Qualität in Pfarreien

Mesaj mə
0
Rəylər
Fraqment oxumaq
Oxunmuşu qeyd etmək
Şrift:Daha az АаDaha çox Аа

Welche Grund-Modelle gibt es?

Im Prinzip sind gerade im deutschsprachigen Raum zwei wesentliche Modelle zu identifizieren, an denen entlang Qualitätsmanagement in einer Organisation aufgebaut werden kann: die Norm der deutschen Industrie, DIN ISO 9000, und auf der anderen Seite das europäische Modell der European Foundation for Quality Management (kurz EFQM). Zwischenzeitlich hat sich DIN ISO 9000 in den letzten Ausprägungen an EFQM angenähert.167 Nach Malorny ist die DIN-Norm mit ihrem eigenen Aufbau aber noch nicht als TQM zu sehen:

„Daher ist die Umsetzung der Normenanforderungen zwar ein erster Schritt auf dem Weg zum TQM, eine ausreichende Antwort auf das Ausschöpfen der Leistungspotenziale ist die DIN EN ISO 9000 ff. jedoch nicht.“168

Die ISO-Norm wurde zunächst als Qualitätssicherungssystem entwickelt, das auch dazu dient, rechtliche Anforderungen zur Sicherheit von Produkten zu erfüllen. Die Dokumentation von Abläufen spielt dabei eine wichtige Rolle.169 Mit Zink sollte es aber mehr darum gehen, „ob das Richtige gemacht wird“, statt nur darauf zu achten, dass „etwas richtig gemacht“ wird.170

„Das heißt: Im Vordergrund allen Handelns steht hier die Ausrichtung auf den Kunden.“171

DIN ISO 9000 kann daher eher als Qualitätssicherungssystem und weniger als Modell für Qualitätsmanagement und damit -entwicklung im Sinne eines TQM für eine gesamte Organisation verstanden werden. Die Zertifizierung eines Pflichtteils genügt nicht, um eine Organisation wirklich dauerhaft und nachhaltig fortzuentwickeln. Das Risiko besteht, dass man sich nach erfolgreicher Zertifizierung zurücklehnt und die Dinge wieder ihrem Lauf überlässt. Es muss also statt der Sicherung von Qualität vielmehr um einen dauerhaften Entwicklungs- und Verbesserungsprozess, d. h., um Qualitätsentwicklung gehen. Nur dann wird eine Organisation dauerhaft lernen.172

„Obwohl auch die DIN EN ISO 9000 ff. als modellhafter Ansatz des Qualitätsmanagements gilt, sind die erreichbaren Nutzeffekte gleichwohl eingeschränkt.“173

„Der deutlichste Unterschied hinsichtlich des TQM-Gedankens wird beim Grundsatz der Ergebnisorientierung deutlich. (…) ISO-orientiertes Qualitätsmanagement ist (…) zunächst auf die Erfüllung der Normforderungen der 9001er-Norm gerichtet, die ein ‘Mindestmaß’ darstellen.“174

Nicht nur mit Blick auf die Ergebnisorientierung ist nach Vomberg das EFQM-Modell insgesamt deutlich weitreichender als die Grundansätze des DIN EN ISO 9000 ff.175 Im Folgenden wird das Modell EFQM bevorzugt. Für pastorale Zwecke scheint es als Instrument wesentlich anknüpfungsfähiger zu sein. Es ist bereits für soziale Einrichtungen adaptiert worden, was für seine Anpassungsfähigkeit spricht.

1.2.2 Das EFQM-Modell für Excellence

Das Modell nach EFQM scheint ein hilfreicher Ansatz zu sein. Es sei an dieser Stelle näher vorgestellt.

„Das EFQM-Modell für Excellence ist eine strukturierte Methode, um einen Einblick in das Niveau der Excellence einer Organisation zu erhalten (…).

Der Zweck besteht in der Schaffung einer exzellent operierenden Organisation (‚..).“176

Das EFQM-Modell ist ein Führungsinstrument. Es betrachtet eine Organisation ganzheitlich. Dazu gehört die Erfassung eines aktuellen Standes anhand von leitenden Kriterien. Management und Organisation werden von diesem Stand ausgehend laufend verbessert.177

Hinter den leitenden Kriterien verstecken sich einige Grundkonzepte, die sich quer durch die Kriterien wiederfinden. Es handelt sich um grundlegende Herangehensweisen, die eine Organisation zur Exzellenz führen sollen. Dazu gehört die Ausrichtung am Leistungsempfänger („Kunde“), die Wertschätzung der Mitarbeitenden usw. Das Modell EFQM 2013 enthält folgende Grundkonzepte178:

• „Nutzen für den Kunden schaffen“: Eine Dienstleistung oder ein Produkt bestimmt seine Qualität wesentlich auf der Basis der Zufriedenheit des Nutzers. Der Kunde muss also mit seinen Erwartungen wahrgenommen werden. Die Organisation steht in Kontakt mit Kunden und bindet sie auch in die Entwicklung neuer Produkte mit ein. Auf Rückmeldungen wird angemessen reagiert. Allerdings stellt das nicht professionelle Standards in Frage, die in den jeweiligen Fachbereichen gelten. So muss sich der Kunde z. B. auf die Sachkenntnis eines Bankberaters oder eines Arztes verlassen können, dass er den richtigen Weg zur Erfüllung seiner Wünsche einschlägt.

• „Die Zukunft nachhaltig gestalten“: In diesem Punkt verbirgt sich die Übernahme von Verantwortung für die Gesellschaft. Hier stehen eher langfristige Gewinne als kurzfristige Effekte im Vordergrund. Exzellente Organisationen setzen sich auch für nachhaltige Entwicklung (im Sinne der Beachtung sozialer, ökologischer und ökonomischer Faktoren) ein.

• „Die Fähigkeiten der Organisation entwickeln“: Ein Produkt muss hergestellt, eine Dienstleistung erbracht werden. Prozesse der Leistungserbringung haben Einfluss auf die Qualität. Wertschöpfungsketten müssen bewusst gemacht, dauerhaft bedacht und angepasst werden, um Aufwand und Qualität in ein effizientes Verhältnis zu bringen. Dazu ist es auch wichtig, auf die Kultur der Zusammenarbeit zu achten oder Ressourcen im benötigten Maße zur Verfügung zu stellen. Mit anderen Partnern zusammen können eigene Fähigkeiten fortentwickelt werden.

• „Kreativität und Innovation fördern“: In einer exzellenten Organisation sind alle gefordert, für die Fortentwicklung mit innovativen Ideen einen Beitrag zu leisten. Es muss um eine kontinuierliche Verbesserung gehen, wozu es eine auf Dauer gestellte Reflexionstätigkeit braucht. Innovation und Lernen bleiben dann nicht mehr zufällig, sondern werden systematisch der Organisation eingepflanzt. Fischer verweist im Zusammenhang mit der Entwicklungsorientierung einer Organisation auf den Deming-Kreislauf, der das Grundprinzip konsequenter Entwicklung ist: plan - do - check - act (planen - umsetzen - überprüfen - verbessern).

• „Mit Vision, Inspiration und Integrität führen“: Gute Organisationen haben Führungspersonal, das die Zukunft gezielt angeht und vorbildlich, auch bezüglich Ethik und Haltungen, vorangeht. Sie binden Mitarbeitende ein und schaffen eine positive Kultur der Beteiligung und der Fortentwicklung. Sie benennen den strategischen Handlungskern und motivieren die Mitarbeitenden in der Organisation, diesen umzusetzen.

• „Veränderungen aktiv managen“: Dabei kommt es darauf an, gesellschaftliche Entwicklung abzusehen und rechtzeitig reagieren zu können. Exzellente Organisationen verfügen über Bewertungsmaßstäbe, um den eigenen Stand zu bewerten und ggf. Handlungsbedarf zu erkennen, der wiederum schnell abgedeckt wird.

• „Durch Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter erfolgreich sein“: Die Zufriedenheit des Mitarbeitenden hat großen Einfluss auf die Qualität. Mitarbeitende werden also in ganz eigener Weise in Qualitätsmodellen beachtet. Sie werden wertgeschätzt und können aktiv mitwirken. Ihre Potentiale werden gezielt genutzt. Es wird genügend für deren Wohlbefinden gesorgt.

• „Dauerhaft herausragende Ergebnisse erzielen“: Die Orientierung am Ergebnis ist im Qualitätsmanagement ein wichtiges Element. Dazu müssen die Ergebniskriterien klar sein, an denen sich eine Organisation orientieren soll. Die entscheidenden Faktoren und Messkriterien werden dazu festgelegt. Dies sollte so erfolgen, dass eine Organisation festmachen kann, woran es liegt, dass ein Ergebnis nicht erreicht wird. Mit diesen Ergebnissen muss systematisch gearbeitet und Konsequenzen für das Handeln der Organisation abgeleitet werden. Die Ergebniskriterien sind besonders für die Führung von hoher Relevanz.

Andere Übersichten ähneln sich im Kern dieser Aufstellung und differieren um einzelne Elemente. Im Grunde sind aber immer Kunden-, Mitarbeiter, Prozess-, Führungs- und Ergebnisorientierung enthalten.

Aufbauend auf den Grundansätzen ist als Kernstück von EFQM das Kriterienmodell hervorzuheben (siehe Abbildung 3179). Hier werden Befähiger- und Ergebniskriterien benannt, zwischen denen eine Wechselwirkung zu erwarten ist. Die Leistungserstellung („Befähiger“) wird anhand von fünf Kriterien-Bereichen („Führung“, „Strategie“, „Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter“, „Partnerschaften und Ressourcen“, „Prozesse, Produkte und Dienstleistungen“) erfasst, die Wirkungen oder auch Ergebnisse einer Organisation durch vier Kriterien-Bereiche („Kundenbezogene Ergebnisse“, „Mitarbeiterbezogene Ergebnisse“, „Gesellschaftsbezogene Ergebnisse“, „Schlüsselergebnisse“). Jedes Kriterium sammelt eine Reihe von Teilkriterien, die das Tun und die Wirkung konkret fassbar machen. Die Teilkriterien werden anhand von Orientierungspunkten erläutert, die als Beispiele dienen.180


Abbildung 3: EFQM-Kriterienmodell

 

Die Kriterien mit ihren Teilkriterien sind folgende. Zuerst wird das Kriterium kurz beschrieben, um dann die Teilkriterien zu benennen. Hier zunächst die Befähigerkriterien:

• Führung:

„Exzellente Organisationen haben Führungskräfte, welche die Zukunft konsequent gestalten und verwirklichen. Sie agieren als Vorbilder in Bezug auf geltende Werthaltungen und ethische Grundsätze und schaffen kontinuierlich Vertrauen. Sie sind flexibel und ermöglichen der Organisation, vorausschauend zu agieren und rechtzeitig zu reagieren, um anhaltenden Erfolg der Organisation zu gewährleisten.

1a. Führungskräfte entwickeln die Vision, Mission, Werte und ethischen Grundsätze und sind Vorbilder.

1b. Führungskräfte definieren, überprüfen und verbessern das Managementsystem und die Leistung der Organisation, 1c. Führungskräfte befassen sich persönlich mit externen Interessengruppen. 1d. Führungskräfte stärken zusammen mit den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Organisation eine Kultur der Excellence.

1e. Führungskräfte gewährleisten, dass die Organisation flexibel ist und Veränderungen effektiv gemanagt werden.“181

• Strategie:

„Exzellente Organisationen verwirklichen ihre Mission und erreichen ihre Vision, indem sie eine auf die Interessengruppen ausgerichtete Strategie entwickeln. Leitlinien, Pläne, Zielsetzungen und Prozesse werden entwickelt und umgesetzt, um diese Strategie zu realisieren.

2a. Die Strategie beruht auf dem Verständnis der Bedürfnisse und Erwartungen der Interessengruppen und des externen Umfelds.

2b. Die Strategie beruht auf dem Verständnis der eigenen Leistungen und Fähigkeiten.

2c. Die Strategie und unterstützende Leitlinien werden entwickelt, überprüft und aktualisiert.

2d. Die Strategie und unterstützende Leitlinien werden kommuniziert, umgesetzt und überwacht.“182

• Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter:

„Exzellente Organisationen wertschätzen ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und schaffen eine Kultur, die es erlaubt, wechselseitig nützliche Ziele für die Organisation und für die Menschen zu erreichen. Sie entwickeln die Fähigkeiten ihrer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und fördern Fairness und Gleichberechtigung. Sie kümmern sich um ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, sie kommunizieren, belohnen und erkennen in einer Art an, die Menschen motiviert, Engagement fördert und die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in die Lage versetzt, ihr Können und ihr Wissen zum Wohl der Organisation einzusetzen.

3a. Personalpläne unterstützen die Strategie der Organisation.

3b. Das Wissen und die Fähigkeiten der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter werden entwickelt.

3c. Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter handeln abgestimmt, werden eingebunden und zu selbständigem Handeln ermächtigt.

3d. Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter kommunizieren wirkungsvoll in der gesamten Organisation.

3e. Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter werden belohnt, anerkannt und betreut.“183

• Partnerschaften und Ressourcen:

„Exzellente Organisationen planen und managen externe Partnerschaften, Lieferanten und eigene Ressourcen, um ihre Strategie und Leitlinien sowie die wirkungsvolle Durchführung von Prozessen zu unterstützen. Sie gewährleisten, dass sie ihren Einfluss auf die Umwelt und die Gesellschaft wirksam steuern.

4a. Partner und Lieferanten werden zu nachhaltigem Nutzen gemanagt.

4b. Finanzen werden zum nachhaltigen Erfolg gemanagt.

4c. Gebäude, Sachmittel und Material werden zur Unterstützung der Strategie nachhaltig gemanagt.

4d. Technologie wird gemanagt, um die Realisierung der Strategie zu unterstützen.

4e. Informationen und Wissen werden gemanagt, um die effektive Entscheidungsfindung zu unterstützen und um die Fähigkeiten der Organisation aufzubauen.“184

• Prozesse, Produkte und Dienstleistungen:

„Exzellente Organisationen gestalten, lenken und verbessern Prozesse, Produkte und Dienstleistungen, um Wertschöpfung für Kunden und andere Interessengruppen zu generieren.

5a. Prozesse werden gestaltet, gelenkt und verbessert, um den Nutzen für die Interessengruppen zu optimieren.

5b. Produkte und Dienstleistungen werden entwickelt, um optimale Werte für Kunden zu schaffen.

5c. Produkte und Dienstleistungen werden effektiv beworben und vermarktet.

5d. Produkte werden erstellt, geliefert und gemanagt, um den laufenden Erfolg der Organisation zu sichern.

5e. Kundenbeziehungen werden gemanagt und vertieft.“185

Unter jedem Teilkriterium findet sich eine Liste von Hinweisen, so dass genauer fassbar wird, woauf es sich beziehen kann. Das Teilkriterium ld verweist z. B. darauf, dass die Führung für Mitarbeiterinnen eine inspirierende Kraft hat und daher ihr Verhalten eine Rolle spielt. 3e hat als einen Orientierungspunkt, dass auf das rechte Verhältnis von Arbeit und Freizeit in Zeiten andauernder Erreichbarkeit zu achten ist, während 4e z. B. das kreative Potential von Netzwerken betont und 5a z. B. den Prozesseigner so stärkt, dass er selbständig Leistungserstellungsprozesse entwickeln und verbessern kann.186

Bei den Ergebniskriterien geht es durchgängig darum, dass mit Leistungsindikatoren die jeweiligen Ergebnisbereiche überprüft werden. Die Betrachtung soll dabei differenziert nach Segmenten (z. B. Kunden, Mitarbeiterinnen, Organisationsteile) erfolgen. Dabei sollten Trends in den Blick kommen, die Entwicklungen der letzten Jahre deutlich machen, woraus sich Handlungsbedarf und damit Ziele ableiten lassen. Der Vergleich mit anderen Organisationen lässt die Qualität der eigenen Ergebnisse vertieft beurteilen. Wichtig erscheint dabei, dass Ursachen für bestimmte Trends und Zusammenhänge verstanden werden, so z. B. welche Verursacher dafür sorgen oder welche Auswirkungen sich damit für andere Organisationsbereiche ableiten lassen. Das Verstehen kann für Vertrauen in künftige Leistungen sorgen.

Konkret erfasst werden die Ergebnisse in verschiedenartiger Form. Bezüglich Kunden oder Mitarbeiterinnen können Umfragen, Fokusgruppen oder Beschwerden bzw. Mitarbeitergespräche betrachtet werden. Bezüglich der Gesellschaft können das Pressemeldungen oder Rückmeldungen von der Politik sein und bezüglich der Schlüsselergebnisse sind es finanzielle oder auch nicht-finanzielle Größen. Überhaupt braucht es in jedem Fall passende Wirkungsindikatoren oder -messgrößen („Leistungsindikatoren“), die vorher identifiziert werden. Das Ziel der Exzellenz ist es, Bedürfnisse und Erwartungen der Kunden, der Mitarbeiterinnen, der Gesellschaft oder der Interessengruppen zu erfüllen oder zu übertreffen.187

Die „RADAR-Logik“ ermöglicht die systematische Bewertung der eigenen Organisation. Anhand dieses Vorgehens wird deutlich, inwieweit die Ergebnisse in der Strategie verankert sind, integrierte Ansätze entwickelt wurden, um anvisierte Ergebnisse zu erreichen, und das Vorgehen systematisch erfolgt, es laufend überprüft wird bzw. Lernprozesse auf Dauer geschaltet sind.188

Die Kriterien müssen in den jeweiligen Kontext einer Organisation hinein übersetzt und angepasst werden.

„Das bedeutet, dass jede Organisation für sich den Qualitätsbegriff operationalisieren und damit für die jeweiligen Zwecke anwendbar machen muss.“189

TQM ist demnach nicht nur für die Industrie und Wirtschaft relevant, sondern auch für Non-Profit-Organisationen. Qualität ist nicht nur ein Thema bei Produkten, sondern auch bei Dienstleistungen. Es muss von Organisation zu Organisation geklärt werden, wie Wirkung oder auch Leistungserstellung erfasst werden kann. Die Kriterien geben dazu bereits viele Anhaltspunkte. Letztlich können so Stärken und Schwächen wahrgenommen und geeignete Handlungsansätze gefunden werden.190

Bei Anwendung von TQM ist damit zu rechnen, dass sich positive Veränderungen einstellen. Entsprechende Effekte wurden z. B. für Firmen nachgewiesen. Allerdings wird deutlich darauf hingewiesen, dass die Einführung von TQM keinen kurzfristigen Effekt bringt, sondern langfristig greift. Die Veränderung der Organisationskultur oder der Arbeitsweisen der Mitarbeiter braucht viel Zeit. Außerdem kann auch bei TQM nicht ausgeschlossen werden, dass eine Organisation falsche Entscheidungen trifft.191

„Managers that embrace TQM for quick gains will be surely disappointed. To get the benefits from TQM, one must be patient. It improves performance in the long-haul.“192

1.2.3 Kann TQM auf Kirche vor Ort angewandt werden?

Natürlich hat die Methode des Qualitätsmanagements ihren Ursprung im industriellen Bereich. Und natürlich fließen daher Ansätze, die zunächst in anderen Zusammenhängen erstellt wurden, ein. Somit müssen wir uns die Frage stellen, ob und wie eine Anwendung des Instruments EFQM, wenn auch in veränderter Form, auf die Pastoral denkbar ist. Bereits erfolgte Übertragungen im Bereich z. B. ehrenamtlicher Vorstandsarbeit in einer NPO oder durch die Caritas oder auch im Rahmen der Visitation in der Erzdiözese Freiburg legen nahe, dass angepasste TQM-Modelle anwendbar sind. Caritas und Diakonie betonen hierbei den theologischen Bezugspunkt als Grundfaktor ihrer Tätigkeit.193 Auch der Verband katholischer Tageseinrichtungen für Kinder (KTK) bezieht TQM als ein Mittel ein, um die Zusammenarbeit zwischen Gemeinde und Kindertageseinrichtung auf der Basis des theologischen Grundauftrags zu verbessern. Dabei wird betont, welchen Nutzen TQM für die Umsetzung des kirchlichen Auftrags hat und dass das spezifisch christlich geprägte Tun der Einrichtungen und der Gemeinden wirkungsvoller zum Tragen kommt.194

Kunden und Dienstleistungen

Beim Begriff „Kunde“ scheint sich ein Grundkonflikt zwischen dem Selbstverständnis von Kirche und Wirtschaft aufzutun.

„Erschließen der Kundenbegriff und der Dienstleistungsgedanke das Wesen pastoralen Handelns oderverschließen sie ehereinen adäquaten Zugang?“195

Nitsche und Hilberath machen darauf aufmerksam, dass begriffliche Unklarheiten zu unterschiedlichen, unausgesprochenen Verständnissen und damit zu Missverständnissen führen. Dies gelte auch für den Begriff des Kunden und damit zusammenhängend für den Begriff der Dienstleistung. Der Kundenbegriff meint keine manipulative Instrumentalisierung oder Verzweckung des Menschen, um Ziele zu erreichen. Oder, mit dem Beispiel von Nitsche/Hilberath, wer bei „Kunde“ an einen areligiösen Nutzer eines kirchlichen Rituals (z. B. bei einer Hochzeit) denkt, der sich einfach nur „bedienen“ lässt, der übersieht die Beziehung zwischen Dienstleister und Nutzer, die von einem wechselseitigen Einbringen und hoffentlich positivem Ergebnis geprägt ist, und der wird den Begriff sicherlich anders werten.196

Kirche hat auch Adressaten, an die sie sich mit ihren Leistungen und dem Heilsangebot richtet. Nach Stauss sind das ihre Kunden, egal ob es einen Markt gibt oder nicht.

„In diesem Sinne bezeichnet auch eine Kundenbeziehung keineswegs zwingend eine Markt- oder Warenverbindung, sondern die Beziehung einer Organisation und ihrer Mitarbeiter zu den Leistungsempfängern.“197

Kunde meint dann die Personen, für die oder mit denen eine Leistung erbracht wird. Auch Kirche müsse es laut Stauss um eine dauerhafte Beziehung zu diesen Menschen gehen, und dazu müsse dem Beziehungsaufbau und der Kontaktpflege oder dem Wiedergewinnen oberste Priorität eingeräumt werden, was systematisch angegangen werden müsste.198

 

Es ist nicht gemeint, dass die Ehrlichkeit im Umgang mit den Menschen verloren geht, damit ein bestimmter Zweck erfüllt wird.199 Im Gegenteil: Diese Beziehung zum Menschen ist notwendig, um den Menschen wirklich in den Blick nehmen zu können, um den Menschen ins Zentrum kirchlichen Tuns zu rücken. Denn das Heil des Menschen ist ja der Zweck der Kirche200. Dann erst kann auch das pastorale Tun beim Menschen ankommen, der Auftrag also erfüllt werden, wenn man wie Jesus fragt: „Was soll ich Dir tun?“ (Heilung eines Blinden bei Jericho: Mk 10, 51). So wird Kirche inkulturiert in die Lebenswelt der Menschen. Nur dann werden die Kontexte der Menschen genügend beachtet.

„In der Pastoral ist die Verwendung des Kundenbegriffs hilfreich, wenn hiermit auf ein beziehungsorientiertes Handeln verwiesen wird, in dem die Orientierung an der Lebenswelt und an den Bedürfnissen der Menschen im Mittelpunkt steht (…)“201.

Auf diese Weise kann der Kundenbegriff zu einem Suchinstrument werden, das der Pastoral hilft, immer wieder neu nach den Bedürfnissen der Menschen zu fragen. Stauss erhebt in diesem Zusammenhang sogar die Anfrage an die Kirche, ob sich denn Kirche nicht für die Beziehungen zu ihren Mitgliedern interessiere:

„Warum können zwar Kunden profitorientierter Unternehmen erleben, dass sich diese (aus Eigeninteresse) um sie bemühen, an ihren Meinungen und Einschätzungen interessiert sind, sie langfristig binden oder auch wieder gewinnen wollen, während sie als Mitglieder von ‘Nonprofit-’ Kirchen oft nur deren Eigeninteresse an finanzieller Zuwendung wahrnehmen (…)?“202

Pott macht als Hauptfunktionen des Kundenmanagements deutlich:

„die Sammlung und Aufbereitung von Informationen über den Kunden, die darauf aufbauende strategische Planung der Arbeit mit dem Kunden, die Vorbereitung und Aushandlung von Vereinbarungen, einschließlich des Aufbaus entsprechender Kontaktsysteme sowie die Kontrollfunktion, die überwacht, ob die angestrebten Ziele erreicht werden konnten.“203

Ein Gläubiger, der an einem Gottesdienst teilnimmt, konsumiert kein religiöses Angebot, sondern muss selbst zum Träger der Botschaft werden. Insofern kann das nicht mit dem typischen Kunden gleichgesetzt werden, der im Supermarkt einkauft. Allerdings ist an dieser Stelle der Kundenbegriff in seiner differenzierten Form zu beachten. Denn auch der Friseur hat Kunden oder der Erlebnispädagoge, der ein Angebot für eine Gruppe durchführt. Beide setzen, wenn auch in unterschiedlichem Maße, die Mitwirkung des Kunden voraus. Als „externer Faktor“ geht der Kunde damit in den Leistungserstellungsprozess mit ein. Der Kundenbegriff erscheint also auch da verwendbar, wo ohne den Kunden keine Leistung erbracht werden kann.204

Und damit sind wir bereits beim Begriff der Dienstleistung. Sie ist eine Leistung, die für oder mit dem Kunden erbracht wird. Dabei ist der Begriff in seiner Weite zu sehen. Er bezieht sich auch auf Leistungen, die den Kunden als sogenannten „externen Faktor“ in die Erstellung mit einbinden müssen. So ist eine Beratung ohne den Klienten nicht möglich. Der Kunde ist damit Ko-Produzent der Leistung. Zugleich wird daran das „Uno-actu-Prinzip“ deutlich, dass Erstellung und Nutzung der Leistung durch den Kunden zeitlich zusammenfallen (im Gegensatz z. B. zur Herstellung von Autos, die auch gelagert werden können) und dass Dienstleistungen durch immaterielle Anteile dominiert werden (z. B. Atmosphäre der Beratung). Daraus folgt, dass eine Organisation (z. B. Caritas) Fähigkeiten (Potentiale) bereit halten muss, um z. B. eine Beratung durchführen zu können. Mit dem Kunden wird dann die Dienstleistung erbracht (Prozess), um eine nutzenstiftende Wirkung (meist immateriell) beim Kunden zu erreichen (Ergebnis). Die Potential-, Prozess- und Ergebnisdimension sind typische Merkmale einer Dienstleistung.205

Im Falle der Pastoral gibt es sowohl Angebote, die man konsumieren kann (z. B. ein Vortrag), bis hin zu Angeboten, bei denen der sogenannte externe Faktor größtes Gewicht entfaltet (z. B. bei Exerzitien oder Andachten). Das Mitwirken der Gemeindemitglieder spielt eine wichtige Rolle, damit Kirche ihren Auftrag erfülltder Glaube muss von den Gläubigen selbst angeeignet und vollzogen werden. Nichtsdestoweniger liegt es an der Pfarrgemeinde, wie der Rahmen dazu gestaltet wird. Eine Andacht, bei der die Impulse nicht verstanden werden können oder die Musik falsch spielt, stellt eine Geduldsübung dar. Oder wenn Menschen im Internet nach Gottesdienstzeiten am Sonntag suchen und nach vier, fünf Klicks immer noch nicht das Gesuchte auf der Homepage der Pfarrei finden, womöglich sogar veraltete Termine, dann kann auch an diesen Rahmenbedingungen gearbeitet werden.206

Es muss also im Blick behalten werden, dass gerade im Fall der Kirche der Kunde nicht Konsument einer vorher erstellten Dienstleistung ist. In den allermeisten Fällen ist er in den Leistungserstellungsprozess mit eingebunden - mehr als das z. B. beim Friseur der Fall ist, bei dem man nur den Kopf still halten muss. Ähnlich ist es vielleicht im Schützenverein, der darauf angewiesen ist, dass die Mitglieder auch wirklich schießen, zumindest zeitweise. Vergleichbar ist eine Musikkapelle, die auf das Mitwirken der Musiker angewiesen ist. Spricht man also von Dienstleistung in einer Pfarrei, dann geht es nicht um Konsumismus.

Unter dieser Voraussetzung kann „Kunde“ für Kirche als Begriff brauchbar sein. Aber nicht im Sinne eines Menschenbildes oder einer Instrumentalisierung oder auch nur im Sinne einer reinen Konsumhaltung. Diese Reduzierung ist auch nicht das ökonomische Verständnis von „Kunde“. Kunden werden immerwieder in Produktionsprozesse eingebunden, um wirklich das Bedürfnis der Menschen zu erreichen.

Ganz allgemein gilt auch für NPOs207:

„Im Gegensatz zu Sachgütern dominiert bei NPOs der immaterielle Charakter der Verrichtung einer Leistung. (…) Dienstleistungen entziehen sich der Vorproduktion und der Lagerfähigkeit, da sie die unmittelbare Anwesenheit des Kunden bei der Inanspruchnahme erfordern. Der Beitrag des Leistungsempfängers kann situationsabhängig aus

• der Präsenz der Person oder des Objekts, an dem die Verrichtung erfolgt, und/oder

• der Integrationsfähigkeit und -Willigkeit zur Mitwirkung an der Leistungserstellung und/oder

• der Erbringung einer Eigenleistung oder der Duldung von Handlungen bestehen.“208

Damit unter diesen Voraussetzungen Qualität möglich wird, müssen von der NPO ausgehend Potentialfaktoren gestaltet werden: Personen, die zur Leistungserbringung beitragen (z. B. Kompetenz, Erfahrung, Sozialverhalten von Ehrenamtlichen); materielle Hilfsmittel und das Umfeld (z. B. Räumlichkeiten, Ästhetik, Unterlagen, Ausstattung); Prozesse,

„die ähnlich einem Drehbuch die beiden anderen Dimensionen in der Phase der Leistungserstellung sinnvoll verbinden (z. B. die Organisation, alle Abläufe und Interaktionen mit dem Patienten, die bei einem Spitalsbesuch stattfinden)“209.

Natürlich heißt eine Orientierung am Menschen nicht, dass alles gemacht wird, um den Menschen zufrieden zu stellen. Das wäre ein Missverständnis und wäre gegen den eigenen Auftrag. So ist z. B. auch das prophetische Element Teil der Kirche und beinhaltet immer wieder eine kritisch-korrigierende Kraft, was aber nicht als Abschottung gegen eine schwierige Moderne verstanden werden darf. Die kirchlichen Hilfswerke sind ein Beispiel für Sozialkritik, wenn sie immer wieder auf die Notwendigkeit veränderter Lebensweisen in den Industrieländern hinweisen und damit wahrscheinlich nicht immer auf offene Ohren stoßen.210 Zugleich ist deutlich, dass die „Kunden“ der Kirche nicht nur die sein dürfen, die Einfluss haben oder über Mittel verfügen - im Gegenteil: gerade die an den Rand Gedrängten muss Kirche in den Blick nehmen. Es gilt geeignete Wege zwischen menschlichen Wünschen bzw. Bedürfnissen und dem kirchlichen Auftrag zu finden.

Nimmt man das zusammen, dann kann mit Blick auf das Tätigkeitsfeld einer Pfarrei folgende beispielhafte Differenzierung innerhalb der Begriffe „Dienstleistung“ bzw. „Kunde“ (als „externer Faktor“) vorgenommen werden:


Abbildung 4: Anteile an der Leistungserbringung

Dieses Schaubild veranschaulicht, welches Spektrum der Begriff Dienstleistung in Abhängigkeit der Mitwirkung der einzelnen Person abdeckt. Das Beispiel „persönliches Glaubensleben“ liegt maximal in der Hand des Einzelnen. Der pfarreiliche Anteil daran ist niedrig und beschränkt sich auf einen angebotenen Rahmen. Gemeint sind hier vielmehr die Tätigkeitsbereiche einer Pfarrei, in denen es entweder eine Leistung durch die Pfarrei gibt oder die Pfarrei einen Anteil an der Leistungserbringung hat. Beim Bibelkreis hat die Pfarrei bereits einen wesentlich höheren Anteil in der Leistungserbringung. Hier wird deutlich: Mit einem landläufigen Verständnis von Dienstleistung scheint ein Bibelkreis schwer vereinbar, nicht aber mit dem hier dargestellten211. Im Bibelkreis wird ein Potential der Pfarrei (z. B. durch einen Mitarbeitenden) in die Zusammenstellung und Einrichtung eines Bibelkreises eingebracht, die Durchführung ist aber auch vom externen Faktor der Nutzer und Teilnehmenden („Kunden“ im weiten Sinne) abhängig (Prozess), und das Ziel ist, eine nutzenstiftende Wirkung für die Teilnehmenden zu generieren (Ergebnis), in diesem Fall eine spirituelle Vertiefung. Zugleich ist klar, dass die Pfarrei nicht für die innere Erfahrung der Teilnehmenden verantwortlich sein kann, sondern nur für den Rahmen, mit Hilfe dessen die spirituelle Vertiefung und die Verbindung zwischen Alltag und Schrift vorbereitet wird. Im Falle einer Trauerbegleitung hat der Begleitende neben der Bereitschaft des Trauernden, sich auf die Begleitung einzulassen, durchaus aufgrund seiner vorher ausgebildeten Kompetenz einen hohen Einfluss auf den Wert, d. h. das „Ergebnis“ der Begleitung. Hier werden entsprechende Haltungen benötigt. Agiert der Begleitende besserwisserisch, wird die Trauerbegleitung wohl eher negativ wahrgenommen. Beim Gottesdienst wirkt eine abschweifende Predigt, unverständliches Sprechen oder schlechte Musik störend. Mit dem Pfarrbrief wendet sich die Pfarrei an ihre Mitglieder. Diese Leistung liegt zum Großteil in der Hand der Mitarbeitenden der Pfarrei. Sie haben den größten Einfluss darauf, wie der Pfarrbrief nach außen wirkt. Auch ein Pfarrfest wird von Mitarbeitenden gestaltet. Ein Team bestimmt, wen es damit letztlich ansprechen will und wen nicht. Andere Beispiele könnten angeführt werden. Insgesamt zeigt sich, dass solche Leistungen für eine Qualitäts-Betrachtung relevant sind. Der Rahmen für eine spirituelle Erfahrung kann auf seine Qualität befragt werden, ebenso die Begleitung von Trauernden, die Predigt, die Sakramentenvorbereitung usw. Es liegt in der Verantwortung der pastoral Tätigen, dies nach geeigneten Kriterien zu tun.