Der Weg des Psychonauten – Band 2

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Das erste dieser Beispiele ist eine außergewöhnliche Geschichte im Zusammenhang mit meinem verstorbenen Freund und Lehrer, dem berühmten Mythologen Joseph Campbell. Sie weist insofern eine gewisse Ähnlichkeit mit Jungs Begegnung mit dem Goldkäfer auf, als dass sie das Erscheinen eines Insekts zu einer höchst unwahrscheinlichen Zeit und an einem äußerst unwahrscheinlichen Ort zum Inhalt hat. Während einem seiner vielen Workshops am Esalen-Institut in Big Sur, Kalifornien, hielt Joe einen langen Vortrag über sein Lieblingsthema: die Arbeit von C. G. Jung und seine revolutionären Beiträge zum Verständnis der Mythologie und Psychologie. In diesem Vortrag sprach er flüchtig über das Phänomen der Synchronizität. Einer der Teilnehmer, der mit diesem Begriff nicht vertraut war, unterbrach Joe und bat ihn um eine Erklärung.

Nachdem er Jungs kurze, allgemeine Definition und Beschreibung dieses Begriffs dargelegt hatte, beschloss Joe, den Zuhörern ein Beispiel für eine bemerkenswerte Synchronizität aus seinem eigenen Leben zu präsentieren. Bevor er später nach Hawaii gezogen war, hatten Joe und seine Frau, Jean Erdman, in Greenwich Village in New York City gelebt. Ihre Wohnung befand sich im vierzehnten Stock eines Hochhauses am Waverly Place an der Sixth Avenue. Joes Arbeitszimmer hatte zwei Doppelfenster, eines mit Blick auf den Hudson River und das andere zur Sixth Avenue. Das erste Fensterpaar bot einen schönen Blick auf den Fluss, und bei schönem Wetter war es immer geöffnet. Der Blick aus dem anderen Doppelfenster war uninteressant, und die Campbells öffneten es nur sehr selten. Laut Joe hatten sie es in den rund vierzig Jahren, die sie dort lebten, nicht öfter als zwei oder drei Mal geöffnet, außer zum Putzen.

Eines Tages in den frühen 1980er Jahren saß Joe in seinem Arbeitszimmer an seinem monumentalen Werk The Way of the Animal Powers, einer umfassenden Enzyklopädie der schamanischen Mythologien der Welt (CAMPBELL 1984). Er schrieb gerade das Kapitel über die Mythologie der afrikanischen !Kung, einer Untergruppe der San, die in der Kalahari-Wüste leben. Eine der bedeutendsten Gottheiten im Pantheon der San ist die Gottesanbeterin Mantis, welche die Merkmale einer Trickster-Figur und des Schöpfergottes in sich vereint.


Christina und Stanislav Grof mit Jean Erdman und Joseph Campbell bei einem Seminar in Honolulu, Hawaii.

Joe war ganz in diese Arbeit vertieft, umgeben von Artikeln, Büchern und Bildern zum Thema. Besonders beeindruckt war er von der Geschichte, die Laurens van der Post über sein Kindermädchen Klara, eine San-Mischlingsfrau, schrieb, die sich seit seiner Geburt um ihn gekümmert hatte. Van der Post erinnerte sich lebhaft an Fälle aus seiner Kindheit, in denen Klara mit einer Gottesanbeterin (Mantis religiosa) kommunizieren konnte. Wenn sie mit einem Exemplar dieser Art sprach und ihm bestimmte Fragen stellte, schien das Insekt darauf zu antworten, indem es seine Beine und seinen Körper bewegte.


Gottesanbeterin (Mantis religiosa), das Insekt in Joseph Campbells Synchronizitätsgeschichte.

Mitten in seiner Arbeit verspürte Joe plötzlich einen unwiderstehlichen und völlig irrationalen Impuls, aufzustehen und eines der Fenster zur Sixth Avenue (Fenster mit langweiliger Aussicht, die normalerweise die ganze Zeit geschlossen blieben) zu öffnen. Nachdem er es geöffnet hatte, schaute er sofort nach rechts, ohne zu verstehen, warum er das tat. Das Letzte, was man in Manhattan erwarten würde, ist eine Gottesanbeterin. Und doch war sie da, im 14. Stock eines Hochhauses in Lower Manhattan, ein großes Exemplar ihrer Art, das langsam nach oben kletterte. Laut Joe drehte sie ihren Kopf und warf ihm einen bedeutungsvollen Blick zu.

Obwohl diese Begegnung nur wenige Sekunden dauerte, hatte sie etwas Unheimliches und hinterließ bei Joe einen starken Eindruck. Er sagte, er könne bestätigen, was er wenige Minuten zuvor in Laurens van der Posts Geschichte gelesen hatte: Das Gesicht der Gottesanbeterin hatte etwas eigenartig Menschliches an sich; ihr »herzförmig zugespitztes Kinn, die hohen Wangenknochen und die gelbe Haut ließen sie genau wie die eines San aussehen«. Das Erscheinen einer Gottesanbeterin mitten in Manhattan ist an und für sich schon ein sehr ungewöhnliches Ereignis, gelinde gesagt. Betrachtet man jedoch den Zeitpunkt ihres Erscheinens, der mit Joes intensiver Vertiefung in die Mythologie der San und seinem unerklärlichen irrationalen Drang, das Fenster zu öffnen, zusammenfiel, ist die statistische Unwahrscheinlichkeit dieses Ereignisses wirklich astronomisch. Und die Tatsache, dass die San die Mantis als kosmischen Trickster sehen, scheint für diese Situation sehr passend. Nur ein eingefleischter Materialist, der sich seiner Weltsicht mit quasi-religiöser Leidenschaft verschrieben hat, könnte glauben, dass so etwas rein zufällig geschieht.

Die in der folgenden Geschichte beschriebenen Vorfälle ereigneten sich während einem unserer einmonatigen Seminare in Esalen, zu einer Zeit, als Christina ihre spirituelle Krise durchlebte. Ihre spontanen Erfahrungen waren sehr intensiv und ergiebig und kombinierten Elemente aus verschiedenen Ebenen des persönlichen und kollektiven Unbewussten. Eines Tages hatte sie besonders intensive und bedeutsame Visionen mit einem weißen Schwan. Unser Gastdozent für den folgenden Tag war Michael Harner, ein bekannter Anthropologe und lieber Freund. Michael gehörte zu einer oft als »visionäre Anthropologen« bezeichneten Gruppe. Im Gegensatz zu den traditionellen Anthropologen nahmen sie aktiv an den Zeremonien der Kulturen teil, die sie untersuchten, unabhängig davon, ob es sich dabei um bewusstseinserweiternde Substanzen wie Peyote, Zauberpilze, Ayahuasca oder Stechapfel handelte oder um nächtelange Trance-Tänze und andere nicht-pharmakologische »Technologien des Heiligen«.


Michael Harner (1929–2018), berühmter amerikanischer Anthropologe und praktizierender Schamane.

Michaels Entdeckung der Arbeitsweise der Schamanen und ihrer unglaublichen inneren Welt begann 1960, als das American Museum of Natural History ihn einlud, eine ganzjährige Expedition in das peruanische Amazonasgebiet zu unternehmen, um die Kultur der Conibo im Gebiet des Ucayali-Flusses zu studieren. Seine Führer sagten ihm, wenn er wirklich lernen wolle, müsse er das heilige Getränk der Schamanen einnehmen. Ihrem Rat folgend, trank er Ayahuasca, ein Gebräu aus dem Sud der Dschungelliane Banisteriopsis caapi und der Cawa-Pflanze (Psychotria viridis), die die Indios »Seelenranke« oder »Kleiner Tod« nannten. Er unternahm eine erstaunliche visionäre Reise durch zumeist unsichtbare Dimensionen der Existenz, auf der er seinen eigenen Tod erlebte und außergewöhnliche Einsichten und Offenbarungen über die Beschaffenheit der Wirklichkeit erhielt.

Als er später herausfand, dass ein Conibo-Ältester, ein Meisterschamane, mit allem, was er selbst gesehen hatte, ziemlich vertraut war und dass seine Ayahuasca-Erfahrungen bestimmten Passagen aus dem Buch der Offenbarung entsprachen, gewann Michael die Überzeugung, dass es tatsächlich eine verborgene Welt gab, die es zu erkunden galt. Er beschloss, alles über den Schamanismus zu lernen, was er konnte. Drei Jahre später kehrte Michael nach Südamerika zurück, um mit den Jívaro, einem ecuadorianischen Kopfjägerstamm, bei denen Michael 1956 und 1957 gelebt und studiert hatte, Feldforschung zu betreiben. Hier erlebte er eine weitere wichtige Initiationserfahrung, die ausschlaggebend für seine Entdeckung des Weges der Schamanen war. Akachu, ein berühmter Jívaro-Schamane, und dessen Schwiegersohn brachten ihn zu einem heiligen Wasserfall tief im Amazonasdschungel und gaben ihm Maikua zu trinken, den Saft einer Brugmansia-Sorte des Stechapfels (Brugmansia arborea), einer Pflanze mit starken psychoaktiven Eigenschaften.

Infolge dieser und anderer Erfahrungen wurde Michael – ein Anthropologe mit guten akademischen Qualifikationen – zu einem versierten Praktiker und Lehrer des Schamanismus. Er und seine Frau Sandra gründeten außerdem die Foundation for Shamanic Studies, eine Institution, die sich der Vermittlung schamanischer Methoden an interessierte Studenten und dem Angebot schamanischer Workshops für die Öffentlichkeit widmet. Michael hatte ein Buch mit dem Titel Der Weg des Schamanen geschrieben, in dem er verschiedene Methoden schamanischer Arbeit aus der ganzen Welt sammelte und sie für den Gebrauch in erfahrungsorientierten Workshops und in der schamanischen Ausbildung für Westler adaptierte (HARNER 1980).

Während unseres einmonatigen Workshops in Esalen führte uns Michael auf eine Heilreise mit der Methode des Geistkanus (Spirit Canoe), wie sie vom Stamm der Salish-Indianer im amerikanischen Nordwesten praktiziert wird. Er eröffnete die Sitzung, indem er auf seine Trommel schlug, und forderte die Teilnehmer auf, sich zu bewegen und zu tanzen, bis sie sich mit einem bestimmten Tier identifizierten. Es dauerte nicht lange, und schon bald kauerten die Menschen, krochen auf allen Vieren, sprangen herum und ahmten dabei zahlreiche Kletter-, Grab-, Greif-, Schwimm- und Flugbewegungen nach. Der Hauptraum im Großen Haus von Esalen war erfüllt von verschiedenen erkennbaren und nicht erkennbaren Tier- und Vogelstimmen.

Als alle die Verbindung zu einem bestimmten Tier hergestellt hatten, bat Michael die Gruppenmitglieder, sich in einer spindelförmigen Anordnung auf den Boden zu setzen, sodass ein imaginäres »Geistkanu« entstand. Dann fragte er, ob es eine Person gäbe, die Heilung benötige, und Christina meldete sich freiwillig. Michael stieg in das »Boot«, hielt seine Trommel, winkte Christina zu sich und wies sie an, sich hinzulegen. Als die Szenerie für die Heilreise bereit war, bat Michael uns, uns vorzustellen, wir seien eine Crew von Tieren, die mit einem Kanu in die Unterwelt fährt, um Christinas Krafttier zurückzuholen. Der spezifische Ort, den Michael für diese imaginäre Expedition wählte, war das System miteinander verbundener, mit heißem Wasser gefüllter unterirdischer Höhlen, das sich angeblich unter einem großen Teil Kaliforniens erstreckt. Der Eingang dazu war leicht zu finden, da dieses System die heißen Quellen von Esalen speist.

 

Als Kapitän dieses Geistkanus, erklärte Michael, würde er das Tempo des Paddelns durch den Schlag seiner Trommel vorgeben. Während der Fahrt würde er nach Krafttieren Ausschau halten. Wenn ein bestimmtes Krafttier dreimal auftauche, wäre dies das Zeichen dafür, dass er das gesuchte Tier gefunden hatte. An diesem Punkt würde er es packen und der Besatzung des Bootes durch das schnelle Schlagen der Trommel signalisieren, dass es Zeit für eine rasche Rückkehr war. Wir hatten das Salish-Geistkanu schon einige Male mit Michael gemacht. Beim ersten Mal gingen wir ohne große Erwartungen an die Sache heran. Das Ganze klang nach einem harmlosen Vergnügen – eine großartige Idee für ein Kinderspiel, aber eine eher alberne Aktivität für reife Erwachsene.

Doch schon das allererste Erlebnis mit dem Geistkanu brachte uns dazu, unsere Einstellung zu ändern. In der Gruppe befand sich eine junge Frau, die durch ihr Verhalten die gesamte Gruppe gegen sich aufgebracht hatte. Sie war darüber sehr unglücklich, denn das Gleiche war ihr schon früher in ihrem Leben in fast jeder Gruppe passiert, mit der sie zu tun hatte, und sie beschloss, sich freiwillig für die Geistkanufahrt zu melden, um geheilt zu werden. Als das imaginäre Boot durch die »Unterwelt« fuhr, reagierte sie genau in dem Moment sehr heftig, als Michael ihr signalisierte, dass er ihr Krafttier erkannt und eingefangen hatte. Plötzlich setzte sie sich auf, und während Michael mit schnellen Trommelschlägen das Signal zur Rückkehr gab, durchlief sie mehrere krampfartige Episoden von schwallartigem Erbrechen.

Während sie sich übergab, hob sie den vorderen Teil ihres Kleides, versuchte das, was aus ihrem Mund kam, aufzufangen, und füllte ihn vollständig mit ihrem Erbrochenen. Diese Episode, die kaum eine halbe Stunde dauerte, hatte einen tiefgreifenden Einfluss auf ihre Persönlichkeit. Ihr Verhalten änderte sich so dramatisch, dass sie noch vor dem Ende des einmonatigen Workshops zu einer der beliebtesten Personen in der Gruppe wurde. Zusammen mit vergleichbaren späteren Vorkommnissen ließ uns das diesen Prozess mit Respekt angehen.

Michael begann zu trommeln, und die Reise in die Unterwelt begann. Wir alle paddelten und ahmten die Laute der Tiere nach, mit denen wir uns identifiziert hatten. Christina wurde von intensiven Krämpfen erfasst, die ihren ganzen Körper erschütterten. An und für sich war dies nicht ungewöhnlich, da sie sich mitten im Prozess des Kundalini-Erwachens befand, bei dem Erfahrungen von starken Energien und Zittern (Kriyas) sehr häufig sind. Nach etwa zehn Minuten beschleunigte Michael den Rhythmus seiner Trommelschläge stark und ließ uns wissen, dass es ihm gelungen war, Christinas Krafttier zu finden. Alle begannen schnell zu paddeln und stellten sich eine rasche Rückkehr in die Mittlere Welt vor. Michael hörte auf zu trommeln und deutete an, dass die Reise beendet sei.

Er stellte die Trommel ab, presste seinen Mund auf Christinas Brustbein, blies mit aller Kraft, die er aufbringen konnte, und machte dabei ein lautes Geräusch. Dann flüsterte er ihr ins Ohr: »Dein Krafttier ist ein weißer Schwan.« Daraufhin forderte er sie auf, vor der Gruppe einen Tanz zu zeigen, der ihre Schwanenenergie zum Ausdruck brachte. Es ist wichtig zu erwähnen, dass Michael keine Vorkenntnisse über Christinas inneren Prozess besaß und dass dieser Vogel bei ihren Erlebnissen am Tag zuvor eine wichtige Rolle gespielt hatte. Er hatte auch keine Ahnung, dass der Schwan ein sehr wichtiges persönliches Symbol für Christina war. Sie war eine glühende Verehrerin von Swāmī Muktananda und eine Schülerin des Siddha-Yoga, in dem der Schwan als Symbol für Brahma eine wichtige Rolle spielte.

Die Geschichte setzte sich am nächsten Morgen fort, als Christina und ich zu unserem Briefkasten am Highway 1 gingen, um unsere Post zu holen. Christina erhielt einen Brief von jemandem, der einige Monate zuvor an einem Workshop von uns teilgenommen hatte. Darin befand sich ein Foto von Christinas spirituellem Lehrer, Swāmī Muktananda, von dem der Absender dachte, dass es Christina interessieren könnte. Es zeigte ihn, wie er mit schelmischem Ausdruck auf einer Gartenschaukel neben einem großen Blumentopf in Form eines weißen Schwans saß. Der Zeigefinger seiner linken Hand zeigte auf den Schwan; die Spitzen seines rechten Daumens und seines Zeigefingers waren miteinander verbunden und bildeten das universelle Zeichen, das für einen Volltreffer und Begeisterung steht. Obwohl es zwischen Christinas inneren Erfahrungen, Michaels Wahl des weißen Schwans als ihr Krafttier und dem Foto von Muktananda keine kausalen Zusammenhänge gab, bildeten sie doch eindeutig ein bedeutungsvolles psychologisches Muster. Dieses erfüllte die Kriterien für Synchronizität oder ein »akausales Verbindungsprinzip«, wie es C. G. Jung definiert hat.

Im Zusammenhang mit einem unserer Ausbildungsmodule kam es zu noch bemerkenswerteren Ereignissen. Es wurde in einem wunderschönen Seminarzentrum namens Pocket Ranch in der Nähe von Healdsburg, Kalifornien, nördlich von San Francisco abgehalten. Das Zentrum befand sich in den Bergen, in einer Naturlandschaft, in der es von Wildtieren wie Hirschen, Kaninchen, Klapperschlangen, Waschbären, Stinktieren und verschiedensten Vögeln nur so wimmelte. Eine der Teilnehmerinnen hatte eine sehr kraftvolle und bedeutungsvolle Sitzung mit vielen schamanischen Motiven. Ein wesentlicher Teil davon war die Begegnung mit einem Virginia-Uhu; sie hatte das Gefühl, dass der Uhu ihr persönliches Krafttier geworden war.

Nach der Sitzung machte sie einen Waldspaziergang und kam mit den Überresten (Knochen und Federn) eines Virginia-Uhus zurück. Zwei Tage später, als sie von der Ausbildung nach Hause fuhr, bemerkte sie, dass sich im Graben am Straßenrand etwas bewegte. Sie hielt an und fand einen großen verwundeten Virginia-Uhu. Der Uhu erlaubte ihr, ihn aufzuheben, nach Hause zu fahren und ihn wieder gesund zu pflegen. Dies war ein äußerst seltenes Ereignis, aber in Kombination mit ihrer bewegenden und wichtigen Erfahrung, einen Uhu als Krafttier zu erhalten, ergibt dies sicherlich eine außergewöhnliche Synchronizität.

Wie ich bereits erwähnt habe, hatte Jung ein so großes Vertrauen in die Authentizität und Zuverlässigkeit der Synchronizität, dass er sie als Leitprinzip in seinem Leben anwandte. Ich habe im Laufe der Jahre ebenfalls gelernt, Synchronizitäten in meinem Leben zu würdigen, aber etwas zurückhaltender, indem ich ihre überwältigende Wirkung durch kritisches intellektuelles Urteilen mildere. Ich habe festgestellt, dass es besonders wichtig ist, nicht unter ihrem Einfluss zu handeln, wenn ich mich in einem holotropen Bewusstseinszustand befinde, und ich rate meinen Freunden, Auszubildenden und Patienten dasselbe. Wie ich auf die harte Tour gelernt habe, mit Synchronizitäten und archetypischen Erfahrungen umzugehen, habe ich in meinem Buch Impossible – Wenn Unglaubliches passiertim Kapitel »Die Regenbogenbrücke der Götter: Im Reich der nordischen Sagen« (GROF 2006) beschrieben.

Die ersten fünf Wochen meiner Beziehung mit der Anthropologin Joan Halifax aus Florida, die schließlich ihren Höhepunkt in unserer Hochzeit in Island fand, waren voll von außergewöhnlichen und herrlichen Synchronizitäten, die darauf hinzudeuten schienen, dass unsere Verbindung eine »Ehe wie im Himmel« sein würde. Die Hochzeitszeremonie fand während der Ersten Internationalen Transpersonalen Konferenz statt, und 74 enthusiastische Teilnehmer teilten unsere Euphorie. Unser Tischgenosse war Huston Smith, der bekannte Philosoph, Religionswissenschaftler und Verfasser von The World’s Religions (SMITH 1991). Joseph Campbell und der isländische Mythologe Einar Pálsson rekonstruierten für uns ein altes Ritual der Wikinger, das in Island seit der Ankunft der Christen auf der Insel nicht mehr vollzogen worden war.

Joan Halifax und Stanislav Grof bei der Feier ihrer Wikingerhochzeit in Bifrost, Island, im Jahr 1972.

Das zentrale archetypische Symbol für dieses Hochzeitsritual war der Regenbogen, den die Wikinger als die Vereinigung von Vater Himmel und Mutter Erde ansahen. Es war im Juni jenseits des Polarkreises, in der Zeit der sagenhaften Weißen Nächte. Während des Dinner-Banketts, das dem Hochzeitsritual vorausging, erschien und verschwand dreimal ein prächtiger Doppel-Regenbogen. Und zudem fanden wir heraus, dass Bifrost, der Name des Ortes, an dem die Hochzeit stattfand, »Regenbogenbrücke der Götter« bedeutete. Zu unserer Enttäuschung kam die glorreiche Ehe, die dieser »Meteorschauer der Synchronizitäten« (um den Ausdruck von Arthur Koestler zu verwenden) vorherzusagen schien, nicht zustande. Nach drei schwierigen und herausfordernden Ehejahren kamen wir zu dem Schluss, dass wir zu verschieden waren, und beschlossen, unsere Verbindung aufzulösen.

Auf der anderen Seite des Spektrums gab es eine bemerkenswerte Synchronizität, die sehr positive Ergebnisse hervorbrachte und ebenfalls mit einer Internationalen Transpersonalen Konferenz verbunden war. Ich gründete die International Transpersonal Association (ITA) als eine Vereinigung, welche die Kluft zwischen der modernen Wissenschaft und den spirituellen Traditionen der Welt und zwischen dem westlichen Pragmatismus und der alten Weisheit überbrücken sollte. Da das oberste Ziel der ITA darin bestand, ein globales Netzwerk des gegenseitigen Verständnisses und der Zusammenarbeit zu schaffen, vermissten wir während unserer internationalen Konferenzen besonders die Teilnehmer aus den Ländern jenseits des Eisernen Vorhangs, die damals nicht ins Ausland reisen durften und nicht über die finanziellen Mittel verfügten, sich uns anzuschließen.

Als sich die Situation in der Sowjetunion änderte und Michail Gorbatschow das Zeitalter von Glasnost und Perestroika verkündete, schien es plötzlich denkbar, dass das nächste ITA-Treffen in Russland stattfinden könnte. Als Christina und ich als offizielle Gäste des sowjetischen Gesundheitsministeriums nach Moskau eingeladen wurden, um Workshops zum Holotropen Atmen durchzuführen, nutzten wir unseren Aufenthalt, um die Möglichkeit zu prüfen, eine solche Konferenz in Russland abzuhalten. Wir bemühten uns wirklich sehr, aber ohne Erfolg; die Situation war offenbar noch zu instabil und unberechenbar, um das Risiko einzugehen. Die Bemühungen, unsere Konferenz nach Russland zu bringen, fühlten sich an, als ob wir durch zähflüssige Melasse waten würden.

Im November 1989 war ich auf Reisen, als Christina mich anrief und fragte, ob ich wüsste, was in meinem Heimatland gerade geschah. Unsere Ausbildung war sehr intensiv und umfasste drei Sitzungen pro Tag. Wir waren ganz in den Prozess vertieft, und keiner von uns hatte die Zeit oder das Interesse, fernzusehen oder die Nachrichten zu verfolgen. Christina teilte mir mit, dass in Prag die Samtene Revolution im Gange sei und dass das tschechoslowakische kommunistische Regime sehr wahrscheinlich zusammenbrechen würde. Das bedeutete, dass wir möglicherweise in der Lage sein würden, die nächste ITA-Konferenz in Prag abzuhalten, meiner Geburtsstadt.

Wenige Wochen später war die Tschechoslowakei ein freies Land, und der ITA-Rat beschloss, seine nächste Tagung in der Tschechoslowakei abzuhalten. Da ich in Prag geboren bin, schien es nur logisch, mich als diplomatischen Vertreter in die Tschechoslowakei zu entsenden, um einen Tagungsort zu finden und den Weg für diese Konferenz zu ebnen. Die Jahre, die ich in meinem Heimatland verbracht hatte, erwiesen sich jedoch als weitaus weniger vorteilhaft, als der Rat erwartet hatte. Ich hatte die Tschechoslowakei in der Zeit einer großen Liberalisierungsbewegung verlassen, die einen »Sozialismus mit menschlichem Antlitz« zum Ziel hatte.

Als der Prager Frühling 1968 durch die Invasion der Tschechoslowakei durch sowjetische Panzer brutal niedergeschlagen worden war, befand ich mich mit einem Stipendium an der Johns Hopkins University in Baltimore, Maryland, in den Vereinigten Staaten. Nach der Invasion befahlen mir die tschechischen Behörden, sofort zurückzukehren, aber ich beschloss, mich dem Befehl zu widersetzen und in den Vereinigten Staaten zu bleiben. Aus diesem Grund war es mir mehr als zwanzig Jahre lang nicht möglich, mein Heimatland zu besuchen. Während dieser Zeit konnte ich mit meinen Freunden und Kollegen in der Tschechoslowakei keinen offenen Kontakt pflegen. Es wäre für sie politisch gefährlich gewesen, mit einem illegalen Emigranten Briefwechsel oder Telefongespräche zu führen.

 

Aufgrund meiner langen Abwesenheit hatte ich alle meine persönlichen Kontakte mit Ausnahme meiner nahen Verwandten verloren, war mit der neuen Situation nicht vertraut und wusste nicht, wo ich anfangen sollte. Meine Mutter holte mich am Prager Flughafen ab, und wir nahmen ein Taxi zu ihrer Wohnung. Nachdem wir etwas Zeit miteinander verbracht hatten, verließ sie die Wohnung, um eine Nachbarin zu besuchen und ein paar Besorgungen zu machen. Allein in der Wohnung setzte ich mich in einen Sessel, trank eine Tasse Tee und dachte über meine Mission nach. Ich überlegte etwa zehn Minuten lang, kam aber nicht sehr weit.

Plötzlich unterbrach ein lautes Klingeln an der Tür meine Gedanken. Ich öffnete die Tür und erkannte Tomáš Dostál, einen jüngeren Psychiaterkollegen und früheren engen Freund von mir. Vor meiner Abreise in die Vereinigten Staaten hatten wir gemeinsam holotrope Bewusstseinszustände erforscht und uns in unseren LSD-Sitzungen gegenseitig unterstützt. Tomáš hatte von einem Bekannten von meinem Besuch in Prag gehört und war hier, um mich willkommen zu heißen.

Zu meinem Erstaunen erfuhr ich, dass bei Tomáš im selben Moment, als er seine Wohnung verlassen wollte, das Telefon geklingelt hatte. Es war Ivan M. Havel, ein prominenter Forscher auf dem Gebiet der künstlichen Intelligenz und der Bruder des damaligen tschechischen Präsidenten Václav Havel. Er war außerdem der Leiter einer Gruppe progressiver Wissenschaftler, die während der kommunistischen Ära geheime Untergrundtreffen abgehalten hatten, um verschiedene neue Wege in der westlichen Wissenschaft zu erkunden. Ihr besonderes Interesse galt dem neuen Paradigmendenken, der Bewusstseinsforschung und der transpersonalen Psychologie. Ivan Havel und Tomáš waren Klassenkameraden im Gymnasium gewesen und seither enge Freunde geblieben.

Tomáš war ein häufiger Gast im Haushalt der Havels und kannte auch Ivans Bruder Václav. Die Gruppe von Ivan Havel hatte durch den Vortrag von Vasily V. Nalimov, den sie als Gastdozent nach Prag eingeladen hatte, von meiner Arbeit erfahren. Vasily war ein brillanter russischer Wissenschaftler, Mathematiker und Philosoph; als ehemaliger sowjetischer Regimekritiker hatte er achtzehn Jahre in einem sibirischen Arbeitslager verbracht. Durch einen merkwürdigen Zufall lautete der Titel seines berühmtesten Buches Realms of the Unconscious (NALIMOV 1982), was dem Titel meines ersten Buches Realms of the Human Unconscious (GROF 1975; dt. Topographie des Unbewussten) sehr nahekommt.

Vasily hatte einen ausführlichen Bericht über meine psychedelischen Forschungen in sein Buch aufgenommen und meine Arbeit in seinem Vortrag für die Prager Gruppe ausführlich besprochen. Nach Vasilys Vortrag wuchs das Interesse der Prager Gruppe, mich als Gastredner einzuladen. Ivan Havel wusste, dass Tomáš und ich alte Freunde waren, und rief ihn an, um sich zu erkundigen, ob er meine Adresse oder Telefonnummer hätte und den Kontakt zwischen der Prager Gruppe und mir vermitteln könnte. Er war verblüfft, als Tomáš ihm sagte, dass ich zufällig gerade in Prag sei und er gerade aus seiner Wohnung gehen wollte, um mich zu besuchen.

Diese höchst unwahrscheinliche Verkettung von gleichzeitigen Ereignissen gab uns das Gefühl, »auf einer mächtigen Welle zu surfen«, anstatt »gegen die Stromschnellen zu paddeln«, so wie es sich in Moskau angefühlt hatte. Diese spektakuläre Reihe von Zufällen vereinfachte meine Rolle als Gesandter für die ITA-Konferenz enorm. Unter ungewohnten Umständen benötigte ich nur zehn Minuten, um den idealen Kontakt und die ideale Unterstützung für unser bevorstehendes Treffen zu finden: eine Gruppe hochkompetenter, mit dem Universitätssystem verbundener Akademiker, die ein lebhaftes Interesse daran hatten, eine hochkarätige Besetzung ausländischer Wissenschaftler, die sie seit Jahren bewunderten, nach Prag zu bringen. Umgekehrt hatte ich auch Zugang zum Präsidenten des Landes gefunden, der zufällig ein erleuchteter und zutiefst spirituell orientierter Mensch war, offen für die transpersonale Perspektive. Angesichts dieser Umstände hatten wir das Gefühl, dass wir eher zur Durchführung der Konferenz berufen wurden, als uns um ihre Organisation bemühen zu müssen.

Die Konferenz fand 1993 im Prager Smetana-Konzertsaal und im Stadthaus unter der Schirmherrschaft von Präsident Václav Havel statt. Präsident Havel war ein idealer Ehrengast für eine ITA-Konferenz. Er war kein gewöhnlicher Politiker, sondern jemand, den man viel passender als »Staatsmann« bezeichnen könnte, ein Staatsoberhaupt mit einer breiten, spirituell geprägten, globalen Vision. Er war ein bekannter Dramatiker, aber er wurde nicht als Ergebnis eines jahrelangen Kampfes um politische Macht zum Präsidenten gewählt. Er nahm die Wahl nur sehr widerstrebend an und reagierte damit auf den dringenden Ruf des tschechischen Volkes, das ihn als mutigen Regimekritiker im kommunistischen Regime verehrte, der viele Jahre in kommunistischer Gefangenschaft verbracht hatte. Als eine seiner ersten Amtshandlungen nach seiner Wahl erkannte er den Dalai Lama als Oberhaupt Tibets an und lud ihn zu einem dreitägigen Staatsbesuch ein. Wo auch immer er hinkam, beeindruckte er seine Zuhörer mit seinem eloquenten Appell für eine spirituell geprägte Demokratie und für globale Solidarität.


Václav Havel (1936–2011), Schriftsteller, Dramatiker, Gegner des kommunistischen Regimes und tschechoslowakischer Präsident.

Die Prager ITA-Konferenz, auf der sich zum ersten Mal östliche und westliche Vertreter der transpersonalen Bewegung treffen und Informationen austauschen konnten, war ein großer Erfolg. Der Höhepunkt des Programms war der Auftritt des Yorùbá-Sängers Babatunde Olatunji mit zehn Trommlern und Tänzern aus Afrika. Nachdem sie für ihre umwerfende Darbietung begeisterte stehende Ovationen erhalten hatten, beschlossen die Künstler, sich nicht hinter den Vorhang zurückzuziehen, sondern weiter durch die Mitte des Saals und durch den vorderen Eingang des Gebäudes hinaus in die Straßen Prags zu tanzen. Gefolgt von einem Großteil des Publikums sangen, trommelten und tanzten sie über die Celetná ulice, eine kleine Straße im historischen Teil von Prag, bis zum Altstädter Ring. Unterwegs schlossen sich ihnen zahlreiche Prager Bürger aus den Nachbarhäusern an, die von dem bacchantischen Spektakel angelockt wurden. Die jubelnde Menge füllte den Platz und tanzte zu den Klängen afrikanischer Trommeln und Lieder bis in die frühen Morgenstunden. Nach vierzig Jahren kommunistischer Unterdrückung, in denen selbst der Twist als inakzeptabler Luxus gegolten hatte, war dieses Fest ein treffendes Symbol für die gerade erst wiedergewonnene Freiheit.

Die Häufigkeit von Synchronizitäten scheint im Umfeld von Ereignissen, die mit transpersonaler Psychologie zu tun haben, zuzunehmen; sie treten bei den Teilnehmern unserer Workshops und Ausbildungen äußerst häufig auf. Die bemerkenswerteste Synchronizität, die ich je erlebt habe, ereignete sich bei meinem ersten Besuch in China. Zu unserer kleinen Gruppe gehörten mehrere Facilitatoren des Holotropen Atmens, mein Bruder Paul mit seiner Partnerin Mary, die Kamerafrau Sally Li, ich selbst sowie Bill Melton und Mei Xu, die die Expedition inspirierten und unterstützten. Der Zweck dieser Reise war es, transpersonale Psychologie und Holotropes Atmen in China bekannt zu machen.