Kitabı oxu: «Perry Rhodan Neo Story 17: Das sanfte Flüstern der Zukunft»

Şrift:

NEO-Story 17

Das sanfte Flüstern der Zukunft

Eine PERRY RHODAN NEO-Erzählung

von Rainer Schorm


Pabel-Moewig Verlag KG, Rastatt

Rückentext

In der nahen Zukunft: Die Terranische Union wächst, die Menschheit arbeitet immer enger zusammen. Das medizinische Zentrum des Sonnensystems liegt auf Mimas, einem der Monde des riesigen Planeten Saturn. Dort leitet Julian Tifflor, der erfahrene Weltraum-Mediziner, eine spezielle Klinik – und er erhält einen besonderen Patienten.

Es handelt sich um Atlan, den Arkoniden. Beim Besuch eines fernen Planeten erlitt Atlan offenbar einen Unfall, der sich auf sein Gehirn auswirkt. Nun werden Erinnerungen in ihm wach,  und sein Körper kann damit nicht umgehen.

Als Atlan zu sprechen beginnt, erfahren die Menschen von Ereignissen, die sich vor vielen Jahren auf Arkon abgespielt haben. Eine geheimnisvolle Person spielt eine wesentliche Rolle – sie hat damals versucht, auf Atlan einzuwirken. Vergangenheit und Zukunft vermengen sich in seinem Bericht auf unheimliche Weise …

Kapitel 1

Das sanfte Flüstern …


Das kupferfarbene Licht Saturns flutete durch die gewaltigen Panoramascheiben des neuen Medozentrums. Julian Tifflor trat aus dem Halbschatten der Galerie und sah den Riesenplaneten am Himmel über Mimas stehen. Eine wild verwirbelte Sturmfront zog in zwei Bändern über die nördliche Hemisphäre. Die winzige, schwarze Silhouette von Aegaeon schwebte vorüber. Der nächstinnere Mond war etwa 18.000 Kilometer vom Orbit des Mimas entfernt.

Am westlichen Horizont stieg eine Fontäne in die Höhe, irgendwo in der Nähe der Krater Dynas und Balin. Die Planetentechniker hatten den subglazialen Ozean des Eismonds angebohrt. Einen Mangel an Wasserstoff und Sauerstoff gab es somit nicht; wo man Wasser fand, hatte man Energie und eine Atmosphäre. In dieser Hinsicht war Mimas luxuriös ausgestattet.

Momentan herrschte wieder Ruhe im Mnemotechnischen Zentrum I. Bis vor einigen Minuten war das anders gewesen. Tifflor hatte das schrille Geräusch der Warnpfeifen noch im Ohr wie einen Tinnitus. Ein einziger Patient wurde behandelt; der allerdings war prominent.

Man hatte Atlan vor etwa einer Stunde eingeliefert, mit allen Anzeichen geistiger Verwirrung. Ein Kurierschiff hatte ihn vom Canopussystem hergebracht. Der erste Verdacht, es könne sich um ein Problem mit Atlans Logiksektor handeln, hatte sich nicht bestätigt. Die weiteren Analysen liefen. Die Mimasklinik hatte von Aralon eine ganze Anzahl hochwertigster Diagnosesysteme erwerben können.

Etwas ist mit dir auf Canopus Vier geschehen, dachte Tifflor. Wenn wir nur einen Hinweis hätten. Auf jeden Fall hat es dir heftig zugesetzt.

Das Bild des um sich schlagenden Arkoniden stand vor Tifflors geistigem Auge. Er hatte Mühe gehabt, den Tobenden zu sedieren. Zufrieden war er nicht mit dem Ergebnis. Die holografische Darstellung der spezifischen Biodaten verriet, dass sich in Atlans Gehirn komplexe Vorgänge abspielten.

Der rechte Frontal- und Temporalkortex zeigten hektische Aktivität. Der Hippocampus, der gesamte Papez-Neuronenkreis, produzierte ein beeindruckendes Feuerwerk. Dass die Amygdala ebenfalls in den Prozess eingebunden war, belegte, dass Atlans Emotionen in Aufruhr waren. Egal an was er sich erinnerte, es bedeutete ihm viel. Plötzlich leuchteten zum ersten Mal Wernicke- und Broca-Areal auf. Die Sprachzentren begannen zu arbeiten.

»Darauf habe ich gewartet«, murmelte Tifflor. »Er wird bald sprechen.«

Bis dahin konnte er nichts anderes tun als warten. Tifflor verschränkte die Arme und beobachtete eine kugelförmige Raumfähre über sich, die bei ihrem Anflug einen leuchtend blauen Schweif ionisierten Gases hinter sich herzog. Die Unruhe in ihm wurde stärker, Geduld gehörte nicht unbedingt zu seinen Stärken.

»Die neuen Patienten dort an Bord kommen von Canopus Vier«, hörte Tifflor Sud im Hintergrund sagen. »Atlan war ebenfalls auf dieser Kolonialwelt … Ist das ein Zufall?«

Sud trat neben ihn. Das Intarsium, das sich über ihre linke Schläfenseite des Mentamalgams bis zur Stirn zog, glänzte im Kupferlicht beinahe golden.

Sie altert nicht, dachte Tifflor ohne Neid. Nicht wie wir anderen.

Unverändert sah Sud aus wie Sue Mirafiore: eine zierliche, eher kleine Frau mit braunem Haar und grauen Augen. In Wirklichkeit war sie etwas anderes: eine geistige Mischung aus ihrem alten Bewusstsein und dem von Sid González. Ein Mentamalgam. Etwas Neues, etwas nie zuvor Dagewesenes.

Suds Fähigkeit des Heilens war nicht so stark ausgeprägt wie einst bei Sue Mirafiore, allerdings war es spezifischer. Was ihre Gabe indes auf Dauer einschränkte, war die bittere Notwendigkeit, sich ständig selbst zu heilen. Das Intarsium hatte sich, einem Myzel gleich, unlösbar in ihrem Gehirn verwurzelt. Das zur Intelligenz fähige Metall war so etwas wie eine lebenslang schwärende Wunde, und das Mentamalgam benötigte einen Großteil seiner Kraft, das zu kompensieren. Ab und zu bemerkte Tifflor, dass Sud das Gesicht verzog. Er wusste, dass der Schmerz omnipräsent war und damit ein Teil ihrer Persönlichkeit.

Tifflor blickte wieder auf die Medofähre, deren Triebwerke in diesem Moment zündeten und Gegenschub gaben. Die Restfahrt wurde schnell aufgehoben, die kleine Kugel sank nach unten wie ein Blatt.

Ein schräges Bild, sagte sich Tifflor, denn Mimas besaß keine nennenswerte Atmosphäre.

Die schützenden Röhrenfelder bauten sich auf. Den Patienten würde auf ihrem langen Weg von Canopus hierher auf den letzten Metern bestimmt nichts mehr zustoßen. Auch Atlan hatte sich vor Kurzem dort aufgehalten. Was genau er auf Imart getan hatte, wusste Tifflor nicht. Wahrscheinlich hatte er geheime Aspekte des Kolonisationsprogramms überprüft.

»Imart!«, sagte Tifflor laut. »Sie nennen ihre Welt Imart.«

»Ja, mag sein«, entgegnete Sud. »Aber die Rechnungen zahlt die GCC. Die offizielle Bezeichnung lautet Canopus Vier. Wer zahlt, trifft die Entscheidungen. Als ob du das nicht wüsstest!«

Tifflor schnaufte verächtlich. »Natürlich weiß ich das. Wie viele sind es?«

»Achtundsiebzig«, antwortete Sud. »Ich speise die mitgelieferten medizinischen Datenpakete gerade in unser dezentrales positronisches Rechnernetz ein. Es wird die Informationen an die entsprechenden Stellen weiterleiten.« Das Mentamalgam überflog eine angehängte Zusammenfassung. »Während der Reise sind sieben Patienten verstorben. Geninduzierte Lungenembolie nach Kategorie drei der VGP-Standardsymptomliste. Die Todesfälle auf Canopus Vier allerdings sind sehr viel zahlreicher. Ich habe eine Schätzung über knapp zweihundert Opfer. Die Behandlung vor Ort war ineffektiv.«

»Ja«, sagte Tifflor deprimiert. »Warum überrascht mich das nicht?«

Die Fähre der ALFRED PASTEUR setzte zur Landung auf den riesigen Flächen des Raumhafens Mimas an. Diese erstreckten sich im Wesentlichen im Bereich von Oeta Chasma nördlich des Kraters Herschel, in dem man das Medozentrum errichtet hatte. Herschel lag auf Höhe des Mimasäquators. Deshalb waren Saturns Ringe häufig kaum als solche zu erkennen und auch gegenwärtig nur als ein leuchtender Strich am Himmel zu erahnen. Das Medoraumschiff selbst blieb in einem zirkumpolaren Orbit.

Sud starrte hinaus in die eisige Mondwüste. »Kommandant Legrande hat eine Prioritätsanfrage geschickt. Es muss schlecht um die Patienten stehen.«

»Wir wussten alle, dass eine dritte embolische Welle kommen würde«, bemerkte Tifflor müde. »Ich kenne keinen Mediziner oder Genetiker, der nicht davor gewarnt hätte. Wenigstens ist die Etablierung der dermalen Chloroplasten ohne Nebenwirkungen geblieben.«

Sud räusperte sich. »Nicht ganz. Ich habe die genetischen Bulletins der Kolonien gerade erst durchgesehen. Die Wachstumskurve ist nicht überall stabil, wie es aussieht. Die Berichte von Fomalhaut-b, die sich darauf beziehen, sind sogar unter Verschluss. GeneFX macht sie lediglich medizinischem Personal zugänglich. Fomalhaut ist ein Modellprojekt des Variable Genome Projects. Sollte die Öffentlichkeit Wind davon bekommen, dass es solche Schwierigkeiten gibt, wird es unangenehm. Die meisten denken weiterhin, alles liefe wunderbar. Vielleicht hatte Atlans Besuch damit zu tun?«

Tifflor beobachtete, wie die Medofähre aus seinem Blickfeld verschwand, kurz bevor sie aufsetzte. Herschel war bis zu zehn Kilometer tief und der Kraterwall ragte etwa fünf weitere Kilometer empor: Das Medozentrum schmiegte sich rings um den gut zehn Kilometer hohen Zentralberg. Man hatte nicht nur Einrichtungen in der Tiefe des Monds errichtet, der Zentralberg selbst glich einem gewaltigen Ameisenhügel. Die Patienten, ausschließlich dringende und rätselhafte Fälle, kamen von überallher. Von der Erde, aber eben auch aus den neuen Kolonien. Atlan war vor etwa zwei Stunden kollabiert, einen Tag nach seiner Rückkehr von Canopus IV. Ein merkwürdiger Zufall.

Tifflor drehte den Kopf und musterte Sud. Das Mentamalgam war nach Abschluss eines kompletten Kosmomedizinstudiums eine Kapazität. »Immerhin ist Fomalhaut-b deutlich näher als Canopus«, sagte er. »Fünfundzwanzig Lichtjahre … damit ist die Überwachung sehr viel einfacher. Trotz der Staubscheibe. Fomalhaut-b war gerade deswegen eine Herausforderung.«

»Siga«, korrigierte Sud lächelnd.

»Meinetwegen. Canopus ist mehr als zehnmal so weit entfernt. Dreihundertneun Lichtjahre.«

»Wie kann eine Welt nur derart kalt sein – bei einer solchen Sonne?«, rätselte Sud. »Der Orbit um Canopus besitzt etwa den dreifachen Radius des Pluto. Was für ein Stern!«

»Spektraltyp F0II«, sagte Tifflor. »Ein Gelber Riese. Die Luft auf Imart ist so dünn wie in etwa siebentausend Metern über dem Meeresspiegel auf der Erde. Bereits die genetische Konstruktion des Atmungsapparats war … schwierig. Wenn es also bei der Etablierung der Chloroplasten ebenfalls zu Nebenwirkungen kommen sollte, wird es eng. Die Imarter sind auf eine extrem gute Energieleistungsbilanz angewiesen.«

Ein leises Glockensignal verkündete die erfolgreiche Landung. Sud tippte auf ein Feld der Holoballung vor ihr. »Ich habe Doktor Akamasi benachrichtigt. Sie wird die Patienten versorgen. Wenn sie eine Chance haben, dann auf Mimas.«

Ein Flüstern ertönte. Atlan! Noch verstand Tifflor kein Wort, aber das würde sich bald ändern.

Tifflor richtete sich auf. »Wie geht es ihm?«

»Das Gammaband zeigt erhöhte Aktivität«, antwortete Sud. »Der gesamte Frequenzbereich der neuronalen Steuerimpulse tobt geradezu. Aber etwas stört die synchrone Neuronenaktivität erheblich; die Oszillation, die die Persönlichkeitsstruktur aufbaut, fluktuiert. Der Attraktor vibriert förmlich.«

Sud projizierte die grafische Umsetzung der gemessenen Frequenzen in ein komplexes Bild. Die sich abzeichnende Form wackelte, als stünde sie unter Strom. »Er wird wohl bald reden können. Die Koordination mit dem Sprachzentrum klappt aber noch nicht. Die Artikulation ist weiterhin mangelhaft. Und dieses … Erinnerungsfragment dort ist merkwürdig, nicht?«

»Ja. Ganz eindeutig.« Tifflor studierte einige herausgehobene Felder der Holowolke, die ihn umgab. »Dennoch habe ich etwas Ähnliches schon früher mal gesehen. Aber die temporale Einordnung stimmt damit nicht überein. Das Fragment stammt aus einer lange zurückliegenden Periode: aus dem Jahr 2037.«

Sud runzelte die Stirn. »Arkon. Das Jahr des Aufstands?«

Tifflor antwortete nicht. Er ging zur Intensivsektion des Mnemotechnischen Zentrums hinüber, an die sich die Galerie direkt anschloss. Sud folgte ihm.

Der Mann in der hochtransparenten Stasisröhre regte sich nicht. Die Elektroden und Positrodentrauben rings um seinen Kopf produzierten ein bizarres Wetterleuchten. Die mentale Aktivität nahm zu. Im Augenblick schlief Atlan zwar noch, die Thetawellenmuster wurden indes komplexer.

»Diagnose!«, wies Tifflor die Medopositronik an. »Zustand?«

Pulsuz fraqment bitdi.