Kitabı oxu: «"Nicht ohne den Mut zum Wagnis ..."», səhifə 11

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Unabhängig von den erwähnten Schwierigkeiten gab es verschiedene Anknüpfungspunkte der Seelsorge, um den Jugendlichen die Integration zu erleichtern. Neben aller Verschiedenheit fanden die Jugendlichen über die caritative Sorge zueinander, wenn auch manches Mal Beichtväter wie H. Aufderbeck im Rahmen der „satisfactio“ den Jugendlichen gute Werke an den Vertriebenen ans Herz legten und ihnen damit erst auf die Sprünge helfen mussten, auf die Fremden zuzugehen.313 Das gemeinsame christliche Bekenntnis und die gemeinsam erlittene Not in der Kriegs- und Nachkriegszeit verbanden letztlich doch mehr als dass sie trennten. Gerade in der Nachkriegsnot gab es für die Vertriebenen wie auch die Diasporajugendlichen im Rahmen der Caritas Möglichkeiten, die nicht reglementierten Nischen zu nutzen, um zu helfen und sich zugleich mit den Ankommenden zu solidarisieren. Zudem erzeugte diese Arbeit so etwas wie ein Gemeinschaftsgefühl unter den Jugendlichen unterschiedlicher Herkunft. Es kam hinzu, dass im Laufe der Zeit auch die Unterstützung der mitteldeutschen Diaspora durch die katholische Kirche aus den westlichen Besatzungszonen verstärkt wurde. Dies aber schürte den Neid der FDJ, die in den ersten Nachkriegsjahren nicht über eine ähnliche materielle Basis verfügte wie die Kirchen. Mit der Zusammenfassung sozial tätiger Organisationen unter dem Dach der Volkssolidarität und dem erlassenen Verbot, Waren direkt aus den Westsektoren einzuführen, gelang es, diese öffentlich wirksame Konkurrenz der Kirchen zur FDJ einzudämmen.314

Bei allen Schwierigkeiten die sich bei dem Bemühen ergaben, die Folgen der Entwurzelung der Vertriebenen und der Flüchtlinge zu lindern, sind die Anstrengungen der katholischen Kirche, wenigstens zu einem Teil neue Alternativen für die verlorene religiöse Heimat den Jugendlichen anzubieten als mehr oder weniger erfolgreiche Versuche anzuerkennen, „die Vertriebenen in den Gemeinden zu verwurzeln“.315 Ließen diese sich darauf ein, konnten sie wenigstens so etwas wie eine religiöse „Ersatzheimat“316 finden. Entwickelte sich aus der „Flüchtlingskirche“ in der SBZ die „katholische Kirche in der DDR“,317 so war es eine der besonderen Leistungen der Jugendseelsorge im Kommissariat Magdeburg, dass „Flüchtlingsjugend“ und die Jugend der mitteldeutschen Diaspora zur katholischen Jugend zusammenwuchs. Gleiches gilt auch für die anderen Ordinariatsbezirke der SBZ/DDR.

4.5.2 Die identitätsstiftende Funktion der Wallfahrten und Bekenntnistage

Die Jugendbewegung kannte die Kriegs- und Nachkriegsjugend mehr aus Erzählungen denn aus dem eigenem Erleben, aber wie sich nach dem Krieg erkennen ließ, wurden von jener mehr als nur die äußeren Zeichen übernommen. Viele der engagierten Jugendseelsorger kamen aus der bündischen Jugend und gaben deren Ideen und Erfahrungen weiter. Der Geist der Jugendbewegten war nach dem Krieg auch noch bei älteren Jugendlichen zu spüren. Selbst auf die Einhaltung der Erkennungsmerkmale der Bündischen wurde in dieser Zeit wieder Wert gelegt.318 Eines dieser bündischen Elemente war das von religiösen Vollzügen begleitete Wandern.319 Das Wander- oder später Wallfahrtsbedürfnis der Jugend entsprang in der Diaspora sowohl der bündischen Tradition als auch der Sehnsucht nach Natur- und Gemeinschaftserfahrungen der Jugendlichen. Diese Wanderungen und Jugendlager fanden vereinzelt auch in der Zeit des Verbotes unter den Nationalsozialisten statt,320 wobei sie, um nicht aufzufallen, mitunter in HJ-Uniform durchgeführt worden sind.321 Jene Form des Wanderns war aber nicht mit der volkskirchlichen Wallfahrt gleichzusetzen. In der Diaspora von Paderborn-Ost gab es nur noch vereinzelte Wallfahrtstraditionen. Nur zwei kleine lokale Treffen, wie die eucharistische Wallfahrt zur 1000jährigen Linde in Schwanebeck oder die Annenwallfahrt nach Glüsig hatten sich erhalten in der Heimat der Reformation. Demgegenüber war den Jugendlichen aus den Ostgebieten das Wallfahren als eine Selbstverständlichkeit ihrer religiösen Sozialisation vertraut. Die volkskirchliche Wallfahrt verstand sich als ein Pilgern auf ein bestimmtes Ziel hin mit religiösen Intentionen. Natur- und Gemeinschaftserleben waren der persönlichen religiösen Motivation gegenüber in den Hintergrund gerückt. Auch wenn die volkskirchliche Wallfahrtstradition der Jugend aus den Ostgebieten auf einer anderen Erfahrung basierte als das jugendbündische Wandern, konnten beide Traditionen gut zusammengeführt werden. Das Wallfahren war für die „Flüchtlingsjugend“ ein eben solch heimat- und identifikationsstiftendes Element wie für die bündisch geprägte Jugend.

Wurden die Wallfahrten in den katholischen Gebieten aus einer Volksfrömmigkeit heraus oft, mit der Verknüpfung an eine Entstehungslegende, tradiert, entstand die neue Wallfahrtstradition in der Diaspora demgegenüber aufgrund pastoraler Überlegungen. Das Konzept der Ständewallfahrten war ein Versuch, volkskirchlich verwurzelte Jugendliche mit denen aus der Diaspora zusammenzuführen. In der so entstandenen Jugendwallfahrt wurde das Aufflackern alter romantischer Ideale wie Kameradschaft und Wandern mit traditionellen volkskirchlichen Elementen wie religiöser Läuterung und Anbetung, die der Jugend aus den Ostgebieten vertraut waren, verbunden. Die Wallfahrten enthielten religiös erbauliche, identitätsstiftende und kommunikative Elemente. Sie waren ein religiöses Angebot, sowohl an die Diasporajugend mit ihrer Erfahrung von Bekenntnistagen als auch an die Jugend aus volkskirchlicher Tradition. Im Unterschied zu den politisch gelenkten „Massenaufläufen“ waren die Wallfahrten nicht als „Massenmobilisierung“ vor einem Publikum zu verstehen, bei denen wie in der NS-Zeit oder mit anderem neuem Inhalt folgend in der SBZ/DDR politische Überzeugungen und Symbole mit propagandistischer Absicht zur Schau gestellt wurden. Die entstehende Wallfahrtsbewegung ist als eine innerkirchliche Ausdrucksform zu verstehen.322

Mit der aufkommenden Wallfahrtstradition entstand in der Diaspora ein neues Element, zusätzlich zum bisher üblichen Bekenntnistag, wobei der demonstrative Charakter der Bekenntnistage bei den Wallfahrten viel weniger zum Ausdruck kam. Die Unterschiede zwischen beiden Formen verschwanden jedoch im Laufe der Jahre. Nur von ihren Entstehungskontexten her sind diese Unterscheidungen nachvollziehbar. Gegenüber den Wallfahrten hatten die Bekenntnistage in der Diaspora bereits eine kleine Tradition.323 Diese Form der Selbstdarstellung von katholischen Jugendlichen, deren Wurzeln in der Zeit des Nationalsozialismus zu finden sind, wurde im Kommissariat Magdeburg auch nach 1945 fortgeführt. Sich selbst ermutigend versammelte sich die Jugend um zu spüren, dass es in diesem sozialistisch werdenden Land junge Christen gebe. Es war wie in der Zeit des Nationalsozialismus auch in der SBZ eher ein stiller Protest, der fast ausschließlich in Kirchengebäuden zum Ausdruck kam. Da sich überregional solche Treffen schwieriger veranstalten ließen, wurden die Bekenntnistage meist dekanatsweise durchgeführt.324 Dennoch begannen die staatlichen Stellen sehr bald, die Wallfahrten, noch mehr als die Bekenntnistage als unerlaubte Form von gesellschaftlicher Jugendarbeit einzustufen, obgleich die neuen Wallfahrtsorte, der Petersberg bei Halle und die Huysburg bei Halberstadt, genauso wenig im Blickpunkt der Öffentlichkeit lagen wie die beiden traditionellen Wallfahrtsorte des Kommissariates.

Anfangs gab es noch keine eindeutige Begrifflichkeit für diese Art von Jugendtreffen und es wurde unter den Diasporajugendlichen fast synonym von „Jugendgottesdienst“ oder „Jugendwallfahrt“ gesprochen. Schon bald setzte sich der Sprachgebrauch der „Wallfahrt“ gegenüber dem des „Wanderns“ durch.325 Bereits im August 1945 wurde von der Jugend in Halle eine Art Wallfahrt auf den Petersberg als quasi „Vorläufer“ der ein Jahr später stattfindenden Jugendwallfahrt geplant, aber wegen der strengen Kontrollen durch die SMAD und des Verbotes von organisierten Veranstaltungen nicht durchgeführt.326 In kleinen Gruppen hatten die Jugendlichen von Halle-Mitte nach einem gemeinsamen Gottesdienst eine Wanderung zum Petersberg geplant. Die Fahrt sollte anfangs getrennt erfolgen, um sich dann am gemeinsamen Ziel Petersberg zu treffen. Die Angst vor den sich verschärfenden Kontrollen der SMAD verhinderte zu diesem frühen Zeitpunkt, dass solch eine „Wallfahrt“ stattfand. Als dann am 16. Juni 1946 der erste Bekenntnistag nach dem Krieg stattfinden konnte, war der Weg für das Entstehen einer Wallfahrtstradition im Kommissariat Magdeburg frei.327 Auch wenn die Jugendwallfahrt nicht in der Volksfrömmigkeit der Jugendlichen in der Diaspora tradiert, sondern einem pastoralen Konzept entstammte, war sie nicht eine Anordnung „von oben”, sondern entsprach den Bedürfnissen und dem Selbstverständnis der Jugendlichen.328

Da sich die verantwortlichen Leiter der ersten Jugendwallfahrt am 25. August 1946329 bewusst waren, wie argwöhnisch kirchliche Jugendveranstaltungen von den politischen Organisationen beobachtet wurden, mussten sie alles versuchen, um nicht zu viel Aufmerksamkeit auf diese Veranstaltung zu lenken. Vielleicht wurde deshalb in den Einladungen nicht von „Wallfahrt“, sondern nur von „Jugendgottesdienst“,330 allenfalls noch von einem „besonderen Jugendgottesdienst für die gesamte Jugend unseres Dekanates und der Nachbardekanate” gesprochen.331 Zudem wurden die Einladungen zu diesem Treffen relativ kurzfristig verschickt, um die staatlichen Stellen nicht zu umfassend und zu früh zu informieren. Den eigentlichen Wallfahrtsweg gingen die Jugendlichen meistens getrennt, um sich erst am gemeinsamen Ziel zu treffen. Für das Verhalten auf dem Weg zum Petersberg wurden genaue Regeln ausgegeben. Außer dem Aufruf zu Haltung und Disziplin war die Mahnung von Bedeutung, dass Wimpel noch nicht auf dem Weg zum Petersberg, sondern erst auf kirchlichem Grund entfaltet werden durften. Dies war vor allem als Vorsichtsmaßnahme zu verstehen. Alles was an konkurrierende Jugendverbände erinnerte, und das waren vor allem Symbole der kirchlichen Jugend, hätte Einsprüche der FDJ hervorrufen können. Dass die Überraschung auch gelungen war, zeigen FDJ-Berichte, die den Ablauf der Jugendwallfahrt protokollierten. 31 Fahnen, 15 Wimpel aus 46 Ortschaften und 1200 – 1400 teilnehmende Jugendliche einer Veranstaltung, die nicht unter dem Banner der FDJ stand, „demonstrierten“ ungewollt die Macht dieser „Organisation“ Katholische Kirche und die Ohnmacht der FDJ, die diese Veranstaltung weder erahnen und noch weniger verhindern konnte.332 Die Tendenz hinsichtlich der Beteiligung an den Wallfahrten war in den ersten Jahren kontinuierlich steigend. 1949 nahmen an den drei Wallfahrten der Jugend im Kommissariat bereits 8500 Jugendliche teil.333

Der Ablauf der Wallfahrten auf den Petersberg war dem der ersten meist ähnlich, ebenso die dazugehörigen Elemente wie: Gemeinschaftsmesse,334 eine Führung samt Vortrag zur Geschichte des Petersberges, ein religiöser Singekreis, ein Laienspiel und eine abschließende Feierstunde.335 Im ersten Jahr fand das geplante Laienspiel vom Ritter Georg nicht statt. Es wurde wegen seiner militärischen Sprache und Symbolik durch Selbstzensur der Jugendlichen kurzfristig abgesetzt.336 Um auch die Verbundenheit im Kommissariat erfahren zu können, setzte sich H. Aufderbeck dafür ein, dass Propst Weskamm auf der Wallfahrt eine Ansprache hielt.337 Für viele der Jugendlichen, die mit den Verhältnissen in der Diaspora vertraut waren, löste es ein erhebendes Gefühl aus, dass nach mehr als 400 Jahren in der Kirche des ehemaligen Augustiner-Chorherrenstiftes wieder ein katholischer Gottesdienst stattfinden konnte.338 Nicht nur im Kommissariat Magdeburg, auch in Rosenthal, im Bistum Meißen, fand 1946 eine Jugendwallfahrt statt.339 Die erste Wallfahrt auf den Petersberg von 1946 war auch das Signal für die evangelische Landeskirche ab 1947 zu Himmelfahrt einen „Sternmarsch“ auf den Petersberg zu veranstalten.340

Mit der sich entwickelnden Aktivität der AG der Jugendseelsorger wurden bereits 1948 die Bekenntnistage und später auch die Wallfahrten für den gesamten Bereich der SBZ/DDR auf der Jugendseelsorgerkonferenz vorbereitet bzw. besprochen. Sie entwickelten sich immer mehr zu den zentralen Jugendveranstaltungen der einzelnen Ordinariatsbezirke.341 Die sich verschärfende Melde- und Genehmigungspflicht von überörtlichen Jugendveranstaltungen, zu denen die Wallfahrten gezählt wurden, entwickelte sich aus dem Anstoß, den die SMAD und später die staatlichen Stellen daran genommen hatten, dass die Glaubensvermittlung sich nicht nur ausschließlich in den Räumen der Kirchen vollzog.342 Doch forderten die sich stetig verändernden staatlichen Rahmenbedingungen Mut und Phantasie bei den Verantwortlichen der katholischen Jugendseelsorge heraus, die abgesteckten Grenzen so weit als möglich auszureizen. Aber nicht nur diese Einschränkungen begründeten die Tendenz, schon bald die Wallfahrten vorübergehend zu dezentralisieren. Auch die logistischen Probleme, die beim Zusammenkommen einer großen Menge von Jugendlichen auftraten, führten dazu.343

Auf Dekanatsebene behielten die Treffen zum Christkönigsfest ihre Bedeutung. Ursprünglich am letzten Oktoberwochenende terminiert, hatten diese Treffen ihren demonstrativen Charakter aus der Zeit des Nationalsozialismus verloren. Mancherorts fand an Christkönig die feierliche Aufnahme in die Pfarrjugend statt.344 Die Christkönigstreffen wurden weder vom Jugendamt zentral vorbereitet, noch hatten sie ein einheitliches Thema zum Inhalt. Dennoch blieben diese Treffen in den Dekanaten wichtige Orte der Solidaritätserfahrung. Mit der Liturgiereform des Konzils fanden sie später am letzten Wochenende im Kirchenjahr ihren Platz.

4.5.3 Von der Führer- zur Helferarbeit

Wie bereits gezeigt, setzte die Jugendseelsorge im Kommissariat Magdeburg in den ersten Jahren ihrer Arbeit einzelne Schwerpunkte. Wichtige Träger dieser Arbeit waren neben den wenigen Jugendseelsorgern und den jugendinteressierten Gemeindeseelsorgern engagierte Laien. Laienarbeit entwickelte sich in dieser Zeit der Not zur Tugend.345 Die Helfer, meist ältere Jugendliche, agierten oft ohne eigens für diese Arbeit vorbereitet worden zu sein. Eine eigene Infrastruktur für die Helferausbildung konnte systematisch erst ab 1948 mit dem errichteten Seelsorgeamt aufgebaut werden. Unter den Nationalsozialisten und deren Absicht, die Jugendarbeit in die Pfarrei zurückzudrängen, hatten sich bereits bündische Elemente einen Weg in die pfarrliche Jugendseelsorge gebahnt. Die nach dem Kriegsende noch vorhandene oder sich neu formierende „Elite“ unter den katholischen Jugendlichen erlebte sich und handelte ähnlich dem Ideal der Jugendbewegung.

Aus der aktiven Kerngruppe der Jugendlichen einer Gemeinde rekrutierten sich zunächst die „Jugendführer“. Sie wurden später „Helfer“ genannt, weil es nach dem Krieg in der SBZ nicht mehr angebracht war, den Begriff des „Jugendführers“ zu verwenden.346 Die aufkommende Helferarbeit war prinzipiell nichts wesentlich Neues. Bereits in der bündischen Jugend gab es „Führer“ und „Führerkreise“. Auch wenn der Begriff des „Führers“ nach der missbräuchlichen Verwendung unter den Nationalsozialisten einen vorbelasteten Klang erhalten hatte, wurde er nach dem Krieg kurzzeitig wieder aufgegriffen, um später ganz in den weniger anstößigen Terminus „Helfer“ überzugehen. Inhaltlich wurde der Führerkreis durch Akzente aus dem „Schar“-Gedanken des Erzbistums Paderborn ergänzt. Für die engagierten Jugendlichen in Magdeburg war neben dem Begriff des „Führers“ oder „Helfers“ auch der Begriff der „Kernschar“ oder der „Schar“, üblich, die sich als Sammlung der „kleinen Herde“ gegen die „Vermassung“ und als Ausdruck von religiösen Erwartungen347 im Kontrast zur religiösen Gleichgültigkeit und Lauheit verstand.348

Die Helfer waren in den ersten Jahren sehr wichtige Träger der Jugendpastoral. Meist gab es sie in den kleineren Gemeinden nur vereinzelt und in den größeren war eine Hand voll von ihnen zu finden.349 Vor allem in der Nachkriegszeit, als die Jugendseelsorge noch nicht über die Jugendseelsorger organisiert war, kam ihnen eine außerordentlich wichtige Bedeutung zu. Sie waren diejenigen, die die Jugendgruppen zusammenhielten, und stellten oft die einzigen Bezugspersonen für die neu ankommenden Jugendlichen dar. In den ersten Jahren nach dem Krieg lag vor allem auf den jugendlichen Helfern eine Hauptverantwortung für die Jugendseelsorge. Die Engagierten unter ihnen waren an den regionalen und überregionalen Treffen der Jugendseelsorger beteiligt. Soweit es sich nicht um kirchenpolitische Entscheidungen handelte, waren sie im Kommissariat auch sehr eigenverantwortlich tätig. Die Jugendhelfer hatten eine wichtige Funktion in der Vorbereitung und Durchführung von gemeindlichen bis hin zu dekanatsübergreifenden Veranstaltungen.350

Selbst in den einigermaßen intakten städtischen Gemeindestrukturen begann nach dem Krieg für die Helfer und Helferinnen in der Jugendseelsorge eine neue Phase. Viele der älteren Helfer waren noch in Kriegsgefangenschaft, einige kehrten gar nicht aus dem Krieg nach Hause zurück.351 Die Jugendgruppen waren anzählig mehr und größer geworden und damit veränderten sich auch die Anforderungen an die Jugendhelfer. Jugendkapläne gab es fast nicht. Da es auch noch kein funktionierendes Jugendamt gab, war eine systematische Ausbildung der Helfer nicht möglich. Sie wurden meist ihrer eigenen Erfahrung und Phantasie überlassen. Nur ab und an bekamen sie von den Seelsorgern Unterstützung. Wer noch ein Exemplar des „Christofer“ besaß oder organisieren konnte, durfte sich glücklich schätzen.352 Mit der Verbreitung der ersten sogenannten Handreichungen stand für die Helfer wieder (wenn auch noch unzureichendes) Handwerkszeug zur Verfügung.353

Trotz allen Bemühens gab es auch bei den Jugendhelfern eine Diskrepanz zwischen Stadt- und Landjugend.354 Auf dem Land waren die Helfer sehr oft auf sich allein gestellt und konnten nicht neben Seelsorgern oder neben anderen Helfern agieren. Viele von ihnen fühlten sich zunehmend überfordert. Vor allem für die Helfer aus den ländlichen Gebieten waren die verschiedensten Formen der Treffen zwischen den Jugendhelfern oder mit den Jugendkaplänen überlebensnotwendig, um wenigstens ein Minimum seelsorglicher Fertigkeiten vermittelt zu bekommen. Ergänzend zum Erlernen von „Muster“-Heimabenden dienten Einkehrtage oder Exerzitien zur vertieften Auseinandersetzung mit Glaubensfragen. Solche Treffen waren zudem eine gute Möglichkeit, das Versammlungsverbot zu umgehen. Denn auch in der engen Auslegung staatlicher Stellen wurden Zusammenkünfte wie Exerzitien und Einkehrtage als Jugendtreffen religiöser Natur meist toleriert. Die Einkehrtage und Helferschulungen waren überdies ein wichtiges Medium, um den Zusammenhalt zwischen den Jugendlichen der verschiedenen Gemeinden im Kommissariat herzustellen.355 Dieses Gefühl der Verbundenheit hatte gerade in der Diasporasituation eine nicht zu unterschätzende Bedeutung, mehr noch für die Jugendlichen der kleineren Gemeinden als für die der größeren Städte, die sich viel einfacher miteinander austauschen konnten.

Zunächst wurden die Helferschulungen in Gemeinden durchgeführt, die noch über intakte Räumlichkeiten verfügten. In Merseburg oder Gröningen fanden die ersten Treffen unter der Leitung der Jugendseelsorger Th. Schmidt oder H. Aufderbeck statt. Als später auch in anderen Gemeinden Räume zur Verfügung standen, wurden diese Schulungen an verschiedenen Orten durchgeführt,356 bis sich mit dem Erwerb der Huysburg erstmals ein besonderer Ort ergab, der später auch als Identifikationssymbol für das Kommissariat Magdeburg eine Rolle spielen sollte.

Mit dem Beginn der Arbeit der AG Jugendseelsorge wurden in Berlin zusätzlich zentrale Weiterbildungen der Helfer für den gesamten Bereich der SBZ angeboten. An diesen Kursen konnten auch anteilig Jugendliche aus dem Kommissariat Magdeburg teilnehmen.357 Die zentralen Helferschulungen wurden ein wichtiges Anliegen der entstehenden Jugendseelsorge in der SBZ. Sie erfolgten auf verschiedenen regionalen Ebenen und waren in der ersten Zeit vor allem ein gemeinsames Austauschen von Informationen und praktischen Erfahrungen aus den verschiedenen Bereichen der SBZ und ein gemeinsames Einüben neuer pastoraler Praktiken.358 Ergänzend dazu wurde im August 1948 erstmals, vom Caritas-Verband organisiert, eine zentrale Schulung für männliche hauptamtliche Laienmitarbeiter für das gesamte Gebiet der SBZ angeboten. Diese sogenannte „Fürsorgerausbildung“ sollte die jungen Männer auch zur Mitarbeit in der überregionalen kirchlichen Jugendseelsorge befähigen.359 Einige der Absolventen waren später auch als Helfer in der Jugendseelsorge tätig. Mit der Arbeit der hauptamtlichen Helfer nahm allerdings das eigenverantwortliche Engagement der „ehrenamtlichen” Helfer ab, was nicht nur mit den politischen Bedingungen zu tun hatte. In dem Maße, wie hauptamtliche Jugendhelfer und die Jugendvikare in den 1950er Jahren die Jugendseelsorge mehr und mehr übernommen haben, bekamen auch die engagierten Helferkreise der Nachkriegszeit eine andere Bedeutung. Sie wandelten sich in ihrer Funktion vom Leitungs- mehr und mehr zum Beratungs- oder Ausführungsgremium.360

Auf dem Märztreffen der Jugendseelsorger in Alt-Buchhorst 1947 wurde C. Herold zum ersten Diözesanjugendhelfer für Paderborn-Ost ernannt.361 Seine Arbeit als Jugendhelfer endete bereits kurze Zeit später mit seiner Flucht aus der SBZ. Nicht zuletzt aus Sicherheitsgründen wurden danach die Laienhelfer durch hauptamtliche Mitarbeiter in der Jugendseelsorge ersetzt. Aufgrund der zunehmenden Repressalien und der beginnenden Verhaftungen von katholischen Jugendlichen wurden hauptamtliche Mitarbeiter in der Jugendseelsorge zwingend gebraucht. Aber auch aus anderen Gründen waren hauptamtliche Jugendhelfer notwendig. Die Helferstrukturen im Kommissariat Magdeburg veränderten sich in den ersten Nachkriegsjahren sehr schnell. Das jugendbewegte Ideal, der Selbstführung von Jugend erwies sich in der SBZ schon bald als überholte Notlösung. Erstens war der Geist der Jugendbewegung nicht auf die neue gesellschaftliche Situation übertragbar und zweitens fühlten sich die nicht ausgebildeten Laienhelfer zunehmend in ihrer Arbeit überfordert. Auch deshalb wurden sie im Laufe der Zeit von hauptamtlichen Jugendhelfern abgelöst bzw. durch diese ergänzt. Im Kommissariat Magdeburg berief man im Vergleich zu anderen Ordinariaten erst spät die ersten hauptamtlichen Laienhelfer.

Ende 1947 wurde die Ernennung von E. Fromme zur ersten nebenamtlichen Diözesanhelferin im Kommissariat Magdeburg bekannt gegeben.362 Eine wirkliche Entlastung in der Jugendseelsorge bedeutete das nicht; zu umfangreich waren die anstehenden Aufgaben. Mit dem Entstehen des Jugendamtes wurde später verstärkt versucht, hauptamtliche Mitarbeiter für die Jugendseelsorge zu gewinnen, so wie sie es in anderen Diözesen bereits gab.363 Doch es sollte sich zunächst als sehr schwierig erweisen, geeignete hauptamtliche Mitarbeiter zu finden. Mit der Ernennung von K. Knaden aus Westtünnen vom 24. Dezember 1948 zum Diözesan-Jugendhelfer begann zumindest theoretisch die Ära der hauptamtlichen Laienmitarbeiter im Bereich des Kommissariates Magdeburg.364 Das Problem bestand aber darin, dass K. Knaden seine Stelle als erster Jugendhelfer für die männliche Jugend aus ungeklärten Gründen de facto nicht antrat.365 Noch 1949 gab es in Magdeburg weder einen hauptamtlichen Jugendhelfer noch eine Jugendhelferin für die weibliche Jugend.366

Die Aufgaben der hauptamtlichen Jugendhelfer sollten drei Bereiche umfassen. Der wichtigste war die Schulung der Helfer in der Jugendseelsorge. Daneben sollte es zu ihren Aufgaben zählen, die Land- und „Flüchtlingsjugend“ in das kirchliche Jugendleben zu integrieren sowie die Jugendgruppen in den Gemeinden zu betreuen.367 Auch die Pflege des christlichen Laienspieles oblag ihrer Verantwortung. Doch all diese Überlegungen ließen sich in der Nachkriegszeit noch nicht umsetzen. Erst nachdem J. Brinkmann 1950 als erster Jugendseelsorger seine Stelle antrat und mit ihm die beiden hauptamtlichen Mitarbeiter in der Jugendseelsorge ihren Dienst aufnahmen, konnte von einer kontinuierlichen Helferarbeit in der Jugendseelsorge im Kommissariat Magdeburg gesprochen werden.

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