Kitabı oxu: «Sprache und Kommunikation in der beruflichen Aus- und Weiterbildung», səhifə 4

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2.2.1 Das Beispiel „Lernbegleitung“LernbegleitungMethode

Geht man vom Ziel der Kompetenzentwicklung aus, erfolgreich komplexe physische wie geistige Handlungssituationen bewältigen zu können, die ohne Selbstorganisationsprozesse nicht zu bewältigen wären, sieht man sich mit einem pädagogischen Paradoxon konfrontiert: Lernende müssen in eine Situation gebracht werden, deren Bewältigung sie ja erst lernen sollen. Dies bedeutet für die Lernenden eine Belastung. Sie benötigen deshalb eine einfühlsame Begleitung. Diese Lernbegleitung ist eine gesprächsbasierte BegleitmethodeMethodegesprächsbasierte Begleit- des Lernens, die dem Lernenden Angebote macht und ihm hilft, diese auf- und anzunehmen, damit er sein Können und Lernen verbessern kann. Sie besteht aus den folgenden, logisch aufeinanderfolgenden Schritten bzw. Phasen:


1. Individuellen Lernbedarf feststellen:
In einem Lernbedarfsgespräch tauschen sich Lernender und Lernprozessbegleiter über Selbst-/Fremdbeobachtung, Anforderungen und eigene Ziele aus. Ergebnis ist ein gemeinsam vereinbarter Lernbedarf.
2. Lernweg entwickeln:
Er besteht in einer Arbeit/Aufgabe, die es dem Lernenden ermöglicht, seinen Lernbedarf zu decken. Sie soll jene Kompetenzen herausfordern, die der Lernende erwerben will. Dafür muss sie ausreichend komplex und problemhaltig sein.
3. Lernvereinbarung treffen:
Lernender und Lernprozessbegleiter treffen eine Vereinbarung darüber, wie der Lernweg beschritten werden soll. Ggf. gleich damit verknüpft:
4. Aufgabe zum Lernen aufbereiten und übergeben:
Ziel ist die möglichst selbständige Bearbeitung der komplexen Aufgabe. Dazu muss sie speziell für den Lernenden aufbereitet werden. Folgende Instrumente stehen dazu zur Verfügung: Erkundungsaufgaben: Sie leiten den Lernenden dazu an, die nötigen Informationen zu recherchieren und sich das nötige Wissen selbständig zu erarbeiten. Lernarrangement: Die komplexe Arbeitsaufgabe soll auf den individuellen Lernenden zugeschnitten werden (variiert werden dabei vor allem die Vorgaben für die Bearbeitung). Kontrollpunkte: vereinbarte Gespräche zur Abstimmung zwischen Lernendem und Begleiter, z.B. nach Abschluss der Planung, vor wichtigen Schritten, und jederzeit nach Bedarf. Ziel: kontinuierliche Reduzierung der Kontrollpunkte, der Lernende soll selbständig werden.
5. Begleitung des Lernprozesses:
Vor allem durch „aktive Passivität“ des Lernbegleiters. Aktiv ist er in seiner Passivität darin, den Lernenden zu beobachten, ihn mit den richtigen Fragen auf eine weiterführende Lösungsspur zu bringen. Ansonsten geht es um „Heraushalten“.
6. Auswertung des Lernprozesses:
Wenn Lernenden unklar bleibt, was sie durch die Bewältigung einer komplexen Aufgabe gelernt haben, bleibt das Lernen implizit. Lernender und Begleiter führen daher ein auf den Lernprozess rückblickendes Auswertungsgespräch. Das Erlebte wird zur Erfahrung, das Gelernte zur bewussten Kompetenz.

Übersicht 1: Lernbegleitung als dialogischer Lehr-/Lernprozess (vgl. Bauer et al. 2006; Bauer & Dufter-Weis 2012)Methodeder Lernbegleitung

Der Lernende ist an der Gestaltung aller Phasen seines Lernprozesses maßgeblich beteiligt. Von höchster struktureller Bedeutung sind die Echtheit des „Lernarrangements“ (reale Arbeitsaufgaben) und methodisch-didaktisch die dialogischen (inkl. feedback- und reflexionsorientierten) Elemente, die als Lernbedarfsgespräch, Vereinbarungsgespräch, als Zwischengespräche an Kontrollpunkten, als Feedback zwischendurch und als Auswertungsgespräch am Ende alle Phasen des Lernprozesses durchziehen.

Sozial-kommunikatives Handeln ist somit nicht Curriculum, sondern integrativer Strukturbestandteil des LernprozessesLernensozial-kommunikatives – der durchaus auch dem Erwerb fachlicher Sprachkompetenzen dienen kann.

2.2.2 Das Beispiel „Graswurzel“ MethodeGraswurzel-

Im Modellversuch „Entwicklung, Erprobung und Verbreitung einer ausbildungsprozessintegrierten Qualitätsentwicklung und -sicherung in der betrieblichen Berufsausbildung (Graswurzel QES)“ wurde ein bottom-up-orientiertes Verfahren entwickelt (vgl. Brater 2013, Maurus et al. 2016), das es ermöglicht, die Qualität von Lehr-Lernprozessen zu sichern und zu entwickeln. Die Gestaltung der Beziehung zwischen Lehrenden und Lernenden ist das Kernelement, das über die Qualität von Lehr-Lernprozessen entscheidet. Entsprechend wurde an der Basis, bei den Lehrenden und Lernenden ansetzend, eine „wiederkehrende Abfolge von Schritten der allmählichen Annäherung eines Istzustandes an ein Soll über eine Kette von Handlungen“ (Brater 2013:17) entwickelt, inkl. der zugehörigen Überprüfungen, Modifikation etc. Es handelt sich hier um eine dialogische, auf „gleicher Augenhöhe“ angelegte Kommunikationsstruktur zwischen Lehrenden und Lernenden, die ganz besonders beim Element der „gemeinsamen Gestaltung der Lehr-/Lernprozesse“ zum Ausdruck kommt. Denn „für hohe Ausbildungsqualität sind […] bestimmte anspruchsvolle Kommunikationsformen wichtig, die das Lernen stützen und einen tragenden klimatischen Rahmen schaffen (Beziehungsgestaltung, gegenseitige Anerkennung und Achtung usf.)“ (ebd.:19).

Diese im Sinne der erwähnten Ermöglichungsdidaktik angelegte Struktur der Kommunikation berücksichtigt auch, dass die Möglichkeiten des Miteinander-Sprechens nicht in erster Linie von der Sprachfähigkeit der Lernenden abhängt, sondern sehr deutlich auch davon, ob sich ein Lernender sozial eingebunden fühlt, wie mit ihm persönlich gesprochen wird (bspw. wertschätzend oder abwertend). Seine Möglichkeiten, Machbarkeit, Beherrschung und Erfolg beim Lernen zu erleben, sind wiederum eng damit verbunden, wie mit ihm über seine Arbeit kommuniziert wird. Werden in erster Linie Fehler sprachlich (negativ) thematisiert, Fortschritte jedoch kaum, wirkt das völlig anders als wenn Fortschritte in den Mittelpunkt sprachlicher Rückmeldung gerückt und Fehler als Chance kommuniziert werden.

Was bedeutet das konkret für die Sprache und Kommunikation von Ausbildenden bzw. Lernbegleitern? Im Graswurzel-Kontext wurde hierzu auf den personenzentrierten Ansatzpersonzentrierter Ansatz von Rogers (2014) zurückgegriffen, der besagt, dass Menschen sich nur verändern können, wenn sie das Empfinden einer „sicheren Beziehung“ haben. Förderlich für eine dergestaltige Sprache und Kommunikation sind demnach vor allem Akzeptanz, Empathie und Kongruenz. Dies hat entscheidende Konsequenzen für die Haltung sowie die sprachliche wie auch nonverbale Kommunikation seitens der ausbildenden/lehrenden Personen:


„Sprache der Achtung und positiven Zuwendung (Akzeptanz)“
Die Sprachäußerungen, Aktivitäten, Gestik und Mimik zeigen, dass jeder Lehrende die Lernenden als Personen grundsätzlich gleichen menschlichen Wertes ansieht und respektiert. Die Äußerungen sind sozial-reversibel, d.h. Lernende können sie dem Lehrenden gegenüber in gleicher Weise verwenden, ohne dass ein Mangel an Achtung/Respekt vorhanden wäre. Lehrende empfinden Anteilnahme/Wärme für den Lernenden, sind rücksichtsvoll, haben eine positive, annehmende Einstellung gegenüber dessen Erlebniswelt, akzeptieren die Person. Sie suchen, die Selbstbestimmung und persönliche Entwicklung des Lernenden deutlich zu fördern. Sie haben keinen Wunsch, über die Lernenden zu dominieren, Macht auszuüben oder sie in Abhängigkeit zu halten. Sie nehmen Schwierigkeiten der Lernenden ernst, berücksichtigen deren Wünsche und Bedürfnisse bzw. nehmen darauf Rücksicht, selbst dann, wenn sie diese nicht erfüllen können – es ist keine Abwertung, kein Herabblicken vorhanden.
„Sprache des einfühlenden, nicht-bewertenden Verstehens der Erlebniswelt des Gegenübers (Empathie)“
Die Anliegen, Gedanken, Motive, Gefühle, die Art, wie Lernende sich und ihre Umwelt wahrnehmen, wollen verstanden werden (aktives Zuhören, Paraphrasieren, Verbalisieren emotionaler Erlebnisinhalte). Lehrende bemühen sich, aktiv und intensiv zu verstehen, welche Bedeutungen die eigenen Äußerungen und Verhaltensweisen für die Lernenden haben und wie sie sich fühlen. Sie verstehen die Schwierigkeiten der Lernenden und berücksichtigen die seelische Situation Lernender – wenn situationsangemessen: Mitteilung dazu an Lernende.
„Sprache der Kongruenz, Aufrichtigkeit und Echtheit“
Aufrichtigkeit, Echtheit: Übereinstimmung von Fühlen, Denken, Äußerungen und Handlungen des Lehrenden gegenüber Lernenden, aufrichtige Äußerungen. Keine Fassadenhaftigkeit, panzerndes professionelles, routinemäßiges Gehabe. Lehrende verhalten sich natürlich, spielen keine (falsche) Rolle, geben sich so, wie sie wirklich sind und sind offen für Verbesserungswünsche und Kritik der Lernenden, und fragen auch danach.

Übersicht 2: Kompetenzentwicklungsförderlicher Sprachgebrauch der Lehrenden (nach Maurus & Schrode 2015: 5–8)

Das „Graswurzel“-Modell, das grundsätzliche Elemente der Lernbegleitung aufnimmt, sucht somit bereits auf der Strukturebene, Möglichkeiten für die Entwicklung sozial-kommunikativer Kompetenz zu ermöglichen und zu verankern. Diese Struktur bliebe allerdings leer und „sprachlos“, würde sie nicht belebt durch die persönliche „dialogische Haltung“ (vgl. Maurus et al. 2016:107) der Lehrenden – die ihren Ausdruck auch in ganz spezifischen, insb. „subjektivierenden“ Sprachformen findet, etwa in (nach-)fragenden, in bildhaften, assoziativen, beziehungsstiftenden u.ä.

Der Gedanke der Kompetenzentwicklung/-reifung ermutigt aus unserer Sicht zur Orientierung an den individuellen Stärken und Ressourcen der LernendenRessourcenorientierung-StärkenorientierungRessourcenorientierung und zur Nutzung der Potenziale handlungsbestimmter, selbstorganisierter Lernprozesse in sprechenden, weil realen Kontexten. Kompetenzen entstehen durch Handeln. Sozial-kommunikative Kompetenzen entstehen in Lern- und Sprachstrukturen, welche die Herausforderung zu selbstorganisatorischem und kreativem Handeln in sich tragen – etwa dem Gedanken folgend:

Nicht zufällig bezog sich Chomsky, der Erfinder der Sprachkompetenz, auf Humboldt. Auf das Vermögen, von den endlichen Mitteln einer Sprache selbstorganisiert und kreativ unendlichen Gebrauch zu machen (Arnold & Erpenbeck 2014:32).

Literatur

Arnold, Rolf (2012). Ermöglichen. Texte zur Kompetenzreifung. Baltmansweiler: Schneider Hohengehren.

Arnold, Rolf/Erpenbeck, John (2014). Wissen ist keine Kompetenz. Baltmansweiler: Schneider Hohengehren.

Baethge, Martin (2011). Qualifikationsentwicklung und demografischer Wandel: Herausforderungen und Reformperspektiven für das Bildungssystem. In: Icking, Maria/Heinrich-Böll-Stiftung/Heinrich Böll Stiftung Nordrhein-Westfalen (Hrsg.). Die berufliche Bildung der Zukunft. Herausforderungen und Reformansätze. Band 7 der Reihe Bildung und Kultur. Berlin: Heinrich Böll Stiftung, 9–23.

Bauer, Hans G. (2007). Die Sprache erfahrungsgeleiteten Lernens – Erlebnispädagogische Projektionen auf den Sprachunterricht. In: Kiefer, Karl-Huber/Fischer, Johann/Jung, Matthias/Roche, Jörg (Hrsg.). Wirtschaftsdeutsch vernetzt. Neue Konzepte und Materialien. München: IUDICIUM, 189–216.

Bauer, Hans G./Brater, Michael/Büchele, Ute/Dufter-Weiss, Angelika/Maurus, Anna/Munz, Claudia (Hrsg.) (2006). Lern(prozess)begleitung in der Ausbildung – Wie man Lernende begleiten und Lernprozesse gestalten kann. Ein Handbuch. Schriftenreihe: Beiträge zu Arbeit – Lernen – Persönlichkeitsentwicklung. Band 3. Bielefeld: Bertelsmann (wbv).

Bauer, Hans G./Dufter-Weis, Angelika (2012). Lernbegleitung als strukturierter Prozess – Erfahrungen und Reflexionen. In: Ulmer, Philipp/Weiß, Reinhold/Zöller, Arnulf (Hrsg.). Berufliches Bildungspersonal – Forschungsfragen und Qualifizierungskonzepte. Bielefeld: Bertelsmann (wbv), 117–134.

Brater, Michael (2013). Qualitätsentwicklung in der Berufsausbildung – „bottom up“. In: Fischer, M. (Hrsg.). Qualität in der Berufsausbildung. Anspruch und Wirklichkeit. Bielefeld: Bertelsmann (wbv), 227–260.

Brater, Michael/Bauer, Hans G. (1992). Schlüsselqualifikationen – Der Einzug der Persönlichkeitsentwicklung in die Berufliche Bildung? In: Herzer, Hans/Dybowsky, Gisela/Bauer, Hans G. (Hrsg.). Methoden betrieblicher Weiterbildung. Ansätze zur Integration fachlicher und fachübergreifender beruflicher Bildung. Eschborn: RKW, 51–69.

Erpenbeck, John (1996). Kompetenz und kein Ende? QUEM-Bulletin 1, 9–13.

Erpenbeck, John/Rosenstiel, Lutz v. (Hrsg.) (2003). Handbuch Kompetenzmessung. 1. Aufl. Stuttgart: Schäffer-Poeschel.

Kirchhof, Steffen (2007). Informelles Lernen und Kompetenzentwicklung für und in beruflichen Werdegängen. Münster: Waxmann.

Kirchhöfer, Dieter (2004). Lernkultur Kompetenzentwicklung. Begriffliche Grundlagen. Berlin: ABWF e.V.

Lang-von Wins, Thomas/Triebel, Claas (2006). Kompetenzorientierte Laufbahnberatung. Heidelberg: Springer.

Maurus, Anna/Schrode, Nicolas (2015). Dialogische Steuerung der Ausbildung. Graswurzel Basisworkshop 2015. Schlosshotel Steinburg, Würzburg: Vortragsmanuskript (graue Literatur).

Maurus, Anna/Schrode, Nicolas/Brater, Michael (2016). Die Graswurzel QES. Ausbildungsprozessintegrierte Qualitätsentwicklung und -sicherung in der beruflichen Bildung. In: Schemme, Dorothea/Pfaffe, Peter (Hrsg.). Beteiligungsorientiert die Qualität in der Berufsausbildung weiterentwickeln. Ausbildung in kleinen und mittleren Betrieben. Wissenschaftliche Diskussionspapiere. Heft 167. Bonn: Bundesinstitut für Berufsbildung (BiBB), 99–113.

Rogers, Carl (2014). Entwicklung der Persönlichkeit: Psychotherapie aus der Sicht eines Therapeuten. Stuttgart: Klett Kotta (Kindle Edition), Position 872–986.

Schäffter, Ortfried (1998). Weiterbildung in der Transformationsgesellschaft. Berlin. Abrufbar unter: https://www.erziehungswissenschaften.hu-berlin.de/de/ebwb/team-alt/schaeffter/i11 (Stand: 18/09/2018)

Settelmeyer, Anke (2013). Sprachlich-kommunikative Anforderungen in der beruflichen Ausbildung. Projektbeschreibung des Forschungsprojekts 2.2.304 (JFP 2013). Bonn: BIBB.

Wittwer, Wolfgang (2015). Von der Qualifizierung zur Kompetenzentwicklung. In: Cramer, Günter/Dietl, Stefan F./Schmidt, Hermann/Wittwer, Wolfgang (Hrsg.). Ausbilder-Handbuch. 171. Aktualisierungslieferung. Köln, Deutscher Wirtschaftsdienst, 1–32.

Die Perspektive der Angewandten SprachwissenschaftSprachwissenschaftAngewandte

Jan Gerwinski, Christine Hrncal, Sabine Jautz, Britta Thörle & Antje Wilton

Am Übergang von der Schule zum Beruf werden Auszubildende mit Formen fachlich, beruflich und institutionell geprägter Kommunikation konfrontiert, mit denen sie durch ihre bisherige (schulische) Ausbildung häufig nicht vertraut sind und die bestimmte Kompetenzanforderungen an sie stellen. Diese Anforderungen betreffen u.a. die Beherrschung von Terminologien und Fachtextsorten – unter Umständen auch in einer Fremdsprache –, die aktive Teilnahme an institutionell geprägten GesprächstypenGesprächstypen und die Kommunikation mittels fach- oder organisationsspezifischer MedieninfrastrukturenMedieninfrastrukturen. Mit der Zunahme des Anteils der Kommunikationsarbeit an der Berufstätigkeit (etwa durch die Expansion des Dienstleistungssektors), durch die Globalisierung in vielen professionellen Bereichen sowie durch technische Innovationen verändern sich auch die sprachlichen und kommunikativen Anforderungen an Auszubildende und Berufstätige. Sie müssen über entsprechende Kenntnisse und Fähigkeiten verfügen, diese im betrieblichen Kontext nach und nach einüben oder sich diese in Weiterbildungen aneignen, um erfolgreich in beruflichen Kontexten agieren zu können.

Vor diesem Hintergrund sehen wir die Aufgabe der Angewandten SprachwissenschaftSprachwissenschaftAngewandte darin, Beschreibungen berufsbezogener kommunikativer Praktiken zur Verfügung zu stellen, sprachliche und kommunikative Anforderungen an Arbeitsplätzen zu erfassen, entsprechende Kompetenzen von Berufstätigen zu beschreiben und damit die Basis für eine angemessene Vermittlung dieser Kompetenzen in der Aus- und Weiterbildung zu schaffen. Dabei spielen sowohl die sprachlichen und kommunikativen Fähigkeiten, Defizite und Lernprozesse des Individuums eine Rolle (Mikroebene) als auch die gesellschaftlichen, arbeitsmarkt- und bildungspolitischen Rahmenbedingungen (Makroebene). Dazwischen liegt die Mesoebene der OrganisationenOrganisation und InstitutionenInstitution mit den darin eingebetteten Interaktionen, die die berufliche Kommunikation in besonderer Weise prägen. Sie bildet den Ausgangspunkt unserer Überlegungen (vgl. auch Habscheid et al. 2014).

1. Angewandte SprachwissenschaftSprachwissenschaftAngewandte

Die Angewandte SprachwissenschaftSprachwissenschaftAngewandte ist ein Betätigungsfeld, das vielfach an praktischen Problemen ansetzt und in dem Forscherinnen und Forscher mit den im Feld tätigen Akteuren gemeinsam daran arbeiten, Probleme zu identifizieren, zu verstehen und Lösungswege zu entwickeln (vgl. www.aila.info/en/about). Dieses Betätigungsfeld ist weit und heterogen. Es umfasst die Arbeitsbereiche sprachwissenschaftlicher Subdisziplinen wie beispielsweise der FachsprachenforschungFachsprache, der Wirtschaftslinguistik oder der Angewandten GesprächsforschungGesprächsforschung und dehnt sich auch über nicht primär linguistische bzw. interdisziplinär ausgerichtete Forschungsrichtungen aus wie beispielsweise die Sprachlehrforschung oder die Transferwissenschaft. Mehr als um eine eigene, autonome Disziplin mit klar abgegrenztem Gegenstandsbereich und festgelegten methodischen Prinzipien handelt es sich bei der Angewandten SprachwissenschaftSprachwissenschaftAngewandte deshalb um einen „specific, problem-oriented way of ‚doing linguistics’ related to the real-life world“ (Knapp & Antos 2009:xi), der sich durch ein hohes Maß an Interdisziplinarität, Empirie und Praxisorientierung auszeichnet. Angewandt sprachwissenschaftliche Forschung basiert in der Regel auf authentischen, im Feld erhobenen Daten, die für die Analyse dokumentiert und aufbereitet und ggf. auch für die Rückmeldung an die Praxis oder zur Entwicklung von Trainingsangeboten eingesetzt werden können. Die Aufgabe linguistischer Forschung ist in erster Linie deskriptiv in dem Sinne, dass faktisches sprachliches und kommunikatives Verhalten auf der Grundlage wissenschaftlicher Theorien und Methoden erhoben und beschrieben wird. Deshalb sehen manche Forscherinnen und Forscher das Anliegen der Angewandten SprachwissenschaftSprachwissenschaftAngewandte hauptsächlich in der kritischen Beschreibung und Bewusstmachung der (problemverursachenden) Eigenschaften von Sprache und Kommunikation („awareness raising“, vgl. Stegu 2011:32). Andere wiederum betrachten es darüber hinaus auch als Aufgabe der Angewandten SprachwissenschaftSprachwissenschaftAngewandte, Messinstrumente und Handlungsempfehlungen für gelingende Kommunikation zu formulieren sowie konkrete Beratungsangebote und Trainingskonzepte auf sprachwissenschaftlicher Basis zu entwickeln (vgl. z.B. Becker-Mrotzek & Brünner 2004).

Der Anwendungsbereich der beruflichen Aus- und Weiterbildung hat in der Angewandten SprachwissenschaftSprachwissenschaftAngewandte bisher wenig Berücksichtigung gefunden (vgl. jedoch die frühe Arbeit von Brünner 1987 sowie die neueren Studien von Efing, z.B. 2010). Dabei bietet der in der Angewandten SprachwissenschaftSprachwissenschaftAngewandte durchaus intensiv beforschte Bereich „Sprache und Arbeit“ zahlreiche Anknüpfungspunkte für die Beschäftigung mit Sprache und Kommunikation in der Aus- und Weiterbildung. Ausgehend von einem breiten Aufgabenspektrum (siehe oben) finden sich Anschlussmöglichkeiten auf mehreren Ebenen:

1 Faktische Beschreibung: Die Angewandte SprachwissenschaftSprachwissenschaftAngewandte beschreibt sprachliche Varietäten, Text- und GesprächstypenGesprächstypen sowie (aus kommunikations- bzw. interaktionszentrierter Perspektive) organisationale Prozesse am Arbeitsplatz. In Texten und Gesprächen am Arbeitsplatz werden Auszubildende mit der FachspracheFachsprache ihres Berufs konfrontiert, möglicherweise auch mit Fachfremdsprachen, die sie im Laufe der Zeit beherrschen und für die auf der Basis linguistischer Forschung Lehrkonzepte entwickelt werden (Forner 2016). Beschreibungen von Gesprächstypen am Arbeitsplatz wie z.B. Besprechungen, (interkulturelleinterkulturell) Verhandlungen, Verkaufs- und Reklamationsgespräche (siehe für einen Überblick Brünner 2000) bieten einen empirisch basierten Einblick in die für diese Gespräche typischen Handlungsschemata, Beteiligungsrollen und Konfliktpotenziale. Die Beschreibungen können dazu dienen, empiriebasierte Kompetenzprofile für Auszubildende in bestimmten Berufen zu formulieren sowie entsprechende Lehr- und Trainingskonzepte zu entwickeln (siehe unten). Wichtig erscheint hierbei jedoch, Anforderungen und Schulungsmodelle nicht losgelöst von der konkreten kommunikativen Praxis der Auszubildenden zu formulieren. So zeigen empirische Studien, dass Anforderungen an Auszubildende nicht nur fachlicher Natur, sondern auch zunehmend organisatorischer Art sind, da beispielsweise die Einführung der Projektarbeit in die Ausbildung neue kommunikative Aufgaben im Zusammenhang mit der Koordination im Projektteam und mit der Präsentation von Ergebnissen mit sich bringt (vgl. Efing 2010:5f.). Außerdem ist zu bedenken, dass das Gelingen von Aus- und Weiterbildung nicht allein von den Kompetenzen der Auszubildenden abhängt. Für das Funktionieren der OrganisationOrganisation ist es entscheidend, dass sich die Arbeit des Einzelnen möglichst reibungslos in die Gesamtorganisation einfügt, wofür etwa ein Unternehmen entsprechende Rahmenbedingungen und Infrastrukturen schaffen muss. Hier kann sprachwissenschaftliche Forschung dazu beitragen, die tatsächliche kommunikative Praxis an Arbeitsplätzen zu erheben, Divergenzen aufzudecken und ggf. auf notwendige Strukturveränderungen hinzuweisen (vgl. Hartung 2011).

2 Kriterienbildung und EvaluationEvaluation: Die Angewandte SprachwissenschaftSprachwissenschaftAngewandte liefert empirisch und theoretisch fundierte Kriterien für die Definition von Kompetenzen und die Beurteilung der Qualität sprachlicher Produkte und kommunikativer Prozesse. Für die Ausbildung relevante Ansätze sind hier u.a. das Konzept der „TextkompetenzTextkompetenz“, das ein zentrales Bildungsziel im Sinne von Literalität darstellt und insbesondere in der Deutsch- und DaF-Didaktik fruchtbar gemacht wird (z.B. Portmann-Tselikas 2002), sowie das im Rahmen der Angewandten GesprächsforschungGesprächsforschung diskutierte Konzept der „GesprächskompetenzGesprächskompetenz“ (Becker-Mrotzek & Brünner 2004). Wie Deppermann (2004:19) zeigt, ist die Formulierung von Kompetenzen aus linguistischer Sicht allerdings nicht unproblematisch, da die Beschreibung von Kompetenzen als optimale Handlungsformen über die empirisch basierte Deskription faktisch beobachtbarer Handlungsweisen hinausgeht. Kompetenz als normativer Begriff kommt aber im Wissenschaftsverständnis z.B. der Gesprächsforschung nicht vor, weshalb die Angewandte Gesprächsforschung hier einer theoretischen und methodischen Reflexion und Weiterentwicklung bedarf.Bei der Beurteilung der Güte sprachlicher Produkte und kommunikativer Prozesse geht es u.a. um die Verständlichkeit und Optimierung von Texten der externen UnternehmenskommunikationUnternehmenskommunikation (vgl. Lutz 2015). Ansätze in diesen Bereichen sind typischerweise interdisziplinär und verbinden sprachwissenschaftliche mit kognitionslinguistischen, psychologischen, pädagogischen oder betriebswirtschaftlichen Grundlagen.

3 Vermittlung: Die Angewandte SprachwissenschaftSprachwissenschaftAngewandte beteiligt sich an der Entwicklung von Unterrichts-, Beratungs- und Trainingskonzepten für die Vermittlung sprachlicher und kommunikativer Kompetenzkommunikative Kompetenz. Dieses Anliegen schlägt sich nicht nur in der Verzahnung zwischen Sprachwissenschaft und (schulischer) Sprachdidaktik nieder, sondern beispielsweise auch in der Entwicklung von sprachwissenschaftlich fundierten Ratgebern (z.B. Porila & ten Thije 2008 für die interkulturelleinterkulturell Kommunikation), Beratungskonzepten für die betriebliche Praxis (vgl. z.B. Hartung 2011) sowie in der Diskussion verschiedener Methoden für Kommunikationstrainings (z.B. Fiehler & Schmitt 2011).Quer zu den drei Bereichen faktische Beschreibung, Kriterienbildung und EvaluationEvaluation sowie Vermittlung liegen die verschiedenen Gegenstandsbereiche angewandt sprachwissenschaftlicher Forschung (siehe für eine erste Übersicht Knapp et al. 2011), von denen die folgenden aus unserer Sicht von besonderer Relevanz für die Untersuchung von Sprache und Kommunikation in Aus- und Weiterbildung sind.

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