so weiß ich, wird er traurig sein. Es ist ja auch so betrübend für ihn! Was rätst Du mir? Aber Du wirst auch nicht mehr wissen als ich. Ich habe Lust, Frau von Merteuil darüber zu fragen, ich weiß, wie sehr sie mich liebt. Ich möchte ihn trösten und doch auch nichts tun, was Unrecht wäre.


Man sagt uns immer, wir sollen ein gutes Herz haben, und dann verbietet man uns wieder, dem guten Herzen zu folgen, sowie es einen Mann betrifft – das ist doch nicht ganz gerecht. Ist denn ein Mann nicht auch unser Mitmensch ganz so wie eine Frau und vielleicht noch mehr? Denn man hat doch einen Vater und eine Mutter, einen Bruder und eine Schwester. Und dann ist doch auch noch der Gatte. Und doch, wenn ich etwas tun würde, was nicht ganz recht wäre, vielleicht würde Herr von Danceny selbst seine gute Meinung von mir verlieren? Da wäre es mir doch noch lieber, daß er traurig bleibt; und vielleicht bringt es die Zeit. Wenn er gestern geschrieben hat, deshalb brauche ich doch heute nicht gleich antworten. Dann sehe ich Frau von Merteuil noch heute abend, und wenn ich dann den Mut dazu habe, so werde ich ihr alles erzählen. Wenn ich das tue, was sie mir rät, so werde ich mir nichts vorzuwerfen haben. Vielleicht rät sie mir, ihm etwas zu schreiben, damit er nicht mehr gar so traurig ist! Ich bin recht unglücklich.

Adieu, meine liebe Freundin. Sage mir jedenfalls, wie Du darüber denkst.

Paris, den 19. August 17..


Siebzehnter Brief

Der Chevalier Danceny an Cécile Volanges.

Mein Fräulein! Ehe ich dem Vergnügen oder dem Bedürfnisse, Ihnen zu schreiben, nachgebe, bitte ich Sie, mich gnädig anhören zu wollen. Ich fühle, ich bedarf der Nachsicht, wenn ich es wage, Ihnen meine Gefühle auszudrücken – der Brief wäre unnötig, wenn ich sie nur rechtfertigen wollte. Was kann ich Ihnen anderes zeigen als das, was Sie aus mir gemacht haben? Was habe ich Ihnen noch zu sagen, als das, was meine Blicke, meine Erregung, mein Benehmen und selbst mein Stillschweigen Ihnen noch nicht gesagt hätten? Warum sollten Sie sich über ein Gefühl betrüben, das Sie selbst heraufbeschworen haben? Von Ihnen ist es ausgegangen, und würdig, Ihnen dargebracht zu werden; und wenn es brennend ist wie meine Seele, so ist es auch ebenso rein wie die Ihre. Ist es ein Verbrechen, Ihre entzückende Gestalt zu lieben, Ihre verführerischen Talente, Ihre bezaubernde Anmut, und jene rührende Unschuld, die allen diesen schon so wertvollen Eigenschaften noch das Wertvollste gibt? Nein, sicher nicht. Aber ohne schuldig zu sein, kann man doch unglücklich sein, und dieses ist mein Los, wenn Sie sich meine Huldigung verbieten. Sie sind die erste, der mein Herz sie darbringt. Ohne Sie wäre ich, wenn auch nicht glücklich, so doch ruhig. Ich sah Sie, und von der Stunde floh die Ruhe von mir und schwankt mein Geschick. Und doch wundern Sie sich über meine Traurigkeit und fragen nach der Ursache, ja manchmal glaubte ich, daß Sie sich darüber betrübten. Ach! sagen Sie ein Wort, und meine Seligkeit wird Ihr Werk sein. Aber, bevor Sie es aussprechen, bedenken Sie, daß ein Wort mich unglücklich machen kann. Sie halten mein Schicksal. Durch Sie werde ich auf ewig glücklich oder ewig unglücklich sein, und – in welch liebere Hände könnte ich diese große Entscheidung legen?

Ich schließe den Brief, wie ich ihn angefangen habe: Ich bat um Nachsicht, und daß Sie mich anhören möchten; ich wage noch mehr: ich bitte Sie, mir zu antworten. Wenn Sie das nicht tun, so nehme ich an, daß Sie sich beleidigt fühlen, mein Herz aber bürgt mir dafür, daß meine Achtung meiner Liebe gleichkommt.

P. S. Sie können mir auf dieselbe Art antworten, derer ich mich bediene, Ihnen den Brief zukommen zu lassen; sie scheint mir ebenso sicher wie bequem.

den 18. August 17..

Achtzehnter Brief

Cécile Volanges an Sophie Carnay.

Wie, Sophie, Du mißbilligst schon im voraus was ich tun werde? Ich hatte mir schon so genug Sorgen gemacht und nun vermehrst Du sie noch. Du sagst, es wäre ganz klar, daß ich nicht antworten dürfe. Du hast leicht reden, denn Du weißt nicht genau, worum es sich handelt; Du bist nicht da, um das alles zu sehen. Ich bin überzeugt, daß Du es genau so machen würdest wie ich, wenn Du an meiner Stelle wärst. Gewiß, für gewöhnlich soll man nicht antworten, und Du siehst aus meinem gestrigen Brief, daß ich es auch nicht wollte; aber ich glaube nicht, daß sich je irgend jemand in einer solchen Lage befunden hat wie ich.

Dazu noch verurteilt zu sein, ganz allein einen Entschluß zu fassen! Frau von Merteuil sollte gestern abend kommen und kam nicht. Alles kehrt sich gegen mich. Sie ist die Ursache, daß ich ihn kennen lernte, ich habe ihn beinahe immer mit ihr gesehen, und in ihrer Gegenwart habe ich mit ihm gesprochen. Ich nehme ihr das ja nicht übel; aber daß sie mich jetzt in meiner Verlegenheit im Stiche läßt ... O! wie bin ich zu bedauern! Stelle Dir vor, er kam gestern wie gewöhnlich. Ich traute mich kaum ihn anzusehen, so sehr verwirrt war ich. Er konnte nicht mit mir sprechen, weil Mama dabei war. Ich bezweifelte nicht, daß er sehr böse sein würde, wenn er die Entdeckung machen wird, daß ich nicht geschrieben hatte. Ich wußte gar nicht, wie ich mich benehmen sollte. Bald nachher fragte er mich, ob er mir meine Harfe bringen dürfte. Mein Herz klopfte so heftig, daß ich nichts anderes sagen konnte als ja. Als er zurückkam, war es noch schlimmer. Ich sah nur ganz schnell zu ihm hinüber. Er sah mich nicht an, aber er sah aus, als wenn er krank wäre. Das tat mir furchtbar leid. Jetzt stimmte er meine Harfe, und als er sie mir brachte, sagte er: O, mein Fräulein... – Nur diese zwei Worte, aber mit einem Ton, daß ich ganz weg war. Ich spielte ohne zu wissen was ich tat. Mama fragte, ob wir denn nicht singen würden. Er entschuldigte sich mit etwas Unwohlsein, und ich, mir fiel keine Ausrede ein, und ich mußte singen. Lieber hätte ich keine Stimme gehabt! Ich suchte ein Lied aus das ich nicht konnte; denn ich war überzeugt, daß ich nicht singen könnte, und bei einem andern Lied hätte man etwas gemerkt. Glücklicherweise kam ein Besuch; sobald ich hörte, daß ein Wagen vorgefahren war, hörte ich auf und bat den Chevalier, die Harfe wieder zurückzutragen. Ich hatte Angst, daß er bei der Gelegenheit fortgehen würde, aber er kam wieder zurück.

Während Mama sich mit dieser Dame unterhielt, wollte ich ihn ein wenig ansehen. Ich begegnete seinem Blick, und ich konnte die meinen nicht davon wegbringen. Bald darauf sah ich, daß er Tränen in den Augen hatte, und er mußte sich umdrehen, damit man es nicht sah.


Da konnte ich nicht mehr an mir halten, ich fühlte, daß ich auch zu weinen anfing. Ich ging hinaus und schrieb schnell mit Bleistift auf ein Stück Papier: »Seien Sie doch nicht so traurig, ich bitte darum; ich verspreche zu antworten.« Da kannst Du doch nicht sagen, daß da ein Unrecht dabei ist; es war eben stärker als ich. Ich steckte mein Papier in die Saiten meiner Harfe, genau so, wie sein Brief gesteckt hat und kam in den Salon zurück. Ich fühlte mich ruhiger. Ich wünschte, daß die Dame schon fortginge – glücklicherweise war sie nur so eine Visite, und sie ging auch bald. Kaum war sie fort, sagte ich, daß ich meine Harfe wieder haben möchte und bat ihn, sie wieder zu holen. Ich sah ihm wohl an, daß er an nichts dachte. Aber als er zurückkam, – wie war er froh! Indem er die Harfe vor mich hinsetzte, stellte er sich so, daß Mama ihn nicht sehen konnte, und drückte meine Hand... aber wie er sie drückte!... Es war nur ein Augenblick, doch was ich dabei empfand, kann ich Dir nicht beschreiben. Ich zog aber meine Hand zurück und habe mir so nichts vorzuwerfen.

Jetzt siehst Du, meine liebe Freundin, daß ich doch nicht anders kann, als ihm schreiben, da ich es ja versprochen habe; und ich will ihm auch keinen Kummer mehr machen, weil ich mehr darunter leide als er. Wenn es etwas Schlimmes wäre, würde ich es gewiß nicht tun. Worin kann das Unrecht bestehen, zu schreiben, wenn es jemanden verhindert unglücklich zu sein? Was mich etwas in Verlegenheit bringt ist nur, daß ich nicht recht weiß, wie den Brief schreiben; aber er wird schon fühlen, daß das nicht meine Schuld ist; dann glaube ich auch sicher, daß es genügt, daß er von mir kommt, und es wird ihm Freude machen.

Adieu, meine liebe Freundin. Wenn Du findest, daß ich im Unrecht bin, so sage es mir; aber ich glaube es nicht. Mit jeder Minute meinem Brief an ihn näher, schlägt mein Herz stärker. Aber ich muß es; denn ich habe es versprochen. Adieu.

Paris, den 20. August 17..

Neunzehnter Brief

Cécile Volanges an den Chevalier Danceny.

Sie waren gestern so traurig, und das tut mir so leid, daß ich mich hinreißen ließ, Ihnen zu versprechen, den Brief zu beantworten, den Sie mir geschrieben haben. Ich fühle heute nicht weniger, daß ich es eigentlich nicht tun sollte. Da ich es jedoch versprochen habe, so will ich mein Wort halten, und das soll Ihnen die Freundschaft beweisen, die ich für Sie empfinde. Jetzt, da Sie dies wissen, hoffe ich, daß Sie von mir nicht verlangen werden, daß ich mehr schreibe. Auch hoffe ich, daß Sie niemandem sagen werden, daß ich Ihnen geschrieben habe, denn das würde man mir sicher übelnehmen, was mir viel Kummer bereiten könnte. Besonders hoffe ich, daß Sie selbst deshalb nicht schlecht über mich denken werden, was mir von allem das Ärgste wäre. Ich will Ihnen noch versichern, daß ich keinem andern als Ihnen diese Gefälligkeit erwiesen hätte. Ich wollte, Sie erwiesen mir jene, nicht mehr traurig zu sein, so wie Sie es die Zeit über waren, was mir jede Freude Sie zu sehen nimmt. Sie sehen, daß ich aufrichtig mit Ihnen bin. Ich wünsche nichts sehnlichster, als daß unsere Freundschaft ewig wäre; aber ich bitte Sie, schreiben Sie mir nicht mehr. Cécile Volanges.

 

den 20. August 17..


Zwanzigster Brief

Die Marquise von Merteuil an den Vicomte von Valmont.

Sie Schelm! Sie schmeicheln mir aus Angst, daß ich Sie auslache! Nun – ich will gnädig sein. Sie schreiben mir so viel Verrücktes, daß ich Ihnen um der Sittsamkeit willen verzeihen muß, in der Sie Ihre Präsidentin erzieht. Ich glaube nicht, daß mein Chevalier so viel Rücksicht nehmen würde wie ich; er wäre Mannes genug, unsern erneuerten Vertrag nicht zu billigen und auch nicht viel Spaßhaftes in Ihrer verrückten Idee zu finden. Ich habe aber doch sehr darüber gelacht, und es tat mir leid, daß ich allein darüber lachen mußte. Wenn Sie dagewesen wären, weiß ich nicht, wohin diese Lustigkeit geführt hätte; aber so habe ich Zeit zum Überlegen gehabt und habe mich mit Strenge gepanzert. Nicht daß ich mich für immer verweigere, aber ich mache Schwierigkeiten und habe Recht. Vielleicht ist das Eitelkeit, und man weiß, einmal an das Spiel gewohnt, nicht mehr, wo man damit aufhören soll. Ich traue mir zu, Sie wieder in meine Fesseln zu schlagen, und Sie Ihre Präsidentin vergessen zu machen; wenn ich Unwürdige Sie aber vom Weg der Tugend ablenkte, was wäre das für ein Skandal! Um also diese Gefahr zu vermeiden, hören Sie meine Bedingungen.

Sobald Sie Ihre schöne Betschwester gehabt haben werden, und Sie mir einen Beweis dafür erbringen können, dann kommen Sie, und ich gehöre Ihnen. Vergessen Sie aber nicht, daß in wichtigen Dingen nur schriftliche Beweise wirkliche Beweise sind. Auf diese Art werde ich statt Trostmittel Belohnung, was mir sehr gefällt, und auf der andern Seite wird Ihr Erfolg um so pikanter sein, da er selbst das Mittel zur Untreue wird. Kommen Sie also so schnell als möglich und mit allen Zeichen Ihres Triumphes, unseren fahrenden Rittern von ehemals ähnlich, die ihren Damen die glänzenden Früchte ihrer Siege zu Füßen legten. Ganz ernsthaft: ich bin wirklich neugierig zu erfahren, was eine so fromme Frau nach einem solchen Augenblick schreiben kann, und was für Schleier sie über ihre Rede legt, nachdem sie keinen mehr auf ihrem Körper gelassen hat. Bei Ihnen steht die Entscheidung, ob ich mich zu hoch einschätze, aber das sage ich Ihnen gleich, daß es nichts daran zu handeln gibt. Bis dahin werden Sie, mein lieber Vicomte, sich damit abfinden müssen, daß ich dem Chevalier treu bleibe und daß ich ihn glücklich mache, trotz des kleinen Kummers, den Ihnen das bereitet.

Hätte ich jedoch weniger Moral, so glaubte ich, er hätte jetzt einen gefährlichen Rivalen in der kleinen Volanges. Ich bin ganz vernarrt in das Kind; es ist eine wirkliche Leidenschaft. Ich kann mich ja irren, aber ich glaube, sie wird eine unserer gesuchtesten Frauen werden. Ich sehe, wie ihr kleines Herz sich entwickelt, und das ist ein entzückendes Schauspiel. Schon liebt sie ihren Danceny höchst ungestüm, aber sie weiß noch nichts davon. Und er, obschon sehr verliebt, besitzt noch ganz die Schüchternheit seines Alters, und wagt noch nichts. Alle beide beten mich an, und besonders die Kleine hat große Lust, mir alles anzuvertrauen; seit einigen Tagen ist sie ganz davon bedrückt, und ich hätte ihr einen großen Dienst erwiesen, wenn ich ihr dabei geholfen hätte; aber ich vergesse nicht, daß sie ein Kind ist, und ich will mich nicht kompromittieren. Danceny dagegen hat etwas klarer mit mir gesprochen, aber für ihn bin ich fest: ich will ihn nicht anhören. Was die Kleine betrifft, so fühle ich mich oft versucht, meine Schülerin aus ihr zu machen, – ein Dienst, den ich Gercourt gern erweisen möchte. Er läßt mir, ja auch Zeit dazu, denn er bleibt auf Korsika bis Oktober, und ich will diese Zeit ausnutzen und hoffe, ihm eine fertige Frau geben zu können, statt seines erträumten unschuldigen Mädchens aus der Pension. Es ist doch wirklich eine unverschämte Sicherheit, mit der dieser Mensch ruhig zu schlafen wagt, während sich eine Frau noch nicht gerächt hat, die allen Grund hat, sich über ihn zu beklagen. Sehen Sie, wäre die Kleine jetzt im Augenblick bei mir, ich weiß nicht, was ich ihr nicht alles sagen würde.

Adieu, Vicomte. Gute Nacht und guten Erfolg; aber um Gottes willen kommen Sie endlich vorwärts. Bedenken Sie, wenn Sie diese Frau nicht erobern, müßten alle andern erröten, die Sie besessen haben.

Paris, den 20. August 17..

Einundzwanzigster Brief

Der Vicomte von Valmont an die Marquise von Merteuil.

Endlich, meine schöne Freundin, komme ich einen Schritt vorwärts, und einen großen Schritt, der, wenn er mich auch nicht ans Ziel, so doch auf den richtigen Weg führte, und die Angst zerstörte, daß ich mich auf einem falschen verirrt hätte. Ich habe endlich meine Liebe gestanden, und obschon man das eigensinnigste Stillschweigen bewahrte, so bekam ich doch die unerwartetste und schmeichelhafteste Antwort. Aber ich will den Ereignissen nicht vorgreifen, und beim Anfang anfangen.

Sie erinnern sich, daß man alle meine Schritte überwachte. Nun, ich wollte, daß sich dieses skandalöse Mittel in eine allgemeine öffentliche Erbauung wende und habe das so angestellt. Ich beauftragte meinen Vertrauten, daß er mir in der Nachbarschaft irgendeinen Unglücklichen ausfindig machte, der der Hilfe bedürftig ist. Der Auftrag war nicht schwer auszuführen. Gestern nachmittag teilte er mir mit, daß heute Morgen der Hausrat einer ganzen Familie beschlagnahmt werden soll, weil sie die Steuern nicht bezahlen könnte. Ich erkundigte mich erst, ob in diesem Hause keine Frau oder junges Mädchen wäre, dessen Alter oder Gesicht meine Tat verdächtig machen konnte, und als ich darüber wohl unterrichtet war, sprach ich beim Abendessen von meiner Absicht, den nächsten Morgen auf die Jagd zu gehen. Hier muß ich gerecht gegen meine Präsidentin sein: Zweifellos empfand sie einige Gewissensbisse über die Spionage-Aufträge, die sie gegeben hatte, und da sie nicht die Kraft hatte, ihre Neugierde zu bezähmen, so hatte sie mindestens die, sich gegen meine Absicht zu wenden. Es würde eine entsetzliche Hitze sein, meinte sie, und ich würde dabei meine Gesundheit riskieren, und ich würde doch nichts schießen und mich deshalb nur umsonst ermüden und so weiter. Und während dem sprachen ihre Augen besser als sie selbst es wollte, und ließen mich erkennen, daß sie wünschte, ich sollte ihre schlechten Gründe gut finden. Ich hütete mich wohl, darauf einzugehen, wie Sie sich wohl denken können, und hielt selbst einem kleinen Angriff auf die Jagd und die Jäger überhaupt stand, und gab selbst dann nicht nach, als ich auf diesem himmlischen Gesicht den ganzen Abend über eine kleine Wolke schlechter Laune liegen sah. Ich fürchtete sogar einen Augenblick, daß sie ihre Anordnungen widerrufen hätte, und mich dieser Anfall von Ehrgefühl um meinen Plan bringen könnte. Ich rechnete nicht mit der Neugierde der Frauen, und ich irrte mich auch. Mein Jäger beruhigte mich noch am selben Abend, und ich legte mich zufrieden schlafen.

Mit Tagesanbruch stehe ich auf und gehe. Kaum fünfzig Schritte vom Schlosse entfernt sehe ich auch schon meinen Spion, der mir folgt. Ich gehe querfeldein, auf das Dorf zu, zu dem ich wollte, ohne anderes Vergnügen auf dem Wege, als den armen Kerl, der mir folgte, zum Laufen zu veranlassen, der, da er die Straße nicht verlassen durfte, oft springend einen Weg dreimal so lang wie der meine machen mußte. Wie ich so den Burschen trieb, wurde mir selber so warm, daß ich mich unter einen Baum setzte. Hatte der Kerl nicht die Frechheit, sich keine zwanzig Schritte von mir unter ein Gebüsch zu legen? Einen Augenblick hatte ich Lust, ihm einen Schuß aus meiner Flinte zu schicken, der, wenn es auch nur eine Schrotladung war, ihm doch eine Lektion über die Gefahren der Spionage erteilt hätte. Zum Glück für ihn fiel mir ein, daß er für meinen Plan nötig, ja höchst nötig sei, und das hat den Burschen gerettet.