Kitabı oxu: «Fraueninsel Bande»

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1. Auflage 2020

Copyright © 2020 Chiemgauer Verlagshaus

Dahlienweg 5

83254 Breitbrunn

www.chiemgauerverlagshaus.de

Alle Rechte vorbehalten

Illustrationen: Stefanie Dirscherl

E-Book Konvertierung: Constanze Kramer www.coverboutique.de

Druck: Chiemgauer Verlagshaus Printed in Germany

ISBN 978-3-94529-253-2


Inhalt

Die Sache mit dem süffigen Messwein

Anpfiff wegen Dünnpfiff

Die Rache des Schrubbdienstes

Zwei Putzteufel ­unter Verdacht

Der verhängnisvolle Kurzschluss

Die nächtliche ­Überwachungsaktion

Das Drama am Entenloch

Der ehrenhafte Dieb

Ein echtes Weihnachtswunder

Die Sache mit dem süffigen Messwein


„He, Korbi, spinnst du?“, zischte Hubi seinem Ministrantenkollegen zu. „Stell sofort den Messwein wieder in das Kastl zurück. Du weißt doch, welchen Ärger wir im Sommer bekommen haben, als aufkam, dass wir die halbe Weinflasche ausgesoffen hatten!“

„Mach dir doch nicht gleich in die Hosen, Hubi. Ich weiß schon, was ich tu“, antwortete Korbi, grinste Hobs und Hubi frech an, setzte die Flasche, die noch etwa zu drei Vierteln voll war, an die Lippen und nahm ein paar große Schlucke. „Ahhh, das tut gut!“, seufzte er, als er sie wieder absetzte. Tatsächlich befand sich jetzt nur noch etwa ein Viertel der rötlichen Flüssigkeit in der leicht grünlich schimmernden Flasche.

„Du bist so ein Depp, Korbi!“, mischte sich nun auch Hobs ein. „Das sieht der Pfarrer Moosbacher doch sofort, wenn er den Messwein aus dem Schrank nimmt, dass da jemand ganz gewaltig was weggegluckert hat. Und diesmal kommen wir als Wiederholungstäter ganz bestimmt nicht nur mit einmal Kirchenbänke abwischen davon.“

„Immer mit der Ruhe, ihr zwei Hosenscheißer! Der gute, alte Korbi hat doch wie immer an alles gedacht“, meinte der Messweinräuber ganz gelassen. ‚Hosenscheißer‘ nannte er Hubi und Hobs nur zu gerne, damit er sie daran erinnerte, dass er schließlich ein paar Jährchen älter und seines Erachtens natürlich auch viel schlauer war als sie.

Korbi beugte sich nun zu seinem Rucksack, der direkt vor seinen Füßen lag. Dabei fiel ihm eine Strähne seiner überaus coolen Frisur, bei der das Deckhaar viel länger war als an den Seiten und am Hinterkopf, ins Gesicht. Er wischte sie lässig zur Seite und öffnete dann den Rucksack.

„Was er da wohl wieder drin hat?“, flüsterte Hubi seinem Freund Hobs gespannt zu, und beide beobachteten, wie Korbi zuerst einen Tetrapak, dann eine kleine, rote Plastiktube und schließlich eine durchsichtige Flasche auspackte. Alles stellte er auf einer kleinen Kommode ab, die wahrscheinlich schon seit Hunderten von Jahren in der Sakristei der Klosterkirche stand. Zumindest sah sie so aus, mit ihrem schäbigen, abgeblätterten Holzlack und den blinden Glasscheiben, die sich in den Fronttüren befanden. Zuletzt holte Korbi noch einen Messbecher und einen Kochlöffel aus dem Rucksack. Beides platzierte er neben dem bisherigen Kram. „Jetzt passt mal auf, Hosenscheißer, was der große Korbi macht, um seine Spuren zu verwischen!“, sagte er stolz, öffnete dann den Tetrapak, beide Flaschen und die rote Tube.

Hubi und Hobs beobachteten tatsächlich gespannt, was das für ein seltsames Chemieexperiment werden sollte.

„Man nehme zwei Teile Traubensaft, einen Teil stilles Mineralwasser und ein wenig rote Lebensmittelfarbe. Dann verrühre man das Ganze sorgfältig und gebe es in die fast leer gesoffene Messweinflasche“, kommentierte Korbi sein Tun, während er die beschriebenen Arbeitsschritte ausführte. Nur leider zeigte der Alkohol im Wein wohl schon ein bisschen Wirkung, denn als er sein Gemisch aus dem Messbecher in die Flasche füllte, ging ganz schön was daneben. Allerdings schien ihn das nicht wirklich zu stören. Er lachte nur und schüttete munter weiter.

„Du solltest nicht so viel saufen, wenn du es nicht verträgst!“, veräppelten ihn Hobs und Hubi und kicherten schadenfroh.

„Papperlapapp, so ein bisschen Wein hat noch keinem geschadet, und außerdem hilft es ein bisschen, seine Probleme zu vergessen“, meinte Korbi nur.

Hubi wollte gerade nachfragen, welche Pro­bleme er denn hätte, da hörten die Buben ein Geräusch. Es waren eindeutig Schritte, die sich ihnen näherten.

„Ach du heilige Sch…“, entfuhr es Hobs. Alle drei befanden sich für einen Moment in so etwas wie einer Schockstarre. Zum Glück nur kurz, denn jetzt musste es schnell gehen! Korbi packte all seine „Zutaten“ sowie Messbecher und Kochlöffel und stopfte alles in Windeseile in seinen Rucksack. Hubi schraubte die Messweinflasche zu und rannte zu dem Kastl, in dem sie immer aufbewahrt wurde. „Oh nein!“, schoss es Hobs durch den Kopf. Die Sauerei auf der uralten Kommode würde sie alle verraten. In diesem Moment drückte auch schon jemand die Klinke der schweren Holztür, die von der Kirche in die Sakristei führte, nach unten. Hobs stockte der Atem. Doch dann durchzuckte ihn ein Geistesblitz. Er stürzte zur Kommode und sprang rückwärts darauf, mitten in die Sauerei. Sofort saugte sein Hosenboden die rote Pampe auf, sodass seine Pobacken ganz feucht wurden. „Pfui Deifi, so was von ekelhaft!“, dachte er gerade noch, als auch schon die Tür zur Sakristei geöffnet wurde.


Herein kam Gustl, der Mesner. Er war dafür zuständig, dass in der Klosterkirche immer alles in Ordnung gehalten wurde. Außerdem kümmerte er sich um die Vorbereitungen, die vor einem Gottesdienst nötig waren. Dazu gehörte zum Beispiel, dass er die Altarkerzen anzündete oder auch die Kirche schmückte. All diese Aufgaben nahm der Gustl sehr ernst. Das war auch der Grund, weshalb er von Buben wie Hubi, Hobs und Korbi nicht immer begeistert war. Sie störten sozusagen seinen Kirchenfrieden. Besonders seit dem Vorfall im Sommer, als sie den Messwein getrunken hatten, waren sie ihm ein Dorn im Auge. Und weil er ihnen so gar nicht mehr über den Weg traute, schaute er wohl auch jetzt in der Sakristei – dem Raum, in dem sich sowohl der Pfarrer als auch die Ministranten umzogen und alles für die Messe vorbereiteten – sicherheitshalber nach dem Rechten. Als er nun so als Hüter von Recht und Ordnung die Sakristei betrat und Hobs auf der alten Kommode sitzen sah, stieg schon wieder die Wut in ihm auf. „Du Saubua! Schau sofort, dass du von dem wertvollen Kastl runterkommst!“, schrie er grantig. Dass Hubi gerade das Türchen zumachte, hinter dem der Wein aufbewahrt wurde, übersah er in seinem Zorn über Hobs’ Sitzplatz zum Glück. „Was macht ihr Kerle denn eigentlich schon so früh in der Sakristei?“, polterte Gustl Krampbichl weiter. „Die Kirche beginnt doch erst in einer halben Stunde. Ich kenne euch! Ihr führt doch bestimmt wieder etwas im Schilde“, meinte er und musterte die drei Buben misstrauisch.

Da fiel sein Blick auch schon auf den Aufbewahrungsort der Messweinflasche, neben dem Hubi immer noch stand. „Ah, daher weht der Wind!“, mutmaßte er sofort und stampfte auf das Schränkchen zu. Energisch schob er Hubi ein Stück zur Seite, riss die Kastltür auf und nahm die Flasche heraus. Weil Gustl nicht mehr ganz so gut sah, hielt er sie sich ziemlich nah vor sein Gesicht und kniff dabei die Augen zusammen. Er schwenkte sie ein wenig und erkannte dann schließlich, dass sie noch genauso voll war wie bei der letzten Messfeier, als sie in den Schrank gestellt worden war. Gustls Körperhaltung entspannte sich ein wenig und auch den drei Buben fiel ein Stein vom Herzen, als sie merkten, dass der Mesner offenbar von seinem Verdacht abkam, sie hätten aus der Messweinflasche getrunken.

Als Erster fing sich Korbi wieder. Er meinte rotzfrech: „Sag bloß, du hattest uns unschuldige Ministranten im Verdacht, wir hätten etwas ausgefressen! Das ist aber wirklich nicht gerade christlich, wenn man bei anderen immer nur das Schlechte sucht.“

Gustl warf ihm nur einen zornigen Blick zu und murmelte dann mehr zu sich selbst: „Na wartet nur, ihr Saubande. Ich weiß genau, dass ihr wieder was im Schilde führt, und erwischen werd ich euch dabei auch noch.“

In diesem Moment wurde die Tür der Sakristei abermals geöffnet, und herein kam Schwester Edelburgis. Sie war wirklich eine Seele von einem Menschen. Alle Kinder auf der Insel, insbesondere die Fraueninsel-Bande, liebten sie. Sie konnte nie jemandem böse sein und nahm, ähnlich wie Tante Nanni, jeden in Schutz, egal was der- oder diejenige auch ausgefressen hatte. Schwester Edelburgis, von den Kindern liebevoll Schwester Burgi genannt, war es auch gewesen, die Hubi, Hobs und Korbi im Sommer bei der Aktion mit dem Messwein vor Schlimmerem bewahrt hatte. Gustl wollte damals nämlich schon, dass sie zur Strafe die ganze Kirche schrubben, wienern und abstauben sollten. Dank Schwester Burgis Führsprache kamen sie allerdings nur mit Kirchenbänke wischen davon.

Als sie jetzt die Sakristei betrat, merkte Schwester Edelburgis natürlich sofort, dass etwas nicht stimmte, und fragte: „Ja wieso steht ihr denn alle da wie die Salzsäulen?“ Sie verwendete nur zu gerne Begriffe oder Gleichnisse aus der Bibel. In diesem Fall meinte sie, dass sie alle wie angewurzelt dastanden.

„Ach nichts, Schwester Edelburgis“, antwortete Gustl schnell. Er wollte wohl nicht von ihr dabei ertappt werden, dass er die Buben verdächtigte, ohne einen Beweis dafür zu haben, dass sie etwas ausgefressen hatten. Der Mesner wusste schließlich, wie schrecklich die nette, etwas rundlichere Klosterschwester so etwas fand.

„Na dann ist es ja gut“, meinte sie nur, ging zu den Buben, strich jedem der drei einmal liebevoll über den Kopf und wuschelte ein wenig, als wären sie noch Kleinkinder. Aber wenn speziell sie das tat, fand es nicht einmal der Korbi schlimm, obwohl er ansonsten eigentlich schon ziemlich übel in der Pubertät steckte. Schwester Burgi war eben etwas ganz Besonderes und hatte dadurch sozusagen einen Freifahrtschein.

Nun wendete sich die kleine Klosterfrau wieder dem Mesner zu und fragte: „Gustl, könnten Sie mir bitte ab morgen wieder mit ein paar fleißigen, kräftigen Kerlen beim Aufbau der Krippe helfen? Nächste Woche ist ja schließlich schon der erste Advent und Sie wissen ja, wie viel Arbeit uns allein beim Errichten des Holzunterbaus erwartet.“

„Aber natürlich, Schwester Edelburgis. Morgen Früh geht es los. Ich habe schon wieder einige Freiwillige, die gerne mithelfen. Bis nächste Woche steht der Unterbau ganz locker und Sie haben dann alle Zeit der Welt, bis zum Heiligen Abend die Krippe aufzubauen“, antwortete Gustl stolz und hatte die Sache mit seinen Verdächtigungen anscheinend völlig vergessen.

Schwester Burgi strahlte ihn glückselig an, nahm seine großen Hände in ihre kleinen, zierlichen und meinte: „Ach Gustl, wenn ich Sie nicht hätte! Auf Sie kann ich mich einfach immer verlassen. Vergelt’s Gott!“ Dann verabschiedete sie sich auch noch von den drei Buben und „schwebte“ hinaus.

Gustl sah man an, wie geschmeichelt er sich fühlte. Ganz rot schimmerten seine Wangen und er lächelte ausnahmsweise sogar ein bisschen.

Hubi, Hobs und Korbi waren froh, dass damit die Sache mit dem Messwein vom Tisch war, und noch glücklicher waren sie, als später bei der Gabenbereitung auch Pfarrer Moosbacher offenbar nicht bemerkte, dass mit dem Wein etwas nicht stimmte. Keine Miene verzog er, als er aus dem goldenen Kelch trank. „Dein Chemieexperiment hat offenbar funktioniert“, raunte Hobs seinem Ministrantenkollegen Korbi zu und zwinkerte dabei. Der war sichtlich stolz auf diese Meisterleistung und grinste zufrieden zurück.

Anpfiff wegen Dünnpfiff


Am nächsten Sonntag, also genau eine Woche später, hatten Hannerl und Heiner Ministrantendienst. Es war der Erste Advent. Die beiden stapften den tief verschneiten Kiesweg Richtung Klosterkirche entlang. Jetzt am frühen Morgen knirschte der gefrorene Schnee noch bei jedem Schritt unter den Winterstiefeln. Die beiden dick eingepackten Freunde genossen die glasklare Luft und freuten sich über das Glitzern in den Bäumen, das entstand, wenn sich die Sonnenstrahlen an den Eiskristallen auf den verschneiten Ästen brachen. Heiner und Hannerl hatten es nicht eilig. Schließlich war es gerade mal Viertel nach neun und die Messe würde erst um zehn Uhr beginnen.

Die zwei unterhielten sich lebhaft und gerade meinte Hannerl: „Ich finde es super, Heiner, dass du jetzt auch mit dem Ministrieren angefangen hast. Warum bist du in Bielefeld damals eigentlich noch nicht auf diese Idee gekommen?“

„Ach weißt du, da hatte ich irgendwie so gar keine richtigen Freunde, wie euch jetzt. Ich glaube, die fanden mich alle etwas seltsam, weil ich einfach anders war als sie. ‚Nerd‘ haben sie mich immer genannt, weil ich mich so wahnsinnig für Chemie, Physik und Elektronik interessiere“, antwortete Heiner ganz offen.

„Voll blöd von denen! Ist doch total egal, wofür sich jemand interessiert. Hauptsache, derjenige ist nett“, musste sich Hannerl sofort über die Arroganz von Heiners ehemaligen Schulkameraden aufregen.

„Na ja, jedenfalls wollten die mich nie irgendwo dabei haben, weder beim Fußball noch beim Spielenachmittag oder eben auch nicht beim Ministrieren. War halt so“, meinte Heiner und kickte einen großen Eisbrocken, der vor ihm auf dem Weg lag, in hohem Bogen gegen einen Baum. Sofort ‚schneite‘ es von den Ästen. Hannerl und er wurden kurz in einen dicken Nebel aus Eiskristallen gehüllt.

Als sie sich wieder ‚entstaubt‘ hatten, meinte Hannerl: „Schau, Heiner, diese Zeiten, in denen du nicht dazu gepasst hast, sind jetzt vorbei!“ Dabei strahlte sie ihn mit ihren großen, blauen Augen an. „Wir, deine Freunde von der Fraueninsel-Bande, sind alle mindestens genauso komisch wie du. Somit passen wir wunderbar zusammen! Außerdem schadet es gar nix, dass wir mit dir jetzt so einen – wie sagt man gleich wieder? – ah ja, ‚Nerd‘ – in der Truppe haben, der vielleicht ein bisschen mehr Hirn in der Birn hat“, erklärte sie ihren Standpunkt.

Heiner lächelte Hannerl geschmeichelt an und für seine praktisch veranlagte Freundin war damit das Thema auch schon erledigt.

Nur kurz gingen die beiden schweigend nebeneinander her. Schweigen war nämlich etwas, das es in Hannerls Gegenwart überaus selten gab. Prompt begann sie also schon nach wenigen Metern ein neues Gesprächsthema. „Wie fandest du eigentlich die Geschichte mit dem Messwein, die uns der Hubi und der Hobs letzten Sonntag erzählt haben?“, wollte sie jetzt von Heiner wissen.

„Am besten hat mir die Schilderung von Hobs gefallen, wie die rote Pampe, die Korbi verschüttet hatte, von seiner Hose aufgesogen worden ist. Muss echt unangenehm gewesen sein! Ich hätte mich kringeln können vor Lachen, als er berichtet hat, dass sich seine Pobacken rosa verfärbt haben und er als Beweis auch noch die Hose runtergezogen hat“, meinte er.

„Stimmt, das war wirklich saulustig!“, kicherte Hannerl und fügte dann hinzu: „Hätte Hobs sich nicht geopfert und die rote Soße mit seinem Hosenboden aufgesogen, wäre wahrscheinlich alles aufgeflogen. Nur gut, dass er so alle gerettet hat und der Gustl Hobs, Hubi und Korbi nicht überführen konnte. Zum Glück hat anscheinend nicht mal der Pfarrer Moosbacher bei der Messe einen geschmacklichen Unterschied gemerkt. Besonders für den Korbi hätte die Sache echt übel ausgehen können.“

„Wieso besonders für Korbi?“, fragte Heiner verwundert nach.

„Kennst du dem seine Eltern etwa noch nicht?“, entgegnete Hannerl.

Heiner schüttelte den Kopf.

„Mann, ich sag’s dir, die sind echt voll streng und besonders wenn es um Kirche und so was geht, verstehen die so überhaupt keinen Spaß. Damals, als im Sommer die Sache mit dem halb ausgetrunkenen Messwein rauskam, hätten sie ihm fast den Kopf abgerissen. Ich weiß nicht, was die mit dem Korbi machen würden, wenn nochmals so was aufkommt“, erzählte sie aufgeregt und man merkte, dass sie vor dieser Art Eltern großen Respekt hatte.

Als Heiner und Hannerl kurze Zeit später an der tief verschneiten Klosterkirche ankamen, das große, schwere Tor öffneten, zur Sakristei gingen und dort eintraten, war Pfarrer Moosbacher schon da. „Ah, mein fleißiges Minis­tran­ten­team von heute!“, meinte er fröhlich und schüttelte jedem von ihnen einmal kräftig die Hand. Das tat er immer, wenn seine Messhelfer zum Dienst antraten. Er war ein durch und durch liebenswürdiger Mensch, der immer nur das Gute in allem und jedem sah. Deshalb hatte er auch so viele Ministranten. Es machte einfach Spaß, in seinem „Team“ zu sein. Leider war Pfarrer Moosbacher manchmal auch ein bisschen verplant. Kaum ein Sonntag verging zum Beispiel, an dem er nicht mindestens dreimal seine Brille oder dergleichen suchte oder irgendetwas zu Hause vergessen hatte. Letztes Frühjahr hatte er die Messe sogar einmal in Filzpantoffeln abhalten müssen, weil er morgens vergessen hatte, seine Straßenschuhe anzuziehen.

„Wo ist denn nur der Messwein?“, murmelte er gerade vor sich hin. Er stand vor dem Schränkchen, in dem er sich normalerweise befand, hatte das Türchen geöffnet und blickte ratlos hinein.

„Da steht er!“, rief Heiner und deutete auf einen kleinen Mauervorsprung über dem Heizkörper an der rechten Zimmerwand.

Pfarrer Moosbacher sah die Flasche jetzt auch und rief: „Ach du meine Güte, warum hab ich ihn denn letzten Sonntag ausgerechnet dahin gestellt? Jetzt ist er bestimmt lauwarm. Wie grausig! Nur gut, dass der Alkohol im Wein dafür sorgt, dass er nicht gleich schlecht wird, wenn er auf der Heizung steht.“

In Heiner, der sich ja so brennend für Chemie interessierte, stieg in diesem Moment eine böse Vorahnung auf. Er raunte Hannerl zu: „Mist, hoffentlich ist in dem Wein nach Korbis Gepansche tatsächlich noch genug Alkohol drin, dass er nicht umgekippt ist!“

„Hast du da etwa Bedenken?“, flüsterte Hannerl besorgt zurück.

Heiner zuckte nur ratlos mit den Schultern. Antworten konnte er auf ihre Frage nicht mehr, denn in diesem Moment kam Gustl, der Mesner, in die Sakristei. Auch wenn Heiner gerade drauf und dran gewesen war, Pfarrer Moosbacher die Wahrheit über den Wein zu beichten, konnte er das nun nicht mehr tun. Sonst hätte er ja seine Freunde direkt ans Messer geliefert. Also hielt er einfach den Mund und hoffte inständig, dass sich seine Befürchtungen nicht bewahrheiten würden.

Kurz darauf begann der Gottesdienst. Wie immer am ersten Adventssonntag herrschte eine ganz besondere Stimmung in der Kirche. Eine der vier großen Kerzen am wunderschönen Adventskranz, der wie immer von Gustl Krampbichl höchstpersönlich gebunden worden war, brannte hell und warm. Beinahe hätten Hannerl und Heiner vor lauter vorweihnachtlicher Besinnlichkeit die Sache mit dem Messwein vergessen, doch leider holte sie die Realität gleich nach der Gabenbereitung wieder ein. Heiners Hoffnungen, der Wein könnte vielleicht trotz zu wenig Alkoholgehaltes eine Woche auf der Heizung überstanden haben, ohne schlecht geworden zu sein, erfüllten sich leider nicht. Als nämlich Pfarrer Moosbacher im Gottesdienst den ersten Schluck aus dem Kelch nahm, stockte er kurz. Den anderen Besuchern der Messe war dieses kurze Zögern sicherlich nicht aufgefallen, aber Hannerl und Heiner hatten es natürlich bemerkt. Schließlich beobachteten sie die Sache ja heute ganz genau. „Oh nein! Der gepanschte Wein ist anscheinend doch nicht mehr hundertprozentig in Ordnung“, dachte Heiner und litt förmlich mit, als der Pfarrer tapfer den ganzen Kelch leer trank, ohne sich etwas anmerken zu lassen. Heiner und Hannerl blickten sich besorgt an. Aber tun konnten sie in diesem Moment leider nichts.

Nach dem Gottesdienst beobachteten Hannerl und Heiner besorgt, ob mit Pfarrer Moosbacher alles in Ordnung war. Irgendwie wirkte er um einiges blasser als noch vor einer Stunde.

„Ist alles okay mit Ihnen?“, fragte schließlich Hannerl, als sie sah, dass er sich beim Umziehen an der Kommode abstützte.

„Ich weiß auch nicht. Mir ist etwas übel. Vielleicht liegt das ja an dem Wein. Der hat heute wirklich ganz abscheulich geschmeckt. Aber keine Sorge, Kinder. Ich trinke nachher ein Stamperl vom guten Klosterschnaps, dann dreht sich der Magen schon wieder um!“, meinte er optimistisch und lächelte seine Ministranten ein wenig gequält an.

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88 səh. 14 illustrasiyalar
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9783945292570
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