Schwarze Schwäne

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Schwarze Schwäne
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Christina Kettering







Schwarze Schwäne







Zwei Schwestern stehen vor der Entscheidung, ob sie ihre pflegebedürftige Mutter ins Heim bringen sollen. Während sich die ältere der beiden nicht sicher ist, möchte die jüngere die alte Frau zu sich nehmen und sich kümmern. Doch schnell zeigt sich, dass sie mit ihren beiden Kindern, dem Haushalt und der nun anfallenden Pflege überfordert ist. Zudem macht ihr die Mutter das Leben alles andere als leicht.



Um ihrer Schwester zu helfen, kauft die ältere der beiden „Rosi“ – einen humanoiden Pflegeroboter, der auf die Mutter programmiert werden soll. Trotz anfänglicher Startschwierigkeiten scheinen die Probleme der jüngeren Schwester gelöst: Sie hat mehr Zeit, die Mutter ist zufrieden, die ständige Überforderung hat ein Ende.



Doch allmählich nimmt Rosi mit ihren perfektionierten Abläufen immer mehr Raum im Familienleben ein. Es kommt zur Katastrophe.



2 D





SCHWARZE SCHWÄNE

 wurde 2019 mit dem 1. Preis des Heilbronner Dramenwettbewerbs im Rahmen des Festivals SCIENCE & THEATRE ausgezeichnet.





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Personal





(2 Schwestern)







ÄLTERE







JÜNGERE








Vorher







1.
















JÜNGERE:






Es dauerte eine Weile, bis es jemandem auffiel.







ÄLTERE:





Sie ging auch früher nicht oft raus, zumindest hat das niemand gesehen.



Man kann schon leicht übersehen werden. In der Stadt. Unter all den Menschen.



Eine kleine Frau wie sie.







JÜNGERE:





Unten in dem Mietshaus, in dem sie wohnt – wohnte – Verzeihung – gibt es einen kleinen Laden. Einen Kiosk, da werden auch frische Brötchen verkauft. Kaffee. Teilchen. Türkisches Gebäck. Salate, Kisir und so. Die Frau backt es selbst. Jeden Tag frisch. Nette Frau. Das ist ein Treffpunkt für die ganze Nachbarschaft. Alle gehen dahin, die Reichen und die Armen. Die Zugezogenen und die Alteingesessenen. Trinken einen Kaffee, kaufen Zeitung oder Brötchen. Aber vor allem treffen sie sich da, reden kurz, fühlen sich dann nicht mehr so verloren. Nur sie ist da nie hingegangen. Auch nicht, wenn sie mal schnell was brauchte. Ist lieber zwei Blocks weiter gelaufen zum Supermarkt, auch wenn´s nur für eine Milch war. Angeblich, weil´s dort billiger ist. Ganz im Ernst: ich glaube, sie wollte bloß die Nähe nicht.







ÄLTERE:





Manchen Menschen kann man nicht helfen.







JÜNGERE:





Sie war halt so.







ÄLTERE:





Wenn sie hingegangen wäre, in den Laden, dann wäre es der Frau dort aufgefallen, dass sie lange nicht mehr da war. Sie hätte gefragt. Sie hätte wahrscheinlich dann auch gewusst, wo sie wohnte und hätte mal geklingelt. Jemanden vorbei geschickt.







JÜNGERE:





Ja oder wenn sie überhaupt mal irgendwo hingegangen wäre. Zum Leseclub, zum Nachbarschaftstreff, zum Schwimmkurs, was weiß ich, irgendwas, was einen unter Menschen bringt.







ÄLTERE:





Sie wollte nicht.







JÜNGERE:





Sie telefonierte auch nicht mehr.







ÄLTERE:





Hat sie früher schon nicht.







JÜNGERE:





Aber jetzt gar nicht mehr.







ÄLTERE:





Stundenlang hat sie es klingeln lassen. Später stellte sich heraus, dass sie daneben saß und fernsah.







JÜNGERE:





Bei manchen Menschen fragt man sich, was in ihrem Kopf vorgeht.







ÄLTERE:





Seltsamerweise waren ihre große Leidenschaft die Sendungen auf diesem Männerkanal, wie heißt der noch gleich?







JÜNGERE:





„Männerkanal“, also echt.







ÄLTERE:





Männer, die mit knallbunten Autos mit überdimensionierten Reifen durch Matsch fahren. Männer, die Maschinen reparieren. Stundenlang. Jedes Detail der Maschine wird in Nahaufnahme gezeigt. In ganz langen Einstellungen. Fast eine Art Maschinen-Porno.



Oder Männer, die einen krass männlichen Beruf ausüben und dann wird über eine Stunde gezeigt, was die da machen, in dem Beruf. Lastwagen fahren. Raumstationen bemannen. Häuser bauen.







JÜNGERE:





Andere schauen Shopping-Kanäle.







ÄLTERE:





Ist ja auch egal. Es geht nur darum, dass die einfach stundenlang Männern beim Schweißen zuguckte, aber keinen Anlass sah, mal ans Telefon zu gehen. Also ich hätte gedacht, dass es vielleicht wichtig ist, wenn jemand immer wieder anruft.







JÜNGERE:





Wir sind dann rein. Mit dem Generalschlüssel vom Hausmeister.







ÄLTERE:





Schon im Flur roch es komisch.







JÜNGERE:





Nach Tod irgendwie. Nach Verwesung.







ÄLTERE:





Die Heizung war hochgedreht.







JÜNGERE:





Sie saß in ihrem Sessel vor dem Fernseher. Ein Mann mit schweren Stiefeln und Holzfällerhemd stapfte durch einen Wald. Der Ton war aus. Auf dem Esstisch stapelten sich ungeöffnete Briefe, sahen alle amtlich aus. Sie war acht Wochen nicht mehr rausgegangen. Genauso lange hatte sie nicht gelüftet.







ÄLTERE:





Es war, als würde die Wohnung leben. Alles krabbelte und wuchs irgendwie.







JÜNGERE:





Sie hatte vom Eingelagerten in ihrer Vorratskammer gelebt. Viel Eingemachtes, viel Haltbares. Kriegskind. Das kriegt man nicht aus denen raus.







ÄLTERE:





Eingelegte Gurken, eingelegte Pfirsiche, Rotkohl, Rettich, Marmelade und Zwieback, Büchsenfleisch. Sie hätte noch zwei Monate überleben können. Kartoffeln. Äpfel. Wenigstens ein paar frische Äpfel waren auch dabei.







JÜNGERE:





Na ja, frisch –







ÄLTERE:





Äpfel halten mehrere Monate, bei richtiger Lagerung. Mit Äpfeln kommst du über den Winter.







JÜNGERE:





Sie ha