Kitabı oxu: «Falidal und die verlorenen Farben»

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Impressum

Verlag: ENGELSDORFER

Titel: Falidal und die verlorenen Farben

Erste Auflage

ISBN 978-3-96008-606-2

Hergestellt in Leipzig, Germany EU

© 2016 Engelsdorfer Verlag Leipzig

www.engelsdorfer-verlag.de

E-Book-Herstellung: Zeilenwert GmbH 2016

Autor: Rainer M. Osinger

Illustrationen: Rainer M. Osinger

Coverillustration und Gestaltung: Rainer M. Osinger

Alle Rechte © by Rainer M. Osinger - 2016

www.osinger-grafik.at


Allen Kindern, Jugendlichen

und erwachsenen

Mitmenschen gewidmet,

die glücklich und in Frieden

miteinander leben wollen.

Für den Verstand sind

überall nur Grenzen

und Unmöglichkeiten,

dem Herzen aber

ist alles offen

und alles möglich.

Vorwort

Lieber Freund, lieber kleiner und lieber großer Leser. Die Geschichte und die Abenteuer von Falidal und den verlorenen Farben, ihren Freunden, ihrem Einsatz für die Nächstenliebe und Barmherzigkeit möchten dir Anstoß und Gelegenheit geben, über so manche Dinge und Zusammenhänge des Lebens immer wieder nachzudenken und ferner Geschehnisse in der Gesellschaft, in Politik und Religion sorgfältig zu betrachten und stets auch kritisch zu hinterfragen.

Solltest du den einen oder anderen Begriff oder Namen in diesem Buch nicht kennen oder verstehen, findest du auf Seite 156 eine kleine Begriffserläuterung.

Der Soziologe, Politiker, Romanist und Schriftsteller Jean Ziegler hat einmal gesagt: »Entweder wir verändern diese Welt oder sonst tut es niemand.«

Viel Freude beim Lesen wünscht dir

Rainer M. Osinger

INHALT

Cover

Titel

Impressum

Widmung

Vom Autor

Vorwort

Prolog

1 - Der Farbendieb

2 - Falidal

3 - Der alte Farbenfreund

4 - Der Auftrag

5 - In der Schule

6 - Die Volksversammlung

7 - Der Weg

8 - Begegnung am Lagerfeuer

9 - Die Flüchtlinge

10 - Die große Rodung

11 - Die weiße Taube

11 - Rancors Heer

12 - Die Hängebrücke

13 - Animus’ kühner Einsatz

14 - Das Leben mit den Farben

Epilog

Begriffserklärung

Der Autor

Ebenso von Rainer M. Osinger bei Engelsdorfer-Verlag erschienen

Prolog

Ein kleines Zimmer in einem kleinen, am Waldrand gelegenen Häuschen. Gleich hinter dem Häuschen stehen zwei wunderschöne, große alte Bäume.


Sanft hört man den frischen spätherbstlichen Wind durch die Bäume und über das hügelige Land wehen. Der Winter ist schon regelrecht zu riechen und seine Vorboten sind nicht mehr zu übersehen. In dem Zimmer ist ein einfaches Bett und darinnen liegt ein zufriedener, sehr alter Mann, der krank ist und nicht mehr lange hier auf dieser Erde zu leben hat. Durch die halb geschlossenen Fensterläden sucht unbeirrt ein Lichtstrahl seinen Weg ins Innere und fällt auf die faltigen Hände des alten Mannes. Er hebt langsam eine der beiden Hände und ruft seine kleine Enkeltochter zu sich ans Bett.

»Leg doch bitte nochmals Holz in den Ofen und dann setz dich zu mir, Amelie, und hör gut zu, ich will dir eine Geschichte erzählen.«

Der Farbendieb

Vor langer Zeit einmal, da gab es ein riesiges und sehr weites Land namens Farlo. Und in demselben wohnten die Lelos. Die Lelos waren zwar ein überaus beschäftigtes, jedoch auch ein ganz und gar freudloses, ja sogar unglückliches und bedrücktes Volk, das in einem farblosen Reich lebte, in dem alles ziemlich gleich und grau in grau aussah.

Nein, leben kann man eigentlich gar nicht wirklich sagen – sie existierten gewissermaßen nur, sie lebten gar nicht richtig. Am meisten fürchtete und mied man in Farlo aber die Vielfalt und die Ruhe und Stille.


Also war man ständig betriebsam, um auch stets möglichst viele materielle Gewinne wie Gold und Silber erzielen zu können. Denn dies war das höchste Ziel in dem Land. Es wurde auch nur eine Meinung erlaubt und es war dort nur eine einzige Denkweise erwünscht. Nämlich die von Idolos, dem obersten und alleinigen Herrscher von Farlo.

Er war ein auffallend kleiner, untersetzter und ziemlich dicker Herr mit Doppelkinn, der immer nervös umherlief. Und er hatte seinen mächtigen Palast, um den stets eine Schar schwarzer Raben kreiste, am großen Platz mitten in der Hauptstadt Impera errichtet. Unglaublich hoch stach das Schloss über allen anderen Gebäuden heraus.

Jeden Tag ging Idolos hinaus auf den großen Balkon seines Palastes, um dort vom Volk gesehen und bewundert zu werden.

Es schien, als würde der triebhafte Idolos von Tag zu Tag selbstsüchtiger und gieriger werden. Und so gierig, wie Idolos war, vermehrte er zwar sein Gold, aber er merkte dabei nicht, dass er immer farbloser und damit lebloser und schließlich Gefangener seiner eigenen Gier wurde!


Und den meisten Bewohnern war es auch ganz recht so, keine eigenen Gedanken zu haben und keine eigene Meinung. Sich der Ansicht der Masse anzupassen, um keine Probleme zu bekommen. So war es am einfachsten. Sie wussten auch gar nicht, wieso sie so gierig, geizig und misstrauisch dahinlebten. Man tat einfach das, was jeder tat. Und das, was man schon immer tat.

Ihre Gleichgültigkeit führte aber dazu, dass sich beinahe jeder sagte: Wozu sich großartig irgendwelche Gedanken machen zum Leben und dessen tieferem Sinn? Wozu hinterfragen, was die großen Herren des Landes entscheiden? Hauptsache ich habe meine Ruhe und bin gesund und werde reich und es geht mir gut. Was interessiert mich alles andere, ich könnte ja sowieso nichts ändern auf dieser Welt.

So wurden die Lelos mehr und mehr zu fürchterlich ichbezogenen und kalten, farblosen Lebewesen. Und sie taten den ganzen Tag das Gleiche, sie sammelten Geld und noch mehr Geld, und das nur für sich selbst.

So wie es auch Orcus tat. Er war ein Musterbeispiel für einen untertänigen und gehorsamen Bürger aus Farlo.

Entseelt stand er Tag für Tag noch vor Sonnenaufgang bei hellem Mondschein auf und eilte schnell und zielstrebig an seinen Arbeitsplatz. Dort blieb er dann möglichst lange, um auch möglichst viel Geld zu erwirtschaften. Zeit für seine Familie hatte er kaum und er interessierte sich auch nicht wirklich für seine Mitmenschen. In jedem sah er eine mögliche Gefahr, eine Bedrohung und auch einen Konkurrenten.

Er hatte nur eines in seinem Kopf und seinem Herzen, er arbeitete verbissen und hart und war andauernd von dem Zwang getrieben, mehr und mehr zu haben und zu besitzen. Freude und Ruhe kannte er nicht, denn er fürchtete ständig, jemand anders könnte besser sein und mehr verdienen als er und dann würde er irgendwann ersetzt werden. Und er würde schließlich zu den Schwachen gehören.


Nun war es aber so, dass die Schwachen und Armen sehr verachtet waren in Farlo, genauso wie die Alten und die Ausländer und Fremden, denn sie waren laut Idolos kaum zu etwas zu gebrauchen und nur unnützer Ballast zum Mitschleppen. Und solche Bürger wollte Idolos möglichst wenige haben im Lande. Schließlich sollte Farlo ja das reichste und mächtigste Land der ganzen Welt werden.

»Fünf und zwei macht sieben und zwei macht neun.«

Ganz beschäftigt zählte Orcus seine hart und sauer verdienten Münzen.

»Schon bald besitze ich einhunderttausend Taler«, dachte das rastlose und getriebene Männlein zufrieden und ging hastig weiter.

Falidal

Eines Tages erblickte ein kleines, zartes Geschöpf namens Falidal das Tageslicht in Farlo im Gebiet Umal. Ihr Name bedeutet: »Die Farben lieben das Leben.«

Falidal war aber von Anbeginn anders als die meisten Lelos. Sie bemerkte freilich, dass sie anders aussah, sie fragte sich nur ständig wieso wohl. Das Mädchen war nämlich eines der wenigen Wesen in Farlo, welches bunt und farbig war. Doch hatte ihr bisher noch niemand erklärt, was Farben überhaupt sind, weshalb es sie gibt und was es mit diesen auf sich hat.

Immerfort hatte sie ein fröhliches Lachen auf dem Gesicht und lustig wippten ihre beiden Zöpfe umher.

Falidal dachte und fühlte auch nicht wie die anderen und wie es sich angeblich gehörte. Sie hatte auch zu den meisten Dingen eine ganz andere Meinung. Als würde sie die Welt mit völlig anderen Augen sehen und verstehen.


Daher wurde das Mädchen aber auch immer mehr zur Außenseiterin in ihrer Heimat. Weniger deswegen, weil sie noch so klein war, als vielmehr, weil sie nicht bei den Dingen mitmachte, die in Farlo aber nun mal fast jeder machte. Und weil sie so sonderbar und anders war, mochte sie auch kaum jemand leiden.

»He, aus dem Weg da, hier bin jetzt ich und ich brauche diesen Platz, du hast hier nichts zu suchen!«, hieß es ständig. Oder: »Was willst du denn da – wir brauchen dich hier nicht, los, verschwinde endlich und geh nach Hause«, meinte ein Junge namens Grobian abweisend und gemein zu ihr.

So wurde das figürlich sehr zarte Mädchen ständig herumgestoßen. Alle bemerkten, dass Falidal anders war. Obschon sie auch nicht sehen konnten, dass sie bunt und farbig aussah, spürten sie doch ihre Andersartigkeit. Die Lelos, musst du wissen, konnten Farben nämlich nicht sehen. Besser gesagt, sie konnten Farben nicht mehr sehen. Diese Fähigkeit hatten sie schon vor langer Zeit verloren. Zumindest die meisten von ihnen. Selbst das Wort »Farbe« kannte in Farlo fast keiner mehr. So wie auch der Begriff »Freude« immer mehr verschwunden war.


Und dieses Gefühl, das Falidal den Lelos durch ihr Anderssein vermittelte, machte ihnen in Wahrheit große Angst. Darum wurde sie von den meisten Menschen abgelehnt, gemieden oder ausgegrenzt.

Falidal war zwar körperlich sehr zart und klein, doch war sie ein kluges und aufgewecktes Köpfchen mit einem mutigen und sehr mitfühlenden Herzen.

Keiner wollte aber wegen einer Freundschaft mit ihr in irgendwelche Schwierigkeiten kommen. Auch die meisten Erwachsenen kamen mit ihr nicht wirklich gut zurecht.

Deshalb war Falidal viel und oft alleine, saß nachdenklich an ihrem Lieblingsfenster, sang dabei ein selbst erfundenes Lied und träumte vor sich hin, während sie die Wolken beobachtete. Das Mädchen verbrachte auch eine Menge Zeit in der Natur.

Falidal hatte aber einen Kater, den sie sehr liebte, der immer bei ihr war und sie in dunklen Stunden oft tröstete.

Immer wenn Falidal bei ihren Freunden, den Bäumen, war, war auch ihr Kater namens Animus mit dabei.


Animus aber war kein gewöhnlicher Kater, denn er konnte sprechen und war dazu auch noch sehr klug.

»Komm schon, Animus, wir steigen bis zur Spitze der großen alten Tanne!«, rief Falidal ihren runden Freund.

»Ja, gerne, los, wir klettern um die Wette, wer schneller ganz oben ist«, rief dieser begeistert, denn er liebte es, auf Bäume zu klettern.

Und schon bald waren die beiden gemeinsam am obersten Wipfel des riesigen Baumes und sahen in der Ferne das weite, große, unglückselige und farblose Land.

Von irgendwoher konnte man das Klopfen eines Spechtes hören. Sanft blies ihnen der Wind um die Ohren und brachte herrlich frische Luft mit sich.

Dort oben, in den Wipfeln der Bäume, dachte Falidal oft über Farlo nach, und darüber, warum in Farlo das Leben so grau und eintönig war. Wodurch die Bürger im Lande wohl so kalt und freudlos geworden waren?

Der alte Farbenfreund

Eines Tages traf Falidal einen eigenartigen und seltsamen Mann, den uralten Farbenfreund namens Lefa.

Es war an einem warmen und windigen Nachmittag.

Lefa – sein Name bedeutet lebendige Farben – hatte eine sehr positive Ausstrahlung. Er war wie Falidal ein Außenseiter in Farlo. Und Lefa war sehr freundlich, warmherzig und gütig zu dem kleinen Mädchen. Auch Lefa war bunt und farbig.

Falidal stand vor dem alten Mann und starrte ihn wohl ziemlich verwundert an.

»Na, was denkst du?«, brummte da der Alte und sah ihr in die Augen.

»Du siehst sonderbar aus«, stellte Falidal fest.

»So, und warum?«, fragte Lefa.

»Weil du genauso anders aussiehst, wie ich es tu.«

»Mhm!«, brummte der Alte, wobei ein kurzes, freundliches Lächeln über sein verwittertes Gesicht huschte. »Und was hast du sonst noch bemerkt?«

»Seit wann sind denn eigentlich alle so grimmig und traurig?«, fragte sie den alten Mann, während sie im Park auf einer Bank saßen und die Vöglein ihnen neugierig Gesellschaft leisteten und aufgeregt um sie herumflatterten.


»Seit es in Farlo keine Farben mehr gibt!«, antwortete der alte Mann.

»Keine was?«

Es war Falidal etwas unangenehm, dass sie gar nichts über Farben wusste. Lefa tat jedoch so, als wäre es ganz normal, darüber Bescheid zu wissen. Aber woher sollte sie auch etwas darüber wissen, kein Erwachsener hatte ihr je davon berichtet. Deshalb fragte sie nochmals völlig unwissend: »Es gibt keine was mehr?«


»Na, keine Farben.«

»Was sind denn Farben?«

»Du weißt es also auch nicht, du weißt tatsächlich nicht, was Farben sind? Das solltest du aber, mein Kind, das solltest du. Farben sind eigentlich bloß die unterschiedlichen Töne, die durch das Licht hervorgerufen und mit unserem Auge wahrgenommen werden. Aber Farben sind in Wahrheit noch viel mehr, musst du wissen. Es sind vielfältige, wunderbare Abstufungen und Tönungen, die das Leben zu etwas ganz Besonderem gemacht haben. Verstehst du, was ich meine?«

»Hm, ja, ich glaube schon.«

»Farbe muss wahrgenommen, gesehen, aber auch mit der Seele gefühlt und verstanden werden, weißt du, und um wirklich zu leben, muss man sie spüren und gewissermaßen in sich aufnehmen – nur haben die Lelos diese Fähigkeit schon fast ganz verloren. Sie sind eintönig und gleichförmig alle schwarz-weiß geworden. Nicht nur äußerlich, sondern vor allem eben auch in ihrem Denken und Handeln. Bis auf einige wenige«, meinte der Alte ernst.

»Sie tragen die Farbenvielfalt nicht mehr in ihrem Herzen. Denn die wahre Buntheit des Lebens ist mit dem natürlichen Auge gar nicht zu sehen. Diese Buntheit und unendliche Farbenpracht kannst du nur mit dem Herzen erfassen und erleben. Und dazu muss so wie bei den Farben Licht in deinem Herzen sein. Damals, als es noch vollkommen anders war in Farlo, hieß unser Land auch noch ganz anders, es hat Bulevie geheißen.«

»Ja wirklich, Bulevie? Das klingt aber lustig«, meinte das Mädchen vertrauensvoll.

»Ja, es bedeutet ›Buntes Leben der Vielfalt‹.«

»Oh, wie schön, warum heißt es denn nun nicht mehr so? Und wieso haben wir denn in der Schule davon gar nichts gelernt? Niemand hat mir bisher davon erzählt!«

»Ja, seit Idolos herrscht, hat er dem Land auch den neuen Namen ›Farlo‹ gegeben. Farlo heißt nämlich nichts anderes als Farblosigkeit. Und das ist es, was er erreichen wollte. Und er hat es auch schon beinahe ganz geschafft. Alle Bücher, Bilder und Erinnerungen über Bulevie hat er verbrennen lassen. Und die alten Leute, die noch davon wussten, sind inzwischen fast alle verstorben. Wer noch immer von den Farben wusste und über sie sprach, wurde einfach verhaftet und in den Kerker geworfen und so zum Schweigen gebracht.

Er wollte das ganze Land unter seine Macht und seinen Gedankeneinfluss bringen und alles ganz einheitlich, farblos und damit auch leblos und gleichförmig machen. Er verabscheut die Vielfalt und Verschiedenartigkeit des Lebens und der unterschiedlichen Menschen. Immer mehr wurden die Lelos in den Bann aus Macht, Gier und Geiz gezogen. Und sie bemerkten nicht, wie unfrei und eigentlich arm sie trotz ihres vielen Geldes und Wohlstandes waren.

Zuerst wollte er alle Menschen gleich machen und dann mehr und mehr ihr Denken schablonenhaft vereinheitlichen.

›Du brauchst mehr und noch mehr, was du hast, ist bei Weitem nicht genug! Du musst besser sein und noch besser, du musst schöner sein und noch schöner, du musst reicher sein, du musst schneller sein, du musst klüger sein als alle anderen.‹


So wie man war, war es eben nie genug. So ging es zuerst in nur einigen Köpfen und dann glaubten diese traurigen Unwahrheiten immer mehr Lelos … Und damit konnte sich dann das ganze törichte Schwarz-Weiß-Denken leicht verbreiten.«

Lefa erzählte der aufmerksamen Falidal innerlich bewegt weiter: »Und mit jeder geglaubten Lüge verschwanden in jedem einzelnen Lelo-Herzen mehr und mehr auch die Farbe und Freude und damit die schöne Vielfalt des Lebens in Farlo. Bis zu guter Letzt fast das ganze Land nur noch eintönig und völlig farblos und grau war. Alles Bunte war verschwunden, verstorben und aus dem Lande vertrieben. Auch alle Fremden und Andersartigen waren fort.

Nun ist es schließlich so weit, dass die Lelos, die heute existieren, beinahe alle schon glauben, dies sei ein ganz normaler Zustand.

Kaum noch einer kennt die Farben wirklich. Und kaum jemand interessiert sich für die unglaubliche Vielfalt, die die Farben mit sich bringen. Für die meisten Bürger Farlos ist selbst das Wort ›Farbe‹ inzwischen ein absolutes Fremdwort geworden.

Dieser traurige und bedrückende farblose Zustand ist aber ganz und gar nicht normal! Oh nein – wir sollten normalerweise glücklich, lebendig, farbenfroh und auch vielfältig in unserem Denken sein. Und ganz einfach bunt und verschieden in unserer Art und unserem Aussehen!

Weißt du, was die größte Freiheit ist?«, fragte der Alte das Mädchen. »Die größte Freiheit, die es überhaupt gibt, ist es, zu lieben. Und das ist letztlich auch unsere Bestimmung!

Doch wir Bulevieaner wurden immer bedrückter. Wenn wir das, was wir glaubten, auch noch taten, was ja unweigerlich geschehen musste, dann wurde es ganz schlimm. Wir haben mehr und mehr aufgehört zu teilen und zu lieben. Aufgehört barmherzig und mitfühlend zu sein. Die Fremden ließen wir nicht mehr herein in unser Haus und auch nicht in unser Land, wenn sie Zuflucht und Hilfe brauchten, vor lauter Angst, wir müssten von unserem Überfluss etwas weggeben und mit anderen teilen.«

Falidal standen die Tränen in den Augen.

»Den Armen und Hungernden verschlossen wir unser Herz, den Andersartigen gingen wir aus dem Weg und mieden sie. Die beeinträchtigten Mitmenschen schloss man mehr und mehr aus der Gesellschaft aus. Jeder war nur noch auf seinen eigenen Vorteil bedacht und strebte gierig für sich selbst. Keiner interessierte sich mehr für den anderen. Und wir wurden immer misstrauischer unseren Mitmenschen gegenüber. Was Vertrauen bedeutete, wussten wir ebenso wenig wie wir wussten, was Farben sind. So verschwand mehr und mehr das Wunder der Farbe und damit das wirkliche Leben und die wahre Freiheit im Lande.«

Pulsuz fraqment bitdi.

9,47 ₼