Glatt erwischt

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Glatt erwischt
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Glatt erwischt

Der vierte Bodensee-Krimi für Kinder

Thurid Neumann


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Impressum:

Personen und Handlungen sind frei erfunden. Ähnlichkeiten mit lebenden oder verstorbenen Personen sind zufällig und nicht beabsichtigt.

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© 2020 – Papierfresserchens MTM-Verlag GbR

Mühlstr. 10, 88085 Langenargen

Alle Rechte vorbehalten. Taschenbuchauflage erschienen 2014.

Herstellung: Redaktions- und Literaturbüro MTM

Titelbild: Heike Georgi

Lektorat: Hedda Esselborn

ISBN Taschenbuch: 978-3-86196-458-2

ISBN E-Book: 978-3-96074-355-2

*

Inhalt

Silvester in Freiburg

Eislaufen auf dem Gnadensee

Schatten im Wald

Das Krimipuzzle

Schwarzgeld und grüne Grenzen

Spuren im Schnee

Die Poolparty

Das fehlende Puzzlestück

In flagranti oder glatt erwischt

Die Autorin

*

Silvester in Freiburg

„Peppi! Hierher!“, rief Max dem kleinen Fellberg hinterher, der gerade losgeprescht war, um ein paar Enten nachzujagen, die auf der gefrorenen Dreisam in Freiburg nach Essbarem suchten. Doch als Peppi kurz vor dem Federvieh abbremsen wollte, schlitterte er einfach weiter und die Enten schauten ihm verdutzt hinterher. Aus lauter Panik begann Peppi in die entgegengesetzte Richtung zu laufen, doch dadurch geriet er ins Schleudern und drehte sich mehrmals um sich selbst.

„Peppi! Toll! Du kannst ja Pirouetten!“, jubelte Flo begeistert, während sich Max, Tim und Lara vor Lachen die Bäuche hielten.

„Ich glaube, du musst den Eisprinzen retten und an Land holen“, gluckste Tim schließlich, als Peppis Rutschpartie nicht enden wollte und er dabei alles andere als glücklich aussah.

„Komm, Peppi, du bist dafür ein Weltklasseschwimmer“, tröstete Max den kleinen Hund, nachdem er über das Eis zu ihm gegangen war und ihn auf den Arm genommen hatte. „Man muss ja nicht alles können.“ Peppi leckte Max einmal kurz zustimmend über das Gesicht, dann sprang er erleichtert von dessen Arm an Land.

„Wer hätte schon gedacht, dass dieser Winter so frostig wird, dass sogar die Dreisam gefriert“, meinte Lara zähneklappernd und schlang ihre Arme um sich. „Es ist eiskalt. Ich spürʾ meine Zehen kaum noch.“

„Wenn wir nicht jeden Tag mit Peppi rausgehen müssten, würde ich auch nicht freiwillig in der Eiseskälte spazieren gehen“, gestand Tim.

„Was ist Peppi eigentlich für ein Hund?“, wollte Flo wissen und schaute nachdenklich Peppi zu, der gerade seine Schnauze in eine Brottüte gesteckt hatte und nun versuchte, sie wieder herauszubekommen.

Max, Tim und ihre Eltern Markus und Sibylle waren von Laras und Flos Eltern nach den Weihnachtsfeiertagen nach Freiburg eingeladen worden, um dort gemeinsam Silvester zu feiern. Einen Tag vor ihrer Anreise hatte Maxʾ und Tims Vater bei ihnen angerufen und gefragt, ob er den Hund eines Kollegen mitbringen dürfe. Dieser war am Zweiten Weihnachtsfeiertag mit seinem Hund Peppi spazieren gegangen und auf einer Eisfläche so unglücklich ausgerutscht, dass er nun mit gebrochenen Rippen und einem gebrochenen Bein im Krankenhaus lag. Da er sonst niemanden hatte, der sich um den Hund kümmern konnte, hatten sich Maxʾ und Tims Eltern angeboten, Peppi solange zu sich zu nehmen.

„Also, ein Husky ist er auf jeden Fall nicht“, meinte Max und zog die Tüte von Peppis Schnauze.

„Und auch keine Eisprinzessin“, urteilte Tim.

„Und auch wenn er gerne Enten jagt, er macht auf mich auch nicht den Eindruck eines Jagdhundes“, sagte Lara. „Dazu ist er irgendwie zu tollpatschig.“

„Peppi, merkst du nicht, dass der Ast dort zu groß für dich ist? Komm, nimm den Stock hier!“, schlug Max Peppi vor und hielt ihm einen immer noch recht großen Stock vor die Schnauze. Doch Peppi würdigte ihn keines Blickes. Dafür nagte er nun noch intensiver an dem Ast, den er für sich selbst ausgesucht hatte, der aber leider so groß war, dass er ihn keinen Millimeter von der Stelle bewegen konnte.

„Eigentlich sieht er aus wie selbst gestrickt“, stellte Flo fest.

„Oder wie ein Wischmopp“, schlug Tim vor. In dem Moment bellte Peppi los.

„Ist ja schon gut. Es war ja nicht so gemeint“, entschuldigte sich Tim sofort.

„Man sollte nicht meinen, dass so ein kleiner Hund wie Peppi bellt wie ein gefährlicher Kampfhund“, lachte Lara. „Wenn ich Peppi nur bellen hören und ihn dabei nicht sehen würde, hätte ich richtig Angst vor ihm.“

„Vor diesem kleinen weißen Fellknäuel?“, fragte Flo ungläubig und ging in die Hocke, um Peppi auf den Arm zu nehmen. Peppi hüpfte auch gleich hoch und vergaß dabei sogar seinen Ast. Lara lachte.

„Nein, natürlich nicht vor diesem Wattebausch, sondern vor seinem Bellen!“

„Ein kleiner Wolf im Schafspelz, genau. Das ist er!“, bestimmte Max und wuschelte einmal durch Peppis Fell. „Nicht wahr, Peppi?“

„Also, wenn ihr mich fragt, ich würde jetzt gerne wieder nach Hause gehen. Ich bin total durchgefroren“, bibberte Tim.

„Ja, ich auch“, stimmte Lara zu und Max nicke.

„Ich kann auch zu Hause mit Peppi kuscheln“, stellte Flo fest.

„Flo, jetzt lass Peppi doch mal wieder runter. Er soll selber laufen. Schließlich gehen wir seinetwegen spazieren“, forderte Lara ihre kleine Schwester auf. Flo zog einen Schmollmund.

„Ja, ja, ist ja schon gut“, murrte sie und Peppi sprang so überschwänglich von ihrem Arm, dass er sich zweimal auf dem Boden überschlug.

„Ein Wunder, dass sich nur sein Herrchen etwas gebrochen hat“, grinste Max. Die Sonne neigte sich allmählich dem Horizont zu und die klirrende Kälte kroch durch jede noch so kleine Ritze in den Kleidern der Kinder.

„Ist der Bodensee denn auch zugefroren?“, wollte Flo wissen, die neben den anderen und Peppi herhopste.

„Na ja, nicht der ganze Bodensee“, erklärte Max, „nur ein Teil davon.“

„Dazu ist der Bodensee viel zu groß“, fügte Lara hinzu. „Überleg doch mal, das ganze Wasser, das würde viel zu lange dauern. Da wäre es ja schon wieder Frühling.“

„Och, dann friert der Bodensee nie ganz zu?“, hakte Flo nach.

„Ich denke nicht“, meinte Lara, „oder?“ Sie sah Max fragend an.

„Das passiert nur ganz selten. Zuletzt ist der Bodensee im Winter 1962/63 ganz zugefroren. Im Alemannischen sagt man dazu „Seegfrörne“, erläuterte Max. Lara sah ihn mit großen Augen an.

„Du veräppelst mich jetzt nicht, oder? War da wirklich der ganze Bodensee zugefroren? Komm, Peppi, die Katze dort tut dir nichts. Sie frisst keine Hunde, nur Mäuse.“ Peppi wagte sich aus seinem Versteck hinter einem Baumstumpf hervor und sauste schließlich in einem großen Bogen an der gefährlichen Katze vorbei. Als er es geschafft hatte, bellte er kurz zweimal so fürchterlich, dass die Katze doch noch davonlief.

„Nein, Max veräppelt dich nicht. Wir haben das sogar in der Schule durchgenommen“, stimmte Tim seinem großen Bruder zu. „Dazu braucht man einen extrem kalten Sommer, lang anhaltende Ostwinde und sehr kaltes Wetter im Herbst und Winter“, fuhr er fort.

„Also wird es dieses Jahr trotz dieser Eiseskälte keine Seegfrörne geben“, urteilte Lara fachmännisch. „Wir hatten einen tollen, heißen Piratensommer und einen sehr nebligen, aber nicht extrem kalten Herbst, und damit fehlen schon einmal zwei wichtige Voraussetzungen. Wozu dann eigentlich die ganze Kälte jetzt im Winter?“ Lara nahm den Stein, den Peppi ihr vor die Füße gelegt hatte, und warf ihn nach vorne. „Wieso nimmt er eigentlich einen Stein und keinen Stock?“, wollte sie wissen.

„Er taucht im Sommer gerne nach Steinen“, erklärte Tim.

Lara nickte. Sie mochte den Sommer auch sehr gerne. Vor allem die Sommerferien am Bodensee. Was hatten sie dort in den letzten zwei Jahren für tolle Abenteuer erlebt! Einmal hatten sie den wahren Erben von Schloss Krähenstein ausfindig gemacht und sogar ein bisschen herumgespukt, ein anderes Mal hatte sie eine Flaschenpost zu einem richtigen Schatz geführt. Ja, es machte Spaß, vom Sommer zu träumen, vor allem bei solch einer klirrenden Kälte. Da war es ja in den Herbstferien, als sie alle zusammen auf Vampirjagd gegangen waren, noch regelrecht warm gewesen.

„Also, wegen der ganzen Kälte ist jetzt wenigstens der Gnadensee zugefroren“, nahm Max das Gespräch wieder auf.

 

„Der Gnadensee?“, wiederholte Flo und zupfte ein paar welke Blätter aus Peppis Fell. „Was ist das denn?“

„Das ist ein Teil vom Bodensee. Genau genommen, ein Teil vom Untersee“, erklärte Max. „Es gibt eine Legende dazu, weshalb dieser Teil des Bodensees Gnadensee heißt.“

„Und was ist das für eine Legende?“, fragte Lara interessiert.

Sie verließen nun das Ufer der Dreisam und bogen in Richtung Innenstadt ab. Die Straßenlaternen leuchteten schon und die Kinder konnten in der Dämmerung ihren Atem vor sich sehen.

„Nun, die Insel Reichenau war im Mittelalter eine Klosterinsel und galt als heilige Insel“, fuhr Max fort. „Das heißt, dass dort zwar Todesurteile gefällt werden konnten, sie durften jedoch nicht auf der Insel vollstreckt werden.“

„Was ist vollstrecken?“, wollte nun Flo wissen.

„Nun, vollstrecken bedeutet, dass das Todesurteil ausgeführt wird“, erklärte ihr Tim.

„Und wie?“, hakte Flo nach und sah dabei ihrem eigenen Schatten zu, wie er immer größer und größer wurde und dann auf einmal bei der nächsten Straßenlaterne hinter ihr verschwand, um aufʾs Neue zu wachsen.

„Nun, die meisten von ihnen wurden an einem Galgen erhängt“, stellte Max fest.

„Erhängt?“, piepste Flo und ihr lief ein Schauer über den Rücken. Sie hatte schon einmal ein Bild von einem Henker gesehen. Der hatte eine schwarze Kapuze auf und sah so aus wie ihr Schatten. Ein Henkerschatten! Flo machte einen Satz zu Lara und umfasste ihre Hand. Zum Glück war Peppi so weiß. Ihn konnte kein Schatten fressen.

„Ja, so war es auch mit den Todesurteilen, die auf der Insel Reichenau gefällt wurden. Der Verurteilte wurde dann nach der Urteilsverkündung mit einem Schiff aufʾs Festland nach Allensbach gebracht. Dort stand im Mittelalter der Galgen des Klosters. Der Acker dort zwischen den Orten Allensbach und Hegne heißt daher übrigens heute noch Galgenacker.“ Galgenacker. Wie gruselig. Flo beobachtete Maxʾ Schatten, während sie weiter seinen Erklärungen lauschte. „Und wenn dann während der Überfahrt des Verurteilten ein Glöcklein läutete, wurde dieser begnadigt, also auf dem Festland freigelassen. Daher heißt der Teil des Bodensees zwischen der Insel Reichenau und Allensbach und Hegne heute noch Gnadensee.“

„Peppi! Nicht in den Stadtbach!“, rief Lara in dem Moment. Doch da war es schon zu spät. Peppi schlitterte den zugefrorenen Stadtbach entlang, bis er am Ende gegen die Kante beim Abfluss knallte.

„Autsch! Peppi ist ja echt gnadenlos!“, lachte Max, nachdem er sich davon überzeugt hatte, dass Peppi sich nicht verletzt hatte. „Komm, du Gauner, lass uns jetzt nach Hause gehen und auf weitere Rutschpartien für heute verzichten.“

„Das ist jedenfalls eine ganz schön schaurige Geschichte“, stellte Lara fest. Flo nickte stumm.

„Ja, aber daran denkt heutzutage kaum noch jemand. Im Sommer freuen wir uns, dass der Gnadensee so warm ist, weil er nicht sehr tief ist, und im Winter kann man dort klasse eislaufen“, meinte Tim.

„Eislaufen? Man kann dort eislaufen?“, fragte Lara.

„Ja, wenn die Eisfläche dick genug ist, wird sie zum Eislaufen freigegeben.“

„Und ist sie jetzt auch zum Eislaufen freigegeben?“, wollte Lara wissen.

„Was denkst du denn, bei dieser Eiseskälte! Klar ist sie freigegeben!“ Max knuffte Lara in die Seite. „Denkst du auch gerade das, was ich denke?“

„Ich denke schon“, zwinkerte Lara Max zu.

„Ihr wollt nach Silvester noch ein paar Tage an den Bodensee?“, fragte Kerstin, Laras und Flos Mutter. „Nun, wenn ihr nichts dagegen habt“, wandte sie sich an Maxʾ und Tims Eltern.

„Aber natürlich haben wir nichts dagegen. Ich werde in der nächsten Zeit Markus viel im Büro helfen müssen, bis sein Kollege wieder aus dem Krankenhaus draußen ist und sich selbst um seine Akten kümmern kann“, sagte Sibylle.

„Juchuuuhhhh!!!“, jubelten da auch schon die vier Kinder los und Peppi hüpfte freudig an ihnen hoch, als wüsste er, worum es ging. Doch zum Glück wusste Peppi nicht, dass die Kinder vorhatten, auf dem Gnadensee eiszulaufen. Denn eine Eisprinzessin war er wirklich nicht.

*

Eislaufen auf dem Gnadensee

„Wahnsinn!“, rief Lara, als sie mit dem Auto über den Damm auf die Insel Reichenau fuhren. „Da kann man ja von der Insel bis hinüber nach Hegne und Allensbach über das Eis laufen!“ Flo presste neugierig ihre Nase an die Autofensterscheibe, sodass diese in wenigen Sekunden völlig beschlagen war.

„Mensch, Flo, nimm mal deine Nase da weg. Man kann ja gar nichts mehr sehen“, ärgerte sich ihre große Schwester. Doch da hüpfte schon Peppi auf Flos Schoß und leckte das Fenster ab.

„Ein Scheibenwischerhund!“, lachte Max.

Dann zeigte Tim auf einen riesigen Schwarm Wasservögel, der eine Runde über dem Eis drehte. „Schaut mal! Sieht das nicht klasse aus?“, meinte er fasziniert.

„Unglaublich schön“, stimmte Lara zu. „Aber wo finden die denn jetzt etwas zu essen?“

„Na, auf der anderen Seite der Insel“, erklärte Tim und nickte mit dem Kopf nach links. „Dort ist das Wasser nicht gefroren, weil es dort viel tiefer ist und der Rhein durchfließt.“ Tatsächlich. Auf der anderen Seite der Insel, wo gegenüber die Schweiz lag, säumten unzählige Wasservögel das Ufer: Fischreiher, Kormorane, Stockenten, Kolbenten, Haubentaucher und viele andere mehr, die Lara gar nicht kannte.

„Wir halten dann dort vorne beim Heiligen Pirmin an und lassen euch da raus“, meinte Markus.

„Wer ist der Heilige Pirmin?“, piepste Flo hinter Peppi hervor.

„Pirmin war der Gründer des Klosters auf der Insel Reichenau“, erklärte Sibylle. „Er ist nun der Schutzpatron der Insel und dort vorne, am Zugangsdamm zur Reichenau, befindet sich eine Steinstatue von ihm. Da ist auch ein kleiner Parkplatz, wo wir anhalten können.“

„Ich gehe dann mit Sibylle für drei Stunden ins Büro, um nach Dieters Post zu sehen“, meinte Markus. Peppi spitzte sofort seine Ohren, als er den Namen seines Herrchens hörte.

„Und wenn es euch kalt wird, dann holt euch einfach am Glühweinstand einen heißen Kinderpunsch, okay?“, fügte Sibylle hinzu. „Meint ihr auch wirklich, dass drei Stunden nicht zu lang sind?“

„Ach was, die werden wie im Flug vergehen“, beruhigte Tim seine Mutter, während Markus mit dem Auto in eine gerade frei gewordene Lücke auf dem übervollen Parkplatz fuhr.

„Glück muss man haben“, freute er sich und stieg aus, um den Kindern die Schlittschuhe zu geben.

„Was wollt ihr denn mit dem Schlitten auf dem Eis?“, wunderte sich Sibylle, nachdem diese ebenfalls zum Kofferraum gegangen war.

„Ach, der ist für Peppi“, meinte Flo schulterzuckend und zog sich ihre warme Pudelmütze über den Kopf.

„Für Peppi? Was will Peppi denn mit einem Schlitten?“, wollte nun auch Markus wissen.

„Ach, wisst ihr, Peppi ist nicht gerade ein begnadeter Eisläufer. Daher dachten wir, dass wir ihn auf einem Schlitten hinter uns herziehen“, erklärte Flo und holte noch ein dickes Fell aus dem Kofferraum. „Damit er es auch gemütlich hat.“ Markus nickte beeindruckt.

„Jetzt fehlt nur noch das offene Kaminfeuer“, lachte er. Flo warf ihm einen schrägen Blick von unten zu. Dann schüttelte sie den Kopf.

„Das geht doch nicht, Markus. Aber schau, dafür haben wir für Peppi noch einen Pullover dabei.“ Und schon zog sie einen rosa Pulli aus dem Kofferraum und stülpte ihn Peppi über den Kopf.

„Wo hast du den denn her?“, fragte Tim entsetzt, als Peppi seine Schnauze aus dem rosa Strickteil steckte.

„Den leiht mein Kuschellämmi Peppi aus“, teilte Flo Tim mit, „schließlich braucht es den Pulli ja jetzt nicht, wenn es zu Hause im Warmen sitzt.“

„Aber Peppi sieht total bescheuert aus damit“, stöhnte Max. Doch in dem Moment sprang Peppi an Maxʾ Beinen hoch und wedelte wie verrückt mit seinem flauschigen Schwänzchen.

„Du willst mir damit doch wohl nicht sagen, dass dir das peinliche rosa Ding gefällt“, seufzte Max.

„Aber natürlich gefällt Peppi der Pullover. Er sieht doch schick aus“, verteidigte Flo den puscheligen weißen Büschel. „Im Gegensatz zu dir versteht er eben etwas von Mode.“

Markus und Sibylle betrachteten Peppi nachdenklich.

„Also dann, solange sich Peppi wohlfühlt“, meinte Sibylle schließlich. Und den Eindruck machte Peppi auch. Mit hoch erhobenem Kopf stand er schwanzwedelnd neben den Kindern und schien es kaum erwarten zu können, den Pullover anderen Hunden vorzuführen.

„Nun gut“, seufzte Markus mit gerunzelter Stirn und fügte noch murmelnd hinzu: „Das erzähle ich Dieter besser nicht.“

„Wir passen auf ihn auf“, versprach Max.

„Und auf uns natürlich auch“, fügte Lara schnell hinzu. Dann fuhren Markus und Sibylle wieder fort und die Kinder liefen durch das Schilf hinunter zum Ufer.

„Wow! Das sieht ja aus wie in einer Märchenlandschaft!“, rief Lara begeistert. „Als würde dort drüben in dem Schloss in Hegne die Schneekönigin wohnen!“

Die gesamte Wasserfläche zwischen der Insel Reichenau und Allensbach und Hegne war gefroren und das Eis glitzerte in der Sonne wie ein riesiger Teppich aus Bergkristall. Sie gingen bis zum Eis vor, um dort ihre Schlittschuhe anzuziehen.

„Peppi, lass das!“, rief Max in dem Moment. „Du ...“ Doch da schlitterte Peppi schon auf seinem Po über die Eisfläche, sodass zwei Kinder ihm ausweichen mussten, um nicht über ihn zu stolpern. Erstaunt sahen die beiden Eisläufer dem rosa-weißen Puschel hinterher, als wären sie sich nicht ganz sicher, ob sie soeben tatsächlich einen Hund gesehen hatten.

„Das wird so nichts, Peppi, glaub mir!“, versuchte Tim Peppi zu erklären, als er ihn von der Eisfläche wieder an Land trug und auf den Schlitten setzte.

„Du wärst ein prima Hofnarr-Hund im Schloss der Eiskönigin“, lachte Lara und zog Flos Schnürsenkel an deren Schlittschuhen fest. Peppi ließ traurig seine Ohren hängen, doch als Flo ihm ein Hundeleckerli gab, hatte der Kleine sein peinliches Missgeschick schon wieder vergessen und wedelte vergnügt.

„So, seid ihr alle so weit?“, wollte Max wissen.

„Klar!“, riefen Lara, Tim und Flo. Dann liefen sie los und Max zog Peppi auf dem Schlitten hinterher. Während die Kinder über das Eis glitten, drehten sich einige Eisläufer immer wieder nach ihnen um, um zu sehen, ob der Hund auf dem Schlitten echt war oder nur eine Kuschel-Plüsch-Version, die es zu Weihnachten gegeben hatte. Peppi hatte es sich inzwischen gemütlich gemacht und sich auf das Fell gelegt, mit der Schnauze in Fahrtrichtung voraus, damit er auch nichts verpasste.

„Das ist wirklich traumhaft schön“, schwärmte Lara, die trotz der Kälte ein wenig ins Schwitzen geraten war.

„Ja, das kann man nicht mit dem Schlittschuhfahren in der Halle vergleichen, wo man nur im Kreis laufen darf und aufpassen muss, nicht mit jemandem zusammenzustoßen“, stimmte Max zu. „Das hier ist die absolute Freiheit!“

Die Kinder liefen bis hinüber nach Allensbach. Dort kauften sie sich an einem Stand heißen Kinderpunsch, bevor sie zurück über das Eis zur Insel Reichenau fuhren.

„War das herrlich!“, freute sich Lara. „Am liebsten würde ich noch eine Runde laufen.“

„Ja, aber jetzt muss sich Peppi ein wenig bewegen, bevor er noch zu einer Eisstatue wird“, meinte Tim und hob das Fellknäuel vom Schlitten. „Uh, er ist schon ganz schön steif.“

Erschrocken rannte Flo zu dem Hund. „Peppi! Ist er schon gefroren?“, rief sie erschrocken. Doch da lachte Tim schon.

„Nein, natürlich nicht, Flo. Ich habe einen Spaß gemacht. Er ist nur ein bisschen faul geworden. Aber schau, jetzt rennt er schon wieder.“ Peppi hatte ein paar Möwen am Rande des Schilfs entdeckt und glaubte nun, sie fangen zu können. Doch kurz bevor der furchterregende Jagdhund meinte, sie schnappen zu können, flatterten sie gelangweilt davon und machten sich nicht einmal die Mühe, ängstlich zu kreischen.

Erleichtert atmete Flo auf.

„Komm, Peppi! Hier ist ein Stock!“, rief sie und wedelte mit einem Stöckchen vor ihrer Nase herum. Da rannte Peppi auch schon auf sie zu und bellte dabei so gefährlich klingend, dass ein paar umherstehende Eisläufer erschrocken zur Seite sprangen.

„Peppi! Hör mit dem Bellen auf! Du machst hier ja allen Angst!“, forderte Max Peppi auf. Doch als die Eisläufer sahen, was für ein kleiner niedlicher Hund mit einem rosa Pulli das Gebell veranstaltete, begannen sie alle herzlich zu lachen.

 

„Ein Wolf im rosa Pulli“, kicherte Lara.

„Ja, wirklich“, stimmte Max Lara lachend zu und schüttelte den Kopf, als er sah, wie sich Peppi auf Flos Stock stürzte.

„Kommt, lasst uns hier am Ufer spazieren gehen. Dann haben wir den herrlichen Blick auf die Eisfläche die ganze Zeit vor uns“, schlug Lara vor und warf den Stock, den Peppi ihr vor die Füße gelegt hatte, voraus. Sie verstauten schnell die Schlittschuhe auf dem Schlitten und legten das Fell darüber. Anschließend liefen die Kinder gemeinsam mit Peppi Stöckchen werfend am Ufer entlang und knabberten dabei ein paar Weihnachtsplätzchen, die ihnen Sibylle noch eingepackt hatte.

„Schaut mal! Da vorne könnt ihr die Hegauberge sehen“, erklärte Max und zeigte in Richtung Westen, wo sich die Sonne allmählich schon wieder zum Untergehen vorbereitete.

„Cool!“, rief Flo beeindruckt. „Das sind ja Vulkane!“

„Ja, du hast recht“, pflichtete ihr Max bei. „Das ist wirklich eine alte Vulkanlandschaft.“

„Oje. Und was machen wir, wenn jetzt einer der Vulkane ausbricht?“, fragte Flo erschrocken.

Max lachte. „Keine Angst. Die Vulkane sind schon lange erloschen“, beruhigte er sie.

„Und schaut mal, auf dem Berg Hohentwiel dort könnt ihr sogar die alte Festungsruine sehen“, erklärte Tim.

„Wahnsinn. Das ist echt unglaublich, wie weit man von hier aus in die Vergangenheit zurückblicken kann“, staunte Lara.

„Peppi! Komm sofort hierher!“, rief Max, als er sah, wie Peppi an einer alten Hütte, die verlassen am Ufer stand, herumschnüffelte und nun sogar versuchte, ein Loch in das Holz zu buddeln, um hineinzukommen.

„Die Hütte gehört uns nicht“, schimpfte Max und zog Peppi am Halsband zurück. „Du kannst da auch kein Loch hineinbuddeln. Schau doch mal, du zerkratzt ja alles.“

„Wahrscheinlich ist ihm kalt geworden und er denkt, in der Hütte ist es schön warm“, überlegte Lara laut. „Vielleicht sollten wir jetzt auch besser umkehren. Wie viel Uhr ist es überhaupt?“

„Noch eine halbe Stunde haben wir Zeit. Das passt gerade, wenn wir jetzt zurückgehen“, meinte Max. „Komm jetzt, Peppi!“ Doch der Hund riss sich von Max los und begann erneut, an der Hütte zu buddeln.

„Was hat er nur? Da stimmt doch irgendetwas nicht“, sagte Lara. „Ich sehʾ mal nach. Vielleicht ist die Tür ja offen und ... hm, verschlossen.“

„Was soll da denn schon sein?“, murrte Tim. „Das ist doch nur eine alte Fischerhütte. Sonst nichts. Und vielleicht riecht es da eben besonders lecker nach Fisch, nicht wahr, Peppi?“ Der Angesprochene winselte.

„Aber da kannst du nicht rein, Peppi. Egal, wie fein es dort für deine Hundeschnauze auch riechen mag. Komm, du bekommst zu Hause etwas zum Fressen.“

„Schau, ich habe auch noch ein Leckerli für dich“, versuchte nun Flo, Peppi von der Hütte fortzulocken. Schließlich schien dieser einzusehen, dass er nicht in die Hütte hineinkam, und nahm stattdessen den kleinen Hundekuchen, den Flo ihm hinhielt.

„Also los, lasst uns den Rückweg antreten“, bestimmte Max.

„Jetzt wird es auch wieder eisig kalt“, bibberte Lara. „Wie gerne hätte ich jetzt noch einmal einen Kinderpunsch.“

„Ja, die Sonne ist gleich weg. Das merkt man sofort“, stimmte Tim zu und zog sich seine Mütze noch etwas tiefer ins Gesicht.

„Schaut mal, die Wiesen dort drüben zwischen Allensbach und Hegne. Da ist der Galgenacker“, erklärte Max. Flo folgte Maxʾ Finger, der auf die andere Uferseite zeigte und ihr war, als würde sie dort eine schwarze Gestalt mit einer schwarzen Kapuze sehen. Aber ... das konnte doch nicht sein, oder? Es konnte doch nicht sein, dass dort immer noch ein Henker herumspukte. Obwohl ... wenn der Henker so viele Menschen erhängt hatte, dann konnte er jetzt seinen Frieden nicht finden und ...

„Irgendwas stimmt mit der Hütte nicht“, unterbrach Lara Flos Gedanken.

„Was soll denn mit der Hütte nicht stimmen?“, wollte Max wissen und sah Lara mit gerunzelter Stirn an.

„Ich weiß es nicht. Es ... es ist nur so ein Gefühl ...“

„Lust auf neue Abenteuer?“, neckte sie Max.

„Ja, vielleicht auch das“, räumte Lara ein.

„Aber der Henkerschatten“, dachte Flo. War der auch nur so ein Gefühl? Sie fröstelte. Jedenfalls war es ein eiskaltes.

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