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La San Felice Band 4

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Drittes Capitel.
Die Känguruhs

Der König Ferdinand hatte Andreas Backer zur Tafel in Caserta eingeladen, erstens weil er ohne Zweifel fand, daß der Empfang eines Bankiers an seiner Tafel auf dem Lande weniger zu sagen habe als in der Stadt, und zweitens weil er ans England und von Rom kostbare Sendungen erhalten hatte, von welchen wir später sprechen werden.

Aus diesem Grunde hatte er den Verkauf seiner Fische in Mergellina mehr als gewöhnlich beschleunigt, einen Verkauf, welcher trotz dieser Eile zur größten Befriedigung seines Stolzes und seines Beutels bewirkt worden.

Caserta, das Versailles von Neapel, wie wir es genannt haben, ist wirklich ein Bauwerk in dem kalten, schwerfälligen Geschmack der Mitte des achtzehnten Jahrhunderts.

Die Neapolitaner, welche nicht in Frankreich gewesen sind, behaupten, Caserta sei schöner als Versailles. Diejenigen, welche Frankreich bereist haben, begnügen sich zu sagen, Caserta sei eben so schön wie Versailles. Die unparteiischen Reifenden endlich, welche die fabelhafte Vorliebe der Neapolitaner für ihr Vaterland nicht theilen, stellen, ohne Versailles sehr hoch anzuschlagen, Caserta doch tief unter ersteres. Es ist dies auch unsere Meinung und wir fürchten nicht, daß Leute von Geschmack und Kunstbildung uns widersprechen.

Vor diesem modernen Schloß Caserta und vor dem Caserta der Ebene gab es das alte Schloß und das alte Caserta des Berges, von welchem mitten unter verfallenen Mauern nur noch drei oder vier Thürme stehen.

Hier war sonst der Sitz der alten Herren von Caserta, von welchen einer der letzteren, indem er Manfred, seinen Schwager, verrieth, zum Theil die Ursache des Verlustes der Schlacht von Benevento war.

Man hat Ludwig dem Vierzehnten vielfach die unglückliche Wahl der Lage von Versailles vorgeworfen, welches man einen Günstling ohne Verdienst genannt hat.

Wir machen dem König Karl dem Dritten denselben Vorwurf, Ludwig der Vierzehnte aber hatte wenigstens die Entschuldigung kindlicher Pietät, weil er innerhalb eines neuen Gebäudes jenes reizende kleine Marmorschlößchen bewahren wollte, welches seinem Vater als Jagdstelldichein gedient. Diese kindliche Pietät kostete Frankreich eine Milliarde.

Karl dem Dritten dagegen steht keine Entschuldigung zur Seite. In einem Lande, wo es herrliche Gegenden in Fülle gibt, war er durch nichts genöthigt, eine dürre, wasserlose, unfruchtbare Ebene am Fuße eines waldigen Berges zu wählen. Der Architect Vanvitelli, welcher Caserta baute, mußte um den alten Park der Schloßherren herum einen förmlichen Garten anpflanzen und Wasser von dem Berge Taburno herunterleiten, eben so wie im Gegensatze hierzu Benuequin Sualem das seinige mit Hilfe der Maschine von Marly aus dem Flusse auf den Berg hinauftreiben mußte.

Karl der Dritte begann die Erbauung des Schlosses Caserta gegen das Jahr 1752. Ferdinand, welcher im Jahre 1759 den Thron bestieg, setzte sie fort und war zu Anfang des Monats October 1798, bei welcher Epoche wir jetzt angelangt sind, noch nicht fertig damit.

Nur seine Gemächer, ebenso wie die der Königin, der Prinzen und der Prinzessinnen, das heißt kaum der dritte Theil des Schlosses – waren möbliert.

Seit acht Tagen aber enthielt Caserta Schätze, welche verdienten, die Freunde der Bildhauerkunst, der Malerei und selbst der Naturkunde aus allen vier Welttheilen herbeizulocken.

Ferdinand hatte nämlich, weil die Säle und Zimmer des Schlosses von Capodimonte noch nicht dazu in Bereitschaft gesetzt waren, das künstlerische Erbtheil seines Ahns, des Papstes Paul des Dritten, desselben, welcher Heinrich den Achten excommunicirte, welcher mit Karl dem Fünften und Venedig ein Bündniß gegen die Türken schloß und durch Michael Angeln den Bau der Peterskirche wieder aufnehmen ließ, von Rom hierher in einstweilige Verwahrung bringen lassen.

Zu derselben Zeit eben, wo die Meisterwerke des griechischen Meißels und der Maler des Mittelalters von Rom anlangten, war eine zweite Expedition aus England eingetroffen, welche das Interesse Sr. Majestät beider Sicilien in ganz anderer Weise in Anspruch nahm.

Es handelte sich hier nämlich erstens um ein ethnologisches Museum, das auf den Sandwichinseln durch die Expedition gesammelt worden, welche auf die gefolgt war, bei welcher Capitän Cook das Leben verloren, und zweitens um achtzehn Stück lebendige Känguruhs, Männchen und Weibchen, welche man aus Neuseeland mitgebracht.

Für diese interessanten Vierfüßler – wenn man nämlich mit diesem Namen diese mißgestalteten Beutelthiere mit ihren ungeheuren Hinterpfoten, die ihnen gestatten Sprünge von zwanzig Fuß Länge zu machen, und den Stummeln, welche ihnen als Vorderpfoten dienen, bezeichnen kann – hatte Ferdinand mitten in dem Park von Caserta eine prachtvolle Einhegung anlegen lassen.

Eben hatte man die Thiere aus ihren Käfigen heraus in diese Umzäunung gelassen und der König Ferdinand erstaunte über die ungeheuren Sprünge, die sie ausführten, denn die armen Thiere erschraken über Jupiters Gebell.

Während er noch so beschäftigt war, meldete man ihm die Ankunft des jungen Bankiers.

»Gut, gut,« sagte der König, »führt ihn hierher. Ich will ihm etwas zeigen, was er noch niemals gesehen und was er sich für alle seine Millionen nicht kaufen könnte.«

Der König setzte sich gewöhnlich erst um vier Uhr zu Tische; um aber vollauf Zeit zu haben; mit dem jungen Bankier zu plaudern, hatte er ihn schon um zwei Uhr bestellt.

Ein Lakai führte Andreas Backer nach dem Theile des Parkes, wo sich die Wohnung der Känguruhs befand.

Als der König den jungen Mann von Weitem erblickte, ging er ihm einige Schritte entgegen.

Er kannte Vater und Sohn nur als die ersten Bankiers von Neapel und das ihnen ertheilte Prädicat als Hofbankiers hatte sie wohl mit dem Intendanten und dem Finanzminister des Königs, niemals aber mit diesem selbst in Berührung gebracht.

Corradino war es, welcher bis jetzt wegen der Anleihe mit ihnen unterhandelt und um sie fügsamer zu machen und ihrem Stolze zu schmeicheln, dem Könige angerathen hatte, dem Vater oder dem Sohne das Kreuz des St. Georgordens zu verleihen.

Dieses Kreuz war natürlich zuerst dem Chef dieses Hauses, das heißt dem alten Simon Backer, angeboten worden. Dieser aber, ein einfacher, schlichter Mann, hatte gebeten diese Gunst auf seinen Sohn zu übertragen, indem er sich zugleich erbot, in dessen Namen eine Comthurei von fünfzigtausend Livres zu gründen – eine Stiftung, die nur mit der speciellen Genehmigung des Königs zu Stande kommen konnte.

Der Vorschlag war angenommen und sein Sohn, dem diese Auszeichnung von Nutzen sein konnte, besonders vielleicht um bei Gelegenheit einer Heirat die Geldaristokratie der Geburtsaristokratie zu nähern, an seiner Statt zum Comthur ernannt worden.

Wir haben gesehen, daß der junge Bankier eine gute Haltung besaß, daß er zu den eleganten jungen Herren Neapels gehörte und wir haben auch aus dem Gespräche, welches er mit Luisa San Felice gepflogen, abgenommen, daß er ein Mann von Geist und Bildung war.

Es hegten daher auch viele Damen von Neapel gegen ihn keineswegs dieselbe Gleichgültigkeit wie unsere Heldin, und viele Familienmütter hätten gewünscht, daß der schöne, reiche, elegante junge Bankier ihnen in Bezug auf ihre Töchter denselben Antrag machen möchte, welchen er dem Chevalier hinsichtlich seiner Mündel gemacht.

Er näherte sich dem Könige mit Bescheidenheit und Ehrerbietung, dabei aber mit weit geringerer Verlegenheit, als womit er eine Stunde vorher sich der Gattin des Chevaliers genähert.

Nachdem die Begrüßung vorüber war, wartete er, daß der König selbst zuerst das Wort an ihn richtete.

Der König musterte ihn vom Kopfe bis zum Fuße, und verzog dann ein wenig das Gesicht.

Allerdings trug Andreas Backer weder Backen- noch Schnurrbart, aber auch weder Puder noch Zopf, welche letztere Zierathen gleichwohl nach Ansicht des Königs ein vollkommen wohlgesinnter Mensch nicht entbehren konnte.

Indessen, da dem Könige viel daran lag, seine fünfundzwanzig Millionen einzustreichen und es ihm dagegen im Grunde genommen sehr gleichgültig sein konnte, ab der, welcher das Geld zahlte, gepudertes Haar und einen Zopf trüge,« so gab er, die Hände auf den Rücken haltend, dem jungen Bankier seinen Gruß gnädig zurück.

»Nun, Mr. Backer, sagte er, »wir weit ist Ihre Unterhandlung gediehen?«

»Erlauben Ew. Majestät mir vielleicht zu fragen, von welcher Unterhandlung Sie sprechen?« entgegnete der junge Mann.

»Ich meine die wegen der fünfundzwanzig Millionen.«

»Ich glaubte, Sire, mein Vater hätte die Ehre gehabt, dem Finanzminister Ew. Majestät zu antworten, daß die Sache arrangiert sei.«

»Oder daß sie arrangirt werden würde.«

»Nein, Sire, daß sie arrangirt sei. Die Wünsche des Königs sind für uns Befehle.«

»Dann melden Sie mir also —?«

»Daß, Ew. Majestät, die Sache als abgemacht betrachtet werden kann. Morgen werden die verschiedenen Häuser, welche mein Vater sich an der Anleihe betheiligen läßt, ihre Einzahlungen an uns zu leisten beginnen.«

»Und mit welcher Summe betheiligt sich das Haus Backer selbst dabei?«

»Mit acht Millionen, Sire, welche schon jetzt Ew. Majestät zur Verfügung stehen.«

»Zu meiner Verfügung?«

»Ja, Sire.«

»Und wann?«

»Morgen oder heute Abends noch. Ew. Majestät kann die Summe gegen eine einfache Quittung Ihres Finanzministers in Empfang nehmen lassen.«

»Wäre die meinige nicht eben so gut?« fragte der König.

»Noch besser, Sire; ich hoffte aber nicht, daß der König unserm Hause die Ehre erzeigen würde, ihm eine eigenhändige Quittung auszustellen.«

»O doch, und zwar mit dem größten Vergnügen. – Also, Sie sagen heute Abend?«

»Ja, heute Abend, wenn Ew. Majestät es wünscht. In diesem Falle aber müßte, da die Kasse um sechs Uhr geschlossen wird, Ew. Majestät erlauben, daß ich einen expressen Boten an meinen Vater absende.«

 

»Es liegt mir daran, mein lieber Mr. Backer, nicht bekannt werden zu lassen, daß ich dieses Geld ausgezahlt erhalte,« sagte der König, sich hinter dem Ohre kratzend. »Ich habe es zu einer Ueberraschung bestimmt und ich würde daher gern sehen, wenn es noch diese Nacht in den Palast transportiert würde.«

»Das soll geschehen, Sire, nur muß, wie ich bereits die Ehre gehabt, Ew. Majestät zu sagen, mein Vater vorher in Kenntniß gesetzt werden.«

»Wollen Sie in den Palast zurückkehren, um ihm zu schreiben?« fragte der König.

»Vor allen Dingen möchte ich Ew. Majestät nicht in Ihrer Promenade stören. Es bedarf daher blos zweier mit Bleistift geschriebener Worte. Diese zwei Worte übergebe ich meinem Lakai, er nimmt ein Postpferd und überbringt sie meinem Vater.«

»Es gibt ein nach weit einfacheres Mittel. Schicken Sie Ihren Wagen zurück.«

»Auch das. Der Kutscher wird die Pferde wechseln und dann wiederkommen, um mich abzuholen.«

»Das ist nicht nöthig. Ich kehre gegen sieben Uhr selbst nach Neapel zurück und werde Sie in meinem Wagen mit dahin zurücknehmen.«

»Sire, dies wäre eine beispiellose Ehre für einen armen Bankier,« sagte der junge Mann, sich verneigend.

»Was muß ich sagen! Einen Mann, der mir in einer Woche einen Wechsel von fünfundzwanzig Millionen discontirt und binnen heute und morgen acht davon zu meiner Disposition stellt, nennen Sie einen armen Bankier! Ich bin König, mein junger Freund, König beider Sicilien, wenigstens sagt man es, aber ich gestehe, wenn ich Ihnen binnen heute und morgen acht Millionen zahlen sollte, so würde ich bitten, mir damit Zeit zu lassen.«

Andreas Backer zog ein kleines Notizbuch aus der Tasche, riß ein leeres Blatt daraus, schrieb mit dem Bleistift einige Worte daraus, wendete sich dann zu dem König und fragte:

»Erlauben mir Ew. Majestät diesem Manne einen Befehl zu ertheilen?«

Er zeigte, indem er dies sagte, auf den Lakai, welcher ihn zum König geführt und der, nachdem er auf die Seite getreten war, die Erlaubniß zur Rückkehr nach dem Schloß erwartete.

»Ja wohl, ja wohl,« sagte der König.

»Mein Freund,– sagte nun der junge Bankier zu dem Lakai, »gebt dieses Blatt meinem Kutscher, welcher damit sofort nach Neapel fahren und es meinem Vater übergeben soll. Er braucht nicht wiederzukommen; Seine Majestät will mir die Ehre erzeigen, mich in Ihrer Equipage mit zurückzunehmen.«

Indem er diese letzteren Worte sprach, verneigte er sich ehrerbietig nach der Seite, wo der König stand.

»Wenn dieser junge Mann Puder und Zopf trüge,« sagte Ferdinand, »so gäbe es in Neapel keinen Herzog und keinen Marquis der es ihm zuvor thäte. Indessen man kann nicht Alles verlangen.«

Dann setzte er laut hinzu:

»Kommen Sie, kommen Sie, Mr. Backer, ich will Ihnen Thiere zeigen, welche Sie gewiß noch nicht kennen.«

Backer gehorchte dem Befehl des Königs und ging neben ihm her, wobei er Sorge trug, sich ein wenig hinter ihm zu halten.

Der König führte ihn geraden Weges nach der Einhegung, in welcher sich die Thiere befanden, die nach seiner Ansicht dem jungen Bankier unbekannt sein mußten.

»Ah,« sagte dieser, »das sind Känguruhs.«

»Sie kennen sie? rief der König.

»O, Sire.« sagte der junge Backen »ich habe deren zu Hunderten erlegt.«

»Wie, Sie haben hunderte von Känguruhs erlegt?«

»Ja, Sire.«

»Aber wo denn?«

»Nun, in Australien.«

»Sie sind in Australien gewesen?«

»Vor drei Jahren bin ich von dort zurückgekehrt.«

»Aber was zum Teufel haben Sie in Australien gemacht?«

»Mein Vater, dessen einziger-Sohn ich bin, ist sehr gut gegen mich. Nachdem er mich von meinem zwölften bis zum fünfzehnten Jahre auf der Universität Jena unterrichten lassen, schickte er mich, um meine Ausbildung zu beenden, auf die Zeit von meinem fünfzehnten bis zum achtzehnten Jahre nach England, und als ich dann eine Reise um die Welt zu machen wünschte, war mein Vater damit einverstanden. Der Capitän Flinders stand gerade im Begriff, seine erste Erdumseglung zu beginnen und ich erlangte von der englischen Regierung die Erlaubniß, ihn zu begleiten. Unsere Reise dauerte drei Jahre. Bei dieser Gelegenheit entdeckte er an der südlichen Küste von Neu-Holland einige unbekannte Inseln, denen er wegen der ungeheuren Menge Känguruhs, welche er dort antraf, den Namen der Känguruh-Inseln gab. Da ich weiter nichts zu thun hatte, so machte ich den ganzen Tag Jagd auf diese Thiere und schickte jeden Abend davon so viel an Bord, daß jeder von der Mannschaft eine Ration frisches Fleisch bekommen konnte. Flinders hat seitdem mit Baß eine zweite Reise gemacht und, wie ich lese, haben sie kürzlich eine Meerenge entdeckt, welche Vandiemensland von dem Festlande trennt.«

»Vandiemensland von dem Festlande! Eine Meerenge! Ah so!« rief der König, der in seinem Leben noch nichts von Vandiemensland gehört und kaum wüßte, was man unter Festland versteht. »Also, Sie kennen diese Thiere und ich glaubte Ihnen etwas Neues zu zeigen!«

»Es ist auch etwas Neues, Sire, und zwar etwas sehr Neues, nicht blos für Neapel, sondern auch für Europa, und was die Seltenheit betrifft, so glaube ich, daß Neapel und London die einzigen Städte sind, welche Exemplare von dieser Thiergattung besitzen.«

»Dann hat Hamilton mich also nicht belogen, als er mir sagte, das Känguruh sei ein sehr seltenes Thier?«

»Nein, durchaus nicht. Er hat die Wahrheit gesagt, Sire.«

»Nun dann bedauere ich meine Papyrus weiter nicht.«

»Eure Majestät hat diese Thiere gegen Papyrus eingetauscht?« rief der junge Bankier.

»Allerdings. Man hatte in Herculanum fünfundzwanzig bis dreißig halbverkohlte Rollen gefunden, welche man sich beeilte, mir als etwas höchst Kostbares zu überbringen. Hamilton sah sie bei mir. Er ist ein großer Freund von dergleichen altem Gerüll. Er erzählte mir von den Känguruhs. Ich hatte ihm den Wunsch zu erkennen gegeben, einige solche Thiere zu besitzen, um zu versuchen, ob ich sie in meinen Wäldern acclimatisiren könnte. Er fragte mich, ob ich dem Museum von London eben so viel Papyrusrollen schenken würde, als der zoologische Garten von London mir Känguruhs lieferte. Ich sagte: »Lassen Sie Ihre Känguruhs kommen und zwar recht schnell.« Vorgestern meldete er mir, daß meine achtzehn Känguruhs eingetroffen seien und ich gab ihm seine achtzehn Papyrus.«

Da hat Sir William gar kein schlechtes Geschäft gemacht,« sagte Backer lächelnd. »Wird man aber dort auch diese Papyrus aufzurollen und zu entziffern verstehen wie hier?«

»Was soll man aufrollen?«

»Die Papyrus.«

»Die können aufgerollt werden?«

»Ja wohl, Sire. Man hat auf diese Weise mehrere kostbare Manuskripte aufgefunden, die man für immer verloren glaubte. Vielleicht findet man mit der Zeit noch die Lobrede ans Virginius von Tacitus seine Rede gegen den Proconsul Marcus Priscus und seine Poesien, die uns noch mangeln. Vielleicht befinden sich dieselben sogar unter den Papyrus deren Werth Sie nicht gekannt haben, Sire, und welches Sie Sir William gegeben haben.«

»Zum Teufel! zum Teufel! zum Teufel!« sagte der König. »Und Sie meinen, es wäre dies ein Verlust, Mr. Backer?«

»Ein , unersetzlicher Verlust, Sire!«

»Ein unersetzlicher Verlust, sagen Sie? Aber es wäre doch leicht möglich, daß meine Känguruhs sich fortpflanzten und vermehrten. Dann käme ich meinem Schaden wieder bei. Was denken Sie, Mr. Backer?«

»Ich bezweifle es sehr, Sirte.«

»Zum Teufel! Für Hamiltons polynesisches Museum, welches, wie Sie selbst sehen werden, sehr merkwürdig ist, habe ich ihm aber nur zwei alte zerbrochene irdene Vasen gegeben. Kommen Sie und nehmen Sie Sir William Hamilton’s polynesischesMuseum in Augenschein. Kommen Sie!«

Der König lenkte seine Schritte nach dem Schlosse. Barker folgte ihm.

Sir William Hamiltons Museum setzte den jungen Backer eben so wenig in Erstaunen, als die Känguruhs gethan. Er hatte auf seiner Reise mit Flinders selbst auf den Sandwichinseln verweilt und konnte mit Hilfe des von ihm zusammengestellten polynesischen Wörterbuchs dem Könige nicht blos den Gebrauch jeder Waffe und den Zweck jedes Werkzeuges erklären, sondern ihm auch die Namen sagen, mit welchen diese Waffen und Werkzeuge in jenen Ländern bezeichnet wurden.

Er erkundigte sich hierauf nach den alten zerbrochenen Töpfen, gegen welche der König diesen Trödelkram eingetauscht hatte, und der König zeigte ihm fünf oder sechs prachtvolle griechische Vasen, die man bei den Nachgrabungen in Sant Agata bei Goti gefunden, kostbare Ueberreste einer entschwundenen Civilisation, welche den Reichthum der ersten Museen der Welt noch vermehrt haben würden.

Einige dieser Vasen waren allerdings zerbrochen, man weiß aber, wie kunstvoll diese Meisterwerke an Form und Malerei restaurirt werden, und daß andererseits die Spuren, welche die schwere Hand der Zeit darauf zurückgelassen, sie nur um so kostbarer machen, weil sie Beweise ihres Alters und ihrer abenteuerlichen Reise durch so viele Jahrhunderte sind.

Backer seufzte. Gern hätte er hunderttausend Franks für diese alten zerbrochenen Töpfe, wie Ferdinand sie nannte, gegeben, dagegen aber nicht zehn Dukaten für die Keulen, Bogen und Pfeile, welche man in dem Königreiche Sr. Majestät Kamehameha des Ersten gesammelt, welcher, obschon ein Wilder, unter solchen Umständen gewiß klüger gehandelt hätte, als sein europäischer College, Ferdinand der Vierte.

Der König, welcher sich durch die geringe Bewunderung, die sein Gast für die australischen Känguruhs und das polynesische Museum an den Tag legte, ein wenig enttäuscht sah, hoffte vor seinen Statuen und Gemälden Revanche zu nehmen.

In der That ließ hier der junge Bankier seine Bewunderung, aber nicht sein Erstaunen zu Tage treten. Während seiner häufigen Reisen nach Rom hatte er als gründlich gebildete Freund der schönen Künste das Museum Farnese besucht, so daß er es war, welcher jetzt den König mit seinem kostbaren Erbtheile erst ordentlich bekannt machte.

Er nannte ihm die wahrscheinlichen Namen der beiden Verfertiger des sarnesischen Stiers – Apollonins und Taureseus – und ohne diese Namen behaupten oder bestätigen zu können, versicherte er wenigstens, daß die Gruppe, bei welcher er den König auf die modernen Partien aufmerksam machte, aus der Schule Agesanders von Rhodus, des Verfertigers des Laokoom herrührte.

Er erzählte ihm die Geschichte der Dirce, der Hauptperson dieser Gruppe, eine Geschichte, von welcher der König bisher noch nicht die leiseste Ahnung gehabt.

Er half ihm die drei griechischen Worte entziffern, welche am Fuße des kolossalen Herkules eingegraben sind, der auch unter dem Namen des farnesischen Herkules bekannt ist.

Er erklärte ihm, daß diese drei Worte »Glikon, der Athenienser, hat es gemacht,« bedeuteten.

Dann sagte er zu ihm, daß eines der Meisterwerkes dieses Museums eine Hoffnung sei, welche ein moderner Bildhauer als Flora restaurirt und welche daher Allen unter dem Namen der farnesischen Flora bekannt ist.

Unter den Gemälden bezeichnete er ihm als Meisterwerke von Titian die »Danaë, welche den goldenen Regen empfängt, und das prachtvolle Porträt Philipps des Zweiten, dieses Königs, welcher niemals gelacht und der ohne Zweifel zur Strafe für die vielen Menschen, die er geopfert, von der Hand Gottes getroffen an jener furchtbaren Krankheit starb, an welcher Sylla gestorben und woran auch Ferdinand der Zweite, der damals noch nicht geboren war, sterben sollte.

Er durchblätterte mit ihm das Officium der heiligen Jungfrau von Giulio Clovio, ein Meisterwerk der Miniaturmalerei und Schönschreibekunst des sechzehnten Jahrhunderts, welches vor sieben oder acht Jahren aus dem bourbonischen Museum in den königlichen Palast übergetragen ward und jetzt verschwunden ist, wie in Neapel so viele kostbare Dinge verschwinden, ohne daß dabei jene wahnsinnige und unbezähmbare Kunstliebe zu Grunde läge, welche Cardillar zum Meuchelmörder und den Marquis Campana zu einem unehrlichen Manne machte, der das in ihn gesetzte Vertrauen täuschte.

Kurz, der junge Bankier setzte den König, der in ihm einen unwissenden eitlen Gecken zu finden erwartete und nun im Gegentheile einen gelehrten und doch nicht pedantischen Kunstfreund in ihm entdeckte, in immer größeres Erstaunen.

Ferdinand war von Haus aus ein Fürst von vielem gesunden Menschenverstand und Geist. Es fiel ihm daher nicht ein, es dem jungen Bankier übel zu nehmen, daß er ein unterrichteter Mensch war, während er, der König, wie er selbst sagte, nicht viel mehr Bildung besaß als ein Esel. Die Folge hiervon war, daß er den jungen Barker der Königin, dem Minister Acton, Sir William und Emma Lyonna vorstellte.

 

Es geschah dies übrigens nicht mit jener zweifelhaften Rücksicht, welche man dem bloßen Geldmenschen erweist, sondern mit jener anerkennungsvollen Protection, welche intelligente Fürsten geistvollen und gelehrten Männern stets gewähren. Diese Vorstellung war für den jungen Bankier abermals eine Gelegenheit, um mit seinen anderweiten Kenntnissen und Fertigkeiten glänzen zu können. Er sprach mit der Königin deutsch, mit Sir William und Lady Hamilton englisch, mit Acton französisch, blieb aber bei all diesem so bescheiden und anspruchlos, daß der König, als er mit ihm in den Wagen stieg, um mit ihm nach Neapel zurückzukehren, sagte:

»Mr. Backer, wenn Sie auch Ihren Wagen hier behalten hätten, so würde ich Sie dennoch ersucht haben, sich mit in den meinigen zu setzen, um mir das Vergnügen Ihrer Conversation noch ein wenig länger zu gewähren.«

Wir werden später sehen, daß der König während dieses Tages in der That große Zuneigung zu Andreas Barker gefaßt hatte und unsere Erzählung wird in der Folge zeigen, durch welche unversöhnliche Rache er diesem unglücklichen jungen Mann, dem Opfer seiner Hingebung für die königliche Sache, die Aufrichtigkeit seiner Freundschaft für ihn bewies.