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La San Felice Band 4

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Viertes Capitel.

Der Mensch denkt

Kaum war der König mit Andreas Backer fort, so erhob sich die Königin, welche bis jetzt mit dem erst in dem Augenblick, wo man sich zur Tafel setzen wollte, angelangten Generalcapitän Acton nicht hatte sprechen können, winkte ihm, ihr zu folgen, trug Emma und Sir William auf, die Honneurs des Salons zu machen, wenn vielleicht vor ihrer Rückkehr einige der eingeladenen Personen ankämen, und begab sich in ihr Cabinet.



Acton trat unmittelbar nach ihr ein.



Sie setzte sich und lud Acton durch eine Handbewegung ein, ebenfalls Platz zu nehmen.



»Nun?« fragte sie ihn.



»Eure Majestät,« entgegnete Acton, »befragen mich wahrscheinlich wegen jenes Briefes.«



»Allerdings; haben Sie nicht zwei Billets von mir erhalten, worin ich Sie ersucht habe, das Experiment anzustellen? Ich fühle mich von Dolchen und Complotten umringt und möchte gern so bald als möglich in dieser Sache klar sehen.«



»Wie ich Eurer Majestät versprochen, ist es mir gelungen, das Blut zu entfernen.«



»Dies war nicht die eigentliche Frage. Es handelte sich vielmehr darum, zu wissen, ob nach Entfernung des Blutes die Schrift bleiben würde. Ist die Schrift geblieben?«



»Ja, wenigstens noch deutlich genug, um mit einer Loupe gelesen zu werden.«



»Und Sie haben sie gelesen?«



»Ja, Madame.«



»Es war also wohl eine sehr schwierige Operation, da Sie so lange Zeit dazu gebraucht haben?«



»Ich darf wohl wagen, Eurer Majestät bemerklich zu machen, daß ich außerdem noch mehr zu thun hatte. Hiernächst gestehe ich, daß ich eben um der Wichtigkeit willen, welches Sie auf das Gelingen des Experimente legten, erst fünf oder sechs verschiedene Versuche gemacht habe, nicht mit dem Briefe selbst, sondern mit anderen, welche ich mich in ähnlichen Zustand zu versetzen bemühte. Ich versuchte es mit kleesaurer Soda, mit Weinsteinsäure, mit Salzsäure, aber jede dieser Substanzen nahm mit dem Blut auch die Tinte hinweg. Erst gestern, als ich überlegte, daß das menschliche Blut unter gewöhnlichen Bedingungen 65 bis 70 Theile Wasser enthält und nur durch die Verflüchtung dieses Wassers gerinnt, kam ich auf den Gedanken, den Brief dem Wasserdampf auszusetzen, um dem geronnenen Blute eine zum Flüssigwerden hinreichender Quantität Wasser wiederzugeben, dann das Blut mit einem Battisttuch aufzutupfen und auf den schräg gehaltenen Brief Wasser zu gießen. Auf diese Weise gelangte ich auch wirklich zu einem Resultat, welches ich Euer Majestät sofort vorgelegt haben würde, wenn ich nicht gewußt hätte, daß, ganz im Gegensatz zu anderen Frauen, die Mittel Sie bei Ihrer Vertrautheit mit jeder Wissenschaft eben so sehr interessieren als das Resultat.«



Die Königin lächelte. Eine solche Lobrede mußte ihrer Eigenliebe unbedingt schmeicheln.



»Nun lassen Sie das Resultat sehen,« sagte sie.



Acton reichte der Königin den Brief, den er von ihr in der Nacht vom 22. zum 23. September erhalten und den sie ihm gegeben, um das Blut davon verschwinden zu machen.



Das Blut war allerdings auch davon verschwunden, überall aber, wo dessen gewesen war, hatte die Tinte eine so schwache Spur zurückgelassen, daß die Königin auf den ersten Anblick rief:



»Das kann man aber unmöglich lesen.«



»O doch, Madame,« antwortete Acton. »Sie werden sehen, daß es mit Hilfe einer Loupe und ein wenig Phantasie uns gelingen wird, den ganzen Brief wieder zusammenzusetzen.«



»Haben Sie eine Loupe?«



»Ja, hier ist sie.«



»Geben Sie her.«



Die Königin schien Recht zu haben, denn abgesehen von den ersten drei oder vier Zeilen, welche von dem Blute beinahe gar nicht berührt worden, konnte man mit bloßem Auge und mit Hilfe zweier Kerzen von dem ganzen Briefe weiter nichts lesen als Folgendes:



»Lieber Nicolino.



»Entschuldige deine arme Freundin, daß sie nicht an dem bewußten Orte hat erscheinen können, wo sie sich so viel versprach. Es war durchaus nicht meine Schuld, dies schwöre     Erst     sprochen, ward ich von der     benachricht     mit den andern Damen des Hofes     halten     Nelson entgegen zu gehen     ihm prachtvo     und die Königin will sich ihm     ganzen     hat mir die Ehre er     sei einer     mit sie den     blenden gedenke. Es wird     sein, zu welcher     auf diesen Mann weniger     andern, denn hat nur     süchtig. Acis     stets lieber     phem.     »Uebermor     von mir     bezeichnen, wo ich     werde.



Deine     treue



»21. September 1798. E.«



Die Königin versuchte anfangs, obschon sie die Loupe in den Händen hatte, die Worte ohne Hilfe des Glases miteinander in Verbindung zu bringen. Bei ihrem ungeduldigen Charakter aber ward sie dieser unfruchtbaren Mühe sehr bald überdrüssig. Sie hielt daher die Loupe ans Auge und auf diese Weise gelang es ihr sehr bald die folgenden Zeilen zu lesen, welche den gesamten Inhalt des Briefes ausmachten:



»Lieber Nicolino!



»Entschuldige deine arme Freundin, daß sie nicht an dem bewußten Orte hat erscheinen können, wo sie sich so viel Glück versprach. Es war durchaus nicht meine Schuld, dies schwöre ich Dir. Erst nachdem ich Dich bereits gesprochen, ward ich von der Königin benachrichtigt, daß ich mich mit den andern Damen des Hofes bereithalten sollte, dem Admiral Nelson entgegenzugehen. Man wird ihm prachtvolle Feste geben und die Königin will sich ihm in ihrem ganzen Glanze zeigen. Sie hat mir die Ehre erzeigt, mir zu sagen, ich sei einer der Strahlen, womit sie den Sieger vom Nil zu blenden gedenke. Es wird dies jedoch eine Operation sein, zu welcher in Bezug auf diesen Mann weniger Kunst gehört als bei jedem Andern, denn er hat nur ein Auge. Sei daher nicht eifersüchtig. Acis wird mir stets lieber sein als Polyphem.



»Uebermorgen wird ein Wort von mir Dir den Tag bezeichnen, wo ich frei sein werde.



»Deine zärtliche und treue



»21. September 1798. »E.«



»Hm!« sagte die Königin, nachdem sie gelesen, »wissen Sie, lieber General, daß uns Alles dies keinen sonderlichen Aufschluß gibt? Man sollte meinen, die Person, welche diesen Brief geschrieben, hätte geahnt, daß er von Jemand Anderm, als dem eigentlichen Adressaten gelesen werden würde. O, diese Dame ist eine sehr vorsichtige Frau.«



»Ew. Majestät weiß, daß, wenn man den Hofdamen einen Vorwurf machen kann, es sicherlich nicht der einer zu großen Unschuld ist. Die Schreiberin dieses Briefes ist indessen doch noch nicht vorsichtig genug gewesen, denn noch heute Abend werden wir erfahren, woran wir uns in Bezug auf sie zu halten haben.«



»Wie so?«



»Haben Ew. Majestät die Güte gehabt, auf heute Abend nach Caserta alle Hofdomen einluden zu lassen, deren Taufnamen mit einem E anfangen und welche die Ehre gehabt haben, bei der feierlichen Einholung des Admirals Nelson Ihr Gefolge zu bilden?«



»Ja, es sind ihrer sieben.«



»Und wie heißen sie, wenn ich fragen darf, Madame?«



»Es sind die Fürstin von Curiati, welche

Emilia

, die Gräfin von San Marco, welche

Eleonora

, die Marquise San Clemente, welche

Elena,

 die Herzogin von Termoli, welche

Elisabetta

, die Herzogin von Tursi, welche

Elisa

, die Marquise von Altavilla, welche

Eufrasia

, und die Gräfin von Policastro, welche

Eugenia

 heißt. Lady Hamilton, welche Emma heißt, zähle ich nicht. Sie würde mit einer solchen Sache nichts zu thun haben. Sie sehen also, daß wir sieben Personen haben, gegen welche unser Verdacht sich kehren könnte.«



»Ja,« entgegnete Acton lachend« »aber unter diesen sieben Personen gibt es zwei, welche nicht mehr in dem Alter stehen, wo man seine Briefe blos mit Anfangsbuchstaben unterzeichnet.«



»Sehr richtig. Es bleiben sonach nur fünf. Und dann?«



»Dann ist die Sache so einfach, daß ich nicht einmal weiß, ob Euer Majestät sich die Mühe nehmen wird, meinen noch übrigen Plan anzuhören.«



»Was wollen Sie, mein lieber Acton? Es gibt Tage, wo ich förmlich dumm bin und, wie es scheint, ist heute ein solcher Tag.«



»Euer Majestät hat wahrscheinlich Lust, mir die grobe Beleidigung zu sagen, welche sie soeben von sich selbst gesagt hat.«



»Ja« denn Sie machen mich durch diese Umschweife ungeduldig.«



»Ach,« Madame, man ist nicht umsonst Diplomat.«



»Kommen wir zu Ende.«



»Dies wird mit zwei Worten geschehen.«



»Nun dann sagen Sie diese zwei Worte,« rief die Königin immer ungeduldiger.



»Eure Majestät erfinde ein Mittel, um jeder dieser Damen eine Feder in die Hand zu geben und durch Vergleichung der verschiedenen Handschriften —«



»Sie haben Recht,« sagte die Königin, indem sie ihre Hand auf die Actons legte. »Sobald die Dame bekannt ist, wird der Liebhaber es dann auch bald sein. Kehren wir jetzt zurück.«



Mit diesen Worten erhob sie sich.



»Wenn Eure Majestät erlauben, mochte ich Sie noch um zehn Minuten Audienz bitten.



»In wichtigen Angelegenheiten?«



»Ja, wegen Angelegenheiten die von der größten Bedeutung sind.«



»Nun so sprechen Sie,« sagte die Königin, indem sie sich wieder setzte.



»Eure Majestät erinnert sich wohl, daß in der Nacht, wo Sie mir diesen Brief übergaben, um drei Uhr Morgens das Zimmer des Königs noch erleuchtet war?«



»Ja, ich schrieb ja an ihn und —«



»Wissen Eure Majestät, mit wem der König sich noch so spät unterhielt?«



»Mit dem Cardinal Ruffo; mein Thürsteher sagte es mir.«



»Wohlan, in Folge seiner Conversation mit dem Cardinal Ruffo sendete der König in dieser Nacht noch einen Courier ab.«



»Allerdings hörte ich den Hufschlag eines durch das Thorgewölbe galoppierenden Pferdes.«



»Wer war dieser Courier?«



»Ferrari, der Vertraute des Königs.«



»Woher wissen Sie das?«



»Mein englischer Jokei Tom schläft im Stalle. Er hat gesehen, wie um drei Uhr Morgens Ferrari im Reisekostüm in den Stall trat, selbst ein Pferd sattelte und fortritt. Als er am andern Morgen mir die Steigbügel hielt, sagte er mir es.«

 



»Nun und?«



»Nun, Madame, ich habe mich gefragt, an wen nach einer Unterredung mit dem Cardinal Seine Majestät einen Courier habe abschicken können, und ich glaube, er hat ihn an Niemand anders geschickt als an seinen Neffen, den Kaiser von Oesterreich.«



»Sollte der König dies gethan haben, ohne mich davon zu unterrichten?«



»Der König hat es nicht gethan, sondern der Cardinal,« antwortete Acton.



»Oho!« rief die Königin, indem sie die Stirn runzelte; »ich bin nicht Anna von Oesterreich und Ruffo ist nicht Richelieu. Er möge sich in Acht nehmen.«



»Nach meiner Meinung ist die Sache sehr ernst.«



»Wissen Sie gewiß, daß Ferrari nach Wien gereist ist?«



»Anfangs hegte ich in dieser Beziehung einige Zweifel, diese aber sind bald entschwunden. Ich schickte Tom nach, um zu erfahren, ob Ferrari mit der Post weiter gereist sei.«



»Nun, und?«



»In Copua hat er dies gethan und dort sein Pferd zurückgelassen, indem er dem Postmeister gesagt, er solle es gut verpflegen lassen, es sei ein Pferd aus dem königlichen Stall und er werde es bei seiner Rückkunft, das heißt in der Nacht des 3. October oder am Morgen des vierten wieder abholen.«



»Das wären elf bis zwölf Tage.«



»Genau die Zeit, deren man bedarf, um nach Wien und wieder zurück zu gelangen.«



»Und was haben Sie in Folge aller dieser Entdeckungen beschlossen?«



»Vor allen Dingen Eure Majestät davon zu unterrichten, was ich so eben gethan. Dann scheint es mir in Bezug auf unsere Kriegspläne – denn Eure Majestät ist doch immer noch zum Krieg entschlossen?«



»Ja wohl, immer noch. Es bereitet sich jetzt eine Coalition vor, welche die Franzosen aus Italien hinaustreiben wird. Sind die Franzosen einmal vertrieben, so wird mein Neffe, der Kaiser von Oesterreich, die Hand nicht blos auf die Provinzen legen, welche er vor dem Frieden von Campo Formio besaß, sondern auch auf die Romagna. Bei dergleichen Kriegen behält ein Jeder, was er genommen, und man gibt nur Theile davon zurück. Bemächtigen wir uns daher allein und ehe Jemand anders es thut, der römischen Staaten. Rom, welches wir einmal nicht behalten können, geben wir dem Papst zurück und in Bezug auf das Uebrige werden wir unsere Bedingungen stellen.«



»Da Eure Majestät sonach immer noch zum Kriege entschlossen ist, so müssen Sie erfahren, daß der König, welchem weniger am Kriege liegt, wahrscheinlich auf den Rath des Cardinals Ruffo an den Kaiser von Oesterreich geschrieben, und daß dieser ihm geantwortet hat.«



»Wissen Sie etwas, General?«



»Was denn?«



»Daß wir von Ferrari keine Gefälligkeit erwarten dürfen. Er ist dem König vollständig ergeben und man versichert, er sei unbestechlich.«



»Philipp, der Vater Alexander des Großen, sagte, es gäbe keine uneinnehmbare Festung, so lange ein mit Gold beladenes Maulthier hereinkommen könne. Wir werden sehen, wie hoch der Courier Ferrari seine Unbestechlichkeit anschlägt.«



»Und wenn nun Ferrari, wie groß auch die gebotene Summe sei, sich weigert; wenn er dem König sagt, daß die Königin und seine Minister ihn zu verführen gesucht, was wird dann der König denken, der ohnehin immer mißtrauischer wird?«



»Eure Majestät weiß, daß nach meiner Ansicht der König von jeher mißtrauisch gewesen ist. Ich glaube aber, daß es ein Mittel gibt, welches Eure Majestät und mich außer Spiel bringt.«



»Und was ist das für ein Mittel?«



»Es besteht darin, daß wir unsere Vorschläge durch Sir William machen lassen. Wenn Ferrari sich erkaufen läßt, so wird er es durch Sir William ebenso gut thun lassen wie durch uns, und zwar um so mehr, als Sir William, der Gesandte Englands, den Vorwand geltend machen kann, daß er seinen Hof von den eigentlichen Gesinnungen des Kaisers von Oesterreich in Kenntniß setzen wolle. Wenn er sich versteht zu thun, was man von ihm verlangt – und er läuft dabei durchaus keine Gefahr, denn man wird weiter nichts verlangen als den Brief zu lesen, denselben wieder in das Couvert zu stecken und dieses wieder zu versiegeln – wenn er dies that, sage ich, so geht Alles gut. Verkennt er dagegen sein eigenes Interesse so sehr, daß er sich weigert, so gibt Sir Hamilton ihm hundert Louisd’or, damit er in Bezug auf den gemachten Versuch reinen Mund halte. Im schlimmsten Falle, wenn er nämlich die hundert Louisd’or zurückweist und nicht reinen Mund hält, schiebt Sir William das Gewagte, was dieser Versuch hat, einzig und allein auf die große Freundschaft, welche er für seinen Milchbruder den König Georg hegt. Wenn diese Entschuldigung genügt, so wird er den König auf sein Ehrenwort fragen, ob er unter solchen Umständen nicht ebenso handeln würde wie er, Sir William. Der König wird lachen und sein Ehrenwort nicht geben. Ueberhaupt bedarf der König in der Lage, worin er sich befindet, Sir William Hamiltons zu sehr, als daß er lange Groll gegen ihn hegen könnte.»



»Sie glauben also, daß Sie William sich dazu verstehen werde?«



»Ich werde mit ihm darüber sprechen, und wenn dies nicht genügt, so werden Ew. Majestät durch seine Frau mit ihm sprechen lassen.«



»Aber fürchten Sie nicht, daß Ferrari ankomme, ohne daß wir etwas davon erfahren?«



»Nichts ist einfacher, als dieser Furcht zu begegnen, und ich habe dazu blos auf Ihre Zustimmung gewartet, weil ich nichts ohne Ihren Befehl thun will.«



»Sprechen Sie.«



»Ferrari wird diese Nacht oder morgen Früh wieder die Post von Capua passieren, wo er sein Pferd zurückgelassen. Ich schicke meinen Secretär dorthin damit man Ferrari benachrichtige, der König sei in Caserta und erwarte dort seine Depeschen. Wir bleiben diese Nacht und morgen den ganzen Tag hier. Anstatt an dem Schlosse vorüber zu reiten, tritt Ferrari in dasselbe ein, fragt nach dem König und findet Sir William.«



»Alles dies kann in der That gelingen,« antwortete die Königin nachdenklich, »aber eben so gut kann es auch scheitern.«



»Es ist schon viel, wenn man unter gleichen Möglichkeiten kämpft, und wenn man Weib und Königin ist, so hat man den Zufall für sich.«



»Sie haben Recht, Acton. Uebrigens muß man in allen Dingen die Rolle des Feuers spielen. Wenn das Feuer nicht Alles ergreift, um so besser; ergreift es aber Alles, nun, dann wird man versuchen, es zu löschen. Schicken Sie Ihren Secretär nach Capua und setzen Sie Sir William Hamilton in Kenntniß.«



Die Königin schüttelte ihr noch schönes, aber sorgenbeladenes Haupt, wie um sich der tausend darauf lastenden Gedanken zu entledigen, und kehrte dann mit leichtem Schritt und lächelndem Munde in den Solon zurück.




Fünftes Capitel.

Das Akrostichon

Es waren schon mehrere Personen versammelt und unter denselben befanden sich die sieben Damen, deren Taufname mit einem E anfing. Diese sieben Damen waren, wie wir schon gesagt haben, die Fürstin von Cariati, die Gräfin von San Maria, die Marquise von San Clemente, die Herzogin von Termoli, die Herzogin von Tursi, die Marquise von Altavilla und die Gräfin von Policastro.



Die Herren waren: der Admiral Nelson und zwei seiner Officiere, oder vielmehr zwei seiner Freunde, der Capitän Truebridge und der Capitän Ball.



Ersterer war ein liebenswürdigen phantasiereicher, humoristischer Geist, der zweite ernst und steif wie ein echter Großbritannier.



Die anderen eingeladenen Gäste waren der elegante Herzog von Rocca Romana, Bruder von Nicolino Caracciolo, welcher letztere weit entfernt war zu ahnen, daß ein Minister und eine Königin sich in diesem Augenblicke so viel Mühe gaben, um seine heitere, sorglose Persönlichkeit zu entdecken; der Herzog von Avalos, gewöhnlicher Marquis del Vasto genannt, dessen uralte Familie in zwei Linien sich theilte und von welchem ein Ahn, Capitän Karls des Fünften – derselbe, welcher bei Ravenna gefangen genommen ward, die bekannte Vittorio Colonna heiratete und im Gefängnisse für sie seinen Dialog von der Liebe schrieb – und bei Pavia aus den Händen des besiegten Franz des Ersten den Degen empfing, von welchem nur noch der Griff übrig war, während der Andere unter dem Namen eines Marquis del Guasto der Geliebte Margarethens von Frankreich ward und von Mörderhand fiel; der Herzog de la Salandra, königlicher Oberjägermeister, welchen wir später das den Händen Mack’s entschlüpfte Commando übernehmen sehen werden; der Fürst Pignatelli, welchem der König bei seiner Flucht das schwere Amt eines Generalvicars hinterließ, und noch einige Andere, lauter sehr herabgekommene Abkömmlinge der vornehmsten neopolitanischen und spanischen Adelsfamilien.



Alle erwarteten die Ankunft der Königin und verneigten sich ehrerbietig bei ihrem Anblick.



Es waren ganz besonders zwei Dinge, welche die Königin an diesem Abend beschäftigten.



Erstens wollte sie Emma Lyonna in ihrer ganzen verführerischen Schönheit sich zeigen lassen, um Nelson immer verliebter in sie zu machen, und zweitens an der Handschrift die Dame erkennen, welche jenen Brief geschrieben, weil, so bald man diese entdeckte, es, wie Karoline sehr scharfsinnig bemerkt, dann nicht schwer halten konnte, auch den Mann zu ermitteln, an welchen dieser Brief gerichtet war.



Nur wer jenen vertraulichen und berauschenden Soiréen der Königin von Neapel beigewohnt hat, Soiréen deren größter Reiz und verlockendste Zierde eben Emma Lyonna war, hat seinen Zeitgenossen erzählen können, bis zu welchem Grade von Enthusiasmus und Delirium die moderne Armida ihre Zuhörer und Zuschauer zu begeistern wußte.



Wenn ihre zauberhaften Stellungen und wollüstigen Pantomimen schon auf die kalten Temperamente des Nordens den von uns beschriebenen Einfluß äußersten, wie weit mehr mußte sie dann jene feurigen Naturen des Südens elektrisiren, welche Gesang, Musik und Poesie so leidenschaftlich liebten, welche Cimarosa und Metastasio auswendig wußten.



Wir für unsere Person haben auf unsern ersten Reisen in Neapel und Sicilien alte Leute gekannt und befragt, welche diesen magnetischen Soiréen beigewohnt hatten und die jetzt noch, nach fünfzig Jahren, bei der Erinnerung daran von Wonneschauern durchrieselt wurden wie heißblütige Jünglinge.



Emma Lyonna war schön, selbst ohne es zu wollen. Man denke sich, was sie an diesem Abend war, wo sie sowohl für die Königin als für Nelson schön sein wollte, mitten unter allen jenen eleganten Kostümen des Endes des achtzehnten Jahrhunderts welche der Hof von Neapel hartnäckigerweise als Protest gegen die französische Revolution trug.



Anstatt des Puders, welcher noch jene hohen, in lächerlicher Weise auf dem Gipfels des Kopfes aufgebauten Coiffuren bedeckte, anstatt jener engen Kleider, welche selbst die Anmuth Terpsichores erwürgt hätten, anstatt jenes grellen Roth, welches die Frauen in Bacchantinnen umwandelte, trug Emma Lyonna, den Traditionen der Kunst und Freiheit treu, ein Kostüm, welches sich schon in weiteren Kreisen zu verbreiten begann und in Frankreich bereits von den berühmtesten Schönheiten angenommen worden, nämlich eine lange Tunica von hellblauem Kashmir, welche in Falten um sie herum auf eine Weise fiel, die eine antike Statue hätte verleiten können, neidisch zu werden.



Ihr Haar wallte auf die Schultern in langen Locken herab, welche zwei Rubinen hervorblitzen ließen, die den fabelhaften Karfunkeln des Alterthums glichen.



Ihr Gürtel, ein Geschenk der Königin, bestand aus einer Kette kostbarer Diamanten, die bis auf die Knie herab fiel. Ihre Arme waren von der Schulter an bis auf die Fingerspitzen entblößt und einer ihrer Arme ward an der Schulter und am Handgelenk von zwei Diamantenschlangen mit Rubinaugen umschlossen. Die eine ihrer Hände, nämlich die, deren Arm ohne Schmuck, war mit Ringen beladen, während die andere dagegen nur durch die schimmernde Feinheit ihrer Haut und ihrer schmalen Nägel glänzte, deren durchsichtiges Incarnat aus Rosenblättern zu bestehen schien, während ihre mit fleischfarbenen Strümpfen bekleideten Füße in ihren blauen Kothurnen mit goldenen Schnüren eben so nackt zu sein schienen wie ihre Hände.



Diese blendende Schönheit, die durch dieses seltsame Kostüm noch gesteigert ward, hatte etwas Unnatürliches und folglich Furchtbares und Unheimliches. Die Frauen entfernten sich von dieser Auferstehung des Heidenthums mit Eifersucht, die Männer mit banger Scheu.



Wer das Unglück hatte sich in diese Venus Astarte zu verlieben, dem blieb nichts weiter übrig als ihr Besitz oder der Selbstmord.



Die Folge hiervon war, daß Emma, so schön sie auch war, eben wegen ihrer bezaubernden Schönheit ganz allein in der Ecke eines Sophas mitten in einem Kreise saß, der sich um sie herum gebildet hatte.



Nelson, der allein das Recht gehabt hatte, sich an ihre Seite zu setzen, verschlang sie mit den Augen und taumelte geblendet an Truebridge’s Arm, indem er sich fragte, in Folge welches Geheimnisses der Liebe oder welcher politischen Berechnung ihm, dem rauhen Seemann, dem in zwanzig Schlachten verstümmelten Veteran, sich dieses bevorrechtete Wesen hingegeben, welches alle Vollkommenheiten in sich vereinigte.

 



Was Emma selbst betraf, so war sie auf jenem Apollobett, wo Graham sie früher den neugierigen Blicken einer ganzen Stadt preisgegeben, weniger befangen gewesen als in diesem königlichen Salon, wo so viele neidische und lüsterne Blicke aus ihr ruhten.



»O Majestät,« rief sie, als sie die Königin eintreten sah und indem sie auf dieselbe zueilte, wie um ihren Beistand anzurufen; kommen Sie schnell und verbergen Sie mich in Ihrem Schatten. Sagen Sie diesen Herren und Damen, daß man, wenn man mir sich nähert, nicht die Gefahr läuft, wie wenn man unter dem Manschenillenapfelbaum einschläft oder sich unter den Bohon Upas setzt.«



»Welch ein undankbares Geschöpf sind Sie, daß Sie sich über so etwas beklagen!« sagte die Königin lachend. »Warum sind Sie so schön, daß Sie alle Herzen mit Liebe und Eifersucht erfüllen, so daß es hier Niemand weiter gibt, als mich, der so bescheiden und so wenig kokett wäre, daß er sein Gesicht dem ihrigen zu nähern und Sie auf beide Wangen zu küssen wagte.»



Mit diesen Worten umarmte die Königin sie und flüsterte ihr dabei die Worte zu:



»Sei heute Abend liebenswürdig. Es muß geschehen.«



Dann schlang sie ihren Arm um den Hals ihrer Günstlingin, zog sie auf das Sopha, um welches sich nun die ganze Gesellschaft gruppierte – die Herren, um Emma den Hof zu machen, indem sie denselben der Königin machten, und die Damen, um der Königin den Hof zu machen, indem sie denselben der schönen Emma machten.



In diesem Augenblick trat Acton wieder ein. Ein Blick, welchen die Königin mit ihm wechselte, verrieth ihm, daß Alles nach ihrem Wunsche ging.



Sie führte Emma in eine Ecke und nachdem sie einige Minuten lang leise mit ihr gesprochen, sagte sie:



»Meine Damen, ich habe soeben von meiner Freundin, Lady Hamilton, das Versprechen erhalten, uns diesen Abend eine Probe von allen ihren Talenten zu geben, das heißt sie wird uns eine Ballade ihres Landes oder ein alterthümliches Lied singen. Dann wird sie uns eine Scene von Shakespeare vorspielen und dann ihren Shawltanz produciren, den sie bis jetzt nur für mich und vor mir allein aufgeführt hat.«



Ein Ruf der Begierde und Freude hallte in dem ganzen Saale wieder.



»Aber,« sagte Emma, »Eure Majestät weiß, daß es nur unter einer Bedingung geschehen kann —«



»Unter welcher?« fragten die Damen, in ihren Wünschen noch eifriger als die Männer.



»Unter welchen?« wiederholten die Männer nach ihnen.



»Die Königin,« sagte Emma, »hat mir so eben bemerklich gemacht, daß in Folge eines eigenthümlichen Zufalls die Taufnamen der acht in diesem Solon versammelten Damen, mit Ausnahme dessen der Königin, mit einem E anfangen.«



»Ja das ist wahr,« sagten die Damen, indem sie einander ansahen.



»Wohlan, wenn ich thue, was man von mir verlangt, so will ich auch, daß man thue, was ich verlangen werde.«



»Meine Damen,« mischte die Königin sich ein, »Sie werden zugeben, daß dies nicht mehr als gerecht ist.«



»Ja wohl. Was verlangen Sie, Mylady? Sagen Sie es!« riefen mehrere Stimmen.



»Ich wünsche,« sagte Emma, »ein kostbares Andenken an diesen Abend zu bewahren. Ihres Majestät die Königin wird ihren Namen CAROLINA auf ein Stück Papier schreiben und jeder Buchstabe dieses theuren, erhabenen Namens wird der Anfangsbuchstabe eines von einer jeden von uns geschriebenen Verses. Ich werde die Erste sein, die einen solchen Vers schreibt; dann folgen die Andern mit ihren guten oder schlechten Versen, und ich hoffe, daß mit Einschluß des meinigen mehr schlechte als gute zum Vorschein kommen werden. Zum Andenken an diesen Abend, an welchem ich die Ehre gehabt haben werde, mit der schönsten Königin der Welt und den edelsten Damen Neapels und Siciliens beisammen zu sein, werde ich dann dieses kostbare und poetische Autograph meinem Album einverleiben.«



»So soll es sein,« sagte die Königin.



Mit diesen Worten näherte sie sich einem Tisch und schrieb quer über ein Blatt Papier den Namen CAROLINA.



»Aber, Majestät,« riefen die Damen, welche nun sofort Verse improvisiren sollten, »wir sind ja keine Dichterinnen!«



»Rufen Sie den Apollo an, und Sie werden es sein,« sagte die Königin.



Man konnte sich nicht län